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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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verführt ward, denn in der historischen Zeit Griechen-
lands, als die Stände fast allein nach dem Census un-
terschieden wurden, waren Volk und Armuth allerdings
gleichbedeutend. Freylich gewähren die spärlichen Nach-
richten aus der Geschichte des ersten halben Jahrhun-
derts der Republik keine namentliche Erwähnung eines
sehr reichen Plebejers, wie im folgenden des Sp. Mä-
lius. Aber die Centurienverfassung, deren unverrückte
Gültigkeit grade in diesem Zeitraum am wenigsten be-
zweifelt werden kann, beweist bey den Plebejern die
größte Verschiedenheit des Vermögens, und Reichthum:
denn es ist schon bemerkt daß die Rittercenturien nach
der Geburt verzeichnet gewesen seyn müssen, so daß die
fünf Klassen nur Plebejer enthielten. Daher wurden
auch diese durch die Volkstribunen repräsentirt, anfäng-
lich jede durch einen einzigen, dann durch zwey 58).
Es läßt sich auch nicht annehmen daß die Patricier al-
lein ihr Vermögen auf Zinsen austhaten, oder daß sie
allein die unerbittlichen Gläubiger waren. Reiche Ple-
bejer mögen den nämlichen Wucher getrieben haben;
aber das gewöhnlichere gilt auch hier als allgemein,
und da der Stand des Plebejers durch sein steuerba-
res Vermögen bestimmt ward, Schuldforderungen aber
dazu nicht gerechnet wurden, so konnte nur der für Ehre
Gefühllose eine Anwendung seines Capitals vorziehen
welche, wenn auch gewinnreich, ihn an bürgerlichem
Ansehen zurücksetzte. Auch scheint es nicht zu bezwei-
feln, wenn die Erläuterung der Clientel durch das at-

58) Livius III. c. 30.

verfuͤhrt ward, denn in der hiſtoriſchen Zeit Griechen-
lands, als die Staͤnde faſt allein nach dem Cenſus un-
terſchieden wurden, waren Volk und Armuth allerdings
gleichbedeutend. Freylich gewaͤhren die ſpaͤrlichen Nach-
richten aus der Geſchichte des erſten halben Jahrhun-
derts der Republik keine namentliche Erwaͤhnung eines
ſehr reichen Plebejers, wie im folgenden des Sp. Maͤ-
lius. Aber die Centurienverfaſſung, deren unverruͤckte
Guͤltigkeit grade in dieſem Zeitraum am wenigſten be-
zweifelt werden kann, beweiſt bey den Plebejern die
groͤßte Verſchiedenheit des Vermoͤgens, und Reichthum:
denn es iſt ſchon bemerkt daß die Rittercenturien nach
der Geburt verzeichnet geweſen ſeyn muͤſſen, ſo daß die
fuͤnf Klaſſen nur Plebejer enthielten. Daher wurden
auch dieſe durch die Volkstribunen repraͤſentirt, anfaͤng-
lich jede durch einen einzigen, dann durch zwey 58).
Es laͤßt ſich auch nicht annehmen daß die Patricier al-
lein ihr Vermoͤgen auf Zinſen austhaten, oder daß ſie
allein die unerbittlichen Glaͤubiger waren. Reiche Ple-
bejer moͤgen den naͤmlichen Wucher getrieben haben;
aber das gewoͤhnlichere gilt auch hier als allgemein,
und da der Stand des Plebejers durch ſein ſteuerba-
res Vermoͤgen beſtimmt ward, Schuldforderungen aber
dazu nicht gerechnet wurden, ſo konnte nur der fuͤr Ehre
Gefuͤhlloſe eine Anwendung ſeines Capitals vorziehen
welche, wenn auch gewinnreich, ihn an buͤrgerlichem
Anſehen zuruͤckſetzte. Auch ſcheint es nicht zu bezwei-
feln, wenn die Erlaͤuterung der Clientel durch das at-

58) Livius III. c. 30.
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[402/0424] verfuͤhrt ward, denn in der hiſtoriſchen Zeit Griechen- lands, als die Staͤnde faſt allein nach dem Cenſus un- terſchieden wurden, waren Volk und Armuth allerdings gleichbedeutend. Freylich gewaͤhren die ſpaͤrlichen Nach- richten aus der Geſchichte des erſten halben Jahrhun- derts der Republik keine namentliche Erwaͤhnung eines ſehr reichen Plebejers, wie im folgenden des Sp. Maͤ- lius. Aber die Centurienverfaſſung, deren unverruͤckte Guͤltigkeit grade in dieſem Zeitraum am wenigſten be- zweifelt werden kann, beweiſt bey den Plebejern die groͤßte Verſchiedenheit des Vermoͤgens, und Reichthum: denn es iſt ſchon bemerkt daß die Rittercenturien nach der Geburt verzeichnet geweſen ſeyn muͤſſen, ſo daß die fuͤnf Klaſſen nur Plebejer enthielten. Daher wurden auch dieſe durch die Volkstribunen repraͤſentirt, anfaͤng- lich jede durch einen einzigen, dann durch zwey 58). Es laͤßt ſich auch nicht annehmen daß die Patricier al- lein ihr Vermoͤgen auf Zinſen austhaten, oder daß ſie allein die unerbittlichen Glaͤubiger waren. Reiche Ple- bejer moͤgen den naͤmlichen Wucher getrieben haben; aber das gewoͤhnlichere gilt auch hier als allgemein, und da der Stand des Plebejers durch ſein ſteuerba- res Vermoͤgen beſtimmt ward, Schuldforderungen aber dazu nicht gerechnet wurden, ſo konnte nur der fuͤr Ehre Gefuͤhlloſe eine Anwendung ſeines Capitals vorziehen welche, wenn auch gewinnreich, ihn an buͤrgerlichem Anſehen zuruͤckſetzte. Auch ſcheint es nicht zu bezwei- feln, wenn die Erlaͤuterung der Clientel durch das at- 58) Livius III. c. 30.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/424>, abgerufen am 24.11.2024.