Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.nicht daran dachte, das im Anfange ergangene allge- meine Verbot, abermahls zu wiederholen. Unglück- licherweise aber traf sie einst Fräulein Adelheid mit der Bestimmung des Menschen in der Hand an, die daraus ihrer Hofmeisterinn die menschlichen Er- wartungen*) vorlas. Die Frau von Hohenauf, die durchaus nicht wollte, daß ihre Fräulein andere Erwartungen haben sollten, als geputzt, bewun- dert, angebetet, Hofdamen, reiche und galante Frauen zu werden, confiscirte das Buch, als deutsch, augen- blicklich, und nachdem sie eine halbe Viertelstunde lang den Jnhalt untersucht hatte, warf sie es mit großem Ungestüm in den Camin, als für alle Fräulein, die ihr Glück am Hofe machen wollen, höchst ver- derblich. Von diesem Augenblicke an, war das Vertrauen sten *) Nach der Auogabe Leipzig 1768. S. 119. O 2
nicht daran dachte, das im Anfange ergangene allge- meine Verbot, abermahls zu wiederholen. Ungluͤck- licherweiſe aber traf ſie einſt Fraͤulein Adelheid mit der Beſtimmung des Menſchen in der Hand an, die daraus ihrer Hofmeiſterinn die menſchlichen Er- wartungen*) vorlas. Die Frau von Hohenauf, die durchaus nicht wollte, daß ihre Fraͤulein andere Erwartungen haben ſollten, als geputzt, bewun- dert, angebetet, Hofdamen, reiche und galante Frauen zu werden, confiscirte das Buch, als deutſch, augen- blicklich, und nachdem ſie eine halbe Viertelſtunde lang den Jnhalt unterſucht hatte, warf ſie es mit großem Ungeſtuͤm in den Camin, als fuͤr alle Fraͤulein, die ihr Gluͤck am Hofe machen wollen, hoͤchſt ver- derblich. Von dieſem Augenblicke an, war das Vertrauen ſten *) Nach der Auogabe Leipzig 1768. S. 119. O 2
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nicht daran dachte, das im Anfange ergangene allge-
meine Verbot, abermahls zu wiederholen. Ungluͤck-
licherweiſe aber traf ſie einſt Fraͤulein Adelheid mit
der Beſtimmung des Menſchen in der Hand an,
die daraus ihrer Hofmeiſterinn die menſchlichen Er-
wartungen *) vorlas. Die Frau von Hohenauf,
die durchaus nicht wollte, daß ihre Fraͤulein andere
Erwartungen haben ſollten, als geputzt, bewun-
dert, angebetet, Hofdamen, reiche und galante Frauen
zu werden, confiscirte das Buch, als deutſch, augen-
blicklich, und nachdem ſie eine halbe Viertelſtunde lang
den Jnhalt unterſucht hatte, warf ſie es mit großem
Ungeſtuͤm in den Camin, als fuͤr alle Fraͤulein,
die ihr Gluͤck am Hofe machen wollen, hoͤchſt ver-
derblich.
Von dieſem Augenblicke an, war das Vertrauen
der Frau von Hohenauf zu Marianen ſo ſehr ver-
mindert, daß es jedermann im Hauſe wahrnahm.
Da nun dieſes Schloß vollkommen einem Hofe glich,
wo dem, der in Ungnade iſt, von allen Hofbedien-
ten der Ruͤcken zugekehret ward, ſo vermieden auch
hier alle Hausgenoſſen Marianen, und Saͤugling,
ſo ſehr ſein kleines Herz dadurch gemartert ward,
muſte aus Furcht Aufſehen zu erwecken oft die be-
ſten
*) Nach der Auogabe Leipzig 1768. S. 119.
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