Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.nen netzten, und neigte sich liebreich zu den lallenden kleinen Kranken, die von ihren Aeltern ermuntert, von ihrem Strohlager ihre matten Hände empor zu heben suchten, um ihrem Wohlthäter zu danken. Er hätte sehr gern Marianen mitgenommen, Mariane, von allem Eigendünkel weit entfernt, edel-
nen netzten, und neigte ſich liebreich zu den lallenden kleinen Kranken, die von ihren Aeltern ermuntert, von ihrem Strohlager ihre matten Haͤnde empor zu heben ſuchten, um ihrem Wohlthaͤter zu danken. Er haͤtte ſehr gern Marianen mitgenommen, Mariane, von allem Eigenduͤnkel weit entfernt, edel-
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nen netzten, und neigte ſich liebreich zu den lallenden
kleinen Kranken, die von ihren Aeltern ermuntert,
von ihrem Strohlager ihre matten Haͤnde empor
zu heben ſuchten, um ihrem Wohlthaͤter zu danken.
Er haͤtte ſehr gern Marianen mitgenommen,
um ſie dieſe ſuͤße Scene, die Frucht ihrer menſchen-
freundlichen Anlage mitgenieſſen zu laßen, wenn er
nicht die Denkunsart ſeiner Tante zu genau gekannt
haͤtte. Er hatte ein fuͤr ſchoͤne Handlungen empfind-
liches Herz, und obgleich ſeine kleine Eigenliebe nicht
ermangelte, ihm daruͤber ein Compliment zu machen,
daß durch ſein Drama dieſer Endzweck erreichet wor-
den: ſo war er doch durch Marianens großmuͤthige
Geſinnungen, deren ganzes Verdienſt um die ungluͤck-
liche Familie er itzt erſt in in ſeinem ganzen Umfange
erfahren hatte, mit ſo großer Hochachtung gegen ſie
erfuͤllet; daß er bey ſeiner Zuruͤckkunft ſogleich in ihr
Zimmer ſtieg, und ihr, nachdem er ihr von ſeiner kur-
zen Fahrt Bericht erſtattet hatte, alle Lobſpruͤche ſagte
die die warme Empfindung einer guten That einge-
ben kann, daß er ſie als die ſchoͤnſte Seele pries,
als die Ehre ihres Geſchlechts, die ihrer Tugend we-
gen das gluͤcklichſte Schickſal verdiente.
Mariane, von allem Eigenduͤnkel weit entfernt,
aber voll von dem heitern Vergnuͤgen, welches ein
edel-
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