Allgemeine Zeitung, Nr. 6, vom 7. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 6. Montag, den 7. Januar 1924. Münchener Stadtzeitung. Der Generalstellenplan. (Ein Besuch im städtischen Personalreferat.) Ein Presserundgang im städtischen Personal- Als mit der wachsenden finanziellen Not das Die festgelegten Stellenpläne sind durch ein Für jede Stelle, gleichviel ob leitender oder aus- Die Personalstatistik erstreckt sich auf Festhal- In praktischer Auswirkung dieser Statistiken Der Prüfungsstelle obliegt auch Beratung des Die ganze Einrichtung zeigte sich in muster- Von hohem Interesse waren graphische Darstel- Winterhilfe der evang.-luther. Kirche des N.L.C. (Nation. Luth. Concils) in Amerika. (Nation Luth. Conrils) in Amerika. Das luth. National Concil in Nordamerika hat Weihnachtsabend der Münchener Berufs-Jour- nalisten. Die Vereinigung hielt im kleinen Wag- Schlußfeier des "13. Deutschen Turnfestes". Samstag abend fand die Verteilung der Ehren- Beschlagnahmte Schieberwaren. Die Anzeigen, die bei der bayer. Landes- Brenntorfspenden für die notleidende Bevölke- rung Münchens. Einzelne Torfgroßerzeuger Tollwutschutzbehandlung: Laut Entschließung Kleine Zeitung. Verlobte: Sina Müller--Martin Stemberger; Vermählte: Dr. jur. Ludwig Doeberl und Frau Gestorben: Luise Lehmann geb. Schäfer (62 J.); Kritische Tage oder wie werde ich Hypochonder. Ein Wiener Arzt hat nachgewiesen, daß sich beim [irrelevantes Material] Der Meister des jüngsten Tages. 6 Aber Dina hat ihre Fassung rasch wieder ge- "Die Zeitung? -- Ich glaube, ich habe sie Neben mir steht Dinas Bruder und zischt mir, "Haben Sie die Absicht, Ihre Experimente Was soll das? Was will er damit sagen? Ich habe eine Unvorsichtigkeit begangen in Was soll es denn anderes gewesen sein? 4. Eugen Bischoff geht auf und nieder, irgend "Eine sonderbare Sache, Baron," sagt er. "Es "So erzählen Sie doch endlich, Bischoff!" unter- "Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen werde be- "Wozu die lange Einleitung, Eugen, fang' doch "Gut, hören Sie mich an und denken Sie sich Er hatte einen jüngeren Bruder hier in der "Solche Fälle ereignen sich weit häufiger, als "Ja. Davon war auch damals die Rede, aber Der Offizier hatte seinen festen Plan, den er Er führte dieses Leben, das eigentlich das Eine Viertelstunde später kam die Köchin mit Allgemeine Zeitung. Nr. 6. Montag, den 7. Januar 1924. Münchener Stadtzeitung. Der Generalſtellenplan. (Ein Beſuch im ſtädtiſchen Perſonalreferat.) Ein Preſſerundgang im ſtädtiſchen Perſonal- Als mit der wachſenden finanziellen Not das Die feſtgelegten Stellenpläne ſind durch ein Für jede Stelle, gleichviel ob leitender oder aus- Die Perſonalſtatiſtik erſtreckt ſich auf Feſthal- In praktiſcher Auswirkung dieſer Statiſtiken Der Prüfungsſtelle obliegt auch Beratung des Die ganze Einrichtung zeigte ſich in muſter- Von hohem Intereſſe waren graphiſche Darſtel- Winterhilfe der evang.-luther. Kirche des N.L.C. (Nation. Luth. Concils) in Amerika. (Nation Luth. Conrils) in Amerika. Das luth. National Concil in Nordamerika hat Weihnachtsabend der Münchener Berufs-Jour- naliſten. Die Vereinigung hielt im kleinen Wag- Schlußfeier des „13. Deutſchen Turnfeſtes“. Samstag abend fand die Verteilung der Ehren- Beſchlagnahmte Schieberwaren. Die Anzeigen, die bei der bayer. Landes- Brenntorfſpenden für die notleidende Bevölke- rung Münchens. Einzelne Torfgroßerzeuger Tollwutſchutzbehandlung: Laut Entſchließung Kleine Zeitung. Verlobte: Sina Müller—Martin Stemberger; Vermählte: Dr. jur. Ludwig Doeberl und Frau Geſtorben: Luiſe Lehmann geb. Schäfer (62 J.); Kritiſche Tage oder wie werde ich Hypochonder. Ein Wiener Arzt hat nachgewieſen, daß ſich beim [irrelevantes Material] Der Meiſter des jüngſten Tages. 6 Aber Dina hat ihre Faſſung raſch wieder ge- „Die Zeitung? — Ich glaube, ich habe ſie Neben mir ſteht Dinas Bruder und ziſcht mir, „Haben Sie die Abſicht, Ihre Experimente Was ſoll das? Was will er damit ſagen? Ich habe eine Unvorſichtigkeit begangen in Was ſoll es denn anderes geweſen ſein? 4. Eugen Biſchoff geht auf und nieder, irgend „Eine ſonderbare Sache, Baron,“ ſagt er. „Es „So erzählen Sie doch endlich, Biſchoff!“ unter- „Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen werde be- „Wozu die lange Einleitung, Eugen, fang’ doch „Gut, hören Sie mich an und denken Sie ſich Er hatte einen jüngeren Bruder hier in der „Solche Fälle ereignen ſich weit häufiger, als „Ja. Davon war auch damals die Rede, aber Der Offizier hatte ſeinen feſten Plan, den er Er führte dieſes Leben, das eigentlich das Eine Viertelſtunde ſpäter kam die Köchin mit <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung.</hi> Nr. 6. Montag, den 7. Januar 1924.</fw><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Stadtzeitung.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Generalſtellenplan.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">(Ein Beſuch im ſtädtiſchen Perſonalreferat.)</hi> </p> </argument><lb/> <p>Ein Preſſerundgang im ſtädtiſchen Perſonal-<lb/> referat, das 1919 als zentraliſierte Einrichtung<lb/> die bis dahin dezentraliſierte Perſonalpolitik der<lb/> Stadtratsdirektorien, Referate und Aemter ab-<lb/> löſte und auf eine einheitliche Grundlage ſtellte,<lb/> gab Gelegenheit, ein Syſtem kennen zu lernen,<lb/> das bis jetzt in den kommunalen und ſtaatlichen<lb/> Verwaltungen außerhalb Münchens unbekannt<lb/> iſt, das aber höchſte Bewunderung und allſeitige<lb/> Nachahmung in großen und größten Betrieben<lb/> verdient.</p><lb/> <p>Als mit der wachſenden finanziellen Not das<lb/> geſamte Stellenweſen — es handelt ſich um etwa<lb/> 8000 Köpfe — nebſt den kleineren Organiſations-<lb/> fragen dem Perſonalreferat übertragen werden<lb/> mußte, wurde alsbald eine Prüfungsſtelle errich-<lb/> tet, die ſich mit der Einwertung der Stellen, der<lb/> Ueberwachung der beſchlußmäßig feſtgelegten<lb/> Stellenpläne und der laufenden Prüfung der<lb/> genehmigten Stellen und Ueberplanverwendungen<lb/> zu befaſſen hat. Schon das Vorhandenſein dieſer<lb/> Prüfungsſtelle übt eine nicht zu unterſchätzende<lb/> vorbeugende Wirkung dahin aus, daß viele Per-<lb/> ſonalvermehrungsanträge überhaupt nicht oder<lb/> nur mit ausreichender Begründung geſtellt wer-<lb/> den. Die Prüfungsſtelle beſchränkt nach eingehen-<lb/> der Erhebung beim Amte ſelbſt die geſtellten<lb/> Anträge auf das unbedingt Notwendigſte. Sie<lb/> hat ſich das erforderliche Material zur ſachgemäßen<lb/> Prüfung beſchafft durch die Einrichtung des <hi rendition="#g">Ge-<lb/> neralſtellenplanes,</hi> einer Stellenkartei<lb/> und einer <hi rendition="#g">Statiſtik.</hi></p><lb/> <p>Die feſtgelegten Stellenpläne ſind durch ein<lb/> eigenes Verfahren beweglich geſtaltet, das mit<lb/> Farbenſyſtemen die beſchlußmüßig genehmigten<lb/> Stellen und die darauf jeweils Dienſt leiſtenden<lb/> Beamten in anſchaulicher Weiſe unter Berück-<lb/> ſichtigung der Zugehörigkeit zu den einzelnen<lb/> Beſchäftigungs- und Beſoldungsgruppen zuein-<lb/> ander in Verbindung bringt. Durch die graphiſche<lb/> Darſtellung kann ſofort erblickt werden, ob jeder<lb/> Beamte ſeinem Rang und ſeinem Gehalte ſowie<lb/> ſeiner Beſchäftigungsgruppe nach in Verbindung<lb/> zu einer Stelle gebracht iſt, welches Perſonal<lb/> überflüſſig wird, welche Stellen vorübergehend<lb/> unbeſetzt bleiben oder zum Einzug gebracht wer-<lb/> den können uſw. Der Generalſtellenplan wirkt<lb/> ſich ſomit in lebendiger Form als Prüfmittel ſo-<lb/> wohl für die eigene Geſchäftsführung des Referats<lb/> als für die Dienſtſtellen aus.</p><lb/> <p>Für jede Stelle, gleichviel ob leitender oder aus-<lb/> führender Art, iſt der einzelne Aufgabenkreis feſt<lb/> umriſſen und in einer Stellenkartei verankert.<lb/> Damit wird erreicht, daß eine Dienſtſtelle nicht<lb/> nach Gutdünken vom einſeitigen Standpunkt aus<lb/> Perſonal anfordern kann, ohne daß nicht neue<lb/> Aufgaben hinzugekommen wären, ferner, daß nicht<lb/> Beamte mit einem weniger ſelbſtändigen Wir-<lb/> kungskreiſe nach höheren Beſoldungsgruppen Ge-<lb/> hälter beziehen und nicht zuletzt, daß das Per-<lb/> ſonalreferat in der Lage iſt, die Beamten nach<lb/> ihrer Leiſtungsfähigkeit mit den einzelnen Ar-<lb/> beitsgebieten zu betrauen. Auch der Abgleich der<lb/> einzelnen Stellen zueinander wird durch die Stel-<lb/> lenkartei ermöglicht.</p><lb/> <p>Die Perſonalſtatiſtik erſtreckt ſich auf Feſthal-<lb/> tung der Perſonalbewegung, die Dienſtabweſen-<lb/> heiten (Urlaube, Erkrankungen uſw.), die Beſol-<lb/> dung, auf das Alter der Beamten ſowie auf die<lb/> Ruheſtandsverſetzungen. Die Stellenſtatiſtik um-<lb/> faßt die geſamte Stellenbewegung.</p><lb/> <p>In praktiſcher Auswirkung dieſer Statiſtiken<lb/> wurden die Ergebniſſe auch in graphiſcher Dar-<lb/> ſtellung verwertet. Das Referat gibt allmonatlich<lb/> über die ſtatiſtiſchen Reſultate einen Bericht<lb/> heraus.</p><lb/> <p>Der Prüfungsſtelle obliegt auch Beratung des<lb/> Stadtrates bei der Neuorganiſation der Aemter<lb/> hinſichtlich der Einwertung der Stellen, um die<lb/><cb/> gleichheitliche Behandlung in ſämtlichen Aemtern<lb/> des Stadtrates zu gewährleiſten.</p><lb/> <p>Die ganze Einrichtung zeigte ſich in muſter-<lb/> gültiger Funktion. Sie iſt von größter finanziel-<lb/> ler Bedeutung, da ſie den Leerlauf in der Ver-<lb/> waltung und in den Betrieben aufs genaueſte<lb/> zu kontrollieren geſtattet, die zweckmäßigſte Ver-<lb/> wendung des Perſonals und damit die Einſparung<lb/> von Arbeitskräften ermöglicht. Die Beſetzung des<lb/> Referats, das ſeit ſeiner Errichtung infolge der<lb/> neuen Beſoldung, des Angeſtelltenabbaues, der<lb/> Neuregelung des Dienſtwohnungsweſens, der<lb/> Sondervergütungen u. a. m. eine große Arbeit<lb/> zu leiſten hatte, mit 28 Beamten erſcheint nicht<lb/> zu hoch, wenn man ſich die Vorteile der intenſiven<lb/> Behandlung des Stellenweſens vor Augen hält.</p><lb/> <p>Von hohem Intereſſe waren graphiſche Darſtel-<lb/> lungen, die, für jeden Geſchäftszweig nach Ge-<lb/> ſchlechtern getrennt, Ausdehnung und Art der<lb/> Abweſenheit vom Dienſt — Urlaub, Krankheit u.<lb/> dgl. — zeigen. Das Wohnungsamt marſchiert mit<lb/> ſeiner Abweſenheitsziffer an der Spitze; bei der<lb/> Straßenbahn ſind die Verhältniſſe normal. Die<lb/> weiblichen Erkrankungsziffern ſind höher. Be-<lb/> merkt werden darf, daß der Beamtenkörper der<lb/> Stadt zurzeit nur noch rund 600 beträgt ein-<lb/> ſchließlich der Lehrerinnen, davon ſind 87 ver-<lb/> heiratet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Winterhilfe der evang.-luther. Kirche des<lb/><hi rendition="#aq">N.L.C. (Nation. Luth. Concils)</hi> in<lb/> Amerika.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">(Nation Luth. Conrils) in Amerika.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Das luth. National Concil in Nordamerika hat<lb/> eine großzügige Hilfsaktion zur Unterſtützung<lb/> der lutheriſchen Kirchen in Deutſchland unter<lb/> Leitung des Profeſſors D. Morehoad und des<lb/> Hilfsausſchuſſes in Leipzig in die Wege geleitet.<lb/> In jeder Landeskirche hat ſich ein Ausſchuß unter<lb/> dem Vorſitz eines Vertreters der Kirchenleitung<lb/> als Vertrauensmann gebildet (in <hi rendition="#g">Bayern<lb/> Vizepräſident D. Gebhard</hi>), der die<lb/> überwieſenen Mittel zur Verteilung bringen ſoll.<lb/> Der Unterſtützungsplan erſtreckt ſich auf die Nöte<lb/> der Geſamtkirche, der Einzelgemeinden, der Un-<lb/> ternehmungen der Inneren Miſſion, der Bevöl-<lb/> kerung. Um die Weihnachtszeit wurden 89 An-<lb/> ſtalten mit namhaften Geldmitteln unterſtützt.<lb/> 681 der bedürftigſten Einzelperſonen erhielten<lb/> eine Geldgabe. 365 Lebensmittelpakete à zehn<lb/> Dollar kommen noch zur Verteilung. Eine große<lb/> Anzahl von Studenten erhielt eine Beihilfe. In<lb/> der nächſten Zeit ſollen die von evangeliſcher<lb/> Seite eingerichteten Volksſpeiſungen in Nürnberg<lb/> an 15 Stellen und in München an 7 Stellen mit<lb/> Lebensmitteln verſehen werden; es iſt hiefür ein<lb/> Lagerhaus in Hamburg gemietet. Auch eine<lb/> Kleiderhilfe iſt vorgeſehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Weihnachtsabend der Münchener Berufs-Jour-<lb/> naliſten.</hi> </head><lb/> <p>Die Vereinigung hielt im kleinen Wag-<lb/> nerſaale ihre diesjährige <hi rendition="#g">Weihnachtsfeier</hi><lb/> ab, die ſich in ihrer ſchlichten gemütvollen Art<lb/> würdig ihren Vorgängern anreihte. Die An-<lb/> weſenheit zahlreicher <hi rendition="#g">Gäſte,</hi> beſonders einiger<lb/> Vertreter der Verlage, geſtaltete den Abend zu<lb/> einem wirklichen <hi rendition="#g">Familienfeſte</hi> aller derer,<lb/> die am großen Bau der öffentlichen Meinung<lb/> gemeinſam arbeiten. Der Feier angepaßte An-<lb/> ſprachen, von denen die Begrüßungsrede des Vor-<lb/> ſitzenden <hi rendition="#g">Kunkel</hi> erwähnt ſei, wechſelten mit<lb/> reizvollen und künſtleriſchen Darbietungen aller<lb/> Art, unter denen wir, ohne die übrigen zurück-<lb/> zuſetzen, das reizende <hi rendition="#g">Weihnachtsſpiel</hi> von<lb/> Wilhelm <hi rendition="#g">Herbert</hi> und die Gedichtvorträge von<lb/> Cajetan <hi rendition="#g">Freund jun.,</hi> einem Sohne des ver-<lb/> dienten Landesvorſitzenden der bayeriſchen Preſſe,<lb/> herausgreifen möchten. Auch der Humor kam<lb/> reichlich zu ſeinem Rechte. Den Höhepunkt des<lb/> Abends aber bildete die <hi rendition="#g">gegenſeitige Be-<lb/> ſchenkung</hi> mit praktiſchen Dingen aller Art.<lb/> Alles in allem ein ſchönes Feſt!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Schlußfeier des „13. Deutſchen Turnfeſtes“.</hi> </head><lb/> <p>Samstag abend fand die Verteilung der Ehren-<lb/> briefe für beſondere turneriſche und ſportliche<lb/> Leiſtungen ſtatt. Die geſamte Turn- und Sport-<lb/> welt Münchens beteiligte ſich an der Feier.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Beſchlagnahmte Schieberwaren.</hi> </head><lb/> <p>Die Anzeigen, die bei der bayer. Landes-<lb/> wucherabwehrſtelle wegen Preistreiberei, Zurück-<lb/> haltung, unerlaubten Handels uſw. einlaufen,<lb/> haben auch nach der Stabiliſierung der Mark und<lb/> den inzwiſchen eingetretenen Preisſenkungen an<lb/> Zahl kaum abgenommen. In der letzten Zeit<lb/> wurden u. a. von der genannten Stelle beſchlag-<lb/> nahmt: einem Pferdehändler in Frankfurt a. M.,<lb/> der keine Aufkauferlaubnis für Bayern hatte, 3<lb/><hi rendition="#g">Pferde;</hi> in einer Schuhfabrik in Oberfranken<lb/><hi rendition="#g">4672 Paar Schuhe,</hi> die zum Zweck der Er-<lb/> zielung höherer Preiſe zurückgehalten worden<lb/> waren; außerdem wurde feſtgeſtellt, daß die Fa-<lb/> brik bei Bezahlung in Papiermark den doppelten<lb/> Dollargrundpreis verlangte; bei einer Molkerei-<lb/> genoſſenſchaft in Schwaben wurden <hi rendition="#g">15 Zent-<lb/> ner Käſe</hi> beſchlagnahmt, die ohne Verſandge-<lb/> nehmigung ausgeführt werden ſollten; bei einem<lb/> Ziegeleibeſitzer in der Augsburger Gegend <hi rendition="#g">210<lb/> Zentner Getreide</hi> wegen Vergehens gegen<lb/> die Verordnung über die Handelsbeſchränkungen<lb/> und wegen Zurückhaltung; einem Genoſſen-<lb/> ſchaftslagerhaus in Unterfranken wegen Preis-<lb/> treiberei <hi rendition="#g">233 Zentner Getreide;</hi> einem<lb/> Käſereibeſitzer in Oberfranken wegen unerlaubten<lb/> Verſandes 634 <hi rendition="#g">Pfund Käſe;</hi> einem Arzt in<lb/> Niederbayern, der ſich von den Bauern mit Ge-<lb/> treide bezahlen ließ, wegen unerlaubten Getreide-<lb/> handels <hi rendition="#g">57 Zentner Getreide;</hi> einem<lb/> Händler in Unterfranken, der keine Handelser-<lb/> laubnis beſaß, 5 <hi rendition="#g">Pferde,</hi> die nach Norddeutſch-<lb/> land verſchickt werden ſollten; einem Getreide-<lb/> händler in Unterfranken, der Holz gegen Getreide<lb/> eintauſchte, wegen unerlaubten Handels 41,5<lb/><hi rendition="#g">Ster Brennholz;</hi> einem Kaufmann in der<lb/> Bodenſeegegend wegen Zurückhaltung <hi rendition="#g">34 Zent-<lb/> ner Zucker, 1 Zentner Schweinefett,<lb/> 11 Zentner Kaffee und Kaffeerſatz,<lb/> 18675 Zigarren,</hi> ein großer Poſten <hi rendition="#g">Woll-<lb/> waren,</hi> größere Mengen <hi rendition="#g">Seife, Seifen-<lb/> pulver, Kerzen</hi> und <hi rendition="#g">Zündhölzer;</hi> einem<lb/> Kaufmann in Unterfranken wegen Zurückhaltung<lb/><hi rendition="#g">128 Zentner Getreide;</hi> einem Produkten-<lb/> händler in Unterfranken wegen unerlaubten<lb/> Handelns <hi rendition="#g">274 Pfund Haſen;</hi> einem Oeko-<lb/> nomen und Getreideaufkäufer in Oberbayern we-<lb/> gen unerlaubten Handels <hi rendition="#g">725 Zentner Ge-<lb/> treide;</hi> einem ehemaligen Hotelbeſitzer in Mit-<lb/> telfranken 7½ <hi rendition="#g">Milligramm Blattgold</hi><lb/> im Wert von 420 Mark wegen unerlaubten Han-<lb/> dels mit Edelmetallen. Das Blattgold ſollte nach<lb/> Amerika ohne Ausfuhrgenehmigung ausgeführt<lb/> werden. Eine lange Reihe anderer Fälle iſt bei<lb/> der Landeswucherabwehrſtelle in der letzten Zeit<lb/> anhängig geworden. In allen Fällen iſt Anzeige<lb/> an die Staatsanwaltſchaft erſtattet.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Brenntorfſpenden für die notleidende Bevölke-<lb/> rung Münchens.</hi> </head><lb/> <p>Einzelne Torfgroßerzeuger<lb/> Bayerns, insbeſondere die ſtaatlichen Landes-<lb/> torfwerke ſowie Brauereien, wie die Löwenbraue-<lb/> rei A.-G. und Spatenbräu, haben <hi rendition="#g">beträcht-<lb/> liche Mengen Brenntorf für die not-<lb/> leidende Bevölkerung</hi> der Stadt Mün-<lb/> chen unentgeltlich zur Verfügung geſtellt. Dar-<lb/> über hinaus hat die Löwenbrauerei auch noch für<lb/> andere Zwecke kleinere Mengen Brenntorf ab-<lb/> gegeben und ohne Entgelt zugefahren. — Neuer-<lb/> dings hat auf Veranlaſſung des Staatsminiſteri-<lb/> ums für Landwirtſchaft die techniſche Abteilung<lb/> für Torfwirtſchaft an eine Reihe größerer Torf-<lb/> werke und Erzeugergemeinden einen Aufruf er-<lb/> gehen laſſen, ſie möchten durch unentgeltliche oder<lb/> verbilligte Bereitſtellung von Brenntorf die<lb/> Fortführung der Volksſpeiſungen ermöglichen.<lb/> Als erfreuliches Ergebnis dieſer Aktion kann be-<lb/> richtet werden, daß die Hofbräu-Torfwerke 200<lb/> Zentner, das Torfwert Wild-Weſſen 100 Zentner<lb/><cb/> und das Torfwerk Fußberg 30 Zentner unent-<lb/> geltlich zur Verfügun geſtellt haben. Eine Reihe<lb/> weiterer Werke (Landestorfwerke, Bayerntorf-<lb/> werke A.-G. und das Torfwerk Eilenau) haben<lb/> ſich bereit erklärt, für den genannten Zweck<lb/> mehrere Waggons Brenntorf zu ermäßigten<lb/> Preiſen abzugeben. Die Spenden ſind den öf-<lb/> fentlichen Wohlfahrtseinrichtungen zur Vertei-<lb/> lung überwieſen worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Tollwutſchutzbehandlung:</hi> </head><lb/> <p>Laut Entſchließung<lb/> des Staatsminiſteriums des Innern vom 31. De-<lb/> zember 1923 können Perſonen, die von einem<lb/> tollen oder der Tollwut verdächtigen Tiere ge-<lb/> biſſen worden ſind, auch im ſtädtiſchen Kranken-<lb/> haus München-Schwabing ſtationär behandelt<lb/> werden. Eine Reiſe nach Berlin iſt nicht not-<lb/> wendig.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Kleine Zeitung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Verlobte:</hi> </head><lb/> <p>Sina Müller—Martin Stemberger;<lb/> Anni Obermeier—Charles Mitter; Mary Stigl-<lb/> wagner—Hans Krogoll.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Vermählte:</hi> </head><lb/> <p>Dr. jur. Ludwig Doeberl und Frau<lb/> Käte geb. Eichhorn; Dr. med. Guſtav Eversbuſch<lb/> und Frau Gertr. geb. Heinichen; Robert Eppler<lb/> und Frau Emma geb. Stelzl.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geſtorben:</hi> </head><lb/> <p>Luiſe Lehmann geb. Schäfer (62 J.);<lb/> Oberſtudienrat Joſeph Egewolf.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Kritiſche Tage oder wie werde ich Hypochonder.</hi> </head><lb/> <p>Ein Wiener Arzt hat nachgewieſen, daß ſich beim<lb/> Menſchen „kritiſche Tage“ einſtellen, die mit ma-<lb/> thematiſcher Genauigkeit periodiſch auftreten und<lb/> ſich in mancherlei Störungen der Geſundheit<lb/> äußern. Auch hier gibt es Symptome erſter,<lb/> zweiter und dritter Ordnung, je nachdem ſich die<lb/> Störung im körperlichen Wohlbefinden oder in<lb/> der geiſtigen und ſeeliſchen Spannkraft und Reg-<lb/> ſamkeit äußern. Die menſchliche Lebensmaſchine<lb/> iſt kompliziert. Dennoch konnte man feſtſtellen,<lb/> daß die „kritiſchen Perioden“ bei beiden Geſchlech-<lb/> tern 23 bis 24 Tage oder ein Vielfaches davon<lb/> betragen. Nach einer Anſtrengung oder Aus-<lb/> ſchweifung oder nach Sorgenfällen, die auf eine<lb/> Minderung der Lebensenergie hinweiſen, treten<lb/> geſundheitsſtörende Symptome auf, bis nach 23,<lb/> 46 oder 69 Tagen die Natur wieder den rechten<lb/> Ausgleich gefunden hat. In dieſer Zeit der „kri-<lb/> tiſchen Tage“ iſt der Menſch beſonders leicht<lb/> Krankheiten zugänglich, weil ſich der geſamte<lb/> Organismus weniger widerſtandsfähig erweiſt.<lb/> Die Symptome ſind für den Arzt und Laien er-<lb/> kenntlich: Herzbeſchwerden, Blutungen, Schwin-<lb/> delanfälle, Müdigkeit, Nervenſchmerzen, Reiz-<lb/> barkeit, Kopfſchmerzen, Verdauungsſtörungen,<lb/> ſelbſt Lebensunluſt treten auf. In ſolchen „kri-<lb/> tiſchen Zeiten“ kann weniger ärztliche Kunſt, als<lb/> ſelbſtändige Beobachtung helfen. Darum iſt es<lb/> notwendig, daß jeder an ſich Beobachtungen an-<lb/> ſtellt über die Periodenlehre und aus eigenem<lb/> Empfinden heraus zu Gegnmaßregeln greift</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Meiſter des jüngſten Tages.</hi> </head><lb/> <argument> <p>6<lb/><hi rendition="#b">Roman</hi></p> </argument><lb/> <byline> <hi rendition="#b">von <hi rendition="#g">Leo Perutz.</hi></hi> </byline><lb/> <p>Aber Dina hat ihre Faſſung raſch wieder ge-<lb/> funden, und ſie ſagt leichthin, in einem Tone, als<lb/> ſprache ſie von etwas ganz Belangloſem:</p><lb/> <p>„Die Zeitung? — Ich glaube, ich habe ſie<lb/> irgendwo unten im Garten liegen geſehen. Ich<lb/> will ſie ſchon wieder finden. Aber du haſt eben<lb/> von etwas ſo Intereſſantem zu ſprechen be-<lb/> gonnen, Eugen, erzähl’ doch weiter.“</p><lb/> <p>Neben mir ſteht Dinas Bruder und ziſcht mir,<lb/> hinter unbeweglichen Lippen hervor, ganz leiſe zu:</p><lb/> <p>„Haben Sie die Abſicht, Ihre Experimente<lb/> fortzuſetzen?“</p><lb/> <p>Was ſoll das? Was will er damit ſagen?</p><lb/> <p>Ich habe eine Unvorſichtigkeit begangen in<lb/> einem Augenblick der Gedankenloſigkeit, weiter<lb/> nichts.</p><lb/> <p>Was ſoll es denn anderes geweſen ſein?</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">4.</hi> </p><lb/> <p>Eugen Biſchoff geht auf und nieder, irgend<lb/> etwas beſchäftigt ihn, er ſcheint ſich einen Ge-<lb/> danken in Worten zurechtzulegen. Plötzlich bleibt<lb/> er vor mir ſtehen und ſieht mich an. Sieht mir<lb/> gerade ins Geſicht, prüfend, mit einem unruhigen<lb/> und unſicheren Ausdruck, beinahe mißtrauiſch.<lb/> Dieſer Blick iſt mir unbehaglich, ich weiß nicht<lb/> recht warum.</p><lb/> <p>„Eine ſonderbare Sache, Baron,“ ſagt er. „Es<lb/> kann ſein, daß Ihnen heiß und kalt werden wird,<lb/> wenn ich ſie Ihnen erzähle. Vielleicht werden Sie<lb/> heute nachts lange keinen Schlaf finden, — ſo eine<lb/> Sache iſt das. Aber hier —“ und Eugen Biſchoff<lb/> pocht heftig an ſeine Stirne, „hier oben ſitzt bei<lb/> mir ein Nerv, der läßt ſich ungern aus ſeiner<lb/> Ruhe bringen, der will nicht recht mittun. Er iſt<lb/> nur für die kleinen Alltagsvorgänge da, für das<lb/> tagtägliche des Lebens. Aber für Furcht und<lb/> Grauen und Entſetzen und raſende Angſt, — für<lb/> die taugt er nicht. Für die fehlt mir das Organ.“</p><lb/> <p>„So erzählen Sie doch endlich, Biſchoff!“ unter-<lb/> bricht ihn Doktor Gorski.</p><lb/> <p>„Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen werde be-<lb/> greiflich machen können, worin das Ungewöhnliche<lb/> des Falles liegt. Erzählen, ſehen Sie, das war<lb/> niemals meine ſtärkſte Seite. Vielleicht wird<lb/> Ihnen die ganze Sache gar nicht ſo aufregend<lb/> erſcheinen. Wie geſagt —“</p><lb/> <p>„Wozu die lange Einleitung, Eugen, fang’ doch<lb/> an!“ ſagt der Ingenieur und ſtreift die Aſche von<lb/> ſeiner Zigarette.</p><lb/> <p>„Gut, hören Sie mich an und denken Sie ſich<lb/> dann, was Sie wollen. Die Sache iſt die: Ich<lb/> habe vor einiger Zeit die Bekanntſchaft eines<lb/> jungen Seeoffiziers gemacht, der zur Ordnung<lb/> ſeiner Familienangelegenheiten einen mehrmonat-<lb/> lichen Urlaub erhalten hatte. Die Familienange-<lb/> legenheiten, die ihn beſchäftigten, waren von eigen-<lb/> tümlicher Natur.</p><lb/> <p>Er hatte einen jüngeren Bruder hier in der<lb/> Stadt beſeſſen, der Maler und Schüler der Aka-<lb/> demie geweſen war. Dieſer Bruder, der recht<lb/> talentiert geweſen zu ſein ſcheint, — ich habe<lb/> einige ſeiner Arbeiten geſehen, — eine „Kinder-<lb/> gruppe“, eine „Krankenſchweſter“, ein „badendes<lb/> Mädchen“, — dieſer junge Menſch hatte eines<lb/> Tages Selbſtmord begangen. Einen völlig un-<lb/> motivierten Selbſtmord, es lag nicht der leiſeſte<lb/> Anlaß zu einer ſolchen Verzweiflungstat vor, der<lb/> Junge hatte weder Schulden gehabt noch ſonſt<lb/><cb/> Geldſorgen, keine Liebſchaft, keine Krankheit —<lb/> kurz, die Sache war im höchſten Grade myſteriös.<lb/> Und der Bruder —“</p><lb/> <p>„Solche Fälle ereignen ſich weit häufiger, als<lb/> man glaubt,“ warf Doktor Gorski ein. „Die<lb/> Polizeiberichte behelfen ſich gewöhnlich mit der<lb/> Wendung: Momentane Sinnesverwirrung’.“</p><lb/> <p>„Ja. Davon war auch damals die Rede, aber<lb/> die Familie gab ſich damit nicht zufrieden. Den<lb/> Eltern erſchien vor allem das eine unfaßbar, daß<lb/> ihr Sohn keinen Abſchiedsbrief hinterlaſſen hatte.<lb/> Nicht einmal das in ſolchen Fällen gewöhnliche<lb/> Liebe Eltern, verzeiht mir, aber ich konnte nicht<lb/> anders’, nicht einmal dieſe eine kurze Zeile war<lb/> unter den Papieren des Toten aufzufinden ge-<lb/> weſen. Ueberhaupt auch in ſeinen früheren<lb/> Briefen kein Wort, das auf eine beſtehende oder<lb/> ſich entwickelnde Selbſtmordabſicht hätte ſchließen<lb/> laſſen können. Die Familie alſo glaubte nicht<lb/> an einen Selbſtmord, und der ältere Bruder<lb/> übernahm es, nach Wien zu gehen, um Licht in<lb/> die Sache zu bringen.</p><lb/> <p>Der Offizier hatte ſeinen feſten Plan, den er<lb/> mit aller Energie und Zähigkeit durchführte. Er<lb/> bezog die Wohnung des Bruders, er nahm die Ge-<lb/> wohnheiten, ja ſogar die Tageseinteilung ſeines<lb/> Bruders an, er ſuchte Bekanntſchaft mit allen<lb/> Menſchen, mit denen der Junge verkehrt hatte.<lb/> Anderen Gelegenheiten, Menſchen kennen zu<lb/> lernen, ging er aus dem Wege. Er wurde<lb/> Schüler der Akademie, er zeichnete und malte, er<lb/> verbrachte täglich einige Stunden in ſeines<lb/> Bruders Stammcafé, ja er trieb die Konſequenz<lb/> ſo weit, daß er die Kleider des Verſtorbenen trug,<lb/> und daß er ſich ſogar in einen italieniſchen Sprach-<lb/> kurs für Anfänger einſchreiben ließ, den ſein<lb/><cb/> Bruder frequentiert hatte, und er hielt die Lehr-<lb/> ſtunden mit peinlicher Genauigkeit ein, obwohl<lb/> er als Marineoffizier das Italieniſche vollkommen<lb/> beherrſchte. Und alles tat er in der Ueberzeu-<lb/> gung, daß er auf dieſe Art unfehlbar irgend-<lb/> einmal unverſehens auf die Urſache des rätſel-<lb/> haften Selbſtmordes ſtoßen müſſe, — durch nichts<lb/> ließ er ſich darin beirren.</p><lb/> <p>Er führte dieſes Leben, das eigentlich das<lb/> hindurch, und ich kann nicht ſagen, ob er in dieſer<lb/> Zeit ſeinem Ziele näher gekommen iſt. Aber<lb/> eines Tages kam er ſehr verſpätet nach Hauſe.<lb/> Seiner Wirtin, die ihm das Eſſen auf ſein<lb/> Zimmer brachte, fiel dieſe Verſpätung auf, denn<lb/> ſie ſtand im Widerſpruch zu ſeiner ſonſtigen, bis<lb/> auf die Minnte geregelten Lebensweiſe. Er war<lb/> nicht gerade ſchlechter Laune, obgleich er ärgerliche<lb/> Bemerkungen über die kaltgewordenen Speiſen<lb/> machte. Er erzählte, daß er die Abſicht habe, am<lb/> Abend in die Oper zu gehen, hoffentlich, ſagte er,<lb/> bekomme man noch Karten, und für elf Uhr be-<lb/> ſtellte er ein kaltes Abendeſſen auf ſein Zimmer.<lb/> Leben eines anderen war, volle zwei Monate</p><lb/> <p>Eine Viertelſtunde ſpäter kam die Köchin mit<lb/> dem ſchwarzen Kaffee. Die Türe war verſperrt,<lb/> aber ſie hörte den Offizier im Zimmer auf und<lb/> ab gehen. Sie klopfte, ſagte: „der Kaffee, Herr<lb/> Leutnant!“ und ſtellte die Taſſe auf einen Stuhl<lb/> vor die Türe. Eine Weile ſpäter kam ſie nochmals,<lb/> um das leere Geſchirr zu holen. Der Kaffee ſteht<lb/> noch immer unberührt vor der Türe. Sie klopft,<lb/> erhält keine Antwort, ſie horcht, — nichts rührt<lb/> ſich, mit einemmal aber hört ſie Worte und kurze<lb/> Rufe in einer Sprache, die ſie nicht verſteht, und<lb/> gleich darauf einen lauten Schrei.<lb/> (Fortſetzung folgt.)</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Allgemeine Zeitung. Nr. 6. Montag, den 7. Januar 1924.
Münchener Stadtzeitung.
Der Generalſtellenplan.
(Ein Beſuch im ſtädtiſchen Perſonalreferat.)
Ein Preſſerundgang im ſtädtiſchen Perſonal-
referat, das 1919 als zentraliſierte Einrichtung
die bis dahin dezentraliſierte Perſonalpolitik der
Stadtratsdirektorien, Referate und Aemter ab-
löſte und auf eine einheitliche Grundlage ſtellte,
gab Gelegenheit, ein Syſtem kennen zu lernen,
das bis jetzt in den kommunalen und ſtaatlichen
Verwaltungen außerhalb Münchens unbekannt
iſt, das aber höchſte Bewunderung und allſeitige
Nachahmung in großen und größten Betrieben
verdient.
Als mit der wachſenden finanziellen Not das
geſamte Stellenweſen — es handelt ſich um etwa
8000 Köpfe — nebſt den kleineren Organiſations-
fragen dem Perſonalreferat übertragen werden
mußte, wurde alsbald eine Prüfungsſtelle errich-
tet, die ſich mit der Einwertung der Stellen, der
Ueberwachung der beſchlußmäßig feſtgelegten
Stellenpläne und der laufenden Prüfung der
genehmigten Stellen und Ueberplanverwendungen
zu befaſſen hat. Schon das Vorhandenſein dieſer
Prüfungsſtelle übt eine nicht zu unterſchätzende
vorbeugende Wirkung dahin aus, daß viele Per-
ſonalvermehrungsanträge überhaupt nicht oder
nur mit ausreichender Begründung geſtellt wer-
den. Die Prüfungsſtelle beſchränkt nach eingehen-
der Erhebung beim Amte ſelbſt die geſtellten
Anträge auf das unbedingt Notwendigſte. Sie
hat ſich das erforderliche Material zur ſachgemäßen
Prüfung beſchafft durch die Einrichtung des Ge-
neralſtellenplanes, einer Stellenkartei
und einer Statiſtik.
Die feſtgelegten Stellenpläne ſind durch ein
eigenes Verfahren beweglich geſtaltet, das mit
Farbenſyſtemen die beſchlußmüßig genehmigten
Stellen und die darauf jeweils Dienſt leiſtenden
Beamten in anſchaulicher Weiſe unter Berück-
ſichtigung der Zugehörigkeit zu den einzelnen
Beſchäftigungs- und Beſoldungsgruppen zuein-
ander in Verbindung bringt. Durch die graphiſche
Darſtellung kann ſofort erblickt werden, ob jeder
Beamte ſeinem Rang und ſeinem Gehalte ſowie
ſeiner Beſchäftigungsgruppe nach in Verbindung
zu einer Stelle gebracht iſt, welches Perſonal
überflüſſig wird, welche Stellen vorübergehend
unbeſetzt bleiben oder zum Einzug gebracht wer-
den können uſw. Der Generalſtellenplan wirkt
ſich ſomit in lebendiger Form als Prüfmittel ſo-
wohl für die eigene Geſchäftsführung des Referats
als für die Dienſtſtellen aus.
Für jede Stelle, gleichviel ob leitender oder aus-
führender Art, iſt der einzelne Aufgabenkreis feſt
umriſſen und in einer Stellenkartei verankert.
Damit wird erreicht, daß eine Dienſtſtelle nicht
nach Gutdünken vom einſeitigen Standpunkt aus
Perſonal anfordern kann, ohne daß nicht neue
Aufgaben hinzugekommen wären, ferner, daß nicht
Beamte mit einem weniger ſelbſtändigen Wir-
kungskreiſe nach höheren Beſoldungsgruppen Ge-
hälter beziehen und nicht zuletzt, daß das Per-
ſonalreferat in der Lage iſt, die Beamten nach
ihrer Leiſtungsfähigkeit mit den einzelnen Ar-
beitsgebieten zu betrauen. Auch der Abgleich der
einzelnen Stellen zueinander wird durch die Stel-
lenkartei ermöglicht.
Die Perſonalſtatiſtik erſtreckt ſich auf Feſthal-
tung der Perſonalbewegung, die Dienſtabweſen-
heiten (Urlaube, Erkrankungen uſw.), die Beſol-
dung, auf das Alter der Beamten ſowie auf die
Ruheſtandsverſetzungen. Die Stellenſtatiſtik um-
faßt die geſamte Stellenbewegung.
In praktiſcher Auswirkung dieſer Statiſtiken
wurden die Ergebniſſe auch in graphiſcher Dar-
ſtellung verwertet. Das Referat gibt allmonatlich
über die ſtatiſtiſchen Reſultate einen Bericht
heraus.
Der Prüfungsſtelle obliegt auch Beratung des
Stadtrates bei der Neuorganiſation der Aemter
hinſichtlich der Einwertung der Stellen, um die
gleichheitliche Behandlung in ſämtlichen Aemtern
des Stadtrates zu gewährleiſten.
Die ganze Einrichtung zeigte ſich in muſter-
gültiger Funktion. Sie iſt von größter finanziel-
ler Bedeutung, da ſie den Leerlauf in der Ver-
waltung und in den Betrieben aufs genaueſte
zu kontrollieren geſtattet, die zweckmäßigſte Ver-
wendung des Perſonals und damit die Einſparung
von Arbeitskräften ermöglicht. Die Beſetzung des
Referats, das ſeit ſeiner Errichtung infolge der
neuen Beſoldung, des Angeſtelltenabbaues, der
Neuregelung des Dienſtwohnungsweſens, der
Sondervergütungen u. a. m. eine große Arbeit
zu leiſten hatte, mit 28 Beamten erſcheint nicht
zu hoch, wenn man ſich die Vorteile der intenſiven
Behandlung des Stellenweſens vor Augen hält.
Von hohem Intereſſe waren graphiſche Darſtel-
lungen, die, für jeden Geſchäftszweig nach Ge-
ſchlechtern getrennt, Ausdehnung und Art der
Abweſenheit vom Dienſt — Urlaub, Krankheit u.
dgl. — zeigen. Das Wohnungsamt marſchiert mit
ſeiner Abweſenheitsziffer an der Spitze; bei der
Straßenbahn ſind die Verhältniſſe normal. Die
weiblichen Erkrankungsziffern ſind höher. Be-
merkt werden darf, daß der Beamtenkörper der
Stadt zurzeit nur noch rund 600 beträgt ein-
ſchließlich der Lehrerinnen, davon ſind 87 ver-
heiratet.
Winterhilfe der evang.-luther. Kirche des
N.L.C. (Nation. Luth. Concils) in
Amerika.
(Nation Luth. Conrils) in Amerika.
Das luth. National Concil in Nordamerika hat
eine großzügige Hilfsaktion zur Unterſtützung
der lutheriſchen Kirchen in Deutſchland unter
Leitung des Profeſſors D. Morehoad und des
Hilfsausſchuſſes in Leipzig in die Wege geleitet.
In jeder Landeskirche hat ſich ein Ausſchuß unter
dem Vorſitz eines Vertreters der Kirchenleitung
als Vertrauensmann gebildet (in Bayern
Vizepräſident D. Gebhard), der die
überwieſenen Mittel zur Verteilung bringen ſoll.
Der Unterſtützungsplan erſtreckt ſich auf die Nöte
der Geſamtkirche, der Einzelgemeinden, der Un-
ternehmungen der Inneren Miſſion, der Bevöl-
kerung. Um die Weihnachtszeit wurden 89 An-
ſtalten mit namhaften Geldmitteln unterſtützt.
681 der bedürftigſten Einzelperſonen erhielten
eine Geldgabe. 365 Lebensmittelpakete à zehn
Dollar kommen noch zur Verteilung. Eine große
Anzahl von Studenten erhielt eine Beihilfe. In
der nächſten Zeit ſollen die von evangeliſcher
Seite eingerichteten Volksſpeiſungen in Nürnberg
an 15 Stellen und in München an 7 Stellen mit
Lebensmitteln verſehen werden; es iſt hiefür ein
Lagerhaus in Hamburg gemietet. Auch eine
Kleiderhilfe iſt vorgeſehen.
Weihnachtsabend der Münchener Berufs-Jour-
naliſten.
Die Vereinigung hielt im kleinen Wag-
nerſaale ihre diesjährige Weihnachtsfeier
ab, die ſich in ihrer ſchlichten gemütvollen Art
würdig ihren Vorgängern anreihte. Die An-
weſenheit zahlreicher Gäſte, beſonders einiger
Vertreter der Verlage, geſtaltete den Abend zu
einem wirklichen Familienfeſte aller derer,
die am großen Bau der öffentlichen Meinung
gemeinſam arbeiten. Der Feier angepaßte An-
ſprachen, von denen die Begrüßungsrede des Vor-
ſitzenden Kunkel erwähnt ſei, wechſelten mit
reizvollen und künſtleriſchen Darbietungen aller
Art, unter denen wir, ohne die übrigen zurück-
zuſetzen, das reizende Weihnachtsſpiel von
Wilhelm Herbert und die Gedichtvorträge von
Cajetan Freund jun., einem Sohne des ver-
dienten Landesvorſitzenden der bayeriſchen Preſſe,
herausgreifen möchten. Auch der Humor kam
reichlich zu ſeinem Rechte. Den Höhepunkt des
Abends aber bildete die gegenſeitige Be-
ſchenkung mit praktiſchen Dingen aller Art.
Alles in allem ein ſchönes Feſt!
Schlußfeier des „13. Deutſchen Turnfeſtes“.
Samstag abend fand die Verteilung der Ehren-
briefe für beſondere turneriſche und ſportliche
Leiſtungen ſtatt. Die geſamte Turn- und Sport-
welt Münchens beteiligte ſich an der Feier.
Beſchlagnahmte Schieberwaren.
Die Anzeigen, die bei der bayer. Landes-
wucherabwehrſtelle wegen Preistreiberei, Zurück-
haltung, unerlaubten Handels uſw. einlaufen,
haben auch nach der Stabiliſierung der Mark und
den inzwiſchen eingetretenen Preisſenkungen an
Zahl kaum abgenommen. In der letzten Zeit
wurden u. a. von der genannten Stelle beſchlag-
nahmt: einem Pferdehändler in Frankfurt a. M.,
der keine Aufkauferlaubnis für Bayern hatte, 3
Pferde; in einer Schuhfabrik in Oberfranken
4672 Paar Schuhe, die zum Zweck der Er-
zielung höherer Preiſe zurückgehalten worden
waren; außerdem wurde feſtgeſtellt, daß die Fa-
brik bei Bezahlung in Papiermark den doppelten
Dollargrundpreis verlangte; bei einer Molkerei-
genoſſenſchaft in Schwaben wurden 15 Zent-
ner Käſe beſchlagnahmt, die ohne Verſandge-
nehmigung ausgeführt werden ſollten; bei einem
Ziegeleibeſitzer in der Augsburger Gegend 210
Zentner Getreide wegen Vergehens gegen
die Verordnung über die Handelsbeſchränkungen
und wegen Zurückhaltung; einem Genoſſen-
ſchaftslagerhaus in Unterfranken wegen Preis-
treiberei 233 Zentner Getreide; einem
Käſereibeſitzer in Oberfranken wegen unerlaubten
Verſandes 634 Pfund Käſe; einem Arzt in
Niederbayern, der ſich von den Bauern mit Ge-
treide bezahlen ließ, wegen unerlaubten Getreide-
handels 57 Zentner Getreide; einem
Händler in Unterfranken, der keine Handelser-
laubnis beſaß, 5 Pferde, die nach Norddeutſch-
land verſchickt werden ſollten; einem Getreide-
händler in Unterfranken, der Holz gegen Getreide
eintauſchte, wegen unerlaubten Handels 41,5
Ster Brennholz; einem Kaufmann in der
Bodenſeegegend wegen Zurückhaltung 34 Zent-
ner Zucker, 1 Zentner Schweinefett,
11 Zentner Kaffee und Kaffeerſatz,
18675 Zigarren, ein großer Poſten Woll-
waren, größere Mengen Seife, Seifen-
pulver, Kerzen und Zündhölzer; einem
Kaufmann in Unterfranken wegen Zurückhaltung
128 Zentner Getreide; einem Produkten-
händler in Unterfranken wegen unerlaubten
Handelns 274 Pfund Haſen; einem Oeko-
nomen und Getreideaufkäufer in Oberbayern we-
gen unerlaubten Handels 725 Zentner Ge-
treide; einem ehemaligen Hotelbeſitzer in Mit-
telfranken 7½ Milligramm Blattgold
im Wert von 420 Mark wegen unerlaubten Han-
dels mit Edelmetallen. Das Blattgold ſollte nach
Amerika ohne Ausfuhrgenehmigung ausgeführt
werden. Eine lange Reihe anderer Fälle iſt bei
der Landeswucherabwehrſtelle in der letzten Zeit
anhängig geworden. In allen Fällen iſt Anzeige
an die Staatsanwaltſchaft erſtattet.
Brenntorfſpenden für die notleidende Bevölke-
rung Münchens.
Einzelne Torfgroßerzeuger
Bayerns, insbeſondere die ſtaatlichen Landes-
torfwerke ſowie Brauereien, wie die Löwenbraue-
rei A.-G. und Spatenbräu, haben beträcht-
liche Mengen Brenntorf für die not-
leidende Bevölkerung der Stadt Mün-
chen unentgeltlich zur Verfügung geſtellt. Dar-
über hinaus hat die Löwenbrauerei auch noch für
andere Zwecke kleinere Mengen Brenntorf ab-
gegeben und ohne Entgelt zugefahren. — Neuer-
dings hat auf Veranlaſſung des Staatsminiſteri-
ums für Landwirtſchaft die techniſche Abteilung
für Torfwirtſchaft an eine Reihe größerer Torf-
werke und Erzeugergemeinden einen Aufruf er-
gehen laſſen, ſie möchten durch unentgeltliche oder
verbilligte Bereitſtellung von Brenntorf die
Fortführung der Volksſpeiſungen ermöglichen.
Als erfreuliches Ergebnis dieſer Aktion kann be-
richtet werden, daß die Hofbräu-Torfwerke 200
Zentner, das Torfwert Wild-Weſſen 100 Zentner
und das Torfwerk Fußberg 30 Zentner unent-
geltlich zur Verfügun geſtellt haben. Eine Reihe
weiterer Werke (Landestorfwerke, Bayerntorf-
werke A.-G. und das Torfwerk Eilenau) haben
ſich bereit erklärt, für den genannten Zweck
mehrere Waggons Brenntorf zu ermäßigten
Preiſen abzugeben. Die Spenden ſind den öf-
fentlichen Wohlfahrtseinrichtungen zur Vertei-
lung überwieſen worden.
Tollwutſchutzbehandlung:
Laut Entſchließung
des Staatsminiſteriums des Innern vom 31. De-
zember 1923 können Perſonen, die von einem
tollen oder der Tollwut verdächtigen Tiere ge-
biſſen worden ſind, auch im ſtädtiſchen Kranken-
haus München-Schwabing ſtationär behandelt
werden. Eine Reiſe nach Berlin iſt nicht not-
wendig.
Kleine Zeitung.
Verlobte:
Sina Müller—Martin Stemberger;
Anni Obermeier—Charles Mitter; Mary Stigl-
wagner—Hans Krogoll.
Vermählte:
Dr. jur. Ludwig Doeberl und Frau
Käte geb. Eichhorn; Dr. med. Guſtav Eversbuſch
und Frau Gertr. geb. Heinichen; Robert Eppler
und Frau Emma geb. Stelzl.
Geſtorben:
Luiſe Lehmann geb. Schäfer (62 J.);
Oberſtudienrat Joſeph Egewolf.
Kritiſche Tage oder wie werde ich Hypochonder.
Ein Wiener Arzt hat nachgewieſen, daß ſich beim
Menſchen „kritiſche Tage“ einſtellen, die mit ma-
thematiſcher Genauigkeit periodiſch auftreten und
ſich in mancherlei Störungen der Geſundheit
äußern. Auch hier gibt es Symptome erſter,
zweiter und dritter Ordnung, je nachdem ſich die
Störung im körperlichen Wohlbefinden oder in
der geiſtigen und ſeeliſchen Spannkraft und Reg-
ſamkeit äußern. Die menſchliche Lebensmaſchine
iſt kompliziert. Dennoch konnte man feſtſtellen,
daß die „kritiſchen Perioden“ bei beiden Geſchlech-
tern 23 bis 24 Tage oder ein Vielfaches davon
betragen. Nach einer Anſtrengung oder Aus-
ſchweifung oder nach Sorgenfällen, die auf eine
Minderung der Lebensenergie hinweiſen, treten
geſundheitsſtörende Symptome auf, bis nach 23,
46 oder 69 Tagen die Natur wieder den rechten
Ausgleich gefunden hat. In dieſer Zeit der „kri-
tiſchen Tage“ iſt der Menſch beſonders leicht
Krankheiten zugänglich, weil ſich der geſamte
Organismus weniger widerſtandsfähig erweiſt.
Die Symptome ſind für den Arzt und Laien er-
kenntlich: Herzbeſchwerden, Blutungen, Schwin-
delanfälle, Müdigkeit, Nervenſchmerzen, Reiz-
barkeit, Kopfſchmerzen, Verdauungsſtörungen,
ſelbſt Lebensunluſt treten auf. In ſolchen „kri-
tiſchen Zeiten“ kann weniger ärztliche Kunſt, als
ſelbſtändige Beobachtung helfen. Darum iſt es
notwendig, daß jeder an ſich Beobachtungen an-
ſtellt über die Periodenlehre und aus eigenem
Empfinden heraus zu Gegnmaßregeln greift
_ Der Meiſter des jüngſten Tages.
6
Roman
von Leo Perutz.
Aber Dina hat ihre Faſſung raſch wieder ge-
funden, und ſie ſagt leichthin, in einem Tone, als
ſprache ſie von etwas ganz Belangloſem:
„Die Zeitung? — Ich glaube, ich habe ſie
irgendwo unten im Garten liegen geſehen. Ich
will ſie ſchon wieder finden. Aber du haſt eben
von etwas ſo Intereſſantem zu ſprechen be-
gonnen, Eugen, erzähl’ doch weiter.“
Neben mir ſteht Dinas Bruder und ziſcht mir,
hinter unbeweglichen Lippen hervor, ganz leiſe zu:
„Haben Sie die Abſicht, Ihre Experimente
fortzuſetzen?“
Was ſoll das? Was will er damit ſagen?
Ich habe eine Unvorſichtigkeit begangen in
einem Augenblick der Gedankenloſigkeit, weiter
nichts.
Was ſoll es denn anderes geweſen ſein?
4.
Eugen Biſchoff geht auf und nieder, irgend
etwas beſchäftigt ihn, er ſcheint ſich einen Ge-
danken in Worten zurechtzulegen. Plötzlich bleibt
er vor mir ſtehen und ſieht mich an. Sieht mir
gerade ins Geſicht, prüfend, mit einem unruhigen
und unſicheren Ausdruck, beinahe mißtrauiſch.
Dieſer Blick iſt mir unbehaglich, ich weiß nicht
recht warum.
„Eine ſonderbare Sache, Baron,“ ſagt er. „Es
kann ſein, daß Ihnen heiß und kalt werden wird,
wenn ich ſie Ihnen erzähle. Vielleicht werden Sie
heute nachts lange keinen Schlaf finden, — ſo eine
Sache iſt das. Aber hier —“ und Eugen Biſchoff
pocht heftig an ſeine Stirne, „hier oben ſitzt bei
mir ein Nerv, der läßt ſich ungern aus ſeiner
Ruhe bringen, der will nicht recht mittun. Er iſt
nur für die kleinen Alltagsvorgänge da, für das
tagtägliche des Lebens. Aber für Furcht und
Grauen und Entſetzen und raſende Angſt, — für
die taugt er nicht. Für die fehlt mir das Organ.“
„So erzählen Sie doch endlich, Biſchoff!“ unter-
bricht ihn Doktor Gorski.
„Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen werde be-
greiflich machen können, worin das Ungewöhnliche
des Falles liegt. Erzählen, ſehen Sie, das war
niemals meine ſtärkſte Seite. Vielleicht wird
Ihnen die ganze Sache gar nicht ſo aufregend
erſcheinen. Wie geſagt —“
„Wozu die lange Einleitung, Eugen, fang’ doch
an!“ ſagt der Ingenieur und ſtreift die Aſche von
ſeiner Zigarette.
„Gut, hören Sie mich an und denken Sie ſich
dann, was Sie wollen. Die Sache iſt die: Ich
habe vor einiger Zeit die Bekanntſchaft eines
jungen Seeoffiziers gemacht, der zur Ordnung
ſeiner Familienangelegenheiten einen mehrmonat-
lichen Urlaub erhalten hatte. Die Familienange-
legenheiten, die ihn beſchäftigten, waren von eigen-
tümlicher Natur.
Er hatte einen jüngeren Bruder hier in der
Stadt beſeſſen, der Maler und Schüler der Aka-
demie geweſen war. Dieſer Bruder, der recht
talentiert geweſen zu ſein ſcheint, — ich habe
einige ſeiner Arbeiten geſehen, — eine „Kinder-
gruppe“, eine „Krankenſchweſter“, ein „badendes
Mädchen“, — dieſer junge Menſch hatte eines
Tages Selbſtmord begangen. Einen völlig un-
motivierten Selbſtmord, es lag nicht der leiſeſte
Anlaß zu einer ſolchen Verzweiflungstat vor, der
Junge hatte weder Schulden gehabt noch ſonſt
Geldſorgen, keine Liebſchaft, keine Krankheit —
kurz, die Sache war im höchſten Grade myſteriös.
Und der Bruder —“
„Solche Fälle ereignen ſich weit häufiger, als
man glaubt,“ warf Doktor Gorski ein. „Die
Polizeiberichte behelfen ſich gewöhnlich mit der
Wendung: Momentane Sinnesverwirrung’.“
„Ja. Davon war auch damals die Rede, aber
die Familie gab ſich damit nicht zufrieden. Den
Eltern erſchien vor allem das eine unfaßbar, daß
ihr Sohn keinen Abſchiedsbrief hinterlaſſen hatte.
Nicht einmal das in ſolchen Fällen gewöhnliche
Liebe Eltern, verzeiht mir, aber ich konnte nicht
anders’, nicht einmal dieſe eine kurze Zeile war
unter den Papieren des Toten aufzufinden ge-
weſen. Ueberhaupt auch in ſeinen früheren
Briefen kein Wort, das auf eine beſtehende oder
ſich entwickelnde Selbſtmordabſicht hätte ſchließen
laſſen können. Die Familie alſo glaubte nicht
an einen Selbſtmord, und der ältere Bruder
übernahm es, nach Wien zu gehen, um Licht in
die Sache zu bringen.
Der Offizier hatte ſeinen feſten Plan, den er
mit aller Energie und Zähigkeit durchführte. Er
bezog die Wohnung des Bruders, er nahm die Ge-
wohnheiten, ja ſogar die Tageseinteilung ſeines
Bruders an, er ſuchte Bekanntſchaft mit allen
Menſchen, mit denen der Junge verkehrt hatte.
Anderen Gelegenheiten, Menſchen kennen zu
lernen, ging er aus dem Wege. Er wurde
Schüler der Akademie, er zeichnete und malte, er
verbrachte täglich einige Stunden in ſeines
Bruders Stammcafé, ja er trieb die Konſequenz
ſo weit, daß er die Kleider des Verſtorbenen trug,
und daß er ſich ſogar in einen italieniſchen Sprach-
kurs für Anfänger einſchreiben ließ, den ſein
Bruder frequentiert hatte, und er hielt die Lehr-
ſtunden mit peinlicher Genauigkeit ein, obwohl
er als Marineoffizier das Italieniſche vollkommen
beherrſchte. Und alles tat er in der Ueberzeu-
gung, daß er auf dieſe Art unfehlbar irgend-
einmal unverſehens auf die Urſache des rätſel-
haften Selbſtmordes ſtoßen müſſe, — durch nichts
ließ er ſich darin beirren.
Er führte dieſes Leben, das eigentlich das
hindurch, und ich kann nicht ſagen, ob er in dieſer
Zeit ſeinem Ziele näher gekommen iſt. Aber
eines Tages kam er ſehr verſpätet nach Hauſe.
Seiner Wirtin, die ihm das Eſſen auf ſein
Zimmer brachte, fiel dieſe Verſpätung auf, denn
ſie ſtand im Widerſpruch zu ſeiner ſonſtigen, bis
auf die Minnte geregelten Lebensweiſe. Er war
nicht gerade ſchlechter Laune, obgleich er ärgerliche
Bemerkungen über die kaltgewordenen Speiſen
machte. Er erzählte, daß er die Abſicht habe, am
Abend in die Oper zu gehen, hoffentlich, ſagte er,
bekomme man noch Karten, und für elf Uhr be-
ſtellte er ein kaltes Abendeſſen auf ſein Zimmer.
Leben eines anderen war, volle zwei Monate
Eine Viertelſtunde ſpäter kam die Köchin mit
dem ſchwarzen Kaffee. Die Türe war verſperrt,
aber ſie hörte den Offizier im Zimmer auf und
ab gehen. Sie klopfte, ſagte: „der Kaffee, Herr
Leutnant!“ und ſtellte die Taſſe auf einen Stuhl
vor die Türe. Eine Weile ſpäter kam ſie nochmals,
um das leere Geſchirr zu holen. Der Kaffee ſteht
noch immer unberührt vor der Türe. Sie klopft,
erhält keine Antwort, ſie horcht, — nichts rührt
ſich, mit einemmal aber hört ſie Worte und kurze
Rufe in einer Sprache, die ſie nicht verſteht, und
gleich darauf einen lauten Schrei.
(Fortſetzung folgt.)
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(2022-12-19T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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