"der Sie gesandt hat zu verdammen.' Und so gieng er zur Thür hinaus.
Der Prediger, weil er niemand anders hatte, wen- dete sich an Franzen. Er bewies ihm, daß der Ma- jor ewig verdammt seyn müsse. Franz weinte, schlug sich an die Brust, und rief aus:
,Ach! er war doch so sehr böse nicht, daß nicht für "seine arme Seele Hülfe seyn sollte. Jch wollte "gern selbst für ihn hundert Rosenkränze beten, wenn "ich seine Seele aus dem Fegefeuer retten könnte. "Doch was kann ich armer einfältiger Mensch! Nein! "ich keune einen frommen Prior in Böhmen, dessen "Kloster der Major vom Anzünden und Plündern "gerettet hat, der wird ihm gern von den guten Wer- "ken des Klosters etwas zukommen lassen, den will "ich bitten, daß er für ihn Seelmessen lese.'
Der Prediger entdeckte nun mit Erstaunen, daß Franz katholisch war. Jn dem Eifer seiner Bekeh- rungssucht fieng er an, ihm den Gräuel des papi- stischen Sauerteiges recht lebhaft vorzumalen, und drohte ihm, daß er, wenn er sich nicht zur reinen se- ligmachenden Lehre wendete, eben wie sein Herr, ewig verdammt werden würde.
Franz, der solche Worte nie bey dem Major ge- hört hatte, sah den Prediger starr an, und segnete
sich
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”der Sie geſandt hat zu verdammen.‛ Und ſo gieng er zur Thuͤr hinaus.
Der Prediger, weil er niemand anders hatte, wen- dete ſich an Franzen. Er bewies ihm, daß der Ma- jor ewig verdammt ſeyn muͤſſe. Franz weinte, ſchlug ſich an die Bruſt, und rief aus:
‚Ach! er war doch ſo ſehr boͤſe nicht, daß nicht fuͤr ”ſeine arme Seele Huͤlfe ſeyn ſollte. Jch wollte ”gern ſelbſt fuͤr ihn hundert Roſenkraͤnze beten, wenn ”ich ſeine Seele aus dem Fegefeuer retten koͤnnte. ”Doch was kann ich armer einfaͤltiger Menſch! Nein! ”ich keune einen frommen Prior in Boͤhmen, deſſen ”Kloſter der Major vom Anzuͤnden und Pluͤndern ”gerettet hat, der wird ihm gern von den guten Wer- ”ken des Kloſters etwas zukommen laſſen, den will ”ich bitten, daß er fuͤr ihn Seelmeſſen leſe.‛
Der Prediger entdeckte nun mit Erſtaunen, daß Franz katholiſch war. Jn dem Eifer ſeiner Bekeh- rungsſucht fieng er an, ihm den Graͤuel des papi- ſtiſchen Sauerteiges recht lebhaft vorzumalen, und drohte ihm, daß er, wenn er ſich nicht zur reinen ſe- ligmachenden Lehre wendete, eben wie ſein Herr, ewig verdammt werden wuͤrde.
Franz, der ſolche Worte nie bey dem Major ge- hoͤrt hatte, ſah den Prediger ſtarr an, und ſegnete
ſich
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”der Sie geſandt hat zu verdammen.‛ Und ſo
gieng er zur Thuͤr hinaus.
Der Prediger, weil er niemand anders hatte, wen-
dete ſich an Franzen. Er bewies ihm, daß der Ma-
jor ewig verdammt ſeyn muͤſſe. Franz weinte, ſchlug
ſich an die Bruſt, und rief aus:
‚Ach! er war doch ſo ſehr boͤſe nicht, daß nicht fuͤr
”ſeine arme Seele Huͤlfe ſeyn ſollte. Jch wollte
”gern ſelbſt fuͤr ihn hundert Roſenkraͤnze beten, wenn
”ich ſeine Seele aus dem Fegefeuer retten koͤnnte.
”Doch was kann ich armer einfaͤltiger Menſch! Nein!
”ich keune einen frommen Prior in Boͤhmen, deſſen
”Kloſter der Major vom Anzuͤnden und Pluͤndern
”gerettet hat, der wird ihm gern von den guten Wer-
”ken des Kloſters etwas zukommen laſſen, den will
”ich bitten, daß er fuͤr ihn Seelmeſſen leſe.‛
Der Prediger entdeckte nun mit Erſtaunen, daß
Franz katholiſch war. Jn dem Eifer ſeiner Bekeh-
rungsſucht fieng er an, ihm den Graͤuel des papi-
ſtiſchen Sauerteiges recht lebhaft vorzumalen, und
drohte ihm, daß er, wenn er ſich nicht zur reinen ſe-
ligmachenden Lehre wendete, eben wie ſein Herr, ewig
verdammt werden wuͤrde.
Franz, der ſolche Worte nie bey dem Major ge-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/137>, abgerufen am 16.02.2025.
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