Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.meist ganz friedlich neben einander leben; und wenn sie sich ja zuweilen ein wenig zanken, so bleibt doch alles im Staate in sehr guter Ordnung Lassen Sie uns nur nicht wähnen, daß alle Wahrheit bey un- serer Religionspartey zu Hause sey; lassen Sie uns vielmehr untersuchen, ob diejenigen, die wir für Jrrlehrer halten, nicht mehr Wahrheit mögen ge- funden haben, als wir, und dann finden wir viel- leicht, daß wir sie verehren und lieben müssen. Jch wiederhole nochmals, lassen Sie uns untersuchen, und lassen Sie uns keine Verabredung, kein Lehrge- bäude, kein symbolisches Buch aufhalten, wenn wir Wahrheit suchen und finden können. Mackl. Ach! mein lieber Herr Magister! Sie wollen in Q
meiſt ganz friedlich neben einander leben; und wenn ſie ſich ja zuweilen ein wenig zanken, ſo bleibt doch alles im Staate in ſehr guter Ordnung Laſſen Sie uns nur nicht waͤhnen, daß alle Wahrheit bey un- ſerer Religionspartey zu Hauſe ſey; laſſen Sie uns vielmehr unterſuchen, ob diejenigen, die wir fuͤr Jrrlehrer halten, nicht mehr Wahrheit moͤgen ge- funden haben, als wir, und dann finden wir viel- leicht, daß wir ſie verehren und lieben muͤſſen. Jch wiederhole nochmals, laſſen Sie uns unterſuchen, und laſſen Sie uns keine Verabredung, kein Lehrge- baͤude, kein ſymboliſches Buch aufhalten, wenn wir Wahrheit ſuchen und finden koͤnnen. Mackl. Ach! mein lieber Herr Magiſter! Sie wollen in Q
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meiſt ganz friedlich neben einander leben; und wenn ſie
ſich ja zuweilen ein wenig zanken, ſo bleibt doch
alles im Staate in ſehr guter Ordnung Laſſen Sie
uns nur nicht waͤhnen, daß alle Wahrheit bey un-
ſerer Religionspartey zu Hauſe ſey; laſſen Sie uns
vielmehr unterſuchen, ob diejenigen, die wir fuͤr
Jrrlehrer halten, nicht mehr Wahrheit moͤgen ge-
funden haben, als wir, und dann finden wir viel-
leicht, daß wir ſie verehren und lieben muͤſſen. Jch
wiederhole nochmals, laſſen Sie uns unterſuchen,
und laſſen Sie uns keine Verabredung, kein Lehrge-
baͤude, kein ſymboliſches Buch aufhalten, wenn wir
Wahrheit ſuchen und finden koͤnnen.
Mackl. Ach! mein lieber Herr Magiſter! Sie wollen
doch immer ſo viel ſpekuliren! Dieſe Sucht moͤgen Sie
wohl aus dem leidigen Brandenburgiſchen Lande mit-
gebracht haben. Da ſolls arg zugehen; da ſoll alles
voll Rotten und Sekten ſeyn. Das koͤmmt her von
dem unchriſtlichen Vernuͤnfteln! Da wird immer
einer an dem andern irre! Und wenn denn einem
auch hin und wieder ein Zweifel einfaͤlt, ſo iſts ja beſſer,
man unterdruͤckt ihn gleich. Dieß iſt viel kuͤrzer und
beſſer, als daß man davon viel Redens macht, daruͤber
denn andere auch irre gehen. Nein! laſſen Sie mir
immer die Lehrformeln und die ſymboliſchen Buͤcher
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