Sonne sich zum Untergang neigt, heißt es: "Macht euch fertig zum Schlafen unter Deck!" Dann sondert sich Alles nach Geschlecht und Alter in die ihnen unter dem Verdeck ange- wiesenen, aber gänzlich getrennten Räume. Voran gehen zwei Matrosen und hinterdrein ein Steuermann, um Acht zu haben, daß die nöthige Ordnung genau beobachtet werde: denn der Raum ist dermaassen enge zuge- messen, daß sie schier wie die Heringe zu- sammengeschichtet liegen. Die Hitze in dem- selben würde auch bald bis zum Ersticken steigen, wenn nicht die Luken mit Gitterwerk versehen wären, um frische Luft zur Abküh- lung zuzulassen.
Zu diesem Gitter führt eine Leiter zu einer Oeffnung in demselben, die nur gerade weit genug ist, um zwei Menschen durchzu- lassen, und vor welcher die ganze Nacht hin- durch ein Matrose mit blankem Hauer die Wache hält, der immer nur Paarweise aus- und einläßt, was durch irgend ein Bedürf- niß hervorgetrieben wird. Da indeß die Rückkehrenden selten ihre Schlafstelle so ge- räumig wiederfinden, als sie dieselbe verlas- sen haben, so nehmen Lärm und Gezänke die ganze Nacht kein Ende; und noch un- ruhiger geht es, begreiflicher Weise, bei den Weibern und Kleinen zu. Gewöhnlich muß
Sonne ſich zum Untergang neigt, heißt es: „Macht euch fertig zum Schlafen unter Deck!‟ Dann ſondert ſich Alles nach Geſchlecht und Alter in die ihnen unter dem Verdeck ange- wieſenen, aber gaͤnzlich getrennten Raͤume. Voran gehen zwei Matroſen und hinterdrein ein Steuermann, um Acht zu haben, daß die noͤthige Ordnung genau beobachtet werde: denn der Raum iſt dermaaſſen enge zuge- meſſen, daß ſie ſchier wie die Heringe zu- ſammengeſchichtet liegen. Die Hitze in dem- ſelben wuͤrde auch bald bis zum Erſticken ſteigen, wenn nicht die Luken mit Gitterwerk verſehen waͤren, um friſche Luft zur Abkuͤh- lung zuzulaſſen.
Zu dieſem Gitter fuͤhrt eine Leiter zu einer Oeffnung in demſelben, die nur gerade weit genug iſt, um zwei Menſchen durchzu- laſſen, und vor welcher die ganze Nacht hin- durch ein Matroſe mit blankem Hauer die Wache haͤlt, der immer nur Paarweiſe aus- und einlaͤßt, was durch irgend ein Beduͤrf- niß hervorgetrieben wird. Da indeß die Ruͤckkehrenden ſelten ihre Schlafſtelle ſo ge- raͤumig wiederfinden, als ſie dieſelbe verlaſ- ſen haben, ſo nehmen Laͤrm und Gezaͤnke die ganze Nacht kein Ende; und noch un- ruhiger geht es, begreiflicher Weiſe, bei den Weibern und Kleinen zu. Gewoͤhnlich muß
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Sonne ſich zum Untergang neigt, heißt es:
„Macht euch fertig zum Schlafen unter Deck!‟
Dann ſondert ſich Alles nach Geſchlecht und
Alter in die ihnen unter dem Verdeck ange-
wieſenen, aber gaͤnzlich getrennten Raͤume.
Voran gehen zwei Matroſen und hinterdrein
ein Steuermann, um Acht zu haben, daß die
noͤthige Ordnung genau beobachtet werde:
denn der Raum iſt dermaaſſen enge zuge-
meſſen, daß ſie ſchier wie die Heringe zu-
ſammengeſchichtet liegen. Die Hitze in dem-
ſelben wuͤrde auch bald bis zum Erſticken
ſteigen, wenn nicht die Luken mit Gitterwerk
verſehen waͤren, um friſche Luft zur Abkuͤh-
lung zuzulaſſen.
Zu dieſem Gitter fuͤhrt eine Leiter zu
einer Oeffnung in demſelben, die nur gerade
weit genug iſt, um zwei Menſchen durchzu-
laſſen, und vor welcher die ganze Nacht hin-
durch ein Matroſe mit blankem Hauer die
Wache haͤlt, der immer nur Paarweiſe aus-
und einlaͤßt, was durch irgend ein Beduͤrf-
niß hervorgetrieben wird. Da indeß die
Ruͤckkehrenden ſelten ihre Schlafſtelle ſo ge-
raͤumig wiederfinden, als ſie dieſelbe verlaſ-
ſen haben, ſo nehmen Laͤrm und Gezaͤnke
die ganze Nacht kein Ende; und noch un-
ruhiger geht es, begreiflicher Weiſe, bei den
Weibern und Kleinen zu. Gewoͤhnlich muß
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/92>, abgerufen am 16.02.2025.
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