rücksichtslose Härte einen edelmüthigen Widerstand an dem Rittmeister v. Schill, welcher die Unnütz- lichkeit jeder Uebereilung bei der Ausführung die- ser Maaßregel darthat, solange die vorliegenden Schanzen noch von seinen Leuten vertheidigt wür- den, für deren Muth und Ausdauer er sich ver- bürgte. Der Commandant sah sich für den Au- genblick genöthigt, nachzugeben; und Hunderte von Menschen fanden dadurch Zeit, alle beweg- liche Trümmer ihres Vermögens rückwärts in Sicherheit zu flüchten. Erst als dies geschehen war, trat die unabwendbare Zerstörung ein, und die Schanzen wurden verlassen.
Es fehlte jedoch viel, daß Loucadou, durch diesen glücklichen Erfolg selbst, zur besseren Be- finnung gekommen wäre. Er sah in Schill's Benehmen nur einen sträflichen Mangel an Sub- ordination, und brach demnächst in mündliche harte Vorwürfe aus, welche einen lebhaften Wort- wechsel nach sich zogen und mit einem angekün- digten Zimmer-Arrest endigten, dem der Ge- kränkte sich geduldig unterzog, da sein menschen- freundlicher Zweck nunmehr seine Erfüllung be- reits erreicht hatte. Aber nicht so geduldig nah- men Soldaten und Bürger es auf, als es be- kannt wurde, was für eine Ungebührniß ihrem Augapfel und Liebling (denn das war er!) wi- derfahren sey. Es entstand ein Gemurmel, ein Reden, ein Fragen, ein Durcheinanderlaufen, das mit jeder Minute lauter und stürmischer wurde.
ruͤckſichtsloſe Haͤrte einen edelmuͤthigen Widerſtand an dem Rittmeiſter v. Schill, welcher die Unnuͤtz- lichkeit jeder Uebereilung bei der Ausfuͤhrung die- ſer Maaßregel darthat, ſolange die vorliegenden Schanzen noch von ſeinen Leuten vertheidigt wuͤr- den, fuͤr deren Muth und Ausdauer er ſich ver- buͤrgte. Der Commandant ſah ſich fuͤr den Au- genblick genoͤthigt, nachzugeben; und Hunderte von Menſchen fanden dadurch Zeit, alle beweg- liche Truͤmmer ihres Vermoͤgens ruͤckwaͤrts in Sicherheit zu fluͤchten. Erſt als dies geſchehen war, trat die unabwendbare Zerſtoͤrung ein, und die Schanzen wurden verlaſſen.
Es fehlte jedoch viel, daß Loucadou, durch dieſen gluͤcklichen Erfolg ſelbſt, zur beſſeren Be- finnung gekommen waͤre. Er ſah in Schill’s Benehmen nur einen ſtraͤflichen Mangel an Sub- ordination, und brach demnaͤchſt in muͤndliche harte Vorwuͤrfe aus, welche einen lebhaften Wort- wechſel nach ſich zogen und mit einem angekuͤn- digten Zimmer-Arreſt endigten, dem der Ge- kraͤnkte ſich geduldig unterzog, da ſein menſchen- freundlicher Zweck nunmehr ſeine Erfuͤllung be- reits erreicht hatte. Aber nicht ſo geduldig nah- men Soldaten und Buͤrger es auf, als es be- kannt wurde, was fuͤr eine Ungebuͤhrniß ihrem Augapfel und Liebling (denn das war er!) wi- derfahren ſey. Es entſtand ein Gemurmel, ein Reden, ein Fragen, ein Durcheinanderlaufen, das mit jeder Minute lauter und ſtuͤrmiſcher wurde.
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ruͤckſichtsloſe Haͤrte einen edelmuͤthigen Widerſtand
an dem Rittmeiſter v. Schill, welcher die Unnuͤtz-
lichkeit jeder Uebereilung bei der Ausfuͤhrung die-
ſer Maaßregel darthat, ſolange die vorliegenden
Schanzen noch von ſeinen Leuten vertheidigt wuͤr-
den, fuͤr deren Muth und Ausdauer er ſich ver-
buͤrgte. Der Commandant ſah ſich fuͤr den Au-
genblick genoͤthigt, nachzugeben; und Hunderte
von Menſchen fanden dadurch Zeit, alle beweg-
liche Truͤmmer ihres Vermoͤgens ruͤckwaͤrts in
Sicherheit zu fluͤchten. Erſt als dies geſchehen
war, trat die unabwendbare Zerſtoͤrung ein, und
die Schanzen wurden verlaſſen.
Es fehlte jedoch viel, daß Loucadou, durch
dieſen gluͤcklichen Erfolg ſelbſt, zur beſſeren Be-
finnung gekommen waͤre. Er ſah in Schill’s
Benehmen nur einen ſtraͤflichen Mangel an Sub-
ordination, und brach demnaͤchſt in muͤndliche
harte Vorwuͤrfe aus, welche einen lebhaften Wort-
wechſel nach ſich zogen und mit einem angekuͤn-
digten Zimmer-Arreſt endigten, dem der Ge-
kraͤnkte ſich geduldig unterzog, da ſein menſchen-
freundlicher Zweck nunmehr ſeine Erfuͤllung be-
reits erreicht hatte. Aber nicht ſo geduldig nah-
men Soldaten und Buͤrger es auf, als es be-
kannt wurde, was fuͤr eine Ungebuͤhrniß ihrem
Augapfel und Liebling (denn das war er!) wi-
derfahren ſey. Es entſtand ein Gemurmel, ein
Reden, ein Fragen, ein Durcheinanderlaufen, das
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/95>, abgerufen am 16.02.2025.
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