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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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rügte Abfall nicht. Livius nennt Latium verdächtig, im
Jahr 372: aber in demselben Jahr sind Tusculum und
Gabii Rom anhänglich 85) -- Lavici war eine römische
Colonie. Sobald der alte Bund aufgegeben und ein
Vertrag mit den Volskern geschlossen war, kann es nicht
befremden, und es war keine allgemein feindliche Hand-
lung, wenn Freywillige aus latinischen Städten in vols-
kischen Heeren dienten 86). Unsere Nachrichten aus
diesem Zeitraum sind äußerst unbefriedigend, und eigent-
lich dunkeler und verworrener als über die Zeiten vor
der gallischen Eroberung: eine große und weit verbrei-
tete Erschütterung und Veränderung ist aber unverkenn-
bar und leicht erklärlich.

Denn in der That ist nichts begreiflicher als wenn
die Latiner, da Rom, wäre es ein gewöhnlicher Staat
gewesen, mit Recht auf ewig gefallen scheinen mußte, den
benachbarten, nicht mehr furchtbaren, gleich ihnen in
ihrem Daseyn von den Galliern bedrohten Völkern, Frie-
den und Freundschaft anboten, ohne daß die Römer
darin einbegriffen waren. Diese Absicht war keineswegs
feindselig gegen Rom: da die Gallier sich in andere Ge-
genden wandten, konnte es leicht geschehen daß einzelne
Städte, wie Lanuvium 87), sich genauer mit den neuen
Freunden verbanden, während andre, als einzelne Orte,
mit Rom verbündet blieben. Der latinische Bund scheint
in der That in diesem Zeitraum, die religiösen Verei-
nigungen ausgenommen, aufgelößt gewesen zu seyn: erst

85) Livius VI. c. 21.
86) Derselbe VI. c. 7. 10. 12. 17.
87) Livius VI. c. 21.

ruͤgte Abfall nicht. Livius nennt Latium verdaͤchtig, im
Jahr 372: aber in demſelben Jahr ſind Tusculum und
Gabii Rom anhaͤnglich 85) — Lavici war eine roͤmiſche
Colonie. Sobald der alte Bund aufgegeben und ein
Vertrag mit den Volskern geſchloſſen war, kann es nicht
befremden, und es war keine allgemein feindliche Hand-
lung, wenn Freywillige aus latiniſchen Staͤdten in vols-
kiſchen Heeren dienten 86). Unſere Nachrichten aus
dieſem Zeitraum ſind aͤußerſt unbefriedigend, und eigent-
lich dunkeler und verworrener als uͤber die Zeiten vor
der galliſchen Eroberung: eine große und weit verbrei-
tete Erſchuͤtterung und Veraͤnderung iſt aber unverkenn-
bar und leicht erklaͤrlich.

Denn in der That iſt nichts begreiflicher als wenn
die Latiner, da Rom, waͤre es ein gewoͤhnlicher Staat
geweſen, mit Recht auf ewig gefallen ſcheinen mußte, den
benachbarten, nicht mehr furchtbaren, gleich ihnen in
ihrem Daſeyn von den Galliern bedrohten Voͤlkern, Frie-
den und Freundſchaft anboten, ohne daß die Roͤmer
darin einbegriffen waren. Dieſe Abſicht war keineswegs
feindſelig gegen Rom: da die Gallier ſich in andere Ge-
genden wandten, konnte es leicht geſchehen daß einzelne
Staͤdte, wie Lanuvium 87), ſich genauer mit den neuen
Freunden verbanden, waͤhrend andre, als einzelne Orte,
mit Rom verbuͤndet blieben. Der latiniſche Bund ſcheint
in der That in dieſem Zeitraum, die religioͤſen Verei-
nigungen ausgenommen, aufgeloͤßt geweſen zu ſeyn: erſt

85) Livius VI. c. 21.
86) Derſelbe VI. c. 7. 10. 12. 17.
87) Livius VI. c. 21.
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[298/0314] ruͤgte Abfall nicht. Livius nennt Latium verdaͤchtig, im Jahr 372: aber in demſelben Jahr ſind Tusculum und Gabii Rom anhaͤnglich 85) — Lavici war eine roͤmiſche Colonie. Sobald der alte Bund aufgegeben und ein Vertrag mit den Volskern geſchloſſen war, kann es nicht befremden, und es war keine allgemein feindliche Hand- lung, wenn Freywillige aus latiniſchen Staͤdten in vols- kiſchen Heeren dienten 86). Unſere Nachrichten aus dieſem Zeitraum ſind aͤußerſt unbefriedigend, und eigent- lich dunkeler und verworrener als uͤber die Zeiten vor der galliſchen Eroberung: eine große und weit verbrei- tete Erſchuͤtterung und Veraͤnderung iſt aber unverkenn- bar und leicht erklaͤrlich. Denn in der That iſt nichts begreiflicher als wenn die Latiner, da Rom, waͤre es ein gewoͤhnlicher Staat geweſen, mit Recht auf ewig gefallen ſcheinen mußte, den benachbarten, nicht mehr furchtbaren, gleich ihnen in ihrem Daſeyn von den Galliern bedrohten Voͤlkern, Frie- den und Freundſchaft anboten, ohne daß die Roͤmer darin einbegriffen waren. Dieſe Abſicht war keineswegs feindſelig gegen Rom: da die Gallier ſich in andere Ge- genden wandten, konnte es leicht geſchehen daß einzelne Staͤdte, wie Lanuvium 87), ſich genauer mit den neuen Freunden verbanden, waͤhrend andre, als einzelne Orte, mit Rom verbuͤndet blieben. Der latiniſche Bund ſcheint in der That in dieſem Zeitraum, die religioͤſen Verei- nigungen ausgenommen, aufgeloͤßt geweſen zu ſeyn: erſt 85) Livius VI. c. 21. 86) Derſelbe VI. c. 7. 10. 12. 17. 87) Livius VI. c. 21.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/314>, abgerufen am 22.11.2024.