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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

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vermögen! Höre das Gebet deiner versammelten
Kinder und Anbeter; und wenn wir unter unsre
Wünsche, die wir dir vortragen, manches mischen,
was uns nur gut dünkt, weil wir so kurzsichtig sind,
so laß dir wenigstens die Absicht und unser Herz da-
bey gefallen, so wie wir unsern Augen deine Wege --
auch wo sie nicht die unsrigen sind -- wollen wohl-
gefallen lassen:

Gieb uns, Vater! erflehet und nicht erflehet das
Gute,
Aber das Böse wend' ab, auch wenn wir es von
dir erflehen.

Wir hätten gern, -- o unser Vater, daß des
Guten in der Welt, deiner Erkenntniß und wahrer
Tugend mehr würde; und wenn wir fast fürchten
zu müssen glauben, daß seiner weniger wird, daß
das ungöttliche Wesen sich vermehrt, und immer
mehrere in dem Strome des herrschenden Leichtsinns
mit fortgerissen werden, so wagen wir es wohl, zu
wünschen, daß es deiner Weisheit gefallen möchte,
was deiner Macht so leicht werden müßte, kräftigere
und würksamere Mittel zu schaffen, zum Wohl dei-
ner Menschen, und zur Hinderung dessen, was dies

Wohl

vermögen! Höre das Gebet deiner verſammelten
Kinder und Anbeter; und wenn wir unter unſre
Wünſche, die wir dir vortragen, manches miſchen,
was uns nur gut dünkt, weil wir ſo kurzſichtig ſind,
ſo laß dir wenigſtens die Abſicht und unſer Herz da-
bey gefallen, ſo wie wir unſern Augen deine Wege —
auch wo ſie nicht die unſrigen ſind — wollen wohl-
gefallen laſſen:

Gieb uns, Vater! erflehet und nicht erflehet das
Gute,
Aber das Böſe wend’ ab, auch wenn wir es von
dir erflehen.

Wir hätten gern, — o unſer Vater, daß des
Guten in der Welt, deiner Erkenntniß und wahrer
Tugend mehr würde; und wenn wir faſt fürchten
zu müſſen glauben, daß ſeiner weniger wird, daß
das ungöttliche Weſen ſich vermehrt, und immer
mehrere in dem Strome des herrſchenden Leichtſinns
mit fortgeriſſen werden, ſo wagen wir es wohl, zu
wünſchen, daß es deiner Weisheit gefallen möchte,
was deiner Macht ſo leicht werden müßte, kräftigere
und würkſamere Mittel zu ſchaffen, zum Wohl dei-
ner Menſchen, und zur Hinderung deſſen, was dies

Wohl
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[14[26]/0030] vermögen! Höre das Gebet deiner verſammelten Kinder und Anbeter; und wenn wir unter unſre Wünſche, die wir dir vortragen, manches miſchen, was uns nur gut dünkt, weil wir ſo kurzſichtig ſind, ſo laß dir wenigſtens die Abſicht und unſer Herz da- bey gefallen, ſo wie wir unſern Augen deine Wege — auch wo ſie nicht die unſrigen ſind — wollen wohl- gefallen laſſen: Gieb uns, Vater! erflehet und nicht erflehet das Gute, Aber das Böſe wend’ ab, auch wenn wir es von dir erflehen. Wir hätten gern, — o unſer Vater, daß des Guten in der Welt, deiner Erkenntniß und wahrer Tugend mehr würde; und wenn wir faſt fürchten zu müſſen glauben, daß ſeiner weniger wird, daß das ungöttliche Weſen ſich vermehrt, und immer mehrere in dem Strome des herrſchenden Leichtſinns mit fortgeriſſen werden, ſo wagen wir es wohl, zu wünſchen, daß es deiner Weisheit gefallen möchte, was deiner Macht ſo leicht werden müßte, kräftigere und würkſamere Mittel zu ſchaffen, zum Wohl dei- ner Menſchen, und zur Hinderung deſſen, was dies Wohl

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Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 14[26]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/30>, abgerufen am 14.06.2024.