Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite
Auf dem Oelberge.


Der Winter, ein schlimmer Gast, sitzt bei mir zu
Hause; blau sind meine Hände von seiner Freundschaft
Händedruck.

Ich ehre ihn, diesen schlimmen Gast, aber lasse
gerne ihn allein sitzen. Gerne laufe ich ihm davon;
und, läuft man gut, so entläuft man ihm!

Mit warmen Füssen und warmen Gedanken laufe
ich dorthin, wo der Wind stille steht, -- zum Sonnen-
Winkel meines Oelbergs.

Da lache ich meines gestrengen Gastes und bin
ihm noch gut, dass er zu Hause mir die Fliegen weg¬
fängt und vielen kleinen Lärm stille macht.

Er leidet es nämlich nicht, wenn eine Mücke
singen will, oder gar zwei; noch die Gasse macht er
einsam, dass der Mondschein drin Nachts sich fürchtet.

Ein harter Gast ist er, -- aber ich ehre ihn, und
nicht bete ich, gleich den Zärtlingen, zum dick¬
bäuchichten Feuer-Götzen.

Lieber noch ein Wenig zähneklappern als Götzen
anbeten! -- so will's meine Art. Und sonderlich bin
ich allen brünstigen dampfenden dumpfigen Feuer-
Götzen gram.

Auf dem Oelberge.


Der Winter, ein schlimmer Gast, sitzt bei mir zu
Hause; blau sind meine Hände von seiner Freundschaft
Händedruck.

Ich ehre ihn, diesen schlimmen Gast, aber lasse
gerne ihn allein sitzen. Gerne laufe ich ihm davon;
und, läuft man gut, so entläuft man ihm!

Mit warmen Füssen und warmen Gedanken laufe
ich dorthin, wo der Wind stille steht, — zum Sonnen-
Winkel meines Oelbergs.

Da lache ich meines gestrengen Gastes und bin
ihm noch gut, dass er zu Hause mir die Fliegen weg¬
fängt und vielen kleinen Lärm stille macht.

Er leidet es nämlich nicht, wenn eine Mücke
singen will, oder gar zwei; noch die Gasse macht er
einsam, dass der Mondschein drin Nachts sich fürchtet.

Ein harter Gast ist er, — aber ich ehre ihn, und
nicht bete ich, gleich den Zärtlingen, zum dick¬
bäuchichten Feuer-Götzen.

Lieber noch ein Wenig zähneklappern als Götzen
anbeten! — so will's meine Art. Und sonderlich bin
ich allen brünstigen dampfenden dumpfigen Feuer-
Götzen gram.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0041" n="31"/>
      <div n="1">
        <head>Auf dem Oelberge.<lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Der Winter, ein schlimmer Gast, sitzt bei mir zu<lb/>
Hause; blau sind meine Hände von seiner Freundschaft<lb/>
Händedruck.</p><lb/>
        <p>Ich ehre ihn, diesen schlimmen Gast, aber lasse<lb/>
gerne ihn allein sitzen. Gerne laufe ich ihm davon;<lb/>
und, läuft man <hi rendition="#g">gut</hi>, so entläuft man ihm!</p><lb/>
        <p>Mit warmen Füssen und warmen Gedanken laufe<lb/>
ich dorthin, wo der Wind stille steht, &#x2014; zum Sonnen-<lb/>
Winkel meines Oelbergs.</p><lb/>
        <p>Da lache ich meines gestrengen Gastes und bin<lb/>
ihm noch gut, dass er zu Hause mir die Fliegen weg¬<lb/>
fängt und vielen kleinen Lärm stille macht.</p><lb/>
        <p>Er leidet es nämlich nicht, wenn eine Mücke<lb/>
singen will, oder gar zwei; noch die Gasse macht er<lb/>
einsam, dass der Mondschein drin Nachts sich fürchtet.</p><lb/>
        <p>Ein harter Gast ist er, &#x2014; aber ich ehre ihn, und<lb/>
nicht bete ich, gleich den Zärtlingen, zum dick¬<lb/>
bäuchichten Feuer-Götzen.</p><lb/>
        <p>Lieber noch ein Wenig zähneklappern als Götzen<lb/>
anbeten! &#x2014; so will's meine Art. Und sonderlich bin<lb/>
ich allen brünstigen dampfenden dumpfigen Feuer-<lb/>
Götzen gram.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0041] Auf dem Oelberge. Der Winter, ein schlimmer Gast, sitzt bei mir zu Hause; blau sind meine Hände von seiner Freundschaft Händedruck. Ich ehre ihn, diesen schlimmen Gast, aber lasse gerne ihn allein sitzen. Gerne laufe ich ihm davon; und, läuft man gut, so entläuft man ihm! Mit warmen Füssen und warmen Gedanken laufe ich dorthin, wo der Wind stille steht, — zum Sonnen- Winkel meines Oelbergs. Da lache ich meines gestrengen Gastes und bin ihm noch gut, dass er zu Hause mir die Fliegen weg¬ fängt und vielen kleinen Lärm stille macht. Er leidet es nämlich nicht, wenn eine Mücke singen will, oder gar zwei; noch die Gasse macht er einsam, dass der Mondschein drin Nachts sich fürchtet. Ein harter Gast ist er, — aber ich ehre ihn, und nicht bete ich, gleich den Zärtlingen, zum dick¬ bäuchichten Feuer-Götzen. Lieber noch ein Wenig zähneklappern als Götzen anbeten! — so will's meine Art. Und sonderlich bin ich allen brünstigen dampfenden dumpfigen Feuer- Götzen gram.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/41
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/41>, abgerufen am 23.11.2024.