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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Die verständige Abigail.
Er that auch was Er wolt'/ Er dacht an Chari-
tanen/

Die vierdte Charis selbst/ ein kluges Liebs ermah-
nen/

Zwang sein treu-flammend Hertz/ daß Er Sie
also nannt'/

Biß ihre Gegengunst und Jawort ihm bekandt.
Er ziehet ihm zu Sinn/ die wunderwehrte Ga-
ben/

Spricht endlich bey ihm selbst: Jch muß die Göt-
tin haben/

Ob schon Sie nicht entsprosst aus Königlichem
Blut';

So ist doch Königlich und Himmelgleich ihr
Muht.

Was frag' ich nach dem Stand' und hochgeprahl-
tem Adel/

Sie ist klug/ jung und schön/ Sie lebet sonder Ta-
del/

Wie jederman Sie rühmt: Jst das nicht ädel
satt?

Recht ädel ist mir der/ der Witz und Tugend hat.
Was helfen einem doch viel bunte Wapenfah-
nen?

Was nützt ein groß Geschlecht/ der weitge-
zählten Ahnen?

Wenn man nicht im Gemüth' ein Tugendwa-
pen führt?

Die Tugend ists allein die einen Menschen
ziehrt.

Wer in der Heyraht sich auf Hoheit nur wil grün-
den/

Der wird vor Freud' und Lust oft grosses Leid em-
pfinden/

Wolan
Die verſtaͤndige Abigail.
Er that auch was Er wolt’/ Er dacht an Chari-
tanen/

Die vierdte Charis ſelbſt/ ein kluges Liebs ermah-
nen/

Zwang ſein treu-flammend Hertz/ daß Er Sie
alſo nannt’/

Biß ihre Gegengunſt und Jawort ihm bekandt.
Er ziehet ihm zu Sinn/ die wunderwehrte Ga-
ben/

Spricht endlich bey ihm ſelbſt: Jch muß die Goͤt-
tin haben/

Ob ſchon Sie nicht entſproſſt aus Koͤniglichem
Blut’;

So iſt doch Koͤniglich und Himmelgleich ihr
Muht.

Was frag’ ich nach dem Stand’ und hochgeprahl-
tem Adel/

Sie iſt klug/ jung und ſchoͤn/ Sie lebet ſonder Ta-
del/

Wie jederman Sie ruͤhmt: Jſt das nicht aͤdel
ſatt?

Recht aͤdel iſt mir der/ deꝛ Witz und Tugend hat.
Was helfen einem doch viel bunte Wapenfah-
nen?

Was nuͤtzt ein groß Geſchlecht/ der weitge-
zaͤhlten Ahnen?

Wenn man nicht im Gemuͤth’ ein Tugendwa-
pen fuͤhrt?

Die Tugend iſts allein die einen Menſchen
ziehrt.

Wer in der Heyraht ſich auf Hoheit nur wil gruͤn-
den/

Der wird vor Freud’ und Luſt oft groſſes Leid em-
pfinden/

Wolan
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[76/0132] Die verſtaͤndige Abigail. Er that auch was Er wolt’/ Er dacht an Chari- tanen/ Die vierdte Charis ſelbſt/ ein kluges Liebs ermah- nen/ Zwang ſein treu-flammend Hertz/ daß Er Sie alſo nannt’/ Biß ihre Gegengunſt und Jawort ihm bekandt. Er ziehet ihm zu Sinn/ die wunderwehrte Ga- ben/ Spricht endlich bey ihm ſelbſt: Jch muß die Goͤt- tin haben/ Ob ſchon Sie nicht entſproſſt aus Koͤniglichem Blut’; So iſt doch Koͤniglich und Himmelgleich ihr Muht. Was frag’ ich nach dem Stand’ und hochgeprahl- tem Adel/ Sie iſt klug/ jung und ſchoͤn/ Sie lebet ſonder Ta- del/ Wie jederman Sie ruͤhmt: Jſt das nicht aͤdel ſatt? Recht aͤdel iſt mir der/ deꝛ Witz und Tugend hat. Was helfen einem doch viel bunte Wapenfah- nen? Was nuͤtzt ein groß Geſchlecht/ der weitge- zaͤhlten Ahnen? Wenn man nicht im Gemuͤth’ ein Tugendwa- pen fuͤhrt? Die Tugend iſts allein die einen Menſchen ziehrt. Wer in der Heyraht ſich auf Hoheit nur wil gruͤn- den/ Der wird vor Freud’ und Luſt oft groſſes Leid em- pfinden/ Wolan

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/132>, abgerufen am 13.05.2024.