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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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Wo alles Werden mich Götter-Tanz und Götter-
Muthwillen dünkte, und die Welt los und ausgelassen
und zu sich selber zurückfliehend: --

-- als ein ewiges Sich-fliehn und -Wiedersuchen
vieler Götter, als das selige Sich-Widersprechen, Sich-
Wieder-hören, Sich-Wieder-Zugehören vieler Götter: --

Wo alle Zeit mich ein seliger Hohn auf Augen¬
blicke dünkte, wo die Notwendigkeit die Freiheit
selber war, die selig mit dem Stachel der Freiheit
spielte: --

Wo ich auch meinen alten Teufel und Erzfeind
wiederfand, den Geist der Schwere und Alles, was er
schuf: Zwang, Satzung, Noth und Folge und Zweck
und Wille und Gut und Böse: --

Denn muss nicht dasein, über das getanzt, hinweg¬
getanzt werde? Müssen nicht um der Leichten,
Leichtesten willen -- Maulwürfe und schwere Zwerge
dasein? -- --


3.

Dort war's auch, wo ich das Wort "Übermensch"
vom Wege auflas, und dass der Mensch Etwas sei,
das überwunden werden müsse,

-- dass der Mensch eine Brücke sei und kein
Zweck: sich selig preisend ob seines Mittags und
Abends, als Weg zu neuen Morgenröthen:

-- das Zarathustra-Wort vom grossen Mittage,
und was sonst ich über den Menschen aufhängte,
gleich purpurnen zweiten Abendröthen.

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Wo alles Werden mich Götter-Tanz und Götter-
Muthwillen dünkte, und die Welt los und ausgelassen
und zu sich selber zurückfliehend: —

— als ein ewiges Sich-fliehn und -Wiedersuchen
vieler Götter, als das selige Sich-Widersprechen, Sich-
Wieder-hören, Sich-Wieder-Zugehören vieler Götter: —

Wo alle Zeit mich ein seliger Hohn auf Augen¬
blicke dünkte, wo die Notwendigkeit die Freiheit
selber war, die selig mit dem Stachel der Freiheit
spielte: —

Wo ich auch meinen alten Teufel und Erzfeind
wiederfand, den Geist der Schwere und Alles, was er
schuf: Zwang, Satzung, Noth und Folge und Zweck
und Wille und Gut und Böse: —

Denn muss nicht dasein, über das getanzt, hinweg¬
getanzt werde? Müssen nicht um der Leichten,
Leichtesten willen — Maulwürfe und schwere Zwerge
dasein? — —


3.

Dort war's auch, wo ich das Wort „Übermensch“
vom Wege auflas, und dass der Mensch Etwas sei,
das überwunden werden müsse,

— dass der Mensch eine Brücke sei und kein
Zweck: sich selig preisend ob seines Mittags und
Abends, als Weg zu neuen Morgenröthen:

— das Zarathustra-Wort vom grossen Mittage,
und was sonst ich über den Menschen aufhängte,
gleich purpurnen zweiten Abendröthen.

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[67/0077] Wo alles Werden mich Götter-Tanz und Götter- Muthwillen dünkte, und die Welt los und ausgelassen und zu sich selber zurückfliehend: — — als ein ewiges Sich-fliehn und -Wiedersuchen vieler Götter, als das selige Sich-Widersprechen, Sich- Wieder-hören, Sich-Wieder-Zugehören vieler Götter: — Wo alle Zeit mich ein seliger Hohn auf Augen¬ blicke dünkte, wo die Notwendigkeit die Freiheit selber war, die selig mit dem Stachel der Freiheit spielte: — Wo ich auch meinen alten Teufel und Erzfeind wiederfand, den Geist der Schwere und Alles, was er schuf: Zwang, Satzung, Noth und Folge und Zweck und Wille und Gut und Böse: — Denn muss nicht dasein, über das getanzt, hinweg¬ getanzt werde? Müssen nicht um der Leichten, Leichtesten willen — Maulwürfe und schwere Zwerge dasein? — — 3. Dort war's auch, wo ich das Wort „Übermensch“ vom Wege auflas, und dass der Mensch Etwas sei, das überwunden werden müsse, — dass der Mensch eine Brücke sei und kein Zweck: sich selig preisend ob seines Mittags und Abends, als Weg zu neuen Morgenröthen: — das Zarathustra-Wort vom grossen Mittage, und was sonst ich über den Menschen aufhängte, gleich purpurnen zweiten Abendröthen. 5*

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/77>, abgerufen am 21.11.2024.