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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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risch, für etwas besseres als ein elendes Memoirenmähr-
chen, angenommen worden, ist ganz unbegreiflich; denn
gerade diese läßt sich, vor vielen andern ebenfalls ersonne-
nen, auf die unwidersprechlichste Weise in ihr Nichts auf-
lösen. Dies hat schon längst ein geistreicher und gelehrter
Mann gethan 36): wie es aber sonst als ein zuverlässige-
res Urtheil anerkannt wird was zwey Männer, ohne Ver-
abredung und Mittheilung, übereinstimmend abgeben, so
darf ich ihn hier nicht als die Quelle, sondern als Bestä-
tigung der folgenden Kritik anführen 37).

Es wird erzählt, nicht von Livius allein und denen
die nur aus ihm geschrieben haben, sondern auch von
Dio 38): von zwey Töchtern des M. Fabius Ambustus
sey die älteste mit Ser. Sulpicius, der im Jahr 378 Con-
sulartribun war, die jüngere mit C. Licinius, einem Ple-
bejer, verheirathet gewesen. Der geräuschvolle Pomp,
womit Sulpicius vom Forum zurückkehrte, habe die jün-
gere Fabia, ungewöhnt in einem plebejischen Hause an
den Lärm womit die Lictoren den Eintritt des Herrn an-
kündigten, erschreckt: sie sey zusammengefahren, und von
ihrer Schwester über eine Furcht verspottet worden, wel-
che den niedrigen Stand verriethe, wohin sie ihre Hand
vergeben habe. Diese Beleidigung habe sie bewogen ihren
Mann und selbst ihren Vater zu verführen, daß sie ihr ge-
lobten nicht zu ruhen bis ähnlicher Glanz auch ihr Haus
schmücke.


36) Beaufort sur l'incertitude de l'histoire Romaine. II. c. 10.
37) S. die Vorrede zum ersten Bande. S. XII.
38) Zonaras VII. c. 24.
Zweiter Theil. Y

riſch, fuͤr etwas beſſeres als ein elendes Memoirenmaͤhr-
chen, angenommen worden, iſt ganz unbegreiflich; denn
gerade dieſe laͤßt ſich, vor vielen andern ebenfalls erſonne-
nen, auf die unwiderſprechlichſte Weiſe in ihr Nichts auf-
loͤſen. Dies hat ſchon laͤngſt ein geiſtreicher und gelehrter
Mann gethan 36): wie es aber ſonſt als ein zuverlaͤſſige-
res Urtheil anerkannt wird was zwey Maͤnner, ohne Ver-
abredung und Mittheilung, uͤbereinſtimmend abgeben, ſo
darf ich ihn hier nicht als die Quelle, ſondern als Beſtaͤ-
tigung der folgenden Kritik anfuͤhren 37).

Es wird erzaͤhlt, nicht von Livius allein und denen
die nur aus ihm geſchrieben haben, ſondern auch von
Dio 38): von zwey Toͤchtern des M. Fabius Ambuſtus
ſey die aͤlteſte mit Ser. Sulpicius, der im Jahr 378 Con-
ſulartribun war, die juͤngere mit C. Licinius, einem Ple-
bejer, verheirathet geweſen. Der geraͤuſchvolle Pomp,
womit Sulpicius vom Forum zuruͤckkehrte, habe die juͤn-
gere Fabia, ungewoͤhnt in einem plebejiſchen Hauſe an
den Laͤrm womit die Lictoren den Eintritt des Herrn an-
kuͤndigten, erſchreckt: ſie ſey zuſammengefahren, und von
ihrer Schweſter uͤber eine Furcht verſpottet worden, wel-
che den niedrigen Stand verriethe, wohin ſie ihre Hand
vergeben habe. Dieſe Beleidigung habe ſie bewogen ihren
Mann und ſelbſt ihren Vater zu verfuͤhren, daß ſie ihr ge-
lobten nicht zu ruhen bis aͤhnlicher Glanz auch ihr Haus
ſchmuͤcke.


36) Beaufort sur l’incertitude de l’histoire Romaine. II. c. 10.
37) S. die Vorrede zum erſten Bande. S. XII.
38) Zonaras VII. c. 24.
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[337/0353] riſch, fuͤr etwas beſſeres als ein elendes Memoirenmaͤhr- chen, angenommen worden, iſt ganz unbegreiflich; denn gerade dieſe laͤßt ſich, vor vielen andern ebenfalls erſonne- nen, auf die unwiderſprechlichſte Weiſe in ihr Nichts auf- loͤſen. Dies hat ſchon laͤngſt ein geiſtreicher und gelehrter Mann gethan 36): wie es aber ſonſt als ein zuverlaͤſſige- res Urtheil anerkannt wird was zwey Maͤnner, ohne Ver- abredung und Mittheilung, uͤbereinſtimmend abgeben, ſo darf ich ihn hier nicht als die Quelle, ſondern als Beſtaͤ- tigung der folgenden Kritik anfuͤhren 37). Es wird erzaͤhlt, nicht von Livius allein und denen die nur aus ihm geſchrieben haben, ſondern auch von Dio 38): von zwey Toͤchtern des M. Fabius Ambuſtus ſey die aͤlteſte mit Ser. Sulpicius, der im Jahr 378 Con- ſulartribun war, die juͤngere mit C. Licinius, einem Ple- bejer, verheirathet geweſen. Der geraͤuſchvolle Pomp, womit Sulpicius vom Forum zuruͤckkehrte, habe die juͤn- gere Fabia, ungewoͤhnt in einem plebejiſchen Hauſe an den Laͤrm womit die Lictoren den Eintritt des Herrn an- kuͤndigten, erſchreckt: ſie ſey zuſammengefahren, und von ihrer Schweſter uͤber eine Furcht verſpottet worden, wel- che den niedrigen Stand verriethe, wohin ſie ihre Hand vergeben habe. Dieſe Beleidigung habe ſie bewogen ihren Mann und ſelbſt ihren Vater zu verfuͤhren, daß ſie ihr ge- lobten nicht zu ruhen bis aͤhnlicher Glanz auch ihr Haus ſchmuͤcke. 36) Beaufort sur l’incertitude de l’histoire Romaine. II. c. 10. 37) S. die Vorrede zum erſten Bande. S. XII. 38) Zonaras VII. c. 24. Zweiter Theil. Y

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/353>, abgerufen am 22.11.2024.