ten und unaussprechlichen Liebe, verweilt, wie man sonst gewohnt ist bey Dingen, an denen einem viel liegt, von denen man viel erwartet und hofft, mit seinen Gedanken zu verweilen. Unsre Vernunft sagt uns schon sehr vieles über diesen höchsten und grös- sesten Gegenstand unsers Denkens; zeigt uns seine unendliche Größe, und unsern Abstand von ihm. Die Religion bestätigt dies alles und erweitert unsre Be- griffe davon; sagt uns recht eigentlich, was Gott uns ist und seyn will; was er uns durch unsern Erlöser geworden ist und werden will; und das Evan- gelium eröffnet uns die ganze Fülle seiner unendli- chen Liebe.
Wir können vom Morgen bis in die Nacht über diese großen und trostvollen Wahrheiten der Religion reden hören, oder etwas darüber lesen; wir können Tag für Tag, in dem gewöhnlichen so gemißbrauch- ten Sinne des Worts, zu gewissen Stunden, wie beym Aufstehen und beym Niederlegen, unsre An- dacht verrichten; unsre Lippen können unaufhörlich von diesen Gegenständen in Gebeten und Gesängen überfließen, ohne daß wir andächtig sind. Denn das alles läßt sich thun, ohne daß der Verstand und das Herz den geringsten Antheil nähme. Und wo diese nicht thätig sind, da ist keine Andacht.
Wir
ten und unausſprechlichen Liebe, verweilt, wie man ſonſt gewohnt iſt bey Dingen, an denen einem viel liegt, von denen man viel erwartet und hofft, mit ſeinen Gedanken zu verweilen. Unſre Vernunft ſagt uns ſchon ſehr vieles über dieſen höchſten und gröſ- ſeſten Gegenſtand unſers Denkens; zeigt uns ſeine unendliche Größe, und unſern Abſtand von ihm. Die Religion beſtätigt dies alles und erweitert unſre Be- griffe davon; ſagt uns recht eigentlich, was Gott uns iſt und ſeyn will; was er uns durch unſern Erlöſer geworden iſt und werden will; und das Evan- gelium eröffnet uns die ganze Fülle ſeiner unendli- chen Liebe.
Wir können vom Morgen bis in die Nacht über dieſe großen und troſtvollen Wahrheiten der Religion reden hören, oder etwas darüber leſen; wir können Tag für Tag, in dem gewöhnlichen ſo gemißbrauch- ten Sinne des Worts, zu gewiſſen Stunden, wie beym Aufſtehen und beym Niederlegen, unſre An- dacht verrichten; unſre Lippen können unaufhörlich von dieſen Gegenſtänden in Gebeten und Geſängen überfließen, ohne daß wir andächtig ſind. Denn das alles läßt ſich thun, ohne daß der Verſtand und das Herz den geringſten Antheil nähme. Und wo dieſe nicht thätig ſind, da iſt keine Andacht.
Wir
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[30[42]/0046]
ten und unausſprechlichen Liebe, verweilt, wie man
ſonſt gewohnt iſt bey Dingen, an denen einem viel
liegt, von denen man viel erwartet und hofft, mit
ſeinen Gedanken zu verweilen. Unſre Vernunft ſagt
uns ſchon ſehr vieles über dieſen höchſten und gröſ-
ſeſten Gegenſtand unſers Denkens; zeigt uns ſeine
unendliche Größe, und unſern Abſtand von ihm. Die
Religion beſtätigt dies alles und erweitert unſre Be-
griffe davon; ſagt uns recht eigentlich, was Gott
uns iſt und ſeyn will; was er uns durch unſern
Erlöſer geworden iſt und werden will; und das Evan-
gelium eröffnet uns die ganze Fülle ſeiner unendli-
chen Liebe.
Wir können vom Morgen bis in die Nacht über
dieſe großen und troſtvollen Wahrheiten der Religion
reden hören, oder etwas darüber leſen; wir können
Tag für Tag, in dem gewöhnlichen ſo gemißbrauch-
ten Sinne des Worts, zu gewiſſen Stunden, wie
beym Aufſtehen und beym Niederlegen, unſre An-
dacht verrichten; unſre Lippen können unaufhörlich
von dieſen Gegenſtänden in Gebeten und Geſängen
überfließen, ohne daß wir andächtig ſind. Denn das
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 30[42]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/46>, abgerufen am 15.06.2024.
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