Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Die Censoren sollen die dem römischen Volk
vom Gemeinland vorbehaltene jährliche Abgabe jedesmahl
auf ein Lustrum an den Meistbietenden verkaufen. Die
Finanzpachter sollen der Republik Sicherheit für die Er-
füllung ihrer Verpflichtungen stellen. Bey unvorher-
gesehenen Unglücksfällen mag der Senat ihnen Er-
laß an der schuldigen Summe gestatten. Der Ertrag

sem den dritten Scheffel (1 Maccab. X. 39.). Der Zehnte
war eine geringe Steuer. Aegypten zahlte an die Pharao-
nen den Fünften (1 Mosis XLVII. 24. 26.). Die Indier
steuern von einem Viertheil bis zu drey Viertheilen, wo
sie dann im letzten Fall immer das Saatkorn, und oft
Brodkorn von den Generalpachtern borgen müssen. Diese
Ertragssteuern waren allenthalben in Asien die Quelle der
unermeßlichen fürstlichen Schätze: daher erklären sich die
Reichthümer Davids und Salomos, nämlich aus der Grund-
steuer Syriens. Karthago scheint von dem unterthänigen
Afrika ein Viertheil des Ertrags erhoben zu haben: denn,
als im ersten punischen Kriege der Tribut der Städte ver-
doppelt ward, ist vom Lande die Hälfte der Erndten
an Getreide und Früchten gefordert worden (Polybius I.
c.
72.). Die Araber erhoben nur den Zehenten (die
Aschera): eine außerordentliche Erleichterung für den von
den byzantinischen Finanzen ausgesogenen Orient, der ge-
wiß keine milderen Steuern entrichtete als jene Syrischen;
denn Rom erleichterte so viel wir wissen nur einmal die
Lasten der eroberten Länder. So verschmerzten die Unter-
thanen der Khalifen leicht die bey der Eroberung geforder-
ten Kriegssteuern; nur dann war ihr Loos hart wenn der
Landesherr das Eigenthumsrecht ausübte, welches er durch
die Eroberung gewonnen hatte.

6. Die Cenſoren ſollen die dem roͤmiſchen Volk
vom Gemeinland vorbehaltene jaͤhrliche Abgabe jedesmahl
auf ein Luſtrum an den Meiſtbietenden verkaufen. Die
Finanzpachter ſollen der Republik Sicherheit fuͤr die Er-
fuͤllung ihrer Verpflichtungen ſtellen. Bey unvorher-
geſehenen Ungluͤcksfaͤllen mag der Senat ihnen Er-
laß an der ſchuldigen Summe geſtatten. Der Ertrag

ſem den dritten Scheffel (1 Maccab. X. 39.). Der Zehnte
war eine geringe Steuer. Aegypten zahlte an die Pharao-
nen den Fuͤnften (1 Moſis XLVII. 24. 26.). Die Indier
ſteuern von einem Viertheil bis zu drey Viertheilen, wo
ſie dann im letzten Fall immer das Saatkorn, und oft
Brodkorn von den Generalpachtern borgen muͤſſen. Dieſe
Ertragsſteuern waren allenthalben in Aſien die Quelle der
unermeßlichen fuͤrſtlichen Schaͤtze: daher erklaͤren ſich die
Reichthuͤmer Davids und Salomos, naͤmlich aus der Grund-
ſteuer Syriens. Karthago ſcheint von dem unterthaͤnigen
Afrika ein Viertheil des Ertrags erhoben zu haben: denn,
als im erſten puniſchen Kriege der Tribut der Staͤdte ver-
doppelt ward, iſt vom Lande die Haͤlfte der Erndten
an Getreide und Fruͤchten gefordert worden (Polybius I.
c.
72.). Die Araber erhoben nur den Zehenten (die
Aſchera): eine außerordentliche Erleichterung fuͤr den von
den byzantiniſchen Finanzen ausgeſogenen Orient, der ge-
wiß keine milderen Steuern entrichtete als jene Syriſchen;
denn Rom erleichterte ſo viel wir wiſſen nur einmal die
Laſten der eroberten Laͤnder. So verſchmerzten die Unter-
thanen der Khalifen leicht die bey der Eroberung geforder-
ten Kriegsſteuern; nur dann war ihr Loos hart wenn der
Landesherr das Eigenthumsrecht ausuͤbte, welches er durch
die Eroberung gewonnen hatte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0414" n="398"/>
        <p>6. Die Cen&#x017F;oren &#x017F;ollen die dem ro&#x0364;mi&#x017F;chen Volk<lb/>
vom Gemeinland vorbehaltene ja&#x0364;hrliche Abgabe jedesmahl<lb/>
auf ein Lu&#x017F;trum an den Mei&#x017F;tbietenden verkaufen. Die<lb/>
Finanzpachter &#x017F;ollen der Republik Sicherheit fu&#x0364;r die Er-<lb/>
fu&#x0364;llung ihrer Verpflichtungen &#x017F;tellen. Bey unvorher-<lb/>
ge&#x017F;ehenen Unglu&#x0364;cksfa&#x0364;llen mag der Senat ihnen Er-<lb/>
laß an der &#x017F;chuldigen Summe ge&#x017F;tatten. Der Ertrag<lb/><note xml:id="note-0414" prev="#note-0413a" place="foot" n="46)">&#x017F;em den dritten Scheffel (1 Maccab. <hi rendition="#aq">X.</hi> 39.). Der Zehnte<lb/>
war eine geringe Steuer. Aegypten zahlte an die Pharao-<lb/>
nen den Fu&#x0364;nften (1 Mo&#x017F;is <hi rendition="#aq">XLVII.</hi> 24. 26.). Die Indier<lb/>
&#x017F;teuern von einem Viertheil bis zu drey Viertheilen, wo<lb/>
&#x017F;ie dann im letzten Fall immer das Saatkorn, und oft<lb/>
Brodkorn von den Generalpachtern borgen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e<lb/>
Ertrags&#x017F;teuern waren allenthalben in A&#x017F;ien die Quelle der<lb/>
unermeßlichen fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Scha&#x0364;tze: daher erkla&#x0364;ren &#x017F;ich die<lb/>
Reichthu&#x0364;mer Davids und Salomos, na&#x0364;mlich aus der Grund-<lb/>
&#x017F;teuer Syriens. Karthago &#x017F;cheint von dem untertha&#x0364;nigen<lb/>
Afrika ein Viertheil des Ertrags erhoben zu haben: denn,<lb/>
als im er&#x017F;ten puni&#x017F;chen Kriege der Tribut der Sta&#x0364;dte ver-<lb/>
doppelt ward, i&#x017F;t vom Lande die Ha&#x0364;lfte der Erndten<lb/>
an Getreide und Fru&#x0364;chten gefordert worden (Polybius <hi rendition="#aq">I.<lb/>
c.</hi> 72.). Die Araber erhoben nur den Zehenten (die<lb/>
A&#x017F;chera): eine außerordentliche Erleichterung fu&#x0364;r den von<lb/>
den byzantini&#x017F;chen Finanzen ausge&#x017F;ogenen Orient, der ge-<lb/>
wiß keine milderen Steuern entrichtete als jene Syri&#x017F;chen;<lb/>
denn Rom erleichterte &#x017F;o viel wir wi&#x017F;&#x017F;en nur einmal die<lb/>
La&#x017F;ten der eroberten La&#x0364;nder. So ver&#x017F;chmerzten die Unter-<lb/>
thanen der Khalifen leicht die bey der Eroberung geforder-<lb/>
ten Kriegs&#x017F;teuern; nur dann war ihr Loos hart wenn der<lb/>
Landesherr das Eigenthumsrecht ausu&#x0364;bte, welches er durch<lb/>
die Eroberung gewonnen hatte.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[398/0414] 6. Die Cenſoren ſollen die dem roͤmiſchen Volk vom Gemeinland vorbehaltene jaͤhrliche Abgabe jedesmahl auf ein Luſtrum an den Meiſtbietenden verkaufen. Die Finanzpachter ſollen der Republik Sicherheit fuͤr die Er- fuͤllung ihrer Verpflichtungen ſtellen. Bey unvorher- geſehenen Ungluͤcksfaͤllen mag der Senat ihnen Er- laß an der ſchuldigen Summe geſtatten. Der Ertrag 46) 46) ſem den dritten Scheffel (1 Maccab. X. 39.). Der Zehnte war eine geringe Steuer. Aegypten zahlte an die Pharao- nen den Fuͤnften (1 Moſis XLVII. 24. 26.). Die Indier ſteuern von einem Viertheil bis zu drey Viertheilen, wo ſie dann im letzten Fall immer das Saatkorn, und oft Brodkorn von den Generalpachtern borgen muͤſſen. Dieſe Ertragsſteuern waren allenthalben in Aſien die Quelle der unermeßlichen fuͤrſtlichen Schaͤtze: daher erklaͤren ſich die Reichthuͤmer Davids und Salomos, naͤmlich aus der Grund- ſteuer Syriens. Karthago ſcheint von dem unterthaͤnigen Afrika ein Viertheil des Ertrags erhoben zu haben: denn, als im erſten puniſchen Kriege der Tribut der Staͤdte ver- doppelt ward, iſt vom Lande die Haͤlfte der Erndten an Getreide und Fruͤchten gefordert worden (Polybius I. c. 72.). Die Araber erhoben nur den Zehenten (die Aſchera): eine außerordentliche Erleichterung fuͤr den von den byzantiniſchen Finanzen ausgeſogenen Orient, der ge- wiß keine milderen Steuern entrichtete als jene Syriſchen; denn Rom erleichterte ſo viel wir wiſſen nur einmal die Laſten der eroberten Laͤnder. So verſchmerzten die Unter- thanen der Khalifen leicht die bey der Eroberung geforder- ten Kriegsſteuern; nur dann war ihr Loos hart wenn der Landesherr das Eigenthumsrecht ausuͤbte, welches er durch die Eroberung gewonnen hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/414
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/414>, abgerufen am 22.11.2024.