Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.sich zu verkleiden und schön zu thun. Inmitten aber Diess Alles schaute Zarathustra mit grosser Ver¬ Ihr Verzweifelnden! Ihr Wunderlichen! Ich hörte -- in meiner eignen Höhle sitzt er, der höhere Doch dünkt mir, ihr taugt euch schlecht zur Ge¬ -- Einer, der euch wieder lachen macht, ein guter Vergebt mir doch, ihr Verzweifelnden, dass ich vor sich zu verkleiden und schön zu thun. Inmitten aber Diess Alles schaute Zarathustra mit grosser Ver¬ Ihr Verzweifelnden! Ihr Wunderlichen! Ich hörte — in meiner eignen Höhle sitzt er, der höhere Doch dünkt mir, ihr taugt euch schlecht zur Ge¬ — Einer, der euch wieder lachen macht, ein guter Vergebt mir doch, ihr Verzweifelnden, dass ich vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="66"/> sich zu verkleiden und schön zu thun. Inmitten aber<lb/> dieser betrübten Gesellschaft stand der Adler Zarathu¬<lb/> stra's gesträubt und unruhig, denn er sollte auf zu<lb/> Vieles antworten, wofür sein Stolz keine Antwort hatte;<lb/> die kluge Schlange aber hieng um seinen Hals.</p><lb/> <p>Diess Alles schaute Zarathustra mit grosser Ver¬<lb/> wunderung; dann aber prüfte er jeden Einzelnen seiner<lb/> Gäste mit leutseliger Neugierde, las ihre Seelen ab und<lb/> wunderte sich von Neuem. Inzwischen hatten sich die<lb/> Versammelten von ihren Sitzen erhoben und warteten<lb/> mit Ehrfurcht, dass Zarathustra reden werde. Zarathustra<lb/> aber sprach also:</p><lb/> <p>Ihr Verzweifelnden! Ihr Wunderlichen! Ich hörte<lb/> also <hi rendition="#g">euren</hi> Nothschrei? Und nun weiss ich auch, wo<lb/> Der zu suchen ist, den ich umsonst heute suchte: <hi rendition="#g">der<lb/> höhere Mensch</hi> —:</p><lb/> <p>— in meiner eignen Höhle sitzt er, der höhere<lb/> Mensch! Aber was wundere ich mich! Habe ich ihn<lb/> nicht selber zu mir gelockt, durch Honig-Opfer und<lb/> listige Lockrufe meines Glücks?</p><lb/> <p>Doch dünkt mir, ihr taugt euch schlecht zur Ge¬<lb/> sellschaft, ihr macht einander das Herz unwirsch, ihr<lb/> Nothschreienden, wenn ihr hier beisammen sitzt? Es<lb/> muss erst Einer kommen,</p><lb/> <p>— Einer, der euch wieder lachen macht, ein guter<lb/> fröhlicher Hanswurst, ein Tänzer und Wind und Wild¬<lb/> fang, irgend ein alter Narr: — was dünket euch?</p><lb/> <p>Vergebt mir doch, ihr Verzweifelnden, dass ich vor<lb/> euch mit solch kleinen Worten rede, unwürdig, wahr¬<lb/> lich! solcher Gäste! Aber ihr errathet nicht, <hi rendition="#g">was</hi> mein<lb/> Herz muthwillig macht: —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [66/0073]
sich zu verkleiden und schön zu thun. Inmitten aber
dieser betrübten Gesellschaft stand der Adler Zarathu¬
stra's gesträubt und unruhig, denn er sollte auf zu
Vieles antworten, wofür sein Stolz keine Antwort hatte;
die kluge Schlange aber hieng um seinen Hals.
Diess Alles schaute Zarathustra mit grosser Ver¬
wunderung; dann aber prüfte er jeden Einzelnen seiner
Gäste mit leutseliger Neugierde, las ihre Seelen ab und
wunderte sich von Neuem. Inzwischen hatten sich die
Versammelten von ihren Sitzen erhoben und warteten
mit Ehrfurcht, dass Zarathustra reden werde. Zarathustra
aber sprach also:
Ihr Verzweifelnden! Ihr Wunderlichen! Ich hörte
also euren Nothschrei? Und nun weiss ich auch, wo
Der zu suchen ist, den ich umsonst heute suchte: der
höhere Mensch —:
— in meiner eignen Höhle sitzt er, der höhere
Mensch! Aber was wundere ich mich! Habe ich ihn
nicht selber zu mir gelockt, durch Honig-Opfer und
listige Lockrufe meines Glücks?
Doch dünkt mir, ihr taugt euch schlecht zur Ge¬
sellschaft, ihr macht einander das Herz unwirsch, ihr
Nothschreienden, wenn ihr hier beisammen sitzt? Es
muss erst Einer kommen,
— Einer, der euch wieder lachen macht, ein guter
fröhlicher Hanswurst, ein Tänzer und Wind und Wild¬
fang, irgend ein alter Narr: — was dünket euch?
Vergebt mir doch, ihr Verzweifelnden, dass ich vor
euch mit solch kleinen Worten rede, unwürdig, wahr¬
lich! solcher Gäste! Aber ihr errathet nicht, was mein
Herz muthwillig macht: —
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/73>, abgerufen am 16.02.2025. |