Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

seltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Rücken
ein Loch queer durch die starke Haut gestochen
und dann ein Tau von drei oder vier Klaf-
tern Länge hindurch gezogen wird, an dessen
entgegengesetztes Ende man ein Stück Holz
oder auch ein verspündetes ganzes oder hal-
bes Ankerfaß befestigt, um sie sodann wieder
lebendig in die See zu werfen. So sieht
man sie dann wohl zwei, drei und mehr Ta-
ge sich unaufhörlich auf den Wogen umher-
wälzen, weil jenes leichte Anhängsel sie am
Untertauchen hindert.

Noch lagen wir in dieser Küstengegend
vor Anker, als sich auch ein holländisches Skla-
venschiff bei uns einfand und gleichfalls dicht
neben uns ankerte. Der Kapitain desselben
rief uns zu, daß wir ihn doch mit unsrer
Schaluppe zu uns herüber holen möchten.
Kaum war dies geschehen und er zu uns an
Bord gekommen, als er uns die drückende
Roth klagte, in welcher er sich augenblicklich
befände. Eilf Mann von seiner Besatzung wä-
ren ihm unterweges gestorben; und noch ha-
be er 14 Kranke liegen, so daß er kaum noch
5 gesunde Leute an die Arbeit stellen könne.
Auch habe er seither nicht mehr, als 18 Skla-
ven eingehandelt, und wisse vor Sorge und
Verlegenheit nicht, was er beginnen solle.
Sein eigentlicher Wunsch aber war, daß wir
ihm einige Köpfe von unsrer Mannschaft

ſeltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ruͤcken
ein Loch queer durch die ſtarke Haut geſtochen
und dann ein Tau von drei oder vier Klaf-
tern Laͤnge hindurch gezogen wird, an deſſen
entgegengeſetztes Ende man ein Stuͤck Holz
oder auch ein verſpuͤndetes ganzes oder hal-
bes Ankerfaß befeſtigt, um ſie ſodann wieder
lebendig in die See zu werfen. So ſieht
man ſie dann wohl zwei, drei und mehr Ta-
ge ſich unaufhoͤrlich auf den Wogen umher-
waͤlzen, weil jenes leichte Anhaͤngſel ſie am
Untertauchen hindert.

Noch lagen wir in dieſer Kuͤſtengegend
vor Anker, als ſich auch ein hollaͤndiſches Skla-
venſchiff bei uns einfand und gleichfalls dicht
neben uns ankerte. Der Kapitain deſſelben
rief uns zu, daß wir ihn doch mit unſrer
Schaluppe zu uns heruͤber holen moͤchten.
Kaum war dies geſchehen und er zu uns an
Bord gekommen, als er uns die druͤckende
Roth klagte, in welcher er ſich augenblicklich
befaͤnde. Eilf Mann von ſeiner Beſatzung waͤ-
ren ihm unterweges geſtorben; und noch ha-
be er 14 Kranke liegen, ſo daß er kaum noch
5 geſunde Leute an die Arbeit ſtellen koͤnne.
Auch habe er ſeither nicht mehr, als 18 Skla-
ven eingehandelt, und wiſſe vor Sorge und
Verlegenheit nicht, was er beginnen ſolle.
Sein eigentlicher Wunſch aber war, daß wir
ihm einige Koͤpfe von unſrer Mannſchaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="38"/>
&#x017F;eltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ru&#x0364;cken<lb/>
ein Loch queer durch die &#x017F;tarke Haut ge&#x017F;tochen<lb/>
und dann ein Tau von drei oder vier Klaf-<lb/>
tern La&#x0364;nge hindurch gezogen wird, an de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
entgegenge&#x017F;etztes Ende man ein Stu&#x0364;ck Holz<lb/>
oder auch ein ver&#x017F;pu&#x0364;ndetes ganzes oder hal-<lb/>
bes Ankerfaß befe&#x017F;tigt, um &#x017F;ie &#x017F;odann wieder<lb/>
lebendig in die See zu werfen. So &#x017F;ieht<lb/>
man &#x017F;ie dann wohl zwei, drei und mehr Ta-<lb/>
ge &#x017F;ich unaufho&#x0364;rlich auf den Wogen umher-<lb/>
wa&#x0364;lzen, weil jenes leichte Anha&#x0364;ng&#x017F;el &#x017F;ie am<lb/>
Untertauchen hindert.</p><lb/>
        <p>Noch lagen wir in die&#x017F;er Ku&#x0364;&#x017F;tengegend<lb/>
vor Anker, als &#x017F;ich auch ein holla&#x0364;ndi&#x017F;ches Skla-<lb/>
ven&#x017F;chiff bei uns einfand und gleichfalls dicht<lb/>
neben uns ankerte. Der Kapitain de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
rief uns zu, daß wir ihn doch mit un&#x017F;rer<lb/>
Schaluppe zu uns heru&#x0364;ber holen mo&#x0364;chten.<lb/>
Kaum war dies ge&#x017F;chehen und er zu uns an<lb/>
Bord gekommen, als er uns die dru&#x0364;ckende<lb/>
Roth klagte, in welcher er &#x017F;ich augenblicklich<lb/>
befa&#x0364;nde. Eilf Mann von &#x017F;einer Be&#x017F;atzung wa&#x0364;-<lb/>
ren ihm unterweges ge&#x017F;torben; und noch ha-<lb/>
be er 14 Kranke liegen, &#x017F;o daß er kaum noch<lb/>
5 ge&#x017F;unde Leute an die Arbeit &#x017F;tellen ko&#x0364;nne.<lb/>
Auch habe er &#x017F;either nicht mehr, als 18 Skla-<lb/>
ven eingehandelt, und wi&#x017F;&#x017F;e vor Sorge und<lb/>
Verlegenheit nicht, was er beginnen &#x017F;olle.<lb/>
Sein eigentlicher Wun&#x017F;ch aber war, daß wir<lb/>
ihm einige Ko&#x0364;pfe von un&#x017F;rer Mann&#x017F;chaft<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0042] ſeltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ruͤcken ein Loch queer durch die ſtarke Haut geſtochen und dann ein Tau von drei oder vier Klaf- tern Laͤnge hindurch gezogen wird, an deſſen entgegengeſetztes Ende man ein Stuͤck Holz oder auch ein verſpuͤndetes ganzes oder hal- bes Ankerfaß befeſtigt, um ſie ſodann wieder lebendig in die See zu werfen. So ſieht man ſie dann wohl zwei, drei und mehr Ta- ge ſich unaufhoͤrlich auf den Wogen umher- waͤlzen, weil jenes leichte Anhaͤngſel ſie am Untertauchen hindert. Noch lagen wir in dieſer Kuͤſtengegend vor Anker, als ſich auch ein hollaͤndiſches Skla- venſchiff bei uns einfand und gleichfalls dicht neben uns ankerte. Der Kapitain deſſelben rief uns zu, daß wir ihn doch mit unſrer Schaluppe zu uns heruͤber holen moͤchten. Kaum war dies geſchehen und er zu uns an Bord gekommen, als er uns die druͤckende Roth klagte, in welcher er ſich augenblicklich befaͤnde. Eilf Mann von ſeiner Beſatzung waͤ- ren ihm unterweges geſtorben; und noch ha- be er 14 Kranke liegen, ſo daß er kaum noch 5 geſunde Leute an die Arbeit ſtellen koͤnne. Auch habe er ſeither nicht mehr, als 18 Skla- ven eingehandelt, und wiſſe vor Sorge und Verlegenheit nicht, was er beginnen ſolle. Sein eigentlicher Wunſch aber war, daß wir ihm einige Koͤpfe von unſrer Mannſchaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/42
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/42>, abgerufen am 24.11.2024.