Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.gnädigsten Landesherrschaft, seine Gesundheit, und den größten Theil des Vermögens, das ihm die schöne Clarißa übrig' gelaßen hatte, zugesetzt. Er glaubte also ein Recht zu haben, für seine treugeleisteten Dienste mit einer ansehnlichen Pension anf Lebenszeit belohnt zu werden. Er hatte damals vor einigen Wochen darum angehalten, hatte aber statt derselben in sehr gnädigen Ausdrücken seinen Abschied, mit dem Pre- dicat, als fürstl. Geheimderrath erhalten. Seit die- ser Zeit hatte er zum östern Anfälle von Devotion, die mit den Anfällen vom Stein, vom Chiragra und Podagra abwechselten, und itzt da Sebaldus ihm aufwarten wollte, hatte er eben einen Anfall von Devotion, Chiragra und Podagra zugleich. Er lag auf einer Bergere, *) beide Füsse in Flanell gewickelt, und auf einer nebensteheuden Servante **) von Ma- hagoniholze lagen Goezens Todesbetrachtungen auf alle Tage, und der wohlgerüstete Himmels- wagen nebst den Frankfurter Reichs-Ober-Post- Amts-Zeitungen. Sobald der Schmerz in den Händen und Füßen zu arg ward, ergrif er eins von den Büchern, und laß überlaut eine Betrachtung oder Gebet *) Ein Lehnstuhl mit vorstehendem Sessel, um darauf die Füss- zu legen. **) Eine Art von kleinem Tische. D 3
gnaͤdigſten Landesherrſchaft, ſeine Geſundheit, und den groͤßten Theil des Vermoͤgens, das ihm die ſchoͤne Clarißa uͤbrig’ gelaßen hatte, zugeſetzt. Er glaubte alſo ein Recht zu haben, fuͤr ſeine treugeleiſteten Dienſte mit einer anſehnlichen Penſion anf Lebenszeit belohnt zu werden. Er hatte damals vor einigen Wochen darum angehalten, hatte aber ſtatt derſelben in ſehr gnaͤdigen Ausdruͤcken ſeinen Abſchied, mit dem Pre- dicat, als fuͤrſtl. Geheimderrath erhalten. Seit die- ſer Zeit hatte er zum oͤſtern Anfaͤlle von Devotion, die mit den Anfaͤllen vom Stein, vom Chiragra und Podagra abwechſelten, und itzt da Sebaldus ihm aufwarten wollte, hatte er eben einen Anfall von Devotion, Chiragra und Podagra zugleich. Er lag auf einer Bergere, *) beide Fuͤſſe in Flanell gewickelt, und auf einer nebenſteheuden Servante **) von Ma- hagoniholze lagen Goezens Todesbetrachtungen auf alle Tage, und der wohlgeruͤſtete Himmels- wagen nebſt den Frankfurter Reichs-Ober-Poſt- Amts-Zeitungen. Sobald der Schmerz in den Haͤnden und Fuͤßen zu arg ward, ergrif er eins von den Buͤchern, und laß uͤberlaut eine Betrachtung oder Gebet *) Ein Lehnſtuhl mit vorſtehendem Seſſel, um darauf die Fuͤſſ- zu legen. **) Eine Art von kleinem Tiſche. D 3
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den groͤßten Theil des Vermoͤgens, das ihm die ſchoͤne
Clarißa uͤbrig’ gelaßen hatte, zugeſetzt. Er glaubte
alſo ein Recht zu haben, fuͤr ſeine treugeleiſteten Dienſte
mit einer anſehnlichen Penſion anf Lebenszeit belohnt
zu werden. Er hatte damals vor einigen Wochen
darum angehalten, hatte aber ſtatt derſelben in ſehr
gnaͤdigen Ausdruͤcken ſeinen Abſchied, mit dem Pre-
dicat, als fuͤrſtl. Geheimderrath erhalten. Seit die-
ſer Zeit hatte er zum oͤſtern Anfaͤlle von Devotion,
die mit den Anfaͤllen vom Stein, vom Chiragra und
Podagra abwechſelten, und itzt da Sebaldus ihm
aufwarten wollte, hatte er eben einen Anfall von
Devotion, Chiragra und Podagra zugleich. Er lag
auf einer Bergere, *) beide Fuͤſſe in Flanell gewickelt,
und auf einer nebenſteheuden Servante **) von Ma-
hagoniholze lagen Goezens Todesbetrachtungen
auf alle Tage, und der wohlgeruͤſtete Himmels-
wagen nebſt den Frankfurter Reichs-Ober-Poſt-
Amts-Zeitungen. Sobald der Schmerz in den
Haͤnden und Fuͤßen zu arg ward, ergrif er eins von
den Buͤchern, und laß uͤberlaut eine Betrachtung oder
Gebet
*) Ein Lehnſtuhl mit vorſtehendem Seſſel, um darauf die Fuͤſſ-
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**) Eine Art von kleinem Tiſche.
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