und wird am Ende durch unerträgliche Unordnung, Unreinlichkeit und Liederlichkeit in der Haushaltung eben so aus dem Hause vertrieben als jener durch Mangel an erträglicher Unterhaltung; so daß sich in Absicht auf den Mann die Geistlosigkeit und der Geistesüberfluß der Frau in einem und demselben Re- sultate endigen.
So wesentlich ist selbst der letzte Punkt in der oben aufgestellten Ansicht über den eigentlichen Beruf des Weibes, daß sie das Haus besorge. Wie wollte man doch verächtlich finden, daß die Frau auch diesen Theil ihres Berufes mit Treue erfülle? Man darf auch hierinn sich auf ein allgemeines Gefühl und Ur- theil berufen. Eine weibliche Erscheinung jener Art, wie sie die moderne Erziehung häufiger aufweist, kann zwar glänzen, eine Weile auch ergötzen, aber keine rei- ne Freude gewähren, indeß eine Frau, die als Gattin, Mutter und Familienhaupt ihre Stelle ausfüllt, in je- dem Falle ehrwürdig ist.
Der Vorwurf also: "daß die aufgestellte Ansicht von dem Berufe des Weibes kleinlich und gemein sey;" wird nach der hier gegebnen Erklärung wohl nicht weiter statt finden können, und wir dürfen des- halb auch auf diesen weiblichen Beruf die Ermahnung: wer ein Amt hat, der warte seines Amtes! um so ernst- licher und um so mehr anwenden, da die Erfüllung dieser Berufspflichten die Frau an vielseitiger Geistes- bildung eben so wenig hindert, als der Mann durch
Vierter Abſchnitt.
und wird am Ende durch unertraͤgliche Unordnung, Unreinlichkeit und Liederlichkeit in der Haushaltung eben ſo aus dem Hauſe vertrieben als jener durch Mangel an ertraͤglicher Unterhaltung; ſo daß ſich in Abſicht auf den Mann die Geiſtloſigkeit und der Geiſtesuͤberfluß der Frau in einem und demſelben Re- ſultate endigen.
So weſentlich iſt ſelbſt der letzte Punkt in der oben aufgeſtellten Anſicht uͤber den eigentlichen Beruf des Weibes, daß ſie das Haus beſorge. Wie wollte man doch veraͤchtlich finden, daß die Frau auch dieſen Theil ihres Berufes mit Treue erfuͤlle? Man darf auch hierinn ſich auf ein allgemeines Gefuͤhl und Ur- theil berufen. Eine weibliche Erſcheinung jener Art, wie ſie die moderne Erziehung haͤufiger aufweiſt, kann zwar glaͤnzen, eine Weile auch ergoͤtzen, aber keine rei- ne Freude gewaͤhren, indeß eine Frau, die als Gattin, Mutter und Familienhaupt ihre Stelle ausfuͤllt, in je- dem Falle ehrwuͤrdig iſt.
Der Vorwurf alſo: „daß die aufgeſtellte Anſicht von dem Berufe des Weibes kleinlich und gemein ſey;“ wird nach der hier gegebnen Erklaͤrung wohl nicht weiter ſtatt finden koͤnnen, und wir duͤrfen des- halb auch auf dieſen weiblichen Beruf die Ermahnung: wer ein Amt hat, der warte ſeines Amtes! um ſo ernſt- licher und um ſo mehr anwenden, da die Erfuͤllung dieſer Berufspflichten die Frau an vielſeitiger Geiſtes- bildung eben ſo wenig hindert, als der Mann durch
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Vierter Abſchnitt.
und wird am Ende durch unertraͤgliche Unordnung,
Unreinlichkeit und Liederlichkeit in der Haushaltung
eben ſo aus dem Hauſe vertrieben als jener durch
Mangel an ertraͤglicher Unterhaltung; ſo daß ſich in
Abſicht auf den Mann die Geiſtloſigkeit und der
Geiſtesuͤberfluß der Frau in einem und demſelben Re-
ſultate endigen.
So weſentlich iſt ſelbſt der letzte Punkt in der
oben aufgeſtellten Anſicht uͤber den eigentlichen Beruf
des Weibes, daß ſie das Haus beſorge. Wie wollte
man doch veraͤchtlich finden, daß die Frau auch dieſen
Theil ihres Berufes mit Treue erfuͤlle? Man darf
auch hierinn ſich auf ein allgemeines Gefuͤhl und Ur-
theil berufen. Eine weibliche Erſcheinung jener Art,
wie ſie die moderne Erziehung haͤufiger aufweiſt, kann
zwar glaͤnzen, eine Weile auch ergoͤtzen, aber keine rei-
ne Freude gewaͤhren, indeß eine Frau, die als Gattin,
Mutter und Familienhaupt ihre Stelle ausfuͤllt, in je-
dem Falle ehrwuͤrdig iſt.
Der Vorwurf alſo: „daß die aufgeſtellte Anſicht
von dem Berufe des Weibes kleinlich und gemein
ſey;“ wird nach der hier gegebnen Erklaͤrung wohl
nicht weiter ſtatt finden koͤnnen, und wir duͤrfen des-
halb auch auf dieſen weiblichen Beruf die Ermahnung:
wer ein Amt hat, der warte ſeines Amtes! um ſo ernſt-
licher und um ſo mehr anwenden, da die Erfuͤllung
dieſer Berufspflichten die Frau an vielſeitiger Geiſtes-
bildung eben ſo wenig hindert, als der Mann durch
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/362>, abgerufen am 18.02.2025.
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