Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872.tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege Die politische Mißstimmung in den neuen preußischen Provinzen hat in Die Forstverwaltung in Elsaß-Lothringen ist nach der Occupation des Lan- Berlin, 8 Jan. In der heutigen Sitzung des Hauses der Abgeord- Metz, 5 Jan. Wie die "Metzer-Ztg." meldet, hat am Sylvesterabend der "Ich spreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche Oesterreichisch-ungarische Monarchie. * Aus Oesterreich, 9 Jan. Die Hauptstellen des von der Mehrheit "... Dagegen erscheint es nach den Erschütterungen welche die jüngste Ver- tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege Die politiſche Mißſtimmung in den neuen preußiſchen Provinzen hat in Die Forſtverwaltung in Elſaß-Lothringen iſt nach der Occupation des Lan- Berlin, 8 Jan. In der heutigen Sitzung des Hauſes der Abgeord- Metz, 5 Jan. Wie die „Metzer-Ztg.“ meldet, hat am Sylveſterabend der „Ich ſpreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. * Aus Oeſterreich, 9 Jan. Die Hauptſtellen des von der Mehrheit „... Dagegen erſcheint es nach den Erſchütterungen welche die jüngſte Ver- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0005" n="149"/> tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege<lb/> geltend zu machen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die politiſche Mißſtimmung in den neuen preußiſchen Provinzen hat in<lb/> letzterer Zeit Dimenſionen angenommen die zwar nicht gerade beſorgnißerregend<lb/> ſind, aber doch in den hieſigen leitenden Kreiſen peinlich berührten. Als Zeugniß<lb/> dafür wie wenig es der inſpirirten Preſſe gelungen iſt unter der Bevölkerung jener<lb/> Provinzen Sympathien für die innere preußiſche Politik zu erwecken, wollen manche<lb/> conſtatiren daß ein großer Theil der officiöſen Blätter, welche ſeit mehreren Jah-<lb/> ren in Hannover, Schleswig-Holſtein und Heſſen-Naſſau gegründet worden ſind, und<lb/> aus den geheimen Fonds des Staatsminiſteriums unterhalten werden, entweder bereits<lb/> wieder von der Bildfläche verſchwunden iſt, oder noch in dieſem Quartal das Zeit-<lb/> liche ſegnen wird. Unter andern iſt hiebei das „Kieler Correſpondenzblatt“<lb/> zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es einſtmals die<lb/> ſtolzeſte Hoffnung der Officiöſen war, und doch mit dem 1 April d. J. ſein Er-<lb/> ſcheinen einzuſtellen gezwungen iſt. In Heſſen-Naſſau iſt es nicht geglückt das frühere<lb/> Organ des Hrn. v. Möller, die „Neue Mitteldeutſche Zeitung,“ durch ein neues zu<lb/> erſetzen, und die „Neue Hannover’ſche Zeitung“ in Hannover hat kaum zweihundert<lb/> Abonnenten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die Forſtverwaltung in Elſaß-Lothringen iſt nach der Occupation des Lan-<lb/> des von den dazu berufenen deutſchen Forſtbeamten nach den dafür gültigen ge-<lb/> ſetzlichen Beſtimmungen, namentlich dem „Code Foreſtier“ vom 21 Mai 1827<lb/> und der Ordonnanz vom 1 Auguſt 1827, ſowie dem Jagdgeſetz vom 3 Mai 1844<lb/> aufgenommen und ſo fortgeführt worden wie ſie unter franzöſiſcher Herrſchaft<lb/> beſtanden hatte. Da indeſſen einzelne Beſtimmungen dieſer Geſetze der Abände-<lb/> rung bedurften um mit den thatſächlichen neu geſchaffenen Verhältniſſen<lb/> im Verbande zu verbleiben, andere Beſtimmungen nicht den in Deutſchland<lb/> gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über Forſtverwaltungs-<lb/> Einrichtungen entſprachen, ſo iſt die Einrichtung der Forſtverwaltung in Elſaß-<lb/> Lothringen durch das Geſetz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach dieſem<lb/> Geſetz gehen die Functionen der oberſten Forſtbehörde auf den Reichskanzler über, mit<lb/> der Maßgabe daß die anderweit beſtimmte geſetzliche Zuſtändigkeit anderer Behörden<lb/> gewahrt bleibt, und daß er befugt iſt ſeine Functionen, ſoweit dieß für angemeſſen<lb/> befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche<lb/> Verwaltung der Forſten ſteht nach §§. 2 bis 4 des Geſetzes den Oberförſtern, die<lb/> Leitung und Controle des Wirthſchaftsbetriebs den Forſtmeiſtern, die oberſte Lei-<lb/> tung der Landes-Forſtverwaltung dem Oberpräſidenten zu; letzterem ſteht als techni-<lb/> ſcher Rath der Landforſtmeiſter zur Seite. Die Einheit der Verwaltung iſt durch<lb/> die Vereinigung der Forſtmeiſter eines Bezirkes zu Forſtdirectionen geſichert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 8 Jan.</dateline> <p>In der heutigen Sitzung des <hi rendition="#g">Hauſes der Abgeord-<lb/> neten,</hi> der erſten nach den Ferien, legte der <hi rendition="#g">Cultusminiſter v. Mühler</hi> zwei<lb/> Geſetzentwürfe vor: der erſte betrifft die Errichtung eines evangeliſchen Conſiſtoriums<lb/> in Kaſſel, der zweite die Aufbringung der Koſten für die Synoden der evangeliſchen Ge-<lb/> meinden der Monarchie. Der <hi rendition="#g">Finanzminiſter</hi> legt einen Nachtragsetat vor, welcher<lb/> die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Feſtſtellung des Etats zu leiſten. Dieſer<lb/> Entwurf geht nebſt dem Etatsgeſetz an die Budgetcommiſſion; die beiden erſten Ent-<lb/> würfe ſollen erſt gedruckt werden, ehe über deren geſchäftliche Behandlung Beſchluß ge-<lb/> faßt wird. Der erſte Gegenſtand der Tagesordnung iſt die Verleſung der <hi rendition="#g">Interpel-<lb/> lation</hi> des Abg. <hi rendition="#g">Richter</hi> (Hagen): „Wie groß iſt gegenwärtig noch bei der preußi-<lb/> ſchen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege „Vermißten?“ 2) Welchen Umſtänden<lb/> ſchreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Geſchick dieſer Perſonen<lb/> näheres nicht hat ermittelt werden können?“ Nach Begründung der Interpellation<lb/> antwortet Miniſter Graf <hi rendition="#g">Roon:</hi> Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs<lb/> für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn ſie<lb/> gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten geſchehen iſt. Die Zahl iſt zu meiner<lb/> Ueberraſchung gewachſen; man nahm ſie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge-<lb/> nauen Nachfragen ergibt ſich daß ſie bei 14 Armeecorps und dem Gardecorps (ausge-<lb/> ſchloſſen die Württemberger und die Sachſen) 3241 beträgt. Auffallenderweiſe läßt ſich<lb/> in vielen Fällen mit an Gewißheit gränzender Wahrſcheinlichkeit angeben wo der Ver-<lb/> mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität feſtſtellen zu können. Die Marke haben<lb/> viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt.<lb/> Nach einem Gefecht läßt ſich ſelten feſtſtellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen,<lb/> todt oder verwundet iſt. Ich erkenne mit Freuden an daß die Gefangenen und Ver-<lb/> wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibaliſchen Bosheit behandelt worden<lb/> ſind wie ſie leider in vielen Fällen ſtattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß<lb/> ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Beiſpiele bekannt ſind wo Gefangene und<lb/> auch Verwundete mit ſchöner Humanität verſorgt und verpflegt worden ſind. Ich lege mit<lb/> Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Abſcheu abwende von den vielen nach-<lb/> weisbaren Fällen wo mit raſſinirter Niederträchtigkeit Ermordungen von Verwundeten<lb/> und Gefangenen ſtattgefunden haben. Vermißte Leute kommen häufig wieder zum Vor-<lb/> ſchein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner iſt deren Zahl oft groß. Ich ſelbſt habe<lb/> perſönlich vor etwa drei Monaten mich an den franzöſiſchen Geſchäftsträger gewendet,<lb/> und inſtändigſt und nachdrücklichſt der franzöſiſchen Regierung ans Herz gelegt: ſie möge<lb/> uns Nachweiſe der deutſchen Verwundeten, welche ſich in den franzöſiſchen Kranten-<lb/> häuſern befinden, oder Gefangene, die wider ihren Willen zurückgehalten werden, wieder<lb/> zuſenden. Die Zuſagen der franzöſiſchen Regierung laſſen nichts zu wünſchen übrig,<lb/> aber das Reſultat iſt null. Die Sache hat durch die Zeitungen auch ihre romantiſche<lb/> Seite erhalten, und das ſchmerzt mich, denn es werden Hoffnungen erweckt die nach<lb/> meiner Kenntniß unerfüllt bleiben müſſen. Bald ſollten in den Pyrenäen, bald auf der<lb/> Inſel Ol<hi rendition="#aq">é</hi>ron, bald in Algier Deutſche zurückgehalten ſein; nun, die angeſtellten Nach-<lb/> forſchungen haben die Unwahrheit aller dieſer oft mit großer Beſtimmtheit unter Nen-<lb/> nung von Namen gemachte Mittheilungen ohne Ausnahme ergeben; ſo iſt auch die Er-<lb/> zählung eines gewiſſen Rothſchild in Betreff des in einer Caſematte von Philippeville angeblich<lb/> zurückgehaltenen Bauernſohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts verſäumt um<lb/> über das Schickſal der Vermißten Auskunft zu erhalten; ein dickes Actenſtück (der Mini-<lb/> ſter zeigt dasſelbe) beſchäftigt ſich mit dieſen Leuten. Wir haben überall kluge Agenten<lb/> an die in den Zeitungen angegebenen Detentionsorte geſandt um nachzuforſchen, und überall<lb/> war das Reſultat: Null. In Algier befinden ſich allerdings noch 1600 Deutſche, aber<lb/> in der Fremdenlegion. Vielen iſt ihr Schickſal längſt leid; ſie ſchreiben und möchten<lb/> aus der „Gefangenſchaft“ befreit ſein. Mit dieſen Leuten haben wir hier nichts zu<lb/> thun. Ich conſtatire aber daß nie, mit Ausnahme von einem Schiffsführer und<lb/> ſieben Matroſen, jemals deutſche Gefangene in dieſem Kriege nach Algier übergeführt<lb/> worden ſind. Ich habe es für nothwendig erachtet dieß öffentlich kundzugeben, um den<lb/> falſchen romantiſchen, ſentimentalen Erzählungen ein- für allemal die Exiſtenz abzu-<lb/> ſchneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Dieſe<lb/> ſind wohl verſorgt, wohl gepflegt; die Zahl verringert ſich auch jeden Tag, denn einige<lb/> ſterben, andere können zurückbefördert werden. Dieſe Leute ſind alle gekannt. Allen<lb/> denen aber die jetzt noch nicht wiſſen ob ſie einen geſtorbenen Sohn beweinen, oder auf<lb/> einen Vermißten noch warten, kann ich keine Ausſicht auf Wiederſehen machen. Ich<lb/> muß dieß erklären, um Täuſchungen vorzubeugen die noch verſucht werden könnten und<lb/> vermieden werden müſſen. Andererſeits würde ich mich ja recht freuen wenn noch der<lb/> oder jener der Vermißten wieder zum Vorſchein käme, aber — ich glaube es nicht. Was<lb/> die Todeserklärungen betrifft, ſo erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts<lb/> enthält, daß die Regierung das Nöthige ſeiner Zeit gethan und die Sache nicht vergeſſen<lb/> hat. (Beifall.) Damit iſt die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg.<lb/><hi rendition="#g">Jacobi</hi> über den Geſetzentwurf betreffend die <hi rendition="#g">Auflöſung der Legge-Anſtalten</hi><lb/> in den Kreiſen Bielefeld, Halle, Herford und Lübbecke, in den Landdroſteibezirken Han-<lb/> nover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück und im Kreiſe Rinteln, bis zum Schluß<lb/> des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreisſtändiſchen Ver-<lb/> bänden die Befugniß zugeſtanden wird Schau-Anſtalten für Leinengewebe auf ihre<lb/> Koſten und <hi rendition="#g">unter ihrer Garantie</hi> zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten<lb/> anzuſtellen. Unter Umſtänden ſoll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer<lb/> Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, reſp. die Landdroſtei, aufrecht erhalten<lb/> werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. ſ. w. geſchaffenen<lb/> neuen Organe beſorgt. Der <hi rendition="#g">Referent</hi> führt aus daß die alte Einrichtung, um deren<lb/> Aufhebung es ſich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für<lb/> das Häringsgeſchäft in Danzig, Stettin und andern norddeutſchen Seeplätzen hatte, um<lb/> die normale Einſalzung und Verpackung im Intereſſe des Verkehrs und des Publicums<lb/> zu ſichern. Das alte Leinengeſchäft, das nur Handgeſpinnſte kannte, konnte die Legge-<lb/> Anſtalten nicht entbehren: in der Provinz Hannover exiſtiren ihrer noch 49, und das<lb/> Bielefelder Leinengeſchäft hielt ſo ſtreng auf die Prüfung des Geſpinnſtes durch die<lb/> Legge-Anſtalt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge-<lb/> ſetzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatoriſche Leinewandsſchau<lb/> durch eine facultative erſetzen, um in dieſer Weiſe den Wünſchen des hannoveriſchen und<lb/> des weſtfäliſchen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge-<lb/> Anſtalten iſt der Referent durchaus einverſtanden, dagegen findet er ihr eventuelles<lb/> Fortbeſtehen in anderer Form, die unter Umſtänden auch einen obligatoriſchen Charakter<lb/> annehmen kann, im Widerſpruche mit dem Geiſte der neuen Gewerbe-Ordnung. Er<lb/> beantragt daher daß die neuen Schau-Anſtalten nicht unter Garantie der Gemeinden<lb/> u. ſ. w. errichtet werden dürfen (ſ. o. die geſperrten Worte), und daß die Zwangs-<lb/> ſchaupflicht überall aufgehoben werden ſoll. Dagegen wünſcht er den Termin<lb/> für die Aufhebung der alten Legge-Anſtalten im Intereſſe der daran gewöhnten<lb/> Leinwandproducenten bis zum Schluſſe des Jahrs 1875 zu verlängern. <hi rendition="#g">Budden-<lb/> berg</hi> und <hi rendition="#g">Windthorſt</hi> erklären ſich gegen das Geſetz. Es handle ſich hier um<lb/> ein rein locales Intereſſe, um das Wohl und Wehe vieler tauſend Familien; der Regie-<lb/> rungsvorſchlag ſchaffe ein Proletariat zu Gunſten des Capitals. Die Legge-Anſtalten<lb/> ſeien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall derſelben werde den Arbei-<lb/> tern die Selbſtändigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler<lb/> gegeben. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Braun</hi> (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die<lb/> Auffaſſung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, ſei unrichtig;<lb/> nur die Bevormundung durch den Staat ſolle beſeitigt und der Staat von der Zahlung<lb/> der Koſten entbunden werden. <hi rendition="#g">Miquel</hi> meint: der Vorredner kenne weder den vor-<lb/> liegenden Fall noch die in Frage kommenden Verhältniſſe überhaupt. Man wolle jetzt<lb/> wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältniſſe<lb/> zu berückſichtigen. Die Intereſſenten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und<lb/> dieſe müßten ihre Intereſſen doch beſſer kennen als der Vorredner mit ſeinen<lb/> allgemeinen Genoſſenſchaftstheorien. Der <hi rendition="#g">Handelsminiſter</hi> hebt hervor daß die<lb/> Regierung die Leggen nicht todtmachen, ſondern nur den Zwang des Staats beſeitigen<lb/> wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Beſchlüſſen des Abgeordnetenhauſes. Gegen<lb/> die Hinausſchiebung bis 1875 habe er im weſentlichen nichts zu erinnern, es ſei dieß<lb/> eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Koſten zu tragen<lb/> haben. Nach kurzer Specialdiscuſſion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an-<lb/> genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Geſetz im ganzen<lb/> angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Nächſte Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Metz,</hi> 5 Jan.</dateline> <p>Wie die „Metzer-Ztg.“ meldet, hat am Sylveſterabend der<lb/> Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung<lb/> des Denkmals bei St. Privat veranſtaltete Feier von Ihrer Majeſtät der Kaiſerin<lb/> nachſtehende Depeſche erhalten:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>„Ich ſpreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche<lb/> Sie veranſtaltet haben, und die ganz der wichtigen Veranlaſſung entſprechend war. Ich<lb/> beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Geiſtlichen<lb/> und für alle Officiere der Garniſon welche durch ihre Gegenwart als Vertreter des deut-<lb/> ſchen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten.</p> <byline> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#g">Auguſta.</hi> </hi> </byline> </div> </body> </floatingText> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Aus Oeſterreich,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>Die Hauptſtellen des von der Mehrheit<lb/> des Adreß-Ausſchuſſes angenommenen Adreß-Entwurfes des Abgeordnetenhauſes<lb/> beziehen ſich auf die jüngſten ſtaatsrechtlichen Experimente, welche in rückſichtsvoller<lb/> Form zwar, aber ſehr unumwunden verurtheilt werden, und die Wahlreform, welche<lb/> allein im Stande ſei den verfaſſungsmäßigen Zuſtand in Oeſterreich endgültig zu<lb/> befeſtigen. Der Entwurf ſpricht im Eingang der gegenwärtigen Regierung volles<lb/> Vertrauen aus. Er betont ſodann, wie das Abgeordnetenhaus ſich niemals der An-<lb/> ſchauung verſchloſſen habe daß die Staatsgrundgeſetze ausreichende Mittel zur<lb/> Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Beſtimmungen derſelben<lb/> gerichteter Wünſche gewähren, daß aber Anſprüche vom Standpunkte der Ver-<lb/> faſſung aus nicht anerkannt und auf dem Wege der Verfaſſung nicht befriedigt<lb/> werden können welche die Staatsgrundgeſetze für einzelne Königreiche für nicht<lb/> verbindlich erklären, denſelben ein böhmiſches Staatsrecht gegenüberſtellen und<lb/> Böhmen die Stellung eines ſelbſtändigen Staates vindiciren. Zwiſchen ſolchen<lb/> Anſprüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht beſtehenden Verfaſſung gebe<lb/> es keinen Ausgleich, keine Vereinbarung. Die nun folgende Stelle ſpricht mit<lb/> einer bisher nie bekundeten Beſtimmtheit von der Wahlreform, und geht in dieſem<lb/> Punkte weit über die Thronrede hinaus. Letztere behält bekanntlich die Wahlrefom<lb/> für einen geeigneten Zeitpunkt vor, und verſpricht vorläufig nur ein Nothwahlge-<lb/> ſetz; die Adreſſe dagegen bringt die ſofortige Einführung durchgreifender Wahlrefor-<lb/> men in den unmittelbarſten Zuſammenhang mit den für Galizien beabſichtigten<lb/> Zugeſtändniſſen. Dieſe Stelle des Adreßentwurfes lautet wörtlich wie folgt:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>„... Dagegen erſcheint es nach den Erſchütterungen welche die jüngſte Ver-<lb/> gangenheit mit ſich brachte, und bei der durch ſie gewonnenen Klarſtellung der Lage und<lb/> der ſich geltend machenden Anſprüche, als unſere dringende Pflicht die Regierung in<lb/> ihrem Streben den verfaſſungsmäßigen Rechtszuſtand zu befeſtigen, vertrauensvoll zu<lb/> unterſtützen, und vereint mit derſelben dahin zu wirken daß die Verfaſſung feſte Wurzel<lb/> faſſe. Dieß kann aber nach unſerer durch die Vorgänge der letzten Zeit immer mehr<lb/> gefeſtigten Ueberzeugung nur dadurch geſchehen daß die Reichsvertretung in ſelbſtändi-<lb/> ger, von dem Belieben der Landtage unabhängiger Weiſe gebildet wird. Auch wir er-<lb/> blicken hierin die unmittelbare Verkörperung des öſterreichiſchen Staatsgedankens, und<lb/> nicht minder die Gewährleiſtung des unbeſtreitbaren Rechtes der treu zum Reich und zu<lb/> ſeiner Verfaſſung ſtehenden Bevölkerung eines jeden Landes in dem Reichsrathe vertre-<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0005]
tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege
geltend zu machen.
Die politiſche Mißſtimmung in den neuen preußiſchen Provinzen hat in
letzterer Zeit Dimenſionen angenommen die zwar nicht gerade beſorgnißerregend
ſind, aber doch in den hieſigen leitenden Kreiſen peinlich berührten. Als Zeugniß
dafür wie wenig es der inſpirirten Preſſe gelungen iſt unter der Bevölkerung jener
Provinzen Sympathien für die innere preußiſche Politik zu erwecken, wollen manche
conſtatiren daß ein großer Theil der officiöſen Blätter, welche ſeit mehreren Jah-
ren in Hannover, Schleswig-Holſtein und Heſſen-Naſſau gegründet worden ſind, und
aus den geheimen Fonds des Staatsminiſteriums unterhalten werden, entweder bereits
wieder von der Bildfläche verſchwunden iſt, oder noch in dieſem Quartal das Zeit-
liche ſegnen wird. Unter andern iſt hiebei das „Kieler Correſpondenzblatt“
zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es einſtmals die
ſtolzeſte Hoffnung der Officiöſen war, und doch mit dem 1 April d. J. ſein Er-
ſcheinen einzuſtellen gezwungen iſt. In Heſſen-Naſſau iſt es nicht geglückt das frühere
Organ des Hrn. v. Möller, die „Neue Mitteldeutſche Zeitung,“ durch ein neues zu
erſetzen, und die „Neue Hannover’ſche Zeitung“ in Hannover hat kaum zweihundert
Abonnenten.
Die Forſtverwaltung in Elſaß-Lothringen iſt nach der Occupation des Lan-
des von den dazu berufenen deutſchen Forſtbeamten nach den dafür gültigen ge-
ſetzlichen Beſtimmungen, namentlich dem „Code Foreſtier“ vom 21 Mai 1827
und der Ordonnanz vom 1 Auguſt 1827, ſowie dem Jagdgeſetz vom 3 Mai 1844
aufgenommen und ſo fortgeführt worden wie ſie unter franzöſiſcher Herrſchaft
beſtanden hatte. Da indeſſen einzelne Beſtimmungen dieſer Geſetze der Abände-
rung bedurften um mit den thatſächlichen neu geſchaffenen Verhältniſſen
im Verbande zu verbleiben, andere Beſtimmungen nicht den in Deutſchland
gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über Forſtverwaltungs-
Einrichtungen entſprachen, ſo iſt die Einrichtung der Forſtverwaltung in Elſaß-
Lothringen durch das Geſetz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach dieſem
Geſetz gehen die Functionen der oberſten Forſtbehörde auf den Reichskanzler über, mit
der Maßgabe daß die anderweit beſtimmte geſetzliche Zuſtändigkeit anderer Behörden
gewahrt bleibt, und daß er befugt iſt ſeine Functionen, ſoweit dieß für angemeſſen
befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche
Verwaltung der Forſten ſteht nach §§. 2 bis 4 des Geſetzes den Oberförſtern, die
Leitung und Controle des Wirthſchaftsbetriebs den Forſtmeiſtern, die oberſte Lei-
tung der Landes-Forſtverwaltung dem Oberpräſidenten zu; letzterem ſteht als techni-
ſcher Rath der Landforſtmeiſter zur Seite. Die Einheit der Verwaltung iſt durch
die Vereinigung der Forſtmeiſter eines Bezirkes zu Forſtdirectionen geſichert.
Berlin, 8 Jan. In der heutigen Sitzung des Hauſes der Abgeord-
neten, der erſten nach den Ferien, legte der Cultusminiſter v. Mühler zwei
Geſetzentwürfe vor: der erſte betrifft die Errichtung eines evangeliſchen Conſiſtoriums
in Kaſſel, der zweite die Aufbringung der Koſten für die Synoden der evangeliſchen Ge-
meinden der Monarchie. Der Finanzminiſter legt einen Nachtragsetat vor, welcher
die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Feſtſtellung des Etats zu leiſten. Dieſer
Entwurf geht nebſt dem Etatsgeſetz an die Budgetcommiſſion; die beiden erſten Ent-
würfe ſollen erſt gedruckt werden, ehe über deren geſchäftliche Behandlung Beſchluß ge-
faßt wird. Der erſte Gegenſtand der Tagesordnung iſt die Verleſung der Interpel-
lation des Abg. Richter (Hagen): „Wie groß iſt gegenwärtig noch bei der preußi-
ſchen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege „Vermißten?“ 2) Welchen Umſtänden
ſchreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Geſchick dieſer Perſonen
näheres nicht hat ermittelt werden können?“ Nach Begründung der Interpellation
antwortet Miniſter Graf Roon: Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs
für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn ſie
gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten geſchehen iſt. Die Zahl iſt zu meiner
Ueberraſchung gewachſen; man nahm ſie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge-
nauen Nachfragen ergibt ſich daß ſie bei 14 Armeecorps und dem Gardecorps (ausge-
ſchloſſen die Württemberger und die Sachſen) 3241 beträgt. Auffallenderweiſe läßt ſich
in vielen Fällen mit an Gewißheit gränzender Wahrſcheinlichkeit angeben wo der Ver-
mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität feſtſtellen zu können. Die Marke haben
viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt.
Nach einem Gefecht läßt ſich ſelten feſtſtellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen,
todt oder verwundet iſt. Ich erkenne mit Freuden an daß die Gefangenen und Ver-
wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibaliſchen Bosheit behandelt worden
ſind wie ſie leider in vielen Fällen ſtattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß
ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Beiſpiele bekannt ſind wo Gefangene und
auch Verwundete mit ſchöner Humanität verſorgt und verpflegt worden ſind. Ich lege mit
Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Abſcheu abwende von den vielen nach-
weisbaren Fällen wo mit raſſinirter Niederträchtigkeit Ermordungen von Verwundeten
und Gefangenen ſtattgefunden haben. Vermißte Leute kommen häufig wieder zum Vor-
ſchein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner iſt deren Zahl oft groß. Ich ſelbſt habe
perſönlich vor etwa drei Monaten mich an den franzöſiſchen Geſchäftsträger gewendet,
und inſtändigſt und nachdrücklichſt der franzöſiſchen Regierung ans Herz gelegt: ſie möge
uns Nachweiſe der deutſchen Verwundeten, welche ſich in den franzöſiſchen Kranten-
häuſern befinden, oder Gefangene, die wider ihren Willen zurückgehalten werden, wieder
zuſenden. Die Zuſagen der franzöſiſchen Regierung laſſen nichts zu wünſchen übrig,
aber das Reſultat iſt null. Die Sache hat durch die Zeitungen auch ihre romantiſche
Seite erhalten, und das ſchmerzt mich, denn es werden Hoffnungen erweckt die nach
meiner Kenntniß unerfüllt bleiben müſſen. Bald ſollten in den Pyrenäen, bald auf der
Inſel Oléron, bald in Algier Deutſche zurückgehalten ſein; nun, die angeſtellten Nach-
forſchungen haben die Unwahrheit aller dieſer oft mit großer Beſtimmtheit unter Nen-
nung von Namen gemachte Mittheilungen ohne Ausnahme ergeben; ſo iſt auch die Er-
zählung eines gewiſſen Rothſchild in Betreff des in einer Caſematte von Philippeville angeblich
zurückgehaltenen Bauernſohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts verſäumt um
über das Schickſal der Vermißten Auskunft zu erhalten; ein dickes Actenſtück (der Mini-
ſter zeigt dasſelbe) beſchäftigt ſich mit dieſen Leuten. Wir haben überall kluge Agenten
an die in den Zeitungen angegebenen Detentionsorte geſandt um nachzuforſchen, und überall
war das Reſultat: Null. In Algier befinden ſich allerdings noch 1600 Deutſche, aber
in der Fremdenlegion. Vielen iſt ihr Schickſal längſt leid; ſie ſchreiben und möchten
aus der „Gefangenſchaft“ befreit ſein. Mit dieſen Leuten haben wir hier nichts zu
thun. Ich conſtatire aber daß nie, mit Ausnahme von einem Schiffsführer und
ſieben Matroſen, jemals deutſche Gefangene in dieſem Kriege nach Algier übergeführt
worden ſind. Ich habe es für nothwendig erachtet dieß öffentlich kundzugeben, um den
falſchen romantiſchen, ſentimentalen Erzählungen ein- für allemal die Exiſtenz abzu-
ſchneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Dieſe
ſind wohl verſorgt, wohl gepflegt; die Zahl verringert ſich auch jeden Tag, denn einige
ſterben, andere können zurückbefördert werden. Dieſe Leute ſind alle gekannt. Allen
denen aber die jetzt noch nicht wiſſen ob ſie einen geſtorbenen Sohn beweinen, oder auf
einen Vermißten noch warten, kann ich keine Ausſicht auf Wiederſehen machen. Ich
muß dieß erklären, um Täuſchungen vorzubeugen die noch verſucht werden könnten und
vermieden werden müſſen. Andererſeits würde ich mich ja recht freuen wenn noch der
oder jener der Vermißten wieder zum Vorſchein käme, aber — ich glaube es nicht. Was
die Todeserklärungen betrifft, ſo erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts
enthält, daß die Regierung das Nöthige ſeiner Zeit gethan und die Sache nicht vergeſſen
hat. (Beifall.) Damit iſt die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg.
Jacobi über den Geſetzentwurf betreffend die Auflöſung der Legge-Anſtalten
in den Kreiſen Bielefeld, Halle, Herford und Lübbecke, in den Landdroſteibezirken Han-
nover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück und im Kreiſe Rinteln, bis zum Schluß
des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreisſtändiſchen Ver-
bänden die Befugniß zugeſtanden wird Schau-Anſtalten für Leinengewebe auf ihre
Koſten und unter ihrer Garantie zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten
anzuſtellen. Unter Umſtänden ſoll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer
Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, reſp. die Landdroſtei, aufrecht erhalten
werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. ſ. w. geſchaffenen
neuen Organe beſorgt. Der Referent führt aus daß die alte Einrichtung, um deren
Aufhebung es ſich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für
das Häringsgeſchäft in Danzig, Stettin und andern norddeutſchen Seeplätzen hatte, um
die normale Einſalzung und Verpackung im Intereſſe des Verkehrs und des Publicums
zu ſichern. Das alte Leinengeſchäft, das nur Handgeſpinnſte kannte, konnte die Legge-
Anſtalten nicht entbehren: in der Provinz Hannover exiſtiren ihrer noch 49, und das
Bielefelder Leinengeſchäft hielt ſo ſtreng auf die Prüfung des Geſpinnſtes durch die
Legge-Anſtalt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge-
ſetzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatoriſche Leinewandsſchau
durch eine facultative erſetzen, um in dieſer Weiſe den Wünſchen des hannoveriſchen und
des weſtfäliſchen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge-
Anſtalten iſt der Referent durchaus einverſtanden, dagegen findet er ihr eventuelles
Fortbeſtehen in anderer Form, die unter Umſtänden auch einen obligatoriſchen Charakter
annehmen kann, im Widerſpruche mit dem Geiſte der neuen Gewerbe-Ordnung. Er
beantragt daher daß die neuen Schau-Anſtalten nicht unter Garantie der Gemeinden
u. ſ. w. errichtet werden dürfen (ſ. o. die geſperrten Worte), und daß die Zwangs-
ſchaupflicht überall aufgehoben werden ſoll. Dagegen wünſcht er den Termin
für die Aufhebung der alten Legge-Anſtalten im Intereſſe der daran gewöhnten
Leinwandproducenten bis zum Schluſſe des Jahrs 1875 zu verlängern. Budden-
berg und Windthorſt erklären ſich gegen das Geſetz. Es handle ſich hier um
ein rein locales Intereſſe, um das Wohl und Wehe vieler tauſend Familien; der Regie-
rungsvorſchlag ſchaffe ein Proletariat zu Gunſten des Capitals. Die Legge-Anſtalten
ſeien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall derſelben werde den Arbei-
tern die Selbſtändigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler
gegeben. Dr. Braun (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die
Auffaſſung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, ſei unrichtig;
nur die Bevormundung durch den Staat ſolle beſeitigt und der Staat von der Zahlung
der Koſten entbunden werden. Miquel meint: der Vorredner kenne weder den vor-
liegenden Fall noch die in Frage kommenden Verhältniſſe überhaupt. Man wolle jetzt
wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältniſſe
zu berückſichtigen. Die Intereſſenten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und
dieſe müßten ihre Intereſſen doch beſſer kennen als der Vorredner mit ſeinen
allgemeinen Genoſſenſchaftstheorien. Der Handelsminiſter hebt hervor daß die
Regierung die Leggen nicht todtmachen, ſondern nur den Zwang des Staats beſeitigen
wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Beſchlüſſen des Abgeordnetenhauſes. Gegen
die Hinausſchiebung bis 1875 habe er im weſentlichen nichts zu erinnern, es ſei dieß
eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Koſten zu tragen
haben. Nach kurzer Specialdiscuſſion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an-
genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Geſetz im ganzen
angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Nächſte Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.)
Metz, 5 Jan. Wie die „Metzer-Ztg.“ meldet, hat am Sylveſterabend der
Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung
des Denkmals bei St. Privat veranſtaltete Feier von Ihrer Majeſtät der Kaiſerin
nachſtehende Depeſche erhalten:
„Ich ſpreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche
Sie veranſtaltet haben, und die ganz der wichtigen Veranlaſſung entſprechend war. Ich
beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Geiſtlichen
und für alle Officiere der Garniſon welche durch ihre Gegenwart als Vertreter des deut-
ſchen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten.
Auguſta.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.
* Aus Oeſterreich, 9 Jan. Die Hauptſtellen des von der Mehrheit
des Adreß-Ausſchuſſes angenommenen Adreß-Entwurfes des Abgeordnetenhauſes
beziehen ſich auf die jüngſten ſtaatsrechtlichen Experimente, welche in rückſichtsvoller
Form zwar, aber ſehr unumwunden verurtheilt werden, und die Wahlreform, welche
allein im Stande ſei den verfaſſungsmäßigen Zuſtand in Oeſterreich endgültig zu
befeſtigen. Der Entwurf ſpricht im Eingang der gegenwärtigen Regierung volles
Vertrauen aus. Er betont ſodann, wie das Abgeordnetenhaus ſich niemals der An-
ſchauung verſchloſſen habe daß die Staatsgrundgeſetze ausreichende Mittel zur
Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Beſtimmungen derſelben
gerichteter Wünſche gewähren, daß aber Anſprüche vom Standpunkte der Ver-
faſſung aus nicht anerkannt und auf dem Wege der Verfaſſung nicht befriedigt
werden können welche die Staatsgrundgeſetze für einzelne Königreiche für nicht
verbindlich erklären, denſelben ein böhmiſches Staatsrecht gegenüberſtellen und
Böhmen die Stellung eines ſelbſtändigen Staates vindiciren. Zwiſchen ſolchen
Anſprüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht beſtehenden Verfaſſung gebe
es keinen Ausgleich, keine Vereinbarung. Die nun folgende Stelle ſpricht mit
einer bisher nie bekundeten Beſtimmtheit von der Wahlreform, und geht in dieſem
Punkte weit über die Thronrede hinaus. Letztere behält bekanntlich die Wahlrefom
für einen geeigneten Zeitpunkt vor, und verſpricht vorläufig nur ein Nothwahlge-
ſetz; die Adreſſe dagegen bringt die ſofortige Einführung durchgreifender Wahlrefor-
men in den unmittelbarſten Zuſammenhang mit den für Galizien beabſichtigten
Zugeſtändniſſen. Dieſe Stelle des Adreßentwurfes lautet wörtlich wie folgt:
„... Dagegen erſcheint es nach den Erſchütterungen welche die jüngſte Ver-
gangenheit mit ſich brachte, und bei der durch ſie gewonnenen Klarſtellung der Lage und
der ſich geltend machenden Anſprüche, als unſere dringende Pflicht die Regierung in
ihrem Streben den verfaſſungsmäßigen Rechtszuſtand zu befeſtigen, vertrauensvoll zu
unterſtützen, und vereint mit derſelben dahin zu wirken daß die Verfaſſung feſte Wurzel
faſſe. Dieß kann aber nach unſerer durch die Vorgänge der letzten Zeit immer mehr
gefeſtigten Ueberzeugung nur dadurch geſchehen daß die Reichsvertretung in ſelbſtändi-
ger, von dem Belieben der Landtage unabhängiger Weiſe gebildet wird. Auch wir er-
blicken hierin die unmittelbare Verkörperung des öſterreichiſchen Staatsgedankens, und
nicht minder die Gewährleiſtung des unbeſtreitbaren Rechtes der treu zum Reich und zu
ſeiner Verfaſſung ſtehenden Bevölkerung eines jeden Landes in dem Reichsrathe vertre-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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