Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


,Kommen Sie meine Tochter,' rief der alte
Säugling schmutzelnd: Vertheidigen Sie sich ,Hier
"dieser Herr, wollte mich eben für Sie, als für
"der Verführerinn meines Sohnes warnen.'

,Nichtswürdiger!' rief Mariane, und sah Ram-
bolden
mit einem Blicke voll tiefster Verachtung
an. ,Du denkst schändlich gnung, um zur Verfol-
"gung noch Verläumdung hinzuzuthun. -- Deine
"niederträchtige Liebe, die nur Bosheit war.' --

,Und doch sollen Sie mich gewiß noch lieben,' fiel
ihr der faselhafte Rambold greiflachend ins Wort,
gewohnt, bey einer Geckerey, die ihm in den Kopf
kam, alle ernsthafte Gedanken zu vergessen.

,Wie?' rief Mariane höchsterzürnt, ,nimmer-
"mehr!' --

,Aber doch gewiß liebstes Marianchen!' neckte
Rambold weiter.

Mariane erblaßte vor Zorn, über diese un-
glaubliche Unverschämtheit, und wiederholte: ,Nim-
"mermehr! Niederträchtiger!'

,Ja gewiß!' -- erwiederte Rambold, der seine
Geckenmine, in eine ernsthafte verwandeln wollte,
und unbeschreiblich einfältig aussah, -- ,zwar nicht
"als Liebhaber, aber doch als Bruder. -- Jch bin
Jhr Sohn' -- rief er und warf sich zu Sebal-

dus


‚Kommen Sie meine Tochter,‛ rief der alte
Saͤugling ſchmutzelnd: Vertheidigen Sie ſich ‚Hier
„dieſer Herr, wollte mich eben fuͤr Sie, als fuͤr
„der Verfuͤhrerinn meines Sohnes warnen.‛

‚Nichtswuͤrdiger!‛ rief Mariane, und ſah Ram-
bolden
mit einem Blicke voll tiefſter Verachtung
an. ‚Du denkſt ſchaͤndlich gnung, um zur Verfol-
„gung noch Verlaͤumdung hinzuzuthun. — Deine
„niedertraͤchtige Liebe, die nur Bosheit war.‛ —

‚Und doch ſollen Sie mich gewiß noch lieben,‛ fiel
ihr der faſelhafte Rambold greiflachend ins Wort,
gewohnt, bey einer Geckerey, die ihm in den Kopf
kam, alle ernſthafte Gedanken zu vergeſſen.

‚Wie?‛ rief Mariane hoͤchſterzuͤrnt, ‚nimmer-
„mehr!‛ —

‚Aber doch gewiß liebſtes Marianchen!‛ neckte
Rambold weiter.

Mariane erblaßte vor Zorn, uͤber dieſe un-
glaubliche Unverſchaͤmtheit, und wiederholte: ‚Nim-
„mermehr! Niedertraͤchtiger!‛

‚Ja gewiß!‛ — erwiederte Rambold, der ſeine
Geckenmine, in eine ernſthafte verwandeln wollte,
und unbeſchreiblich einfaͤltig ausſah, — ‚zwar nicht
„als Liebhaber, aber doch als Bruder. — Jch bin
Jhr Sohn‛ — rief er und warf ſich zu Sebal-

dus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0170" n="156[155]"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>&#x201A;Kommen Sie meine Tochter,&#x201B; rief der alte<lb/><hi rendition="#fr">Sa&#x0364;ugling</hi> &#x017F;chmutzelnd: Vertheidigen Sie &#x017F;ich &#x201A;Hier<lb/>
&#x201E;die&#x017F;er Herr, wollte mich eben fu&#x0364;r Sie, als fu&#x0364;r<lb/>
&#x201E;der Verfu&#x0364;hrerinn meines Sohnes warnen.&#x201B;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Nichtswu&#x0364;rdiger!&#x201B; rief <hi rendition="#fr">Mariane,</hi> und &#x017F;ah <hi rendition="#fr">Ram-<lb/>
bolden</hi> mit einem Blicke voll tief&#x017F;ter Verachtung<lb/>
an. &#x201A;Du denk&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;ndlich gnung, um zur Verfol-<lb/>
&#x201E;gung noch Verla&#x0364;umdung hinzuzuthun. &#x2014; Deine<lb/>
&#x201E;niedertra&#x0364;chtige Liebe, die nur Bosheit war.&#x201B; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Und doch &#x017F;ollen Sie mich gewiß noch lieben,&#x201B; fiel<lb/>
ihr der fa&#x017F;elhafte <hi rendition="#fr">Rambold</hi> greiflachend ins Wort,<lb/>
gewohnt, bey einer Geckerey, die ihm in den Kopf<lb/>
kam, alle ern&#x017F;thafte Gedanken zu verge&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>&#x201A;Wie?&#x201B; rief <hi rendition="#fr">Mariane</hi> ho&#x0364;ch&#x017F;terzu&#x0364;rnt, &#x201A;nimmer-<lb/>
&#x201E;mehr!&#x201B; &#x2014;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Aber doch gewiß lieb&#x017F;tes <hi rendition="#fr">Marianchen!</hi>&#x201B; neckte<lb/><hi rendition="#fr">Rambold</hi> weiter.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Mariane</hi> erblaßte vor Zorn, u&#x0364;ber die&#x017F;e un-<lb/>
glaubliche Unver&#x017F;cha&#x0364;mtheit, und wiederholte: &#x201A;Nim-<lb/>
&#x201E;mermehr! Niedertra&#x0364;chtiger!&#x201B;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Ja gewiß!&#x201B; &#x2014; erwiederte <hi rendition="#fr">Rambold,</hi> der &#x017F;eine<lb/>
Geckenmine, in eine ern&#x017F;thafte verwandeln wollte,<lb/>
und unbe&#x017F;chreiblich einfa&#x0364;ltig aus&#x017F;ah, &#x2014; &#x201A;zwar nicht<lb/>
&#x201E;als Liebhaber, aber doch <hi rendition="#fr">als Bruder.</hi> &#x2014; Jch bin<lb/>
Jhr Sohn&#x201B; &#x2014; rief er und warf &#x017F;ich zu <hi rendition="#fr">Sebal-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dus</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156[155]/0170] ‚Kommen Sie meine Tochter,‛ rief der alte Saͤugling ſchmutzelnd: Vertheidigen Sie ſich ‚Hier „dieſer Herr, wollte mich eben fuͤr Sie, als fuͤr „der Verfuͤhrerinn meines Sohnes warnen.‛ ‚Nichtswuͤrdiger!‛ rief Mariane, und ſah Ram- bolden mit einem Blicke voll tiefſter Verachtung an. ‚Du denkſt ſchaͤndlich gnung, um zur Verfol- „gung noch Verlaͤumdung hinzuzuthun. — Deine „niedertraͤchtige Liebe, die nur Bosheit war.‛ — ‚Und doch ſollen Sie mich gewiß noch lieben,‛ fiel ihr der faſelhafte Rambold greiflachend ins Wort, gewohnt, bey einer Geckerey, die ihm in den Kopf kam, alle ernſthafte Gedanken zu vergeſſen. ‚Wie?‛ rief Mariane hoͤchſterzuͤrnt, ‚nimmer- „mehr!‛ — ‚Aber doch gewiß liebſtes Marianchen!‛ neckte Rambold weiter. Mariane erblaßte vor Zorn, uͤber dieſe un- glaubliche Unverſchaͤmtheit, und wiederholte: ‚Nim- „mermehr! Niedertraͤchtiger!‛ ‚Ja gewiß!‛ — erwiederte Rambold, der ſeine Geckenmine, in eine ernſthafte verwandeln wollte, und unbeſchreiblich einfaͤltig ausſah, — ‚zwar nicht „als Liebhaber, aber doch als Bruder. — Jch bin Jhr Sohn‛ — rief er und warf ſich zu Sebal- dus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/170
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 156[155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/170>, abgerufen am 18.12.2024.