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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Sonderlich ist er wegen der Profezeihung von der
Jnsel Cythere an Laconien gehörig/ von den Grie-
chen in grossen Ehren gehalten worden. Denn/
nach dem er derselben Natur/ und wie sie gelegen/
erlernet/ hat er gewünschet/ daß sie nimmer gewe-
sen/ oder so bald als sie entstanden/ versunken wä-
re/ weil sein Verstand/ das bevorstehende Unheil/
schon vorher gesehen.

Denn als Demaratus von Lacedemon verwie-
sen/ hat er sich an den Persischen König Xerxes ge-
schlagen/ und/ daß er seine Kriegsschiffe in gedach-
ter Jnsel halten solte/ Anschlag gegeben; Und wä-
re also Griechenland/ im fall dieser Rahtschlag
etwas bey dem Könige verfangen/ leichtlich in der
Feinde Botmeßigkeit gerahten. Hernachmals/
als die Jnsel durch den Peloponnesischen Krieg
gantz verheeret/ hat Nicias Athenische Besatzung
dahin geleget/ und also den Lacedemoniern grossen
Abbruch gethan. Chilo ist in seinem reden kurtz
gewesen/ daher wird eine kurtze und weise Rede
Chilonisch genennet.

Er ist in hohem Alter/ in dem er seinen Sohn/
welcher zu Olympia gekrönet/ ümhalset und ge-
küsset/ zu Pisa vor grosser Freude gestorben.

Unter andern seinen Sprichwörtern seynd die-
ses die vornemsten:



II.
Ne beneficii statim obliviscaris, cave.
Undank ist ein grosses Laster. Darüm schau ein
jederman/

Daß ers nicht vergessen möge/ wenn ihm jemand
wolgethan.
III.Pro-
p iiij

Sonderlich iſt er wegen der Profezeihung von der
Jnſel Cythere an Laconien gehoͤrig/ von den Grie-
chen in groſſen Ehren gehalten worden. Denn/
nach dem er derſelben Natur/ und wie ſie gelegen/
erlernet/ hat er gewuͤnſchet/ daß ſie nimmer gewe-
ſen/ oder ſo bald als ſie entſtanden/ verſunken waͤ-
re/ weil ſein Verſtand/ das bevorſtehende Unheil/
ſchon vorher geſehen.

Denn als Demaratus von Lacedemon verwie-
ſen/ hat er ſich an den Perſiſchen Koͤnig Xerxes ge-
ſchlagen/ und/ daß er ſeine Kriegsſchiffe in gedach-
ter Jnſel halten ſolte/ Anſchlag gegeben; Und waͤ-
re alſo Griechenland/ im fall dieſer Rahtſchlag
etwas bey dem Koͤnige verfangen/ leichtlich in der
Feinde Botmeßigkeit gerahten. Hernachmals/
als die Jnſel durch den Peloponneſiſchen Krieg
gantz verheeret/ hat Nicias Atheniſche Beſatzung
dahin geleget/ und alſo den Lacedemoniern groſſen
Abbruch gethan. Chilo iſt in ſeinem reden kurtz
geweſen/ daher wird eine kurtze und weiſe Rede
Chiloniſch genennet.

Er iſt in hohem Alter/ in dem er ſeinen Sohn/
welcher zu Olympia gekroͤnet/ uͤmhalſet und ge-
kuͤſſet/ zu Piſa vor groſſer Freude geſtorben.

Unter andern ſeinen Sprichwoͤrtern ſeynd die-
ſes die vornemſten:



II.
Ne beneficii ſtatim obliviſcaris, cave.
Undank iſt ein groſſes Laſter. Daruͤm ſchau ein
jederman/

Daß ers nicht vergeſſen moͤge/ wenn ihm jemand
wolgethan.
III.Pro-
p iiij
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[343/0427] Sonderlich iſt er wegen der Profezeihung von der Jnſel Cythere an Laconien gehoͤrig/ von den Grie- chen in groſſen Ehren gehalten worden. Denn/ nach dem er derſelben Natur/ und wie ſie gelegen/ erlernet/ hat er gewuͤnſchet/ daß ſie nimmer gewe- ſen/ oder ſo bald als ſie entſtanden/ verſunken waͤ- re/ weil ſein Verſtand/ das bevorſtehende Unheil/ ſchon vorher geſehen. Denn als Demaratus von Lacedemon verwie- ſen/ hat er ſich an den Perſiſchen Koͤnig Xerxes ge- ſchlagen/ und/ daß er ſeine Kriegsſchiffe in gedach- ter Jnſel halten ſolte/ Anſchlag gegeben; Und waͤ- re alſo Griechenland/ im fall dieſer Rahtſchlag etwas bey dem Koͤnige verfangen/ leichtlich in der Feinde Botmeßigkeit gerahten. Hernachmals/ als die Jnſel durch den Peloponneſiſchen Krieg gantz verheeret/ hat Nicias Atheniſche Beſatzung dahin geleget/ und alſo den Lacedemoniern groſſen Abbruch gethan. Chilo iſt in ſeinem reden kurtz geweſen/ daher wird eine kurtze und weiſe Rede Chiloniſch genennet. Er iſt in hohem Alter/ in dem er ſeinen Sohn/ welcher zu Olympia gekroͤnet/ uͤmhalſet und ge- kuͤſſet/ zu Piſa vor groſſer Freude geſtorben. Unter andern ſeinen Sprichwoͤrtern ſeynd die- ſes die vornemſten: II. Ne beneficii ſtatim obliviſcaris, cave. Undank iſt ein groſſes Laſter. Daruͤm ſchau ein jederman/ Daß ers nicht vergeſſen moͤge/ wenn ihm jemand wolgethan. III.Pro- p iiij

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/427>, abgerufen am 22.11.2024.