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Allgemeine Zeitung, Nr. 7, 7. Januar 1830.

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7 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 7. 1830.



[Spaltenumbruch]
Der Wollhandel.
(Beschluß.)

Aber nicht in allen deutschen Staaten wurden gleiche Maaß-
regeln ergriffen. Dann zwang freilich die Noth die meisten Pro-
duzenten, Preise anzunehmen, vor denen sie Anfangs erschraken.
Der hierüber allgemein erhobenen Klage abzuhelfen, traten nun
Vermittler auf. Es waren die Kommissionairs. Auch in Preu-
ßen waren sie zahlreich zu finden. Theils gaben sich zu Grunde
gerichtete Wollhändler dazu her, theils waren es auch oft Leute
ohne alle Kenntniß von dem Gange des Geschäfts. -- Betrach-
ten wir die beiden Hauptzweke, die ein dergleichen Kommissio-
nair bei seinem Unteruehmen hat, und die darin bestehen, er-
stens etwas zu verdienen, und zweitens diesen Verdienst sobald
als möglich sicher zu haben: so wird uns bald einleuchten, was
der Kommittent zu erwarten hat. Jener will, wie gesagt, et-
was erwerben, und hat es fast schon in dem Augenblike, als er
die Kommission übernimmt. Wir wollen gar nicht einmal dieje-
nigen ins Auge fassen, die gleich im Voraus gewisse Prozente zu
ihren Gunsten rechnen; auch alle übrigen übernehmen das Ge-
schäft nur gegen einen bestimmten Antheil von dem Preise, den
sie für die Waaren verschaffen, und gegen ziemlich hohe Zinsen
von dem vorgeschossenen Kapitale. Ist nun der Handel einge-
leitet, so liegt dem Kommissionair Alles daran, ihn schnell zu
beendigen. Da gibt es aber oft Hindernisse, die er beseitigen
muß. Wie er dis thut, haben wir früher schon einmal ange-
führt. Nebenbei kan er nun noch die Rüksicht zu nehmen ha-
ben, seinem Käufer, der vielleicht wieder ein Kommissionair in
England ist, günstige Preise zu machen, um ihn in seinem Inter-
esse zu erhalten. Der Produzent liebt es nie, über den Werth
seiner Erzeugnisse lange im Ungewissen zu bleiben, und um aus
dem Haudel zu kommen, gibt er gern die Einwilligung zu ei-
nem Verkaufe, der ihn auch noch so wenig befriedigt. Ein noch
größerer und für die Folge verderblich wirkender Nachtheil aber
entsteht noch aus dem Kommissionshandel dadurch, daß nur die
großen Manufakturen durch denselben gewinnen, und sodann die
kleinern durch diese erdrükt werden. Dis kan dann keinen an-
dern als einen sehr nachtheiligen Einfluß auf den fernern Gang
des Wollhandels haben. Wir berufen uns dabei auf die Mit-
theilungen eines der ersten sehr geachteten deutschen Wollhand-
lungshauses. Sie enthalten im Wesentlichen Folgendes: "Die Woll-
händler unterstüzten früherhin oft die Produzenten mit Geld und
Belehrung (die freilich zuweilen wohl mangelhaft war und mehr
zu Irrthümern verleitete) in der Veredlung ihrer Heerden, und
sie gaben den Wollmanufakturisten sechs ja bis sieben und zwölf
Monate Kredit. Dis mußte auf einen soliden Gang des Woll-
handels wirken, weil zwischen Käufer und Verkäufer das bei je-
dem Handel so nothwendige Vertrauen begründet war. Jezt ge-
ben eine Menge Schäfereibesizer ihre Wolle an Anstalten in Kom-
mission, die sie wieder an andere Kommissionshäuser senden, wo-
durch denn eine jeweilige so starke Ueberfüllung des Marktes her-
beigeführt wird, daß die bestehenden Preise herabgedrükt und für
das ganze Jahr niedrig gestellt werden. Die Wollhändler, welche
sonst Millionen in dem Artikel "Wolle" anlegten, müssen sich
nothgedrungen zurükziehen, indem sie in keiner Art Konkurrenz
[Spaltenumbruch] halten können mit Kommissionairs, denen zulezt jeder Preis recht
ist, wenn sie nur das Geschäft beendigt und ihren Gewinn gezo-
gen haben." Wir fahren in unsern Bemerkungen fort. Wollten
sich die Produzenten vor später Einbuße sichern, so müßten sie
mit ihren Kommissionairen sich über einen festen Preis einigen. Dann
wäre aber das was sie als Darlehn bekämen, eine Anzahlung,
und das Fehlende ein Kredit, was sie jenem gestatteten. Sollte
derselbe dieses nun am Ende auch verzinsen, so wäre er nicht
mehr Kommissionair, sondern Käufer. Wir mögen die Sache
also stellen wie wir wollen, so können wir ihr keine vortheil-
hafte Seite abgewinnen. Zwei Institute haben wir in unsern
früher einmal gegebenen Bemerkungen über denselben Gegenstand
von der Allgemeinheit ausgeschlossen. Es war die preußische See-
handlung und das Centralbureau in Hamburg. Erstere hat ihren
Wirkungskreis in den Wollkommissionen sehr beschränkt, woge-
gen das leztere desto kräftiger auftritt. Dieses würde man, nach
unserer Ueberzeugung und Erfahrung, falsch beurtheilen und un-
verschuldet verwerfen, wenn man es in die Kategorie der ge-
wöhnlichen Kommissionairs stellen wollte. Vielmehr muß es in
die Reihe der soliden und großen Wollhandlungen treten. Denn
wie diese wird es nie auf leichtsinnige und niedrig eigennüzige
Weise den Preis der Waare herabstürzen helfen, sondern viel-
mehr auf Festigkeit desselben hinarbeiten. Seine Realität und
Solidität sichert übrigens den Kommittenten jederzeit einen Preis
für ihre Wolle, wie sie ihn von andern soliden Wollhändlern
selten höher erlangen würden. Wir halten nach unserer vollen
Ueberzeugung dieses Institut gerade am meisten für geeignet,
das Unwesen des Kommissionshandels stürzen zu helfen. Wenn
aber oft ein Uebel seine Heilung schon in sich selbst trägt, so
könnte dis auch bei dem Wollkommissionshandel der Fall seyn.
Deutschland wird vom Osten her mit einer überschwenglichen
Wollproduktion bedroht. Die jezigen niedrigen Preise bei uns
geben unsern Käufern keine Veranlassung, sich nach andern Märk-
ten umzusehen. Wenn nun jene Länder bei ihren erzeugten Mas-
sen wenig Abnahme und gering lohuende Preise haben, so wer-
den sie damit nicht so ermuthigt, und ihr Gang in der Vermeh-
rung und Veredlung der Schäfereien wird ruhiger und langsa-
mer, so daß er mehr mit der Zunahme des Verbrauchs gleichen
Schritt hält, und folglich keine verderbliche Störung für die
deutsche Wollproduktion haben kan. -- Nur noch wenige Jahre
hätten die schwindelnden Preise von 1825 statt finden dürfen,
so würden die Spekulanten Wege nach dem Osten eröfnet haben,
auf welchen erdrükende Massen von Wolle nach den Niederlanden
und England geströmt seyn würden. -- Uebrigens hat sich jener
Kommissionshandel sein Grab schon selbst gegraben, und er wird
gerade nur so lange gelebt haben, als er brauchte, um das Uebel
das er anrichtete, wieder gut zu machen.



Schweiz.

In feierlicher Abschiedsaudienz hat am
21 Dec. der französische Botschafter, Herr Graf v. Rayneval,
welcher zehn Tage früher von Paris in Bern eingetroffen war,
dem geheimen Rath des Standes Bern, als der vorörtlichen
Behörde, sein vom 15 Nov. datirtes Rekreditiv überreicht, worin
der König seinen Willen ausspricht, dem nach Wien abgehenden

7 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 7. 1830.



[Spaltenumbruch]
Der Wollhandel.
(Beſchluß.)

Aber nicht in allen deutſchen Staaten wurden gleiche Maaß-
regeln ergriffen. Dann zwang freilich die Noth die meiſten Pro-
duzenten, Preiſe anzunehmen, vor denen ſie Anfangs erſchraken.
Der hierüber allgemein erhobenen Klage abzuhelfen, traten nun
Vermittler auf. Es waren die Kommiſſionairs. Auch in Preu-
ßen waren ſie zahlreich zu finden. Theils gaben ſich zu Grunde
gerichtete Wollhändler dazu her, theils waren es auch oft Leute
ohne alle Kenntniß von dem Gange des Geſchäfts. — Betrach-
ten wir die beiden Hauptzweke, die ein dergleichen Kommiſſio-
nair bei ſeinem Unteruehmen hat, und die darin beſtehen, er-
ſtens etwas zu verdienen, und zweitens dieſen Verdienſt ſobald
als möglich ſicher zu haben: ſo wird uns bald einleuchten, was
der Kommittent zu erwarten hat. Jener will, wie geſagt, et-
was erwerben, und hat es faſt ſchon in dem Augenblike, als er
die Kommiſſion übernimmt. Wir wollen gar nicht einmal dieje-
nigen ins Auge faſſen, die gleich im Voraus gewiſſe Prozente zu
ihren Gunſten rechnen; auch alle übrigen übernehmen das Ge-
ſchäft nur gegen einen beſtimmten Antheil von dem Preiſe, den
ſie für die Waaren verſchaffen, und gegen ziemlich hohe Zinſen
von dem vorgeſchoſſenen Kapitale. Iſt nun der Handel einge-
leitet, ſo liegt dem Kommiſſionair Alles daran, ihn ſchnell zu
beendigen. Da gibt es aber oft Hinderniſſe, die er beſeitigen
muß. Wie er dis thut, haben wir früher ſchon einmal ange-
führt. Nebenbei kan er nun noch die Rükſicht zu nehmen ha-
ben, ſeinem Käufer, der vielleicht wieder ein Kommiſſionair in
England iſt, günſtige Preiſe zu machen, um ihn in ſeinem Inter-
eſſe zu erhalten. Der Produzent liebt es nie, über den Werth
ſeiner Erzeugniſſe lange im Ungewiſſen zu bleiben, und um aus
dem Haudel zu kommen, gibt er gern die Einwilligung zu ei-
nem Verkaufe, der ihn auch noch ſo wenig befriedigt. Ein noch
größerer und für die Folge verderblich wirkender Nachtheil aber
entſteht noch aus dem Kommiſſionshandel dadurch, daß nur die
großen Manufakturen durch denſelben gewinnen, und ſodann die
kleinern durch dieſe erdrükt werden. Dis kan dann keinen an-
dern als einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf den fernern Gang
des Wollhandels haben. Wir berufen uns dabei auf die Mit-
theilungen eines der erſten ſehr geachteten deutſchen Wollhand-
lungshauſes. Sie enthalten im Weſentlichen Folgendes: „Die Woll-
händler unterſtüzten früherhin oft die Produzenten mit Geld und
Belehrung (die freilich zuweilen wohl mangelhaft war und mehr
zu Irrthümern verleitete) in der Veredlung ihrer Heerden, und
ſie gaben den Wollmanufakturiſten ſechs ja bis ſieben und zwölf
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handels wirken, weil zwiſchen Käufer und Verkäufer das bei je-
dem Handel ſo nothwendige Vertrauen begründet war. Jezt ge-
ben eine Menge Schäfereibeſizer ihre Wolle an Anſtalten in Kom-
miſſion, die ſie wieder an andere Kommiſſionshäuſer ſenden, wo-
durch denn eine jeweilige ſo ſtarke Ueberfüllung des Marktes her-
beigeführt wird, daß die beſtehenden Preiſe herabgedrükt und für
das ganze Jahr niedrig geſtellt werden. Die Wollhändler, welche
ſonſt Millionen in dem Artikel „Wolle“ anlegten, müſſen ſich
nothgedrungen zurükziehen, indem ſie in keiner Art Konkurrenz
[Spaltenumbruch] halten können mit Kommiſſionairs, denen zulezt jeder Preis recht
iſt, wenn ſie nur das Geſchäft beendigt und ihren Gewinn gezo-
gen haben.“ Wir fahren in unſern Bemerkungen fort. Wollten
ſich die Produzenten vor ſpäter Einbuße ſichern, ſo müßten ſie
mit ihren Kommiſſionairen ſich über einen feſten Preis einigen. Dann
wäre aber das was ſie als Darlehn bekämen, eine Anzahlung,
und das Fehlende ein Kredit, was ſie jenem geſtatteten. Sollte
derſelbe dieſes nun am Ende auch verzinſen, ſo wäre er nicht
mehr Kommiſſionair, ſondern Käufer. Wir mögen die Sache
alſo ſtellen wie wir wollen, ſo können wir ihr keine vortheil-
hafte Seite abgewinnen. Zwei Inſtitute haben wir in unſern
früher einmal gegebenen Bemerkungen über denſelben Gegenſtand
von der Allgemeinheit ausgeſchloſſen. Es war die preußiſche See-
handlung und das Centralbureau in Hamburg. Erſtere hat ihren
Wirkungskreis in den Wollkommiſſionen ſehr beſchränkt, woge-
gen das leztere deſto kräftiger auftritt. Dieſes würde man, nach
unſerer Ueberzeugung und Erfahrung, falſch beurtheilen und un-
verſchuldet verwerfen, wenn man es in die Kategorie der ge-
wöhnlichen Kommiſſionairs ſtellen wollte. Vielmehr muß es in
die Reihe der ſoliden und großen Wollhandlungen treten. Denn
wie dieſe wird es nie auf leichtſinnige und niedrig eigennüzige
Weiſe den Preis der Waare herabſtürzen helfen, ſondern viel-
mehr auf Feſtigkeit deſſelben hinarbeiten. Seine Realität und
Solidität ſichert übrigens den Kommittenten jederzeit einen Preis
für ihre Wolle, wie ſie ihn von andern ſoliden Wollhändlern
ſelten höher erlangen würden. Wir halten nach unſerer vollen
Ueberzeugung dieſes Inſtitut gerade am meiſten für geeignet,
das Unweſen des Kommiſſionshandels ſtürzen zu helfen. Wenn
aber oft ein Uebel ſeine Heilung ſchon in ſich ſelbſt trägt, ſo
könnte dis auch bei dem Wollkommiſſionshandel der Fall ſeyn.
Deutſchland wird vom Oſten her mit einer überſchwenglichen
Wollproduktion bedroht. Die jezigen niedrigen Preiſe bei uns
geben unſern Käufern keine Veranlaſſung, ſich nach andern Märk-
ten umzuſehen. Wenn nun jene Länder bei ihren erzeugten Maſ-
ſen wenig Abnahme und gering lohuende Preiſe haben, ſo wer-
den ſie damit nicht ſo ermuthigt, und ihr Gang in der Vermeh-
rung und Veredlung der Schäfereien wird ruhiger und langſa-
mer, ſo daß er mehr mit der Zunahme des Verbrauchs gleichen
Schritt hält, und folglich keine verderbliche Störung für die
deutſche Wollproduktion haben kan. — Nur noch wenige Jahre
hätten die ſchwindelnden Preiſe von 1825 ſtatt finden dürfen,
ſo würden die Spekulanten Wege nach dem Oſten eröfnet haben,
auf welchen erdrükende Maſſen von Wolle nach den Niederlanden
und England geſtrömt ſeyn würden. — Uebrigens hat ſich jener
Kommiſſionshandel ſein Grab ſchon ſelbſt gegraben, und er wird
gerade nur ſo lange gelebt haben, als er brauchte, um das Uebel
das er anrichtete, wieder gut zu machen.



Schweiz.

In feierlicher Abſchiedsaudienz hat am
21 Dec. der franzöſiſche Botſchafter, Herr Graf v. Rayneval,
welcher zehn Tage früher von Paris in Bern eingetroffen war,
dem geheimen Rath des Standes Bern, als der vorörtlichen
Behörde, ſein vom 15 Nov. datirtes Rekreditiv überreicht, worin
der König ſeinen Willen ausſpricht, dem nach Wien abgehenden

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[0005] 7 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 7. 1830. Der Wollhandel. (Beſchluß.) Aber nicht in allen deutſchen Staaten wurden gleiche Maaß- regeln ergriffen. Dann zwang freilich die Noth die meiſten Pro- duzenten, Preiſe anzunehmen, vor denen ſie Anfangs erſchraken. Der hierüber allgemein erhobenen Klage abzuhelfen, traten nun Vermittler auf. Es waren die Kommiſſionairs. Auch in Preu- ßen waren ſie zahlreich zu finden. Theils gaben ſich zu Grunde gerichtete Wollhändler dazu her, theils waren es auch oft Leute ohne alle Kenntniß von dem Gange des Geſchäfts. — Betrach- ten wir die beiden Hauptzweke, die ein dergleichen Kommiſſio- nair bei ſeinem Unteruehmen hat, und die darin beſtehen, er- ſtens etwas zu verdienen, und zweitens dieſen Verdienſt ſobald als möglich ſicher zu haben: ſo wird uns bald einleuchten, was der Kommittent zu erwarten hat. Jener will, wie geſagt, et- was erwerben, und hat es faſt ſchon in dem Augenblike, als er die Kommiſſion übernimmt. Wir wollen gar nicht einmal dieje- nigen ins Auge faſſen, die gleich im Voraus gewiſſe Prozente zu ihren Gunſten rechnen; auch alle übrigen übernehmen das Ge- ſchäft nur gegen einen beſtimmten Antheil von dem Preiſe, den ſie für die Waaren verſchaffen, und gegen ziemlich hohe Zinſen von dem vorgeſchoſſenen Kapitale. Iſt nun der Handel einge- leitet, ſo liegt dem Kommiſſionair Alles daran, ihn ſchnell zu beendigen. Da gibt es aber oft Hinderniſſe, die er beſeitigen muß. Wie er dis thut, haben wir früher ſchon einmal ange- führt. Nebenbei kan er nun noch die Rükſicht zu nehmen ha- ben, ſeinem Käufer, der vielleicht wieder ein Kommiſſionair in England iſt, günſtige Preiſe zu machen, um ihn in ſeinem Inter- eſſe zu erhalten. Der Produzent liebt es nie, über den Werth ſeiner Erzeugniſſe lange im Ungewiſſen zu bleiben, und um aus dem Haudel zu kommen, gibt er gern die Einwilligung zu ei- nem Verkaufe, der ihn auch noch ſo wenig befriedigt. Ein noch größerer und für die Folge verderblich wirkender Nachtheil aber entſteht noch aus dem Kommiſſionshandel dadurch, daß nur die großen Manufakturen durch denſelben gewinnen, und ſodann die kleinern durch dieſe erdrükt werden. Dis kan dann keinen an- dern als einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf den fernern Gang des Wollhandels haben. Wir berufen uns dabei auf die Mit- theilungen eines der erſten ſehr geachteten deutſchen Wollhand- lungshauſes. Sie enthalten im Weſentlichen Folgendes: „Die Woll- händler unterſtüzten früherhin oft die Produzenten mit Geld und Belehrung (die freilich zuweilen wohl mangelhaft war und mehr zu Irrthümern verleitete) in der Veredlung ihrer Heerden, und ſie gaben den Wollmanufakturiſten ſechs ja bis ſieben und zwölf Monate Kredit. Dis mußte auf einen ſoliden Gang des Woll- handels wirken, weil zwiſchen Käufer und Verkäufer das bei je- dem Handel ſo nothwendige Vertrauen begründet war. Jezt ge- ben eine Menge Schäfereibeſizer ihre Wolle an Anſtalten in Kom- miſſion, die ſie wieder an andere Kommiſſionshäuſer ſenden, wo- durch denn eine jeweilige ſo ſtarke Ueberfüllung des Marktes her- beigeführt wird, daß die beſtehenden Preiſe herabgedrükt und für das ganze Jahr niedrig geſtellt werden. Die Wollhändler, welche ſonſt Millionen in dem Artikel „Wolle“ anlegten, müſſen ſich nothgedrungen zurükziehen, indem ſie in keiner Art Konkurrenz halten können mit Kommiſſionairs, denen zulezt jeder Preis recht iſt, wenn ſie nur das Geſchäft beendigt und ihren Gewinn gezo- gen haben.“ Wir fahren in unſern Bemerkungen fort. Wollten ſich die Produzenten vor ſpäter Einbuße ſichern, ſo müßten ſie mit ihren Kommiſſionairen ſich über einen feſten Preis einigen. Dann wäre aber das was ſie als Darlehn bekämen, eine Anzahlung, und das Fehlende ein Kredit, was ſie jenem geſtatteten. Sollte derſelbe dieſes nun am Ende auch verzinſen, ſo wäre er nicht mehr Kommiſſionair, ſondern Käufer. Wir mögen die Sache alſo ſtellen wie wir wollen, ſo können wir ihr keine vortheil- hafte Seite abgewinnen. Zwei Inſtitute haben wir in unſern früher einmal gegebenen Bemerkungen über denſelben Gegenſtand von der Allgemeinheit ausgeſchloſſen. Es war die preußiſche See- handlung und das Centralbureau in Hamburg. Erſtere hat ihren Wirkungskreis in den Wollkommiſſionen ſehr beſchränkt, woge- gen das leztere deſto kräftiger auftritt. Dieſes würde man, nach unſerer Ueberzeugung und Erfahrung, falſch beurtheilen und un- verſchuldet verwerfen, wenn man es in die Kategorie der ge- wöhnlichen Kommiſſionairs ſtellen wollte. Vielmehr muß es in die Reihe der ſoliden und großen Wollhandlungen treten. Denn wie dieſe wird es nie auf leichtſinnige und niedrig eigennüzige Weiſe den Preis der Waare herabſtürzen helfen, ſondern viel- mehr auf Feſtigkeit deſſelben hinarbeiten. Seine Realität und Solidität ſichert übrigens den Kommittenten jederzeit einen Preis für ihre Wolle, wie ſie ihn von andern ſoliden Wollhändlern ſelten höher erlangen würden. Wir halten nach unſerer vollen Ueberzeugung dieſes Inſtitut gerade am meiſten für geeignet, das Unweſen des Kommiſſionshandels ſtürzen zu helfen. Wenn aber oft ein Uebel ſeine Heilung ſchon in ſich ſelbſt trägt, ſo könnte dis auch bei dem Wollkommiſſionshandel der Fall ſeyn. Deutſchland wird vom Oſten her mit einer überſchwenglichen Wollproduktion bedroht. Die jezigen niedrigen Preiſe bei uns geben unſern Käufern keine Veranlaſſung, ſich nach andern Märk- ten umzuſehen. Wenn nun jene Länder bei ihren erzeugten Maſ- ſen wenig Abnahme und gering lohuende Preiſe haben, ſo wer- den ſie damit nicht ſo ermuthigt, und ihr Gang in der Vermeh- rung und Veredlung der Schäfereien wird ruhiger und langſa- mer, ſo daß er mehr mit der Zunahme des Verbrauchs gleichen Schritt hält, und folglich keine verderbliche Störung für die deutſche Wollproduktion haben kan. — Nur noch wenige Jahre hätten die ſchwindelnden Preiſe von 1825 ſtatt finden dürfen, ſo würden die Spekulanten Wege nach dem Oſten eröfnet haben, auf welchen erdrükende Maſſen von Wolle nach den Niederlanden und England geſtrömt ſeyn würden. — Uebrigens hat ſich jener Kommiſſionshandel ſein Grab ſchon ſelbſt gegraben, und er wird gerade nur ſo lange gelebt haben, als er brauchte, um das Uebel das er anrichtete, wieder gut zu machen. J. G. Elsner. Schweiz. * Vom 26 Dec. In feierlicher Abſchiedsaudienz hat am 21 Dec. der franzöſiſche Botſchafter, Herr Graf v. Rayneval, welcher zehn Tage früher von Paris in Bern eingetroffen war, dem geheimen Rath des Standes Bern, als der vorörtlichen Behörde, ſein vom 15 Nov. datirtes Rekreditiv überreicht, worin der König ſeinen Willen ausſpricht, dem nach Wien abgehenden

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 7, 7. Januar 1830, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine07_1830/5>, abgerufen am 21.11.2024.