Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

obern Meere den Nahmen gab. Die Mündungen des
Padus sind von den Tuskern gegraben oder vertieft, sein
Delta ist von ihnen durch Canäle und Dämme gebildet
worden. Ihr Wasserbau in diesen Gegenden kann mit
dem Aegyptischen verglichen werden: wie der Möris das
verderbliche Nilwasser aufnahm, hatten sie Sümpfe im
Hatriatischen Gebiet zu Seen vertieft, wohin das über-
flüssige Gewässer abgeleitet ward 57). Melpum, nörd-
lich vom Padus, eine sehr reiche Stadt, ward von den
Bojern, Senonern und Insubrern an demselben Tage
zerstört, an dem Camillus Veji einnahm, im Jahr
358 58). Bononia, unter dem Nahmen Felsina, war
einst die Hauptstadt Etruriens 59); auch das, scheint es,
wäre nicht möglich gewesen, wenn die Nation sich vom
Süden der Apenninen ausgebreitet hätte.

Die zwölf Städte südlich von diesem Gebirge, welche
als die souverainen Beherrscherinnen des übrigen Landes
verbündet waren, werden, wie häufig auch ihrer Zahl ge-
dacht wird, nirgends namentlich verzeichnet, und es ist
zweifelhaft welche unter denen, die Anspruch auf diesen
Vorrang zu haben scheinen, andern nachstehen müssen.

Vorausgesetzt, was doch wohl als ausgemacht gelten
kann, daß jene Zahl von zwölf souverainen Städten rich-
tig sey, sondere ich von den Mitwerberinnen zuerst Fa-
lerii und das ganze Faliskische Volk, welches Strabo 60)

57) Plinius, Hist. Nat. III. c. 20.
58) Ebendas. c. 21.
59) Ebendas. c. 20.
60) Strabo V. c. 2. §. 9.

obern Meere den Nahmen gab. Die Muͤndungen des
Padus ſind von den Tuskern gegraben oder vertieft, ſein
Delta iſt von ihnen durch Canaͤle und Daͤmme gebildet
worden. Ihr Waſſerbau in dieſen Gegenden kann mit
dem Aegyptiſchen verglichen werden: wie der Moͤris das
verderbliche Nilwaſſer aufnahm, hatten ſie Suͤmpfe im
Hatriatiſchen Gebiet zu Seen vertieft, wohin das uͤber-
fluͤſſige Gewaͤſſer abgeleitet ward 57). Melpum, noͤrd-
lich vom Padus, eine ſehr reiche Stadt, ward von den
Bojern, Senonern und Inſubrern an demſelben Tage
zerſtoͤrt, an dem Camillus Veji einnahm, im Jahr
358 58). Bononia, unter dem Nahmen Felſina, war
einſt die Hauptſtadt Etruriens 59); auch das, ſcheint es,
waͤre nicht moͤglich geweſen, wenn die Nation ſich vom
Suͤden der Apenninen ausgebreitet haͤtte.

Die zwoͤlf Staͤdte ſuͤdlich von dieſem Gebirge, welche
als die ſouverainen Beherrſcherinnen des uͤbrigen Landes
verbuͤndet waren, werden, wie haͤufig auch ihrer Zahl ge-
dacht wird, nirgends namentlich verzeichnet, und es iſt
zweifelhaft welche unter denen, die Anſpruch auf dieſen
Vorrang zu haben ſcheinen, andern nachſtehen muͤſſen.

Vorausgeſetzt, was doch wohl als ausgemacht gelten
kann, daß jene Zahl von zwoͤlf ſouverainen Staͤdten rich-
tig ſey, ſondere ich von den Mitwerberinnen zuerſt Fa-
lerii und das ganze Faliſkiſche Volk, welches Strabo 60)

57) Plinius, Hist. Nat. III. c. 20.
58) Ebendaſ. c. 21.
59) Ebendaſ. c. 20.
60) Strabo V. c. 2. §. 9.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0099" n="77"/>
obern Meere den Nahmen gab. Die Mu&#x0364;ndungen des<lb/>
Padus &#x017F;ind von den Tuskern gegraben oder vertieft, &#x017F;ein<lb/>
Delta i&#x017F;t von ihnen durch Cana&#x0364;le und Da&#x0364;mme gebildet<lb/>
worden. Ihr Wa&#x017F;&#x017F;erbau in die&#x017F;en Gegenden kann mit<lb/>
dem Aegypti&#x017F;chen verglichen werden: wie der Mo&#x0364;ris das<lb/>
verderbliche Nilwa&#x017F;&#x017F;er aufnahm, hatten &#x017F;ie Su&#x0364;mpfe im<lb/>
Hatriati&#x017F;chen Gebiet zu Seen vertieft, wohin das u&#x0364;ber-<lb/>
flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er abgeleitet ward <note place="foot" n="57)">Plinius, <hi rendition="#aq">Hist. Nat. III. c.</hi> 20.</note>. Melpum, no&#x0364;rd-<lb/>
lich vom Padus, eine &#x017F;ehr reiche Stadt, ward von den<lb/>
Bojern, Senonern und In&#x017F;ubrern an dem&#x017F;elben Tage<lb/>
zer&#x017F;to&#x0364;rt, an dem Camillus Veji einnahm, im Jahr<lb/>
358 <note place="foot" n="58)">Ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq">c.</hi> 21.</note>. Bononia, unter dem Nahmen Fel&#x017F;ina, war<lb/>
ein&#x017F;t die Haupt&#x017F;tadt Etruriens <note place="foot" n="59)">Ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq">c.</hi> 20.</note>; auch das, &#x017F;cheint es,<lb/>
wa&#x0364;re nicht mo&#x0364;glich gewe&#x017F;en, wenn die Nation &#x017F;ich vom<lb/>
Su&#x0364;den der Apenninen ausgebreitet ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Die zwo&#x0364;lf Sta&#x0364;dte &#x017F;u&#x0364;dlich von die&#x017F;em Gebirge, welche<lb/>
als die &#x017F;ouverainen Beherr&#x017F;cherinnen des u&#x0364;brigen Landes<lb/>
verbu&#x0364;ndet waren, werden, wie ha&#x0364;ufig auch ihrer Zahl ge-<lb/>
dacht wird, nirgends namentlich verzeichnet, und es i&#x017F;t<lb/>
zweifelhaft welche unter denen, die An&#x017F;pruch auf die&#x017F;en<lb/>
Vorrang zu haben &#x017F;cheinen, andern nach&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Vorausge&#x017F;etzt, was doch wohl als ausgemacht gelten<lb/>
kann, daß jene Zahl von zwo&#x0364;lf &#x017F;ouverainen Sta&#x0364;dten rich-<lb/>
tig &#x017F;ey, &#x017F;ondere ich von den Mitwerberinnen zuer&#x017F;t Fa-<lb/>
lerii und das ganze Fali&#x017F;ki&#x017F;che Volk, welches Strabo <note place="foot" n="60)">Strabo <hi rendition="#aq">V. c.</hi> 2. §. 9.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0099] obern Meere den Nahmen gab. Die Muͤndungen des Padus ſind von den Tuskern gegraben oder vertieft, ſein Delta iſt von ihnen durch Canaͤle und Daͤmme gebildet worden. Ihr Waſſerbau in dieſen Gegenden kann mit dem Aegyptiſchen verglichen werden: wie der Moͤris das verderbliche Nilwaſſer aufnahm, hatten ſie Suͤmpfe im Hatriatiſchen Gebiet zu Seen vertieft, wohin das uͤber- fluͤſſige Gewaͤſſer abgeleitet ward 57). Melpum, noͤrd- lich vom Padus, eine ſehr reiche Stadt, ward von den Bojern, Senonern und Inſubrern an demſelben Tage zerſtoͤrt, an dem Camillus Veji einnahm, im Jahr 358 58). Bononia, unter dem Nahmen Felſina, war einſt die Hauptſtadt Etruriens 59); auch das, ſcheint es, waͤre nicht moͤglich geweſen, wenn die Nation ſich vom Suͤden der Apenninen ausgebreitet haͤtte. Die zwoͤlf Staͤdte ſuͤdlich von dieſem Gebirge, welche als die ſouverainen Beherrſcherinnen des uͤbrigen Landes verbuͤndet waren, werden, wie haͤufig auch ihrer Zahl ge- dacht wird, nirgends namentlich verzeichnet, und es iſt zweifelhaft welche unter denen, die Anſpruch auf dieſen Vorrang zu haben ſcheinen, andern nachſtehen muͤſſen. Vorausgeſetzt, was doch wohl als ausgemacht gelten kann, daß jene Zahl von zwoͤlf ſouverainen Staͤdten rich- tig ſey, ſondere ich von den Mitwerberinnen zuerſt Fa- lerii und das ganze Faliſkiſche Volk, welches Strabo 60) 57) Plinius, Hist. Nat. III. c. 20. 58) Ebendaſ. c. 21. 59) Ebendaſ. c. 20. 60) Strabo V. c. 2. §. 9.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/99
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/99>, abgerufen am 21.11.2024.