Alter, als unbezweifelt alte entscheidend merkwürdig seyn würden. Ein eben so ungültiger sind auch die heiligen Cäremonien der Römischen Religion, in denen er untrüg- liche an diese Vorfälle erinnernde Spuren zu sehen glaubte; denn dergleichen ist willkührliche Deutung, und sein Urtheil war befangen. Schwer ist es zu errathen was er im Sinn hatte. Spätere 68) erklärten sehr albern die Sitte daß die Opfernden ihr Haupt verhüllten, aus der Fabel: Odysseus habe sich unerwartet gezeigt als Aeneas am latinischen Ufer opferte; und dieser, um nicht erkannt zu werden, sein Haupt schnell verhüllt 69). Schwerlich wußte Dionysius etwas besseres. Wichtig aber und eigent- lich der römischen Religion angehörend, der tuskischen wie es scheint fremd, war die Verehrung der Penaten zu Lavinium (der Glaube an das Daseyn des Palladiums im Tempel der Vesta ist jung, und ward nie allgemein): an denen, wenn nicht von den ältesten Zeiten her troische Sa- gen an sie geknüpft gewesen wären, ohne Zweifel andre ältere Nationalsagen gehangen haben würden, die in dem altfränkischen alles Fremde und Griechische verabscheuen- den Zeitalter vor Timäus gewiß keiner fremden Dichtung gewichen wären. Timäus aber, der doch bey einem täg- lich steigenden Verkehr mit Rom über latinische Dinge nicht wie Megasthenes über Indien fabeln konnte, meldete, er habe von Laviniensern gehört, daß Troische thönerne Bilder (die Penaten) in ihrer Stadt aufbewahrt wür-
68) Festus s. v. Saturnia.
69) Ein Zusammentreffen des Aeneas und Odysseus erzählt auch Lykophron v. 1243 ff.
Alter, als unbezweifelt alte entſcheidend merkwuͤrdig ſeyn wuͤrden. Ein eben ſo unguͤltiger ſind auch die heiligen Caͤremonien der Roͤmiſchen Religion, in denen er untruͤg- liche an dieſe Vorfaͤlle erinnernde Spuren zu ſehen glaubte; denn dergleichen iſt willkuͤhrliche Deutung, und ſein Urtheil war befangen. Schwer iſt es zu errathen was er im Sinn hatte. Spaͤtere 68) erklaͤrten ſehr albern die Sitte daß die Opfernden ihr Haupt verhuͤllten, aus der Fabel: Odyſſeus habe ſich unerwartet gezeigt als Aeneas am latiniſchen Ufer opferte; und dieſer, um nicht erkannt zu werden, ſein Haupt ſchnell verhuͤllt 69). Schwerlich wußte Dionyſius etwas beſſeres. Wichtig aber und eigent- lich der roͤmiſchen Religion angehoͤrend, der tuskiſchen wie es ſcheint fremd, war die Verehrung der Penaten zu Lavinium (der Glaube an das Daſeyn des Palladiums im Tempel der Veſta iſt jung, und ward nie allgemein): an denen, wenn nicht von den aͤlteſten Zeiten her troiſche Sa- gen an ſie geknuͤpft geweſen waͤren, ohne Zweifel andre aͤltere Nationalſagen gehangen haben wuͤrden, die in dem altfraͤnkiſchen alles Fremde und Griechiſche verabſcheuen- den Zeitalter vor Timaͤus gewiß keiner fremden Dichtung gewichen waͤren. Timaͤus aber, der doch bey einem taͤg- lich ſteigenden Verkehr mit Rom uͤber latiniſche Dinge nicht wie Megaſthenes uͤber Indien fabeln konnte, meldete, er habe von Lavinienſern gehoͤrt, daß Troiſche thoͤnerne Bilder (die Penaten) in ihrer Stadt aufbewahrt wuͤr-
68) Feſtus s. v. Saturnia.
69) Ein Zuſammentreffen des Aeneas und Odyſſeus erzaͤhlt auch Lykophron v. 1243 ff.
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Alter, als unbezweifelt alte entſcheidend merkwuͤrdig ſeyn
wuͤrden. Ein eben ſo unguͤltiger ſind auch die heiligen
Caͤremonien der Roͤmiſchen Religion, in denen er untruͤg-
liche an dieſe Vorfaͤlle erinnernde Spuren zu ſehen
glaubte; denn dergleichen iſt willkuͤhrliche Deutung, und
ſein Urtheil war befangen. Schwer iſt es zu errathen was
er im Sinn hatte. Spaͤtere 68) erklaͤrten ſehr albern die
Sitte daß die Opfernden ihr Haupt verhuͤllten, aus der
Fabel: Odyſſeus habe ſich unerwartet gezeigt als Aeneas
am latiniſchen Ufer opferte; und dieſer, um nicht erkannt
zu werden, ſein Haupt ſchnell verhuͤllt 69). Schwerlich
wußte Dionyſius etwas beſſeres. Wichtig aber und eigent-
lich der roͤmiſchen Religion angehoͤrend, der tuskiſchen
wie es ſcheint fremd, war die Verehrung der Penaten zu
Lavinium (der Glaube an das Daſeyn des Palladiums im
Tempel der Veſta iſt jung, und ward nie allgemein): an
denen, wenn nicht von den aͤlteſten Zeiten her troiſche Sa-
gen an ſie geknuͤpft geweſen waͤren, ohne Zweifel andre
aͤltere Nationalſagen gehangen haben wuͤrden, die in dem
altfraͤnkiſchen alles Fremde und Griechiſche verabſcheuen-
den Zeitalter vor Timaͤus gewiß keiner fremden Dichtung
gewichen waͤren. Timaͤus aber, der doch bey einem taͤg-
lich ſteigenden Verkehr mit Rom uͤber latiniſche Dinge
nicht wie Megaſthenes uͤber Indien fabeln konnte, meldete,
er habe von Lavinienſern gehoͤrt, daß Troiſche thoͤnerne
Bilder (die Penaten) in ihrer Stadt aufbewahrt wuͤr-
68) Feſtus s. v. Saturnia.
69) Ein Zuſammentreffen des Aeneas und Odyſſeus erzaͤhlt
auch Lykophron v. 1243 ff.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/157>, abgerufen am 24.11.2024.
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