gaben des Codex Theodosianus fehlen, hat Etatsrath Cramer mich belehrt daß sie, nach der Zeitrechnung, aus Novellen genommen sind.
Diese Constitutionen sind zuerst von Joh. Sichardus im März 1528 mit dem Breviarium herausgegeben, und zwar als in der Schrift des Frontinus enthalten: daher er weder auf dem Titel noch in der Vorrede ihrer gedenkt. Früher aber schon hatte sie Alciatus in einer Hand- schrift, denn wenn gleich die Zueignung seiner Schrift de quinque pedum praescriptione erst vom August 1529 ist, so kannte er doch den Pandectentitel aus den Agri- mensoren schon im Jahr 1519, als er die Dispunctiones schrieb (Lib. II. c. 6.). In den Stellen jener Schrift p. 12. 13. 29. 30. (ed. Lugdun. 1529.) wo er von diesen Constitutionen redet, hat er Lesarten die von den Sichar- dischen abweichen: er nennt den Commentator nicht Aggenus sondern Agennius, die erläuterte Schrift legt er nicht dem Julius Frontinus sondern dem Junius Hyp- sus (Druckfehler, statt Nypsus) bey.
Neben diesen ächten Constitutionen steht eine unter- geschobene, angeblich von Tiberius. Ein unwissendes Zeitalter fabelt und faselt, so die Byzantiner über Con- stantin. So bezogen die Agrimensoren den Ursprung ih- rer Kunst auf Julius Cäsar und Augustus: auf eine allge- meine Vermessung des ganzen römischen Gebiets unter diesem, welche sie vielleicht mit der biblischen Erzählung von dem allgemeinen Census begründeten, theils aber auch auf die Messung des Balbus bezogen, welche ein Itinera- rium geschafft zu haben scheint. Sie hatten einen angeb-
Zweiter Theil. M m
gaben des Codex Theodoſianus fehlen, hat Etatsrath Cramer mich belehrt daß ſie, nach der Zeitrechnung, aus Novellen genommen ſind.
Dieſe Conſtitutionen ſind zuerſt von Joh. Sichardus im Maͤrz 1528 mit dem Breviarium herausgegeben, und zwar als in der Schrift des Frontinus enthalten: daher er weder auf dem Titel noch in der Vorrede ihrer gedenkt. Fruͤher aber ſchon hatte ſie Alciatus in einer Hand- ſchrift, denn wenn gleich die Zueignung ſeiner Schrift de quinque pedum præscriptione erſt vom Auguſt 1529 iſt, ſo kannte er doch den Pandectentitel aus den Agri- menſoren ſchon im Jahr 1519, als er die Dispunctiones ſchrieb (Lib. II. c. 6.). In den Stellen jener Schrift p. 12. 13. 29. 30. (ed. Lugdun. 1529.) wo er von dieſen Conſtitutionen redet, hat er Lesarten die von den Sichar- diſchen abweichen: er nennt den Commentator nicht Aggenus ſondern Agennius, die erlaͤuterte Schrift legt er nicht dem Julius Frontinus ſondern dem Junius Hyp- ſus (Druckfehler, ſtatt Nypſus) bey.
Neben dieſen aͤchten Conſtitutionen ſteht eine unter- geſchobene, angeblich von Tiberius. Ein unwiſſendes Zeitalter fabelt und faſelt, ſo die Byzantiner uͤber Con- ſtantin. So bezogen die Agrimenſoren den Urſprung ih- rer Kunſt auf Julius Caͤſar und Auguſtus: auf eine allge- meine Vermeſſung des ganzen roͤmiſchen Gebiets unter dieſem, welche ſie vielleicht mit der bibliſchen Erzaͤhlung von dem allgemeinen Cenſus begruͤndeten, theils aber auch auf die Meſſung des Balbus bezogen, welche ein Itinera- rium geſchafft zu haben ſcheint. Sie hatten einen angeb-
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gaben des Codex Theodoſianus fehlen, hat Etatsrath
Cramer mich belehrt daß ſie, nach der Zeitrechnung, aus
Novellen genommen ſind.
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im Maͤrz 1528 mit dem Breviarium herausgegeben, und
zwar als in der Schrift des Frontinus enthalten: daher
er weder auf dem Titel noch in der Vorrede ihrer gedenkt.
Fruͤher aber ſchon hatte ſie Alciatus in einer Hand-
ſchrift, denn wenn gleich die Zueignung ſeiner Schrift
de quinque pedum præscriptione erſt vom Auguſt 1529
iſt, ſo kannte er doch den Pandectentitel aus den Agri-
menſoren ſchon im Jahr 1519, als er die Dispunctiones
ſchrieb (Lib. II. c. 6.). In den Stellen jener Schrift
p. 12. 13. 29. 30. (ed. Lugdun. 1529.) wo er von dieſen
Conſtitutionen redet, hat er Lesarten die von den Sichar-
diſchen abweichen: er nennt den Commentator nicht
Aggenus ſondern Agennius, die erlaͤuterte Schrift legt
er nicht dem Julius Frontinus ſondern dem Junius Hyp-
ſus (Druckfehler, ſtatt Nypſus) bey.
Neben dieſen aͤchten Conſtitutionen ſteht eine unter-
geſchobene, angeblich von Tiberius. Ein unwiſſendes
Zeitalter fabelt und faſelt, ſo die Byzantiner uͤber Con-
ſtantin. So bezogen die Agrimenſoren den Urſprung ih-
rer Kunſt auf Julius Caͤſar und Auguſtus: auf eine allge-
meine Vermeſſung des ganzen roͤmiſchen Gebiets unter
dieſem, welche ſie vielleicht mit der bibliſchen Erzaͤhlung
von dem allgemeinen Cenſus begruͤndeten, theils aber auch
auf die Meſſung des Balbus bezogen, welche ein Itinera-
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/561>, abgerufen am 24.11.2024.
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