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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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für das Jahr, und zwar ursprünglich für das alte cy-
clische Jahr von zehn Monaten, zu suchen. Gab sie
für dieses 8 1/3 Procent, dann betrug für das bürgerliche
Jahr die Unzialzinse zehn Procent, und die halbe Unze
fünf: ein Maaß das von dem aller Zeiten und Länder
nicht abweicht, welches mit Leidlichkeit für den Gläu-
biger und den Schuldner zwischen drey und zwölf Pro-
cent beträgt: dieses, wo die Capitalien von wenigen,
dem eigentlichen Betrieb fremden Personen, monopolisirt
werden, und der Capitalwerth des fruchtbaren Eigen-
thums sehr niedrig ist, jenes im Gegentheil. Bey dieser
Annahme verschwinden alle innere oben gerügte Schwie-
rigkeiten: und nichts ist ungezwungener als anzuneh-
men daß das Capital die Einheit, und ein Jahr das
Zeitmaaß der Schulden war. Von Discontgeschäften
auf Monate ist gewiß nicht die leiseste Spur in der äl-
tern römischen Geschichte: sondern vielmehr deuten die
von den tribunicischen Gesetzen der Jahre 388 und 408
bestimmten, auf Jahre vertheilten Termine, auf eine
jährige Gültigkeit der Schulden. Dahin deuten auch
die Termine der Auszahlung legirter Aussteuer, welche
in drey cyclischen Jahren zahlbar war 13). So war
es auch Sitte bey dem Verkauf der Oliven, und der
Trauben am Stamm, auch des Weins auf Fässern, die
Zahlung, als Schuld, nach zehn Monaten zu bedin-

13) Polybius XXXIII. c. 13. An andere Jahre, obwohl
nachher die gewöhnlichen angenommen wurden, ist in der
alten Zeit bey allen Terminalzahlungen der Dos nicht zu
denken.

fuͤr das Jahr, und zwar urſpruͤnglich fuͤr das alte cy-
cliſche Jahr von zehn Monaten, zu ſuchen. Gab ſie
fuͤr dieſes 8⅓ Procent, dann betrug fuͤr das buͤrgerliche
Jahr die Unzialzinſe zehn Procent, und die halbe Unze
fuͤnf: ein Maaß das von dem aller Zeiten und Laͤnder
nicht abweicht, welches mit Leidlichkeit fuͤr den Glaͤu-
biger und den Schuldner zwiſchen drey und zwoͤlf Pro-
cent betraͤgt: dieſes, wo die Capitalien von wenigen,
dem eigentlichen Betrieb fremden Perſonen, monopoliſirt
werden, und der Capitalwerth des fruchtbaren Eigen-
thums ſehr niedrig iſt, jenes im Gegentheil. Bey dieſer
Annahme verſchwinden alle innere oben geruͤgte Schwie-
rigkeiten: und nichts iſt ungezwungener als anzuneh-
men daß das Capital die Einheit, und ein Jahr das
Zeitmaaß der Schulden war. Von Discontgeſchaͤften
auf Monate iſt gewiß nicht die leiſeſte Spur in der aͤl-
tern roͤmiſchen Geſchichte: ſondern vielmehr deuten die
von den tribuniciſchen Geſetzen der Jahre 388 und 408
beſtimmten, auf Jahre vertheilten Termine, auf eine
jaͤhrige Guͤltigkeit der Schulden. Dahin deuten auch
die Termine der Auszahlung legirter Ausſteuer, welche
in drey cycliſchen Jahren zahlbar war 13). So war
es auch Sitte bey dem Verkauf der Oliven, und der
Trauben am Stamm, auch des Weins auf Faͤſſern, die
Zahlung, als Schuld, nach zehn Monaten zu bedin-

13) Polybius XXXIII. c. 13. An andere Jahre, obwohl
nachher die gewoͤhnlichen angenommen wurden, iſt in der
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denken.
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[437/0453] fuͤr das Jahr, und zwar urſpruͤnglich fuͤr das alte cy- cliſche Jahr von zehn Monaten, zu ſuchen. Gab ſie fuͤr dieſes 8⅓ Procent, dann betrug fuͤr das buͤrgerliche Jahr die Unzialzinſe zehn Procent, und die halbe Unze fuͤnf: ein Maaß das von dem aller Zeiten und Laͤnder nicht abweicht, welches mit Leidlichkeit fuͤr den Glaͤu- biger und den Schuldner zwiſchen drey und zwoͤlf Pro- cent betraͤgt: dieſes, wo die Capitalien von wenigen, dem eigentlichen Betrieb fremden Perſonen, monopoliſirt werden, und der Capitalwerth des fruchtbaren Eigen- thums ſehr niedrig iſt, jenes im Gegentheil. Bey dieſer Annahme verſchwinden alle innere oben geruͤgte Schwie- rigkeiten: und nichts iſt ungezwungener als anzuneh- men daß das Capital die Einheit, und ein Jahr das Zeitmaaß der Schulden war. Von Discontgeſchaͤften auf Monate iſt gewiß nicht die leiſeſte Spur in der aͤl- tern roͤmiſchen Geſchichte: ſondern vielmehr deuten die von den tribuniciſchen Geſetzen der Jahre 388 und 408 beſtimmten, auf Jahre vertheilten Termine, auf eine jaͤhrige Guͤltigkeit der Schulden. Dahin deuten auch die Termine der Auszahlung legirter Ausſteuer, welche in drey cycliſchen Jahren zahlbar war 13). So war es auch Sitte bey dem Verkauf der Oliven, und der Trauben am Stamm, auch des Weins auf Faͤſſern, die Zahlung, als Schuld, nach zehn Monaten zu bedin- 13) Polybius XXXIII. c. 13. An andere Jahre, obwohl nachher die gewoͤhnlichen angenommen wurden, iſt in der alten Zeit bey allen Terminalzahlungen der Dos nicht zu denken.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/453>, abgerufen am 22.11.2024.