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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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im folgenden stellte er sich her, in einer weit größeren
Wichtigkeit und Macht als früher; und da ward auch
das römische Bündniß erneuert. Hievon wird unter dem
Jahr 396 geredet werden. Der falsche Schein als ob
die Latiner aus treuen Verbündeten Roms Feinde ge-
worden wären, wird hauptsächlich dadurch befördert daß
Präneste, in späten Tagen das größte aller Municipien
in Latium, und in dem alten Verzeichniß der dreyßig
Städte genannt, vom Jahr 372 Haupt einer volskischen
Verbündung gegen Rom war. Wenn aber schon früher
bemerkt ist daß Präneste damals keine latinische Stadt
seyn konnte, sondern äquisch gewesen seyn muß, weil
die Gränze zwischen Tusculum und ihr lag: -- sey es
nun daß sie im großen volskischen Krieg erobert wor-
den, oder daß sie sich mit den Aequern, wie im Gegen-
theil Veliträ mit den Römern, vereinigt hatte: -- so ist
es nicht weniger überzeugend daß dieser pränestinische
Krieg die bisher unaufhörlich erneuerten äquischen ersetzt.
Denn von den Aequern ist nach dem Jahr 366, in wel-
chem ihnen Bolä wieder entrissen wird, die Rede nicht
mehr; erst nach dem Schluß des zweyten samnitischen
Kriegs kommt ihr Nahme wieder in der Geschichte vor.
Präneste herrschte über acht Städte 88): mehrere wa-
ren den Tiburtern unterthan, welche Livius eine Nation
nennt 89). Es scheint daß auch die äquische Verbün-
dung, gleich der latinischen, sich aufgelößt hatte: die
Aequer welche Rom um die Mitte des fünften Jahr-
hunderts unterjochte, waren die eigentliche Nation deren

88) Livius VI. c. 21.
89) Derselbe VII. c. 19.

im folgenden ſtellte er ſich her, in einer weit groͤßeren
Wichtigkeit und Macht als fruͤher; und da ward auch
das roͤmiſche Buͤndniß erneuert. Hievon wird unter dem
Jahr 396 geredet werden. Der falſche Schein als ob
die Latiner aus treuen Verbuͤndeten Roms Feinde ge-
worden waͤren, wird hauptſaͤchlich dadurch befoͤrdert daß
Praͤneſte, in ſpaͤten Tagen das groͤßte aller Municipien
in Latium, und in dem alten Verzeichniß der dreyßig
Staͤdte genannt, vom Jahr 372 Haupt einer volskiſchen
Verbuͤndung gegen Rom war. Wenn aber ſchon fruͤher
bemerkt iſt daß Praͤneſte damals keine latiniſche Stadt
ſeyn konnte, ſondern aͤquiſch geweſen ſeyn muß, weil
die Graͤnze zwiſchen Tusculum und ihr lag: — ſey es
nun daß ſie im großen volskiſchen Krieg erobert wor-
den, oder daß ſie ſich mit den Aequern, wie im Gegen-
theil Velitraͤ mit den Roͤmern, vereinigt hatte: — ſo iſt
es nicht weniger uͤberzeugend daß dieſer praͤneſtiniſche
Krieg die bisher unaufhoͤrlich erneuerten aͤquiſchen erſetzt.
Denn von den Aequern iſt nach dem Jahr 366, in wel-
chem ihnen Bolaͤ wieder entriſſen wird, die Rede nicht
mehr; erſt nach dem Schluß des zweyten ſamnitiſchen
Kriegs kommt ihr Nahme wieder in der Geſchichte vor.
Praͤneſte herrſchte uͤber acht Staͤdte 88): mehrere wa-
ren den Tiburtern unterthan, welche Livius eine Nation
nennt 89). Es ſcheint daß auch die aͤquiſche Verbuͤn-
dung, gleich der latiniſchen, ſich aufgeloͤßt hatte: die
Aequer welche Rom um die Mitte des fuͤnften Jahr-
hunderts unterjochte, waren die eigentliche Nation deren

88) Livius VI. c. 21.
89) Derſelbe VII. c. 19.
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[299/0315] im folgenden ſtellte er ſich her, in einer weit groͤßeren Wichtigkeit und Macht als fruͤher; und da ward auch das roͤmiſche Buͤndniß erneuert. Hievon wird unter dem Jahr 396 geredet werden. Der falſche Schein als ob die Latiner aus treuen Verbuͤndeten Roms Feinde ge- worden waͤren, wird hauptſaͤchlich dadurch befoͤrdert daß Praͤneſte, in ſpaͤten Tagen das groͤßte aller Municipien in Latium, und in dem alten Verzeichniß der dreyßig Staͤdte genannt, vom Jahr 372 Haupt einer volskiſchen Verbuͤndung gegen Rom war. Wenn aber ſchon fruͤher bemerkt iſt daß Praͤneſte damals keine latiniſche Stadt ſeyn konnte, ſondern aͤquiſch geweſen ſeyn muß, weil die Graͤnze zwiſchen Tusculum und ihr lag: — ſey es nun daß ſie im großen volskiſchen Krieg erobert wor- den, oder daß ſie ſich mit den Aequern, wie im Gegen- theil Velitraͤ mit den Roͤmern, vereinigt hatte: — ſo iſt es nicht weniger uͤberzeugend daß dieſer praͤneſtiniſche Krieg die bisher unaufhoͤrlich erneuerten aͤquiſchen erſetzt. Denn von den Aequern iſt nach dem Jahr 366, in wel- chem ihnen Bolaͤ wieder entriſſen wird, die Rede nicht mehr; erſt nach dem Schluß des zweyten ſamnitiſchen Kriegs kommt ihr Nahme wieder in der Geſchichte vor. Praͤneſte herrſchte uͤber acht Staͤdte 88): mehrere wa- ren den Tiburtern unterthan, welche Livius eine Nation nennt 89). Es ſcheint daß auch die aͤquiſche Verbuͤn- dung, gleich der latiniſchen, ſich aufgeloͤßt hatte: die Aequer welche Rom um die Mitte des fuͤnften Jahr- hunderts unterjochte, waren die eigentliche Nation deren 88) Livius VI. c. 21. 89) Derſelbe VII. c. 19.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/315>, abgerufen am 22.11.2024.