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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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zur Geschichte geworden war: denn sie enthüllt unläug-
bar das Geheimniß des Verfalls der politischen Größe
Roms welchen die Verbannung der Könige veranlaßte:
ein Geheimniß welches die späteren Enkel mit thörich-
ter Aengstlichkeit zu verbergen suchten. Als das Bünd-
niß geschlossen ward, genoß die Republik noch das ganze
Erbe der Monarchie. Ardea, Antium, Circeji und Terra-
cina werden unterthänige Städte genannt, und für sie
wie für sich selbst stipulirt Rom. Die Dichtung redet
von der Belagerung Ardeas, und von einem funfzehn-
jährigen Waffenstillstand zwischen den befreyten Römern
und den Ardeaten: dies aber ist das Gegentheil von
Schirmherrschaft und Unterwerfung. Ward Ardea nicht
belagert, dann wankt die ganze Erzählung von Lucretias
Schicksal. Die ganze Küste wird latinisch, das Land Latium
genannt: dies macht es sehr wahrscheinlich daß aller-
dings erst unmittelbar nachher die Volsker, am obern
Vulturnus und Liris von den Samnitern gedrängt sich
längst der Küste erobernd ausbreiteten. Nicht ganz La-
tium ist den Römern unterthan, aber sie verbinden die
Karthaginenser auch in diesen freyen Gegenden weder
Eroberungen zu machen noch Festungen anzulegen. Den
Römern und ihren Bundsgenossen ist die Schiffahrt
nach allen Häfen südlich vom schönen (oder hermäischen)
Vorgebürge, nordöstlich von Karthago untersagt, wohl
nicht allein, wie Polybius urtheilt um sie von den rei-
chen Gegenden an der kleinen Syrtis auszuschließen.
Freylich war es vortheilhafter Karthago zur Stapel-
stadt für die Erzeugnisse dieser Gegend zu machen, und

zur Geſchichte geworden war: denn ſie enthuͤllt unlaͤug-
bar das Geheimniß des Verfalls der politiſchen Groͤße
Roms welchen die Verbannung der Koͤnige veranlaßte:
ein Geheimniß welches die ſpaͤteren Enkel mit thoͤrich-
ter Aengſtlichkeit zu verbergen ſuchten. Als das Buͤnd-
niß geſchloſſen ward, genoß die Republik noch das ganze
Erbe der Monarchie. Ardea, Antium, Circeji und Terra-
cina werden unterthaͤnige Staͤdte genannt, und fuͤr ſie
wie fuͤr ſich ſelbſt ſtipulirt Rom. Die Dichtung redet
von der Belagerung Ardeas, und von einem funfzehn-
jaͤhrigen Waffenſtillſtand zwiſchen den befreyten Roͤmern
und den Ardeaten: dies aber iſt das Gegentheil von
Schirmherrſchaft und Unterwerfung. Ward Ardea nicht
belagert, dann wankt die ganze Erzaͤhlung von Lucretias
Schickſal. Die ganze Kuͤſte wird latiniſch, das Land Latium
genannt: dies macht es ſehr wahrſcheinlich daß aller-
dings erſt unmittelbar nachher die Volsker, am obern
Vulturnus und Liris von den Samnitern gedraͤngt ſich
laͤngſt der Kuͤſte erobernd ausbreiteten. Nicht ganz La-
tium iſt den Roͤmern unterthan, aber ſie verbinden die
Karthaginenſer auch in dieſen freyen Gegenden weder
Eroberungen zu machen noch Feſtungen anzulegen. Den
Roͤmern und ihren Bundsgenoſſen iſt die Schiffahrt
nach allen Haͤfen ſuͤdlich vom ſchoͤnen (oder hermaͤiſchen)
Vorgebuͤrge, nordoͤſtlich von Karthago unterſagt, wohl
nicht allein, wie Polybius urtheilt um ſie von den rei-
chen Gegenden an der kleinen Syrtis auszuſchließen.
Freylich war es vortheilhafter Karthago zur Stapel-
ſtadt fuͤr die Erzeugniſſe dieſer Gegend zu machen, und

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[334/0356] zur Geſchichte geworden war: denn ſie enthuͤllt unlaͤug- bar das Geheimniß des Verfalls der politiſchen Groͤße Roms welchen die Verbannung der Koͤnige veranlaßte: ein Geheimniß welches die ſpaͤteren Enkel mit thoͤrich- ter Aengſtlichkeit zu verbergen ſuchten. Als das Buͤnd- niß geſchloſſen ward, genoß die Republik noch das ganze Erbe der Monarchie. Ardea, Antium, Circeji und Terra- cina werden unterthaͤnige Staͤdte genannt, und fuͤr ſie wie fuͤr ſich ſelbſt ſtipulirt Rom. Die Dichtung redet von der Belagerung Ardeas, und von einem funfzehn- jaͤhrigen Waffenſtillſtand zwiſchen den befreyten Roͤmern und den Ardeaten: dies aber iſt das Gegentheil von Schirmherrſchaft und Unterwerfung. Ward Ardea nicht belagert, dann wankt die ganze Erzaͤhlung von Lucretias Schickſal. Die ganze Kuͤſte wird latiniſch, das Land Latium genannt: dies macht es ſehr wahrſcheinlich daß aller- dings erſt unmittelbar nachher die Volsker, am obern Vulturnus und Liris von den Samnitern gedraͤngt ſich laͤngſt der Kuͤſte erobernd ausbreiteten. Nicht ganz La- tium iſt den Roͤmern unterthan, aber ſie verbinden die Karthaginenſer auch in dieſen freyen Gegenden weder Eroberungen zu machen noch Feſtungen anzulegen. Den Roͤmern und ihren Bundsgenoſſen iſt die Schiffahrt nach allen Haͤfen ſuͤdlich vom ſchoͤnen (oder hermaͤiſchen) Vorgebuͤrge, nordoͤſtlich von Karthago unterſagt, wohl nicht allein, wie Polybius urtheilt um ſie von den rei- chen Gegenden an der kleinen Syrtis auszuſchließen. Freylich war es vortheilhafter Karthago zur Stapel- ſtadt fuͤr die Erzeugniſſe dieſer Gegend zu machen, und

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/356>, abgerufen am 23.11.2024.