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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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trauend, mit einem Verhack. Dieses soll Camillus,
wahrnehmend als ein starker Wind sich gegen das Lager
erhoben hatte, angezündet, und da die Flamme auch die
Pallisaden ergriffen hatte, von denen die Festigkeit der
Verschanzungen im Alterthum vorzüglich abhing, zwar
den Wall durch die halbverbrannten Stämme mühsam er-
reicht, dann aber das Lager nach geringem Widerstand
eingenommen haben. Eine Darstellung die bey der ein-
fachsten Prüfung eben so verwerflich erscheint als die
kühne Erdichtung, deren Verantwortung aber nicht Livius
allein zu tragen hat 92), über die Folgen des Siegs: daß
Camillus das ganze Land der Volsker durchzogen sey und
ihre Unterwerfung empfangen habe. Denn nach drey ver-
flossenen Jahren (369) lieferten die Antiater, mit Bunds-
genossen und einer Menge Freywilliger, die nicht dem
Besiegten zuströhmen, Camillus selbst eine hartnäckig
bestrittene Schlacht bey Satricum. Ein Gewitterregen
trennte die Heere: aber der Ausgang zeigte wem der Sieg
gehörte. Das volskische Heer zog sich nach Antium zu-
rück. Satricum, ursprünglich latinisch, war eine von
den Eroberungen der Volsker im Kriege des Coriolanus,
und seitdem ihnen geblieben. Diese Stadt ward mit
Sturm gewonnen, obwohl weitere Verfolgung des Siegs
durch die Nothwendigkeit gestört ward den Etruskern
eine Macht entgegen zu stellen. Daher erforderte der
volskische Krieg im folgenden Jahr (370) einen Dic-
tator, A. Cornelius Cossus, der über die Volsker
und die schon zu ihnen übergetretenen Colonieen Cir-

92) Sie findet sich im wesentlichen auch bey Diodor a. a. O.

trauend, mit einem Verhack. Dieſes ſoll Camillus,
wahrnehmend als ein ſtarker Wind ſich gegen das Lager
erhoben hatte, angezuͤndet, und da die Flamme auch die
Palliſaden ergriffen hatte, von denen die Feſtigkeit der
Verſchanzungen im Alterthum vorzuͤglich abhing, zwar
den Wall durch die halbverbrannten Staͤmme muͤhſam er-
reicht, dann aber das Lager nach geringem Widerſtand
eingenommen haben. Eine Darſtellung die bey der ein-
fachſten Pruͤfung eben ſo verwerflich erſcheint als die
kuͤhne Erdichtung, deren Verantwortung aber nicht Livius
allein zu tragen hat 92), uͤber die Folgen des Siegs: daß
Camillus das ganze Land der Volsker durchzogen ſey und
ihre Unterwerfung empfangen habe. Denn nach drey ver-
floſſenen Jahren (369) lieferten die Antiater, mit Bunds-
genoſſen und einer Menge Freywilliger, die nicht dem
Beſiegten zuſtroͤhmen, Camillus ſelbſt eine hartnaͤckig
beſtrittene Schlacht bey Satricum. Ein Gewitterregen
trennte die Heere: aber der Ausgang zeigte wem der Sieg
gehoͤrte. Das volskiſche Heer zog ſich nach Antium zu-
ruͤck. Satricum, urſpruͤnglich latiniſch, war eine von
den Eroberungen der Volsker im Kriege des Coriolanus,
und ſeitdem ihnen geblieben. Dieſe Stadt ward mit
Sturm gewonnen, obwohl weitere Verfolgung des Siegs
durch die Nothwendigkeit geſtoͤrt ward den Etruskern
eine Macht entgegen zu ſtellen. Daher erforderte der
volskiſche Krieg im folgenden Jahr (370) einen Dic-
tator, A. Cornelius Coſſus, der uͤber die Volsker
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92) Sie findet ſich im weſentlichen auch bey Diodor a. a. O.
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[301/0317] trauend, mit einem Verhack. Dieſes ſoll Camillus, wahrnehmend als ein ſtarker Wind ſich gegen das Lager erhoben hatte, angezuͤndet, und da die Flamme auch die Palliſaden ergriffen hatte, von denen die Feſtigkeit der Verſchanzungen im Alterthum vorzuͤglich abhing, zwar den Wall durch die halbverbrannten Staͤmme muͤhſam er- reicht, dann aber das Lager nach geringem Widerſtand eingenommen haben. Eine Darſtellung die bey der ein- fachſten Pruͤfung eben ſo verwerflich erſcheint als die kuͤhne Erdichtung, deren Verantwortung aber nicht Livius allein zu tragen hat 92), uͤber die Folgen des Siegs: daß Camillus das ganze Land der Volsker durchzogen ſey und ihre Unterwerfung empfangen habe. Denn nach drey ver- floſſenen Jahren (369) lieferten die Antiater, mit Bunds- genoſſen und einer Menge Freywilliger, die nicht dem Beſiegten zuſtroͤhmen, Camillus ſelbſt eine hartnaͤckig beſtrittene Schlacht bey Satricum. Ein Gewitterregen trennte die Heere: aber der Ausgang zeigte wem der Sieg gehoͤrte. Das volskiſche Heer zog ſich nach Antium zu- ruͤck. Satricum, urſpruͤnglich latiniſch, war eine von den Eroberungen der Volsker im Kriege des Coriolanus, und ſeitdem ihnen geblieben. Dieſe Stadt ward mit Sturm gewonnen, obwohl weitere Verfolgung des Siegs durch die Nothwendigkeit geſtoͤrt ward den Etruskern eine Macht entgegen zu ſtellen. Daher erforderte der volskiſche Krieg im folgenden Jahr (370) einen Dic- tator, A. Cornelius Coſſus, der uͤber die Volsker und die ſchon zu ihnen uͤbergetretenen Colonieen Cir- 92) Sie findet ſich im weſentlichen auch bey Diodor a. a. O.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/317>, abgerufen am 22.11.2024.