"lingen, daß meine Vorschläge irgend zu ihrem "Zwecke führten, so würde ich mir die Gnade er- "bitten, das Erste Preussische Schiff selbst dort- "hin führen zu dürfen."
Zweifle Niemand, daß ich mir in diesem letz- tern Erbieten nicht treulich Wort gehalten hätte! Jch fühlte damals meine Kräfte im Ganzen noch ungeschmälert; und was hätte nicht vollends der Feuereifer' vermocht, womit die Erfüllung meines Lieblingsgedankens mich beseelt haben würde! Allein diese Erfüllung stand nun Einmal nicht im Buche des Schicksals geschrieben; und ich gab mich endlich gerne in den Gründen zufrieden, welche mir, in der wohlwollendsten Gesinnung, als gegen meinen Vorschlag streitend, aufgestellt wurden; z. B. daß es das System unsers Staa- tes sey, keine Colonieen in auswärtigen Welt- theilen zu haben; daß, wie vortheilhaft es sonst auch seyn möge, durch Absatz der Producte des Mutterlandes die Colonial-Waaren einzutauschen, uns hingegen ein solcher Besitz nur abhängig von den Seemächten machen würde u. s. w. Das ließ sich hören, und dem war denn auch weiter nichts zu entgegnen, wenn gleich mein schönes Project darüber in den Brunnen fiel.
Und doch ist es das Einzige nicht, was mir in meinen alten Greisentagen den Herzensfrieden stört und mitunter die schlaflosen Nächte wohl noch unruhiger macht; obwohl man mich eben so gut um des Einen, wie um des Andern willen
„lingen, daß meine Vorſchlaͤge irgend zu ihrem „Zwecke fuͤhrten, ſo wuͤrde ich mir die Gnade er- „bitten, das Erſte Preuſſiſche Schiff ſelbſt dort- „hin fuͤhren zu duͤrfen.‟
Zweifle Niemand, daß ich mir in dieſem letz- tern Erbieten nicht treulich Wort gehalten haͤtte! Jch fuͤhlte damals meine Kraͤfte im Ganzen noch ungeſchmaͤlert; und was haͤtte nicht vollends der Feuereifer’ vermocht, womit die Erfuͤllung meines Lieblingsgedankens mich beſeelt haben wuͤrde! Allein dieſe Erfuͤllung ſtand nun Einmal nicht im Buche des Schickſals geſchrieben; und ich gab mich endlich gerne in den Gruͤnden zufrieden, welche mir, in der wohlwollendſten Geſinnung, als gegen meinen Vorſchlag ſtreitend, aufgeſtellt wurden; z. B. daß es das Syſtem unſers Staa- tes ſey, keine Colonieen in auswaͤrtigen Welt- theilen zu haben; daß, wie vortheilhaft es ſonſt auch ſeyn moͤge, durch Abſatz der Producte des Mutterlandes die Colonial-Waaren einzutauſchen, uns hingegen ein ſolcher Beſitz nur abhaͤngig von den Seemaͤchten machen wuͤrde u. ſ. w. Das ließ ſich hoͤren, und dem war denn auch weiter nichts zu entgegnen, wenn gleich mein ſchoͤnes Project daruͤber in den Brunnen fiel.
Und doch iſt es das Einzige nicht, was mir in meinen alten Greiſentagen den Herzensfrieden ſtoͤrt und mitunter die ſchlafloſen Naͤchte wohl noch unruhiger macht; obwohl man mich eben ſo gut um des Einen, wie um des Andern willen
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„lingen, daß meine Vorſchlaͤge irgend zu ihrem
„Zwecke fuͤhrten, ſo wuͤrde ich mir die Gnade er-
„bitten, das Erſte Preuſſiſche Schiff ſelbſt dort-
„hin fuͤhren zu duͤrfen.‟
Zweifle Niemand, daß ich mir in dieſem letz-
tern Erbieten nicht treulich Wort gehalten haͤtte!
Jch fuͤhlte damals meine Kraͤfte im Ganzen noch
ungeſchmaͤlert; und was haͤtte nicht vollends der
Feuereifer’ vermocht, womit die Erfuͤllung meines
Lieblingsgedankens mich beſeelt haben wuͤrde!
Allein dieſe Erfuͤllung ſtand nun Einmal nicht
im Buche des Schickſals geſchrieben; und ich gab
mich endlich gerne in den Gruͤnden zufrieden,
welche mir, in der wohlwollendſten Geſinnung,
als gegen meinen Vorſchlag ſtreitend, aufgeſtellt
wurden; z. B. daß es das Syſtem unſers Staa-
tes ſey, keine Colonieen in auswaͤrtigen Welt-
theilen zu haben; daß, wie vortheilhaft es ſonſt
auch ſeyn moͤge, durch Abſatz der Producte des
Mutterlandes die Colonial-Waaren einzutauſchen,
uns hingegen ein ſolcher Beſitz nur abhaͤngig von
den Seemaͤchten machen wuͤrde u. ſ. w. Das ließ
ſich hoͤren, und dem war denn auch weiter nichts
zu entgegnen, wenn gleich mein ſchoͤnes Project
daruͤber in den Brunnen fiel.
Und doch iſt es das Einzige nicht, was mir
in meinen alten Greiſentagen den Herzensfrieden
ſtoͤrt und mitunter die ſchlafloſen Naͤchte wohl
noch unruhiger macht; obwohl man mich eben ſo
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/235>, abgerufen am 17.02.2025.
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