Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite
Kleopatra.
Sie führt in ihrem Mund' ein zukkersüsses
Gift/

Das bald zum Hertzen schleicht und durch die
Seele trifft;

Sie kan durch einen Winkk ihr jedes Hertz ver-
binden/

Vnd bloß durch einen Blikk mit heisser Lieb' ent-
zünden;

Die Rede fleust ihr weg gleich wie ein Honig-
fluß/

Man hört ihr lange zu ohn einigen Verdruß.
Man pflegt der süssen Lust/ die Nachtzeit wird ver-
trieben/

Mit lauter üppigkeit/ mit schnöden Venus lie-
ben;

Kein Römer schläft allein/ kein Mägdchen
wird gespahrt/

Das geil' Aegypten-Land das liegt mit Rom
gepaart.

Sie weiß des Fürsten Hertz mit Schmeicheley zu
zwingen/

Sie spricht ihm Wörter zu die Mark und Geist
durchdringen/

Sie redt ihn Griechisch an und zwar sehr net
und sein/

Bald wiederüm Hebreisch/ bald wiederüm
Latein.

Sie kömmt ihm lieblich bey mit Tausend schönen
Griffen/

Sie lenkt ihm Muht und Sinn ob schon Er wol
geschliffen.

Was nur zum Schertzen taug/ was nur zur Lie-
be past/

Das suchet sie hervor und zärtelt ihren Gast.
Die
Kleopatra.
Sie fuͤhrt in ihrem Mund’ ein zukkerſuͤſſes
Gift/

Das bald zum Hertzen ſchleicht und durch die
Seele trifft;

Sie kan durch einen Winkk ihr jedes Hertz ver-
binden/

Vnd bloß durch einen Blikk mit heiſſer Lieb’ ent-
zuͤnden;

Die Rede fleuſt ihr weg gleich wie ein Honig-
fluß/

Man hoͤrt ihr lange zu ohn einigen Verdruß.
Man pflegt der ſuͤſſen Luſt/ die Nachtzeit wird ver-
trieben/

Mit lauter uͤppigkeit/ mit ſchnoͤden Venus lie-
ben;

Kein Roͤmer ſchlaͤft allein/ kein Maͤgdchen
wird geſpahrt/

Das geil’ Aegypten-Land das liegt mit Rom
gepaart.

Sie weiß des Fuͤrſten Hertz mit Schmeicheley zu
zwingen/

Sie ſpricht ihm Woͤrter zu die Mark und Geiſt
durchdringen/

Sie redt ihn Griechiſch an und zwar ſehr net
und ſein/

Bald wiederuͤm Hebreiſch/ bald wiederuͤm
Latein.

Sie koͤmmt ihm lieblich bey mit Tauſend ſchoͤnen
Griffen/

Sie lenkt ihm Muht und Sinn ob ſchon Er wol
geſchliffen.

Was nur zum Schertzen taug/ was nur zur Lie-
be paſt/

Das ſuchet ſie hervor und zaͤrtelt ihren Gaſt.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0247" n="183"/>
            <fw place="top" type="header">Kleopatra.</fw><lb/>
            <l>Sie fu&#x0364;hrt in ihrem Mund&#x2019; ein zukker&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;es<lb/><hi rendition="#et">Gift/</hi></l><lb/>
            <l>Das bald zum Hertzen &#x017F;chleicht und durch die<lb/><hi rendition="#et">Seele trifft;</hi></l><lb/>
            <l>Sie kan durch einen Winkk ihr jedes Hertz ver-<lb/><hi rendition="#et">binden/</hi></l><lb/>
            <l>Vnd bloß durch einen Blikk mit hei&#x017F;&#x017F;er Lieb&#x2019; ent-<lb/><hi rendition="#et">zu&#x0364;nden;</hi></l><lb/>
            <l>Die Rede fleu&#x017F;t ihr weg gleich wie ein Honig-<lb/><hi rendition="#et">fluß/</hi></l><lb/>
            <l>Man ho&#x0364;rt ihr lange zu ohn einigen Verdruß.</l><lb/>
            <l>Man pflegt der &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Lu&#x017F;t/ die Nachtzeit wird ver-<lb/><hi rendition="#et">trieben/</hi></l><lb/>
            <l>Mit lauter u&#x0364;ppigkeit/ mit &#x017F;chno&#x0364;den Venus lie-<lb/><hi rendition="#et">ben;</hi></l><lb/>
            <l>Kein Ro&#x0364;mer &#x017F;chla&#x0364;ft allein/ kein Ma&#x0364;gdchen<lb/><hi rendition="#et">wird ge&#x017F;pahrt/</hi></l><lb/>
            <l>Das geil&#x2019; Aegypten-Land das liegt mit Rom<lb/><hi rendition="#et">gepaart.</hi></l><lb/>
            <l>Sie weiß des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Hertz mit Schmeicheley zu<lb/><hi rendition="#et">zwingen/</hi></l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;pricht ihm Wo&#x0364;rter zu die Mark und Gei&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">durchdringen/</hi></l><lb/>
            <l>Sie redt ihn Griechi&#x017F;ch an und zwar &#x017F;ehr net<lb/><hi rendition="#et">und &#x017F;ein/</hi></l><lb/>
            <l>Bald wiederu&#x0364;m Hebrei&#x017F;ch/ bald wiederu&#x0364;m<lb/><hi rendition="#et">Latein.</hi></l><lb/>
            <l>Sie ko&#x0364;mmt ihm lieblich bey mit Tau&#x017F;end &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/><hi rendition="#et">Griffen/</hi></l><lb/>
            <l>Sie lenkt ihm Muht und Sinn ob &#x017F;chon Er wol<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;chliffen.</hi></l><lb/>
            <l>Was nur zum Schertzen taug/ was nur zur Lie-<lb/><hi rendition="#et">be pa&#x017F;t/</hi></l><lb/>
            <l>Das &#x017F;uchet &#x017F;ie hervor und za&#x0364;rtelt ihren Ga&#x017F;t.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0247] Kleopatra. Sie fuͤhrt in ihrem Mund’ ein zukkerſuͤſſes Gift/ Das bald zum Hertzen ſchleicht und durch die Seele trifft; Sie kan durch einen Winkk ihr jedes Hertz ver- binden/ Vnd bloß durch einen Blikk mit heiſſer Lieb’ ent- zuͤnden; Die Rede fleuſt ihr weg gleich wie ein Honig- fluß/ Man hoͤrt ihr lange zu ohn einigen Verdruß. Man pflegt der ſuͤſſen Luſt/ die Nachtzeit wird ver- trieben/ Mit lauter uͤppigkeit/ mit ſchnoͤden Venus lie- ben; Kein Roͤmer ſchlaͤft allein/ kein Maͤgdchen wird geſpahrt/ Das geil’ Aegypten-Land das liegt mit Rom gepaart. Sie weiß des Fuͤrſten Hertz mit Schmeicheley zu zwingen/ Sie ſpricht ihm Woͤrter zu die Mark und Geiſt durchdringen/ Sie redt ihn Griechiſch an und zwar ſehr net und ſein/ Bald wiederuͤm Hebreiſch/ bald wiederuͤm Latein. Sie koͤmmt ihm lieblich bey mit Tauſend ſchoͤnen Griffen/ Sie lenkt ihm Muht und Sinn ob ſchon Er wol geſchliffen. Was nur zum Schertzen taug/ was nur zur Lie- be paſt/ Das ſuchet ſie hervor und zaͤrtelt ihren Gaſt. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/247
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/247>, abgerufen am 21.11.2024.