Stände neben einander, gleichberechtigt, die Souverai- netät theilen und den Staat verwalten sollten. Daß sehr lange nachher der patricische Stand fast erlosch, und seine politische Absonderung verlohr, war nicht we- niger nothwendige Folge der absoluten Geschlossenheit und Unergänzbarkeit der Zahl seiner Geschlechter, als der herrschend gewordenen, viel eitleren, Ansprüche der plebejischen Nobilität und der unglücklichen Einführung des Geldadels: dafür aber ist das licinische Gesetz nicht verantwortlich. Eingeräumt war die gleiche Theilung der Regierung in Hinsicht der Decemvirn und ursprüng- lich der Militartribunen; aber nicht nur wurden die Stellen der Plebejer viele Jahre lang gegen das Gesetz nicht ernannt, sondern ehe sie sich einige Wahlen er- rangen scheint verordnet zu seyn daß alle Stellen ohne Unterschied aus beyden Ständen, oder abwechselnd, be- setzt werden sollten. Jenes konnte ein größeres Recht scheinen, aber nur zwingende Noth verschaffte ihnen den Genuß: und das Consulat war unstreitig eine weit bes- sere Verfassung als ein zahlreiches Collegium von höchsten Regenten. Das erste licinische Gesetz verordnete: daß hin- fort nicht mehr Militartribunen sondern Consuln erwählt werden sollten, aus den Patriciern und dem Volk: einer von beyden müsse nothwendig aus diesem ernannt werden.
stimmt ward, redet Machiavelli vortrefflich am Eingang des dritten Buchs seiner Geschichte, dagegen die weise Ge- rechtigkeit der Römer vergleichend. Sehr lehrreich ist Sis- mondis historische Darstellung der revolutionnairen Tyran- ney gegen den Adel, T. IV. ch. 25. T. V. ch. 36.
Staͤnde neben einander, gleichberechtigt, die Souverai- netaͤt theilen und den Staat verwalten ſollten. Daß ſehr lange nachher der patriciſche Stand faſt erloſch, und ſeine politiſche Abſonderung verlohr, war nicht we- niger nothwendige Folge der abſoluten Geſchloſſenheit und Unergaͤnzbarkeit der Zahl ſeiner Geſchlechter, als der herrſchend gewordenen, viel eitleren, Anſpruͤche der plebejiſchen Nobilitaͤt und der ungluͤcklichen Einfuͤhrung des Geldadels: dafuͤr aber iſt das liciniſche Geſetz nicht verantwortlich. Eingeraͤumt war die gleiche Theilung der Regierung in Hinſicht der Decemvirn und urſpruͤng- lich der Militartribunen; aber nicht nur wurden die Stellen der Plebejer viele Jahre lang gegen das Geſetz nicht ernannt, ſondern ehe ſie ſich einige Wahlen er- rangen ſcheint verordnet zu ſeyn daß alle Stellen ohne Unterſchied aus beyden Staͤnden, oder abwechſelnd, be- ſetzt werden ſollten. Jenes konnte ein groͤßeres Recht ſcheinen, aber nur zwingende Noth verſchaffte ihnen den Genuß: und das Conſulat war unſtreitig eine weit beſ- ſere Verfaſſung als ein zahlreiches Collegium von hoͤchſten Regenten. Das erſte liciniſche Geſetz verordnete: daß hin- fort nicht mehr Militartribunen ſondern Conſuln erwaͤhlt werden ſollten, aus den Patriciern und dem Volk: einer von beyden muͤſſe nothwendig aus dieſem ernannt werden.
ſtimmt ward, redet Machiavelli vortrefflich am Eingang des dritten Buchs ſeiner Geſchichte, dagegen die weiſe Ge- rechtigkeit der Roͤmer vergleichend. Sehr lehrreich iſt Sis- mondis hiſtoriſche Darſtellung der revolutionnairen Tyran- ney gegen den Adel, T. IV. ch. 25. T. V. ch. 36.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0358"n="342"/>
Staͤnde neben einander, gleichberechtigt, die Souverai-<lb/>
netaͤt theilen und den Staat verwalten ſollten. Daß<lb/>ſehr lange nachher der patriciſche Stand faſt erloſch,<lb/>
und ſeine politiſche Abſonderung verlohr, war nicht we-<lb/>
niger nothwendige Folge der abſoluten Geſchloſſenheit<lb/>
und Unergaͤnzbarkeit der Zahl ſeiner Geſchlechter, als<lb/>
der herrſchend gewordenen, viel eitleren, Anſpruͤche der<lb/>
plebejiſchen Nobilitaͤt und der ungluͤcklichen Einfuͤhrung<lb/>
des Geldadels: dafuͤr aber iſt das liciniſche Geſetz nicht<lb/>
verantwortlich. Eingeraͤumt war die gleiche Theilung<lb/>
der Regierung in Hinſicht der Decemvirn und urſpruͤng-<lb/>
lich der Militartribunen; aber nicht nur wurden die<lb/>
Stellen der Plebejer viele Jahre lang gegen das Geſetz<lb/>
nicht ernannt, ſondern ehe ſie ſich einige Wahlen er-<lb/>
rangen ſcheint verordnet zu ſeyn daß alle Stellen ohne<lb/>
Unterſchied aus beyden Staͤnden, oder abwechſelnd, be-<lb/>ſetzt werden ſollten. Jenes konnte ein groͤßeres Recht<lb/>ſcheinen, aber nur zwingende Noth verſchaffte ihnen den<lb/>
Genuß: und das Conſulat war unſtreitig eine weit beſ-<lb/>ſere Verfaſſung als ein zahlreiches Collegium von hoͤchſten<lb/>
Regenten. Das erſte liciniſche Geſetz verordnete: daß hin-<lb/>
fort nicht mehr Militartribunen ſondern Conſuln erwaͤhlt<lb/>
werden ſollten, aus den Patriciern und dem Volk: einer<lb/>
von beyden muͤſſe nothwendig aus dieſem ernannt werden.</p><lb/><notexml:id="note-0358"prev="#note-0357"place="foot"n="41)">ſtimmt ward, redet Machiavelli vortrefflich am Eingang<lb/>
des dritten Buchs ſeiner Geſchichte, dagegen die weiſe Ge-<lb/>
rechtigkeit der Roͤmer vergleichend. Sehr lehrreich iſt Sis-<lb/>
mondis hiſtoriſche Darſtellung der revolutionnairen Tyran-<lb/>
ney gegen den Adel, <hirendition="#aq">T. IV. ch. 25. T. V. ch.</hi> 36.</note><lb/></div></body></text></TEI>
[342/0358]
Staͤnde neben einander, gleichberechtigt, die Souverai-
netaͤt theilen und den Staat verwalten ſollten. Daß
ſehr lange nachher der patriciſche Stand faſt erloſch,
und ſeine politiſche Abſonderung verlohr, war nicht we-
niger nothwendige Folge der abſoluten Geſchloſſenheit
und Unergaͤnzbarkeit der Zahl ſeiner Geſchlechter, als
der herrſchend gewordenen, viel eitleren, Anſpruͤche der
plebejiſchen Nobilitaͤt und der ungluͤcklichen Einfuͤhrung
des Geldadels: dafuͤr aber iſt das liciniſche Geſetz nicht
verantwortlich. Eingeraͤumt war die gleiche Theilung
der Regierung in Hinſicht der Decemvirn und urſpruͤng-
lich der Militartribunen; aber nicht nur wurden die
Stellen der Plebejer viele Jahre lang gegen das Geſetz
nicht ernannt, ſondern ehe ſie ſich einige Wahlen er-
rangen ſcheint verordnet zu ſeyn daß alle Stellen ohne
Unterſchied aus beyden Staͤnden, oder abwechſelnd, be-
ſetzt werden ſollten. Jenes konnte ein groͤßeres Recht
ſcheinen, aber nur zwingende Noth verſchaffte ihnen den
Genuß: und das Conſulat war unſtreitig eine weit beſ-
ſere Verfaſſung als ein zahlreiches Collegium von hoͤchſten
Regenten. Das erſte liciniſche Geſetz verordnete: daß hin-
fort nicht mehr Militartribunen ſondern Conſuln erwaͤhlt
werden ſollten, aus den Patriciern und dem Volk: einer
von beyden muͤſſe nothwendig aus dieſem ernannt werden.
41)
41) ſtimmt ward, redet Machiavelli vortrefflich am Eingang
des dritten Buchs ſeiner Geſchichte, dagegen die weiſe Ge-
rechtigkeit der Roͤmer vergleichend. Sehr lehrreich iſt Sis-
mondis hiſtoriſche Darſtellung der revolutionnairen Tyran-
ney gegen den Adel, T. IV. ch. 25. T. V. ch. 36.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/358>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.