mer; die Plebejer die nach und nach aufgenommenen Bürger, größtentheils Latiner: jene berechtigt zur Be- nutzung des Gemeinlands, diese zur Abfindung durch Landeigenthum: jene Lehnsträger der Republik, diese freye Allodialeigenthümer: jene in Geschlechter vereinigt, diese, vor dem Gesetz, nur in abgesonderten Familien be- stehend: jene, als aus dem Priestervolk entsprossen, der geistlichen Würden und Cäremonien fähig; diese unfähig als Fremde: beyde in einer Republik vereinigt, aber als abgesonderte Volksstämme, und daher ohne gegenseitiges Eherecht.
Diese Wiederhohlung darf nicht überflüssig scheinen, denn die Einsicht in Roms innere Geschichte hängt allein davon ab daß man über das Rechtsverhältniß der Stände klar sehe; und dies ist von den Griechen völlig entstellt worden. Der Irrthum geht aus von Dionysius, dessen Darstellung 38) allerdings auf der Meinung gegründet ist und sie ausdrücklich vorträgt, Roms Verfassung sey durch die Willkühr des Stifters angeordnet gewesen: dieser habe die Vornehmen und Reichen zu Patriciern erhoben, das geringe Volk aber als Plebejer abgesondert: jenen alle Macht, diesen unthätige und dunkle Sicherheit unter dem Schutz der ersten verliehen. Daß man eine freye Verfas- sung nicht wie etwas mechanisches oder doch willenloses einrichten kann, daß sie sich selbst bilden muß, ahndete der Rhetor so wenig als die Politiker in den Tagen unsrer Väter und unsrer Jugend: und dieser Wahn ist bey ihm leichter zu verzeihen als daß er in den römischen Annalen
38) Dionysius II. c. 8 -- 10.
mer; die Plebejer die nach und nach aufgenommenen Buͤrger, groͤßtentheils Latiner: jene berechtigt zur Be- nutzung des Gemeinlands, dieſe zur Abfindung durch Landeigenthum: jene Lehnstraͤger der Republik, dieſe freye Allodialeigenthuͤmer: jene in Geſchlechter vereinigt, dieſe, vor dem Geſetz, nur in abgeſonderten Familien be- ſtehend: jene, als aus dem Prieſtervolk entſproſſen, der geiſtlichen Wuͤrden und Caͤremonien faͤhig; dieſe unfaͤhig als Fremde: beyde in einer Republik vereinigt, aber als abgeſonderte Volksſtaͤmme, und daher ohne gegenſeitiges Eherecht.
Dieſe Wiederhohlung darf nicht uͤberfluͤſſig ſcheinen, denn die Einſicht in Roms innere Geſchichte haͤngt allein davon ab daß man uͤber das Rechtsverhaͤltniß der Staͤnde klar ſehe; und dies iſt von den Griechen voͤllig entſtellt worden. Der Irrthum geht aus von Dionyſius, deſſen Darſtellung 38) allerdings auf der Meinung gegruͤndet iſt und ſie ausdruͤcklich vortraͤgt, Roms Verfaſſung ſey durch die Willkuͤhr des Stifters angeordnet geweſen: dieſer habe die Vornehmen und Reichen zu Patriciern erhoben, das geringe Volk aber als Plebejer abgeſondert: jenen alle Macht, dieſen unthaͤtige und dunkle Sicherheit unter dem Schutz der erſten verliehen. Daß man eine freye Verfaſ- ſung nicht wie etwas mechaniſches oder doch willenloſes einrichten kann, daß ſie ſich ſelbſt bilden muß, ahndete der Rhetor ſo wenig als die Politiker in den Tagen unſrer Vaͤter und unſrer Jugend: und dieſer Wahn iſt bey ihm leichter zu verzeihen als daß er in den roͤmiſchen Annalen
38) Dionyſius II. c. 8 — 10.
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mer; die Plebejer die nach und nach aufgenommenen
Buͤrger, groͤßtentheils Latiner: jene berechtigt zur Be-
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Landeigenthum: jene Lehnstraͤger der Republik, dieſe
freye Allodialeigenthuͤmer: jene in Geſchlechter vereinigt,
dieſe, vor dem Geſetz, nur in abgeſonderten Familien be-
ſtehend: jene, als aus dem Prieſtervolk entſproſſen, der
geiſtlichen Wuͤrden und Caͤremonien faͤhig; dieſe unfaͤhig
als Fremde: beyde in einer Republik vereinigt, aber als
abgeſonderte Volksſtaͤmme, und daher ohne gegenſeitiges
Eherecht.
Dieſe Wiederhohlung darf nicht uͤberfluͤſſig ſcheinen,
denn die Einſicht in Roms innere Geſchichte haͤngt allein
davon ab daß man uͤber das Rechtsverhaͤltniß der Staͤnde
klar ſehe; und dies iſt von den Griechen voͤllig entſtellt
worden. Der Irrthum geht aus von Dionyſius, deſſen
Darſtellung 38) allerdings auf der Meinung gegruͤndet iſt
und ſie ausdruͤcklich vortraͤgt, Roms Verfaſſung ſey durch
die Willkuͤhr des Stifters angeordnet geweſen: dieſer habe
die Vornehmen und Reichen zu Patriciern erhoben, das
geringe Volk aber als Plebejer abgeſondert: jenen alle
Macht, dieſen unthaͤtige und dunkle Sicherheit unter dem
Schutz der erſten verliehen. Daß man eine freye Verfaſ-
ſung nicht wie etwas mechaniſches oder doch willenloſes
einrichten kann, daß ſie ſich ſelbſt bilden muß, ahndete
der Rhetor ſo wenig als die Politiker in den Tagen unſrer
Vaͤter und unſrer Jugend: und dieſer Wahn iſt bey ihm
leichter zu verzeihen als daß er in den roͤmiſchen Annalen
38) Dionyſius II. c. 8 — 10.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/402>, abgerufen am 24.11.2024.
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