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Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872.

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tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege
geltend zu machen.

Die politische Mißstimmung in den neuen preußischen Provinzen hat in
letzterer Zeit Dimensionen angenommen die zwar nicht gerade besorgnißerregend
sind, aber doch in den hiesigen leitenden Kreisen peinlich berührten. Als Zeugniß
dafür wie wenig es der inspirirten Presse gelungen ist unter der Bevölkerung jener
Provinzen Sympathien für die innere preußische Politik zu erwecken, wollen manche
constatiren daß ein großer Theil der officiösen Blätter, welche seit mehreren Jah-
ren in Hannover, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau gegründet worden sind, und
aus den geheimen Fonds des Staatsministeriums unterhalten werden, entweder bereits
wieder von der Bildfläche verschwunden ist, oder noch in diesem Quartal das Zeit-
liche segnen wird. Unter andern ist hiebei das "Kieler Correspondenzblatt"
zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es einstmals die
stolzeste Hoffnung der Officiösen war, und doch mit dem 1 April d. J. sein Er-
scheinen einzustellen gezwungen ist. In Hessen-Nassau ist es nicht geglückt das frühere
Organ des Hrn. v. Möller, die "Neue Mitteldeutsche Zeitung," durch ein neues zu
ersetzen, und die "Neue Hannover'sche Zeitung" in Hannover hat kaum zweihundert
Abonnenten.

Die Forstverwaltung in Elsaß-Lothringen ist nach der Occupation des Lan-
des von den dazu berufenen deutschen Forstbeamten nach den dafür gültigen ge-
setzlichen Bestimmungen, namentlich dem "Code Forestier" vom 21 Mai 1827
und der Ordonnanz vom 1 August 1827, sowie dem Jagdgesetz vom 3 Mai 1844
aufgenommen und so fortgeführt worden wie sie unter französischer Herrschaft
bestanden hatte. Da indessen einzelne Bestimmungen dieser Gesetze der Abände-
rung bedurften um mit den thatsächlichen neu geschaffenen Verhältnissen
im Verbande zu verbleiben, andere Bestimmungen nicht den in Deutschland
gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über Forstverwaltungs-
Einrichtungen entsprachen, so ist die Einrichtung der Forstverwaltung in Elsaß-
Lothringen durch das Gesetz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach diesem
Gesetz gehen die Functionen der obersten Forstbehörde auf den Reichskanzler über, mit
der Maßgabe daß die anderweit bestimmte gesetzliche Zuständigkeit anderer Behörden
gewahrt bleibt, und daß er befugt ist seine Functionen, soweit dieß für angemessen
befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche
Verwaltung der Forsten steht nach §§. 2 bis 4 des Gesetzes den Oberförstern, die
Leitung und Controle des Wirthschaftsbetriebs den Forstmeistern, die oberste Lei-
tung der Landes-Forstverwaltung dem Oberpräsidenten zu; letzterem steht als techni-
scher Rath der Landforstmeister zur Seite. Die Einheit der Verwaltung ist durch
die Vereinigung der Forstmeister eines Bezirkes zu Forstdirectionen gesichert.

In der heutigen Sitzung des Hauses der Abgeord-
neten,
der ersten nach den Ferien, legte der Cultusminister v. Mühler zwei
Gesetzentwürfe vor: der erste betrifft die Errichtung eines evangelischen Consistoriums
in Kassel, der zweite die Aufbringung der Kosten für die Synoden der evangelischen Ge-
meinden der Monarchie. Der Finanzminister legt einen Nachtragsetat vor, welcher
die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Feststellung des Etats zu leisten. Dieser
Entwurf geht nebst dem Etatsgesetz an die Budgetcommission; die beiden ersten Ent-
würfe sollen erst gedruckt werden, ehe über deren geschäftliche Behandlung Beschluß ge-
faßt wird. Der erste Gegenstand der Tagesordnung ist die Verlesung der Interpel-
lation
des Abg. Richter (Hagen): "Wie groß ist gegenwärtig noch bei der preußi-
schen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege "Vermißten?" 2) Welchen Umständen
schreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Geschick dieser Personen
näheres nicht hat ermittelt werden können?" Nach Begründung der Interpellation
antwortet Minister Graf Roon: Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs
für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn sie
gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten geschehen ist. Die Zahl ist zu meiner
Ueberraschung gewachsen; man nahm sie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge-
nauen Nachfragen ergibt sich daß sie bei 14 Armeecorps und dem Gardecorps (ausge-
schlossen die Württemberger und die Sachsen) 3241 beträgt. Auffallenderweise läßt sich
in vielen Fällen mit an Gewißheit gränzender Wahrscheinlichkeit angeben wo der Ver-
mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität feststellen zu können. Die Marke haben
viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt.
Nach einem Gefecht läßt sich selten feststellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen,
todt oder verwundet ist. Ich erkenne mit Freuden an daß die Gefangenen und Ver-
wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibalischen Bosheit behandelt worden
sind wie sie leider in vielen Fällen stattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß
ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Beispiele bekannt sind wo Gefangene und
auch Verwundete mit schöner Humanität versorgt und verpflegt worden sind. Ich lege mit
Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Abscheu abwende von den vielen nach-
weisbaren Fällen wo mit rassinirter Niederträchtigkeit Ermordungen von Verwundeten
und Gefangenen stattgefunden haben. Vermißte Leute kommen häufig wieder zum Vor-
schein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner ist deren Zahl oft groß. Ich selbst habe
persönlich vor etwa drei Monaten mich an den französischen Geschäftsträger gewendet,
und inständigst und nachdrücklichst der französischen Regierung ans Herz gelegt: sie möge
uns Nachweise der deutschen Verwundeten, welche sich in den französischen Kranten-
häusern befinden, oder Gefangene, die wider ihren Willen zurückgehalten werden, wieder
zusenden. Die Zusagen der französischen Regierung lassen nichts zu wünschen übrig,
aber das Resultat ist null. Die Sache hat durch die Zeitungen auch ihre romantische
Seite erhalten, und das schmerzt mich, denn es werden Hoffnungen erweckt die nach
meiner Kenntniß unerfüllt bleiben müssen. Bald sollten in den Pyrenäen, bald auf der
Insel Oleron, bald in Algier Deutsche zurückgehalten sein; nun, die angestellten Nach-
forschungen haben die Unwahrheit aller dieser oft mit großer Bestimmtheit unter Nen-
nung von Namen gemachte Mittheilungen ohne Ausnahme ergeben; so ist auch die Er-
zählung eines gewissen Rothschild in Betreff des in einer Casematte von Philippeville angeblich
zurückgehaltenen Bauernsohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts versäumt um
über das Schicksal der Vermißten Auskunft zu erhalten; ein dickes Actenstück (der Mini-
ster zeigt dasselbe) beschäftigt sich mit diesen Leuten. Wir haben überall kluge Agenten
an die in den Zeitungen angegebenen Detentionsorte gesandt um nachzuforschen, und überall
war das Resultat: Null. In Algier befinden sich allerdings noch 1600 Deutsche, aber
in der Fremdenlegion. Vielen ist ihr Schicksal längst leid; sie schreiben und möchten
aus der "Gefangenschaft" befreit sein. Mit diesen Leuten haben wir hier nichts zu
thun. Ich constatire aber daß nie, mit Ausnahme von einem Schiffsführer und
sieben Matrosen, jemals deutsche Gefangene in diesem Kriege nach Algier übergeführt
worden sind. Ich habe es für nothwendig erachtet dieß öffentlich kundzugeben, um den
falschen romantischen, sentimentalen Erzählungen ein- für allemal die Existenz abzu-
schneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Diese
sind wohl versorgt, wohl gepflegt; die Zahl verringert sich auch jeden Tag, denn einige
sterben, andere können zurückbefördert werden. Diese Leute sind alle gekannt. Allen
denen aber die jetzt noch nicht wissen ob sie einen gestorbenen Sohn beweinen, oder auf
einen Vermißten noch warten, kann ich keine Aussicht auf Wiedersehen machen. Ich
muß dieß erklären, um Täuschungen vorzubeugen die noch versucht werden könnten und
vermieden werden müssen. Andererseits würde ich mich ja recht freuen wenn noch der
oder jener der Vermißten wieder zum Vorschein käme, aber -- ich glaube es nicht. Was
die Todeserklärungen betrifft, so erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts
enthält, daß die Regierung das Nöthige seiner Zeit gethan und die Sache nicht vergessen
hat. (Beifall.) Damit ist die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg.
Jacobi über den Gesetzentwurf betreffend die Auflösung der Legge-Anstalten
in den Kreisen Bielefeld, Halle, Herford und Lübbecke, in den Landdrosteibezirken Han-
nover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück und im Kreise Rinteln, bis zum Schluß
des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreisständischen Ver-
bänden die Befugniß zugestanden wird Schau-Anstalten für Leinengewebe auf ihre
Kosten und unter ihrer Garantie zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten
anzustellen. Unter Umständen soll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer
Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, resp. die Landdrostei, aufrecht erhalten
werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. s. w. geschaffenen
neuen Organe besorgt. Der Referent führt aus daß die alte Einrichtung, um deren
Aufhebung es sich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für
das Häringsgeschäft in Danzig, Stettin und andern norddeutschen Seeplätzen hatte, um
die normale Einsalzung und Verpackung im Interesse des Verkehrs und des Publicums
zu sichern. Das alte Leinengeschäft, das nur Handgespinnste kannte, konnte die Legge-
Anstalten nicht entbehren: in der Provinz Hannover existiren ihrer noch 49, und das
Bielefelder Leinengeschäft hielt so streng auf die Prüfung des Gespinnstes durch die
Legge-Anstalt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge-
setzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatorische Leinewandsschau
durch eine facultative ersetzen, um in dieser Weise den Wünschen des hannoverischen und
des westfälischen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge-
Anstalten ist der Referent durchaus einverstanden, dagegen findet er ihr eventuelles
Fortbestehen in anderer Form, die unter Umständen auch einen obligatorischen Charakter
annehmen kann, im Widerspruche mit dem Geiste der neuen Gewerbe-Ordnung. Er
beantragt daher daß die neuen Schau-Anstalten nicht unter Garantie der Gemeinden
u. s. w. errichtet werden dürfen (s. o. die gesperrten Worte), und daß die Zwangs-
schaupflicht überall aufgehoben werden soll. Dagegen wünscht er den Termin
für die Aufhebung der alten Legge-Anstalten im Interesse der daran gewöhnten
Leinwandproducenten bis zum Schlusse des Jahrs 1875 zu verlängern. Budden-
berg
und Windthorst erklären sich gegen das Gesetz. Es handle sich hier um
ein rein locales Interesse, um das Wohl und Wehe vieler tausend Familien; der Regie-
rungsvorschlag schaffe ein Proletariat zu Gunsten des Capitals. Die Legge-Anstalten
seien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall derselben werde den Arbei-
tern die Selbständigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler
gegeben. Dr. Braun (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die
Auffassung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, sei unrichtig;
nur die Bevormundung durch den Staat solle beseitigt und der Staat von der Zahlung
der Kosten entbunden werden. Miquel meint: der Vorredner kenne weder den vor-
liegenden Fall noch die in Frage kommenden Verhältnisse überhaupt. Man wolle jetzt
wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältnisse
zu berücksichtigen. Die Interessenten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und
diese müßten ihre Interessen doch besser kennen als der Vorredner mit seinen
allgemeinen Genossenschaftstheorien. Der Handelsminister hebt hervor daß die
Regierung die Leggen nicht todtmachen, sondern nur den Zwang des Staats beseitigen
wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Beschlüssen des Abgeordnetenhauses. Gegen
die Hinausschiebung bis 1875 habe er im wesentlichen nichts zu erinnern, es sei dieß
eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Kosten zu tragen
haben. Nach kurzer Specialdiscussion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an-
genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Gesetz im ganzen
angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Nächste Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.)

Wie die "Metzer-Ztg." meldet, hat am Sylvesterabend der
Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung
des Denkmals bei St. Privat veranstaltete Feier von Ihrer Majestät der Kaiserin
nachstehende Depesche erhalten:

"Ich spreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche
Sie veranstaltet haben, und die ganz der wichtigen Veranlassung entsprechend war. Ich
beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Geistlichen
und für alle Officiere der Garnison welche durch ihre Gegenwart als Vertreter des deut-
schen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten.

Oesterreichisch-ungarische Monarchie.

Die Hauptstellen des von der Mehrheit
des Adreß-Ausschusses angenommenen Adreß-Entwurfes des Abgeordnetenhauses
beziehen sich auf die jüngsten staatsrechtlichen Experimente, welche in rücksichtsvoller
Form zwar, aber sehr unumwunden verurtheilt werden, und die Wahlreform, welche
allein im Stande sei den verfassungsmäßigen Zustand in Oesterreich endgültig zu
befestigen. Der Entwurf spricht im Eingang der gegenwärtigen Regierung volles
Vertrauen aus. Er betont sodann, wie das Abgeordnetenhaus sich niemals der An-
schauung verschlossen habe daß die Staatsgrundgesetze ausreichende Mittel zur
Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Bestimmungen derselben
gerichteter Wünsche gewähren, daß aber Ansprüche vom Standpunkte der Ver-
fassung aus nicht anerkannt und auf dem Wege der Verfassung nicht befriedigt
werden können welche die Staatsgrundgesetze für einzelne Königreiche für nicht
verbindlich erklären, denselben ein böhmisches Staatsrecht gegenüberstellen und
Böhmen die Stellung eines selbständigen Staates vindiciren. Zwischen solchen
Ansprüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht bestehenden Verfassung gebe
es keinen Ausgleich, keine Vereinbarung. Die nun folgende Stelle spricht mit
einer bisher nie bekundeten Bestimmtheit von der Wahlreform, und geht in diesem
Punkte weit über die Thronrede hinaus. Letztere behält bekanntlich die Wahlrefom
für einen geeigneten Zeitpunkt vor, und verspricht vorläufig nur ein Nothwahlge-
setz; die Adresse dagegen bringt die sofortige Einführung durchgreifender Wahlrefor-
men in den unmittelbarsten Zusammenhang mit den für Galizien beabsichtigten
Zugeständnissen. Diese Stelle des Adreßentwurfes lautet wörtlich wie folgt:

"... Dagegen erscheint es nach den Erschütterungen welche die jüngste Ver-
gangenheit mit sich brachte, und bei der durch sie gewonnenen Klarstellung der Lage und
der sich geltend machenden Ansprüche, als unsere dringende Pflicht die Regierung in
ihrem Streben den verfassungsmäßigen Rechtszustand zu befestigen, vertrauensvoll zu
unterstützen, und vereint mit derselben dahin zu wirken daß die Verfassung feste Wurzel
fasse. Dieß kann aber nach unserer durch die Vorgänge der letzten Zeit immer mehr
gefestigten Ueberzeugung nur dadurch geschehen daß die Reichsvertretung in selbständi-
ger, von dem Belieben der Landtage unabhängiger Weise gebildet wird. Auch wir er-
blicken hierin die unmittelbare Verkörperung des österreichischen Staatsgedankens, und
nicht minder die Gewährleistung des unbestreitbaren Rechtes der treu zum Reich und zu
seiner Verfassung stehenden Bevölkerung eines jeden Landes in dem Reichsrathe vertre-

tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege
geltend zu machen.

Die politiſche Mißſtimmung in den neuen preußiſchen Provinzen hat in
letzterer Zeit Dimenſionen angenommen die zwar nicht gerade beſorgnißerregend
ſind, aber doch in den hieſigen leitenden Kreiſen peinlich berührten. Als Zeugniß
dafür wie wenig es der inſpirirten Preſſe gelungen iſt unter der Bevölkerung jener
Provinzen Sympathien für die innere preußiſche Politik zu erwecken, wollen manche
conſtatiren daß ein großer Theil der officiöſen Blätter, welche ſeit mehreren Jah-
ren in Hannover, Schleswig-Holſtein und Heſſen-Naſſau gegründet worden ſind, und
aus den geheimen Fonds des Staatsminiſteriums unterhalten werden, entweder bereits
wieder von der Bildfläche verſchwunden iſt, oder noch in dieſem Quartal das Zeit-
liche ſegnen wird. Unter andern iſt hiebei das „Kieler Correſpondenzblatt“
zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es einſtmals die
ſtolzeſte Hoffnung der Officiöſen war, und doch mit dem 1 April d. J. ſein Er-
ſcheinen einzuſtellen gezwungen iſt. In Heſſen-Naſſau iſt es nicht geglückt das frühere
Organ des Hrn. v. Möller, die „Neue Mitteldeutſche Zeitung,“ durch ein neues zu
erſetzen, und die „Neue Hannover’ſche Zeitung“ in Hannover hat kaum zweihundert
Abonnenten.

Die Forſtverwaltung in Elſaß-Lothringen iſt nach der Occupation des Lan-
des von den dazu berufenen deutſchen Forſtbeamten nach den dafür gültigen ge-
ſetzlichen Beſtimmungen, namentlich dem „Code Foreſtier“ vom 21 Mai 1827
und der Ordonnanz vom 1 Auguſt 1827, ſowie dem Jagdgeſetz vom 3 Mai 1844
aufgenommen und ſo fortgeführt worden wie ſie unter franzöſiſcher Herrſchaft
beſtanden hatte. Da indeſſen einzelne Beſtimmungen dieſer Geſetze der Abände-
rung bedurften um mit den thatſächlichen neu geſchaffenen Verhältniſſen
im Verbande zu verbleiben, andere Beſtimmungen nicht den in Deutſchland
gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über Forſtverwaltungs-
Einrichtungen entſprachen, ſo iſt die Einrichtung der Forſtverwaltung in Elſaß-
Lothringen durch das Geſetz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach dieſem
Geſetz gehen die Functionen der oberſten Forſtbehörde auf den Reichskanzler über, mit
der Maßgabe daß die anderweit beſtimmte geſetzliche Zuſtändigkeit anderer Behörden
gewahrt bleibt, und daß er befugt iſt ſeine Functionen, ſoweit dieß für angemeſſen
befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche
Verwaltung der Forſten ſteht nach §§. 2 bis 4 des Geſetzes den Oberförſtern, die
Leitung und Controle des Wirthſchaftsbetriebs den Forſtmeiſtern, die oberſte Lei-
tung der Landes-Forſtverwaltung dem Oberpräſidenten zu; letzterem ſteht als techni-
ſcher Rath der Landforſtmeiſter zur Seite. Die Einheit der Verwaltung iſt durch
die Vereinigung der Forſtmeiſter eines Bezirkes zu Forſtdirectionen geſichert.

In der heutigen Sitzung des Hauſes der Abgeord-
neten,
der erſten nach den Ferien, legte der Cultusminiſter v. Mühler zwei
Geſetzentwürfe vor: der erſte betrifft die Errichtung eines evangeliſchen Conſiſtoriums
in Kaſſel, der zweite die Aufbringung der Koſten für die Synoden der evangeliſchen Ge-
meinden der Monarchie. Der Finanzminiſter legt einen Nachtragsetat vor, welcher
die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Feſtſtellung des Etats zu leiſten. Dieſer
Entwurf geht nebſt dem Etatsgeſetz an die Budgetcommiſſion; die beiden erſten Ent-
würfe ſollen erſt gedruckt werden, ehe über deren geſchäftliche Behandlung Beſchluß ge-
faßt wird. Der erſte Gegenſtand der Tagesordnung iſt die Verleſung der Interpel-
lation
des Abg. Richter (Hagen): „Wie groß iſt gegenwärtig noch bei der preußi-
ſchen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege „Vermißten?“ 2) Welchen Umſtänden
ſchreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Geſchick dieſer Perſonen
näheres nicht hat ermittelt werden können?“ Nach Begründung der Interpellation
antwortet Miniſter Graf Roon: Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs
für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn ſie
gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten geſchehen iſt. Die Zahl iſt zu meiner
Ueberraſchung gewachſen; man nahm ſie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge-
nauen Nachfragen ergibt ſich daß ſie bei 14 Armeecorps und dem Gardecorps (ausge-
ſchloſſen die Württemberger und die Sachſen) 3241 beträgt. Auffallenderweiſe läßt ſich
in vielen Fällen mit an Gewißheit gränzender Wahrſcheinlichkeit angeben wo der Ver-
mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität feſtſtellen zu können. Die Marke haben
viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt.
Nach einem Gefecht läßt ſich ſelten feſtſtellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen,
todt oder verwundet iſt. Ich erkenne mit Freuden an daß die Gefangenen und Ver-
wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibaliſchen Bosheit behandelt worden
ſind wie ſie leider in vielen Fällen ſtattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß
ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Beiſpiele bekannt ſind wo Gefangene und
auch Verwundete mit ſchöner Humanität verſorgt und verpflegt worden ſind. Ich lege mit
Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Abſcheu abwende von den vielen nach-
weisbaren Fällen wo mit raſſinirter Niederträchtigkeit Ermordungen von Verwundeten
und Gefangenen ſtattgefunden haben. Vermißte Leute kommen häufig wieder zum Vor-
ſchein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner iſt deren Zahl oft groß. Ich ſelbſt habe
perſönlich vor etwa drei Monaten mich an den franzöſiſchen Geſchäftsträger gewendet,
und inſtändigſt und nachdrücklichſt der franzöſiſchen Regierung ans Herz gelegt: ſie möge
uns Nachweiſe der deutſchen Verwundeten, welche ſich in den franzöſiſchen Kranten-
häuſern befinden, oder Gefangene, die wider ihren Willen zurückgehalten werden, wieder
zuſenden. Die Zuſagen der franzöſiſchen Regierung laſſen nichts zu wünſchen übrig,
aber das Reſultat iſt null. Die Sache hat durch die Zeitungen auch ihre romantiſche
Seite erhalten, und das ſchmerzt mich, denn es werden Hoffnungen erweckt die nach
meiner Kenntniß unerfüllt bleiben müſſen. Bald ſollten in den Pyrenäen, bald auf der
Inſel Oléron, bald in Algier Deutſche zurückgehalten ſein; nun, die angeſtellten Nach-
forſchungen haben die Unwahrheit aller dieſer oft mit großer Beſtimmtheit unter Nen-
nung von Namen gemachte Mittheilungen ohne Ausnahme ergeben; ſo iſt auch die Er-
zählung eines gewiſſen Rothſchild in Betreff des in einer Caſematte von Philippeville angeblich
zurückgehaltenen Bauernſohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts verſäumt um
über das Schickſal der Vermißten Auskunft zu erhalten; ein dickes Actenſtück (der Mini-
ſter zeigt dasſelbe) beſchäftigt ſich mit dieſen Leuten. Wir haben überall kluge Agenten
an die in den Zeitungen angegebenen Detentionsorte geſandt um nachzuforſchen, und überall
war das Reſultat: Null. In Algier befinden ſich allerdings noch 1600 Deutſche, aber
in der Fremdenlegion. Vielen iſt ihr Schickſal längſt leid; ſie ſchreiben und möchten
aus der „Gefangenſchaft“ befreit ſein. Mit dieſen Leuten haben wir hier nichts zu
thun. Ich conſtatire aber daß nie, mit Ausnahme von einem Schiffsführer und
ſieben Matroſen, jemals deutſche Gefangene in dieſem Kriege nach Algier übergeführt
worden ſind. Ich habe es für nothwendig erachtet dieß öffentlich kundzugeben, um den
falſchen romantiſchen, ſentimentalen Erzählungen ein- für allemal die Exiſtenz abzu-
ſchneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Dieſe
ſind wohl verſorgt, wohl gepflegt; die Zahl verringert ſich auch jeden Tag, denn einige
ſterben, andere können zurückbefördert werden. Dieſe Leute ſind alle gekannt. Allen
denen aber die jetzt noch nicht wiſſen ob ſie einen geſtorbenen Sohn beweinen, oder auf
einen Vermißten noch warten, kann ich keine Ausſicht auf Wiederſehen machen. Ich
muß dieß erklären, um Täuſchungen vorzubeugen die noch verſucht werden könnten und
vermieden werden müſſen. Andererſeits würde ich mich ja recht freuen wenn noch der
oder jener der Vermißten wieder zum Vorſchein käme, aber — ich glaube es nicht. Was
die Todeserklärungen betrifft, ſo erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts
enthält, daß die Regierung das Nöthige ſeiner Zeit gethan und die Sache nicht vergeſſen
hat. (Beifall.) Damit iſt die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg.
Jacobi über den Geſetzentwurf betreffend die Auflöſung der Legge-Anſtalten
in den Kreiſen Bielefeld, Halle, Herford und Lübbecke, in den Landdroſteibezirken Han-
nover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück und im Kreiſe Rinteln, bis zum Schluß
des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreisſtändiſchen Ver-
bänden die Befugniß zugeſtanden wird Schau-Anſtalten für Leinengewebe auf ihre
Koſten und unter ihrer Garantie zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten
anzuſtellen. Unter Umſtänden ſoll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer
Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, reſp. die Landdroſtei, aufrecht erhalten
werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. ſ. w. geſchaffenen
neuen Organe beſorgt. Der Referent führt aus daß die alte Einrichtung, um deren
Aufhebung es ſich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für
das Häringsgeſchäft in Danzig, Stettin und andern norddeutſchen Seeplätzen hatte, um
die normale Einſalzung und Verpackung im Intereſſe des Verkehrs und des Publicums
zu ſichern. Das alte Leinengeſchäft, das nur Handgeſpinnſte kannte, konnte die Legge-
Anſtalten nicht entbehren: in der Provinz Hannover exiſtiren ihrer noch 49, und das
Bielefelder Leinengeſchäft hielt ſo ſtreng auf die Prüfung des Geſpinnſtes durch die
Legge-Anſtalt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge-
ſetzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatoriſche Leinewandsſchau
durch eine facultative erſetzen, um in dieſer Weiſe den Wünſchen des hannoveriſchen und
des weſtfäliſchen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge-
Anſtalten iſt der Referent durchaus einverſtanden, dagegen findet er ihr eventuelles
Fortbeſtehen in anderer Form, die unter Umſtänden auch einen obligatoriſchen Charakter
annehmen kann, im Widerſpruche mit dem Geiſte der neuen Gewerbe-Ordnung. Er
beantragt daher daß die neuen Schau-Anſtalten nicht unter Garantie der Gemeinden
u. ſ. w. errichtet werden dürfen (ſ. o. die geſperrten Worte), und daß die Zwangs-
ſchaupflicht überall aufgehoben werden ſoll. Dagegen wünſcht er den Termin
für die Aufhebung der alten Legge-Anſtalten im Intereſſe der daran gewöhnten
Leinwandproducenten bis zum Schluſſe des Jahrs 1875 zu verlängern. Budden-
berg
und Windthorſt erklären ſich gegen das Geſetz. Es handle ſich hier um
ein rein locales Intereſſe, um das Wohl und Wehe vieler tauſend Familien; der Regie-
rungsvorſchlag ſchaffe ein Proletariat zu Gunſten des Capitals. Die Legge-Anſtalten
ſeien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall derſelben werde den Arbei-
tern die Selbſtändigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler
gegeben. Dr. Braun (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die
Auffaſſung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, ſei unrichtig;
nur die Bevormundung durch den Staat ſolle beſeitigt und der Staat von der Zahlung
der Koſten entbunden werden. Miquel meint: der Vorredner kenne weder den vor-
liegenden Fall noch die in Frage kommenden Verhältniſſe überhaupt. Man wolle jetzt
wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältniſſe
zu berückſichtigen. Die Intereſſenten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und
dieſe müßten ihre Intereſſen doch beſſer kennen als der Vorredner mit ſeinen
allgemeinen Genoſſenſchaftstheorien. Der Handelsminiſter hebt hervor daß die
Regierung die Leggen nicht todtmachen, ſondern nur den Zwang des Staats beſeitigen
wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Beſchlüſſen des Abgeordnetenhauſes. Gegen
die Hinausſchiebung bis 1875 habe er im weſentlichen nichts zu erinnern, es ſei dieß
eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Koſten zu tragen
haben. Nach kurzer Specialdiscuſſion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an-
genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Geſetz im ganzen
angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Nächſte Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.)

Wie die „Metzer-Ztg.“ meldet, hat am Sylveſterabend der
Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung
des Denkmals bei St. Privat veranſtaltete Feier von Ihrer Majeſtät der Kaiſerin
nachſtehende Depeſche erhalten:

„Ich ſpreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche
Sie veranſtaltet haben, und die ganz der wichtigen Veranlaſſung entſprechend war. Ich
beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Geiſtlichen
und für alle Officiere der Garniſon welche durch ihre Gegenwart als Vertreter des deut-
ſchen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten.

Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie.

Die Hauptſtellen des von der Mehrheit
des Adreß-Ausſchuſſes angenommenen Adreß-Entwurfes des Abgeordnetenhauſes
beziehen ſich auf die jüngſten ſtaatsrechtlichen Experimente, welche in rückſichtsvoller
Form zwar, aber ſehr unumwunden verurtheilt werden, und die Wahlreform, welche
allein im Stande ſei den verfaſſungsmäßigen Zuſtand in Oeſterreich endgültig zu
befeſtigen. Der Entwurf ſpricht im Eingang der gegenwärtigen Regierung volles
Vertrauen aus. Er betont ſodann, wie das Abgeordnetenhaus ſich niemals der An-
ſchauung verſchloſſen habe daß die Staatsgrundgeſetze ausreichende Mittel zur
Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Beſtimmungen derſelben
gerichteter Wünſche gewähren, daß aber Anſprüche vom Standpunkte der Ver-
faſſung aus nicht anerkannt und auf dem Wege der Verfaſſung nicht befriedigt
werden können welche die Staatsgrundgeſetze für einzelne Königreiche für nicht
verbindlich erklären, denſelben ein böhmiſches Staatsrecht gegenüberſtellen und
Böhmen die Stellung eines ſelbſtändigen Staates vindiciren. Zwiſchen ſolchen
Anſprüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht beſtehenden Verfaſſung gebe
es keinen Ausgleich, keine Vereinbarung. Die nun folgende Stelle ſpricht mit
einer bisher nie bekundeten Beſtimmtheit von der Wahlreform, und geht in dieſem
Punkte weit über die Thronrede hinaus. Letztere behält bekanntlich die Wahlrefom
für einen geeigneten Zeitpunkt vor, und verſpricht vorläufig nur ein Nothwahlge-
ſetz; die Adreſſe dagegen bringt die ſofortige Einführung durchgreifender Wahlrefor-
men in den unmittelbarſten Zuſammenhang mit den für Galizien beabſichtigten
Zugeſtändniſſen. Dieſe Stelle des Adreßentwurfes lautet wörtlich wie folgt:

„... Dagegen erſcheint es nach den Erſchütterungen welche die jüngſte Ver-
gangenheit mit ſich brachte, und bei der durch ſie gewonnenen Klarſtellung der Lage und
der ſich geltend machenden Anſprüche, als unſere dringende Pflicht die Regierung in
ihrem Streben den verfaſſungsmäßigen Rechtszuſtand zu befeſtigen, vertrauensvoll zu
unterſtützen, und vereint mit derſelben dahin zu wirken daß die Verfaſſung feſte Wurzel
faſſe. Dieß kann aber nach unſerer durch die Vorgänge der letzten Zeit immer mehr
gefeſtigten Ueberzeugung nur dadurch geſchehen daß die Reichsvertretung in ſelbſtändi-
ger, von dem Belieben der Landtage unabhängiger Weiſe gebildet wird. Auch wir er-
blicken hierin die unmittelbare Verkörperung des öſterreichiſchen Staatsgedankens, und
nicht minder die Gewährleiſtung des unbeſtreitbaren Rechtes der treu zum Reich und zu
ſeiner Verfaſſung ſtehenden Bevölkerung eines jeden Landes in dem Reichsrathe vertre-

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            <p>Die politi&#x017F;che Miß&#x017F;timmung in den neuen preußi&#x017F;chen Provinzen hat in<lb/>
letzterer Zeit Dimen&#x017F;ionen angenommen die zwar nicht gerade be&#x017F;orgnißerregend<lb/>
&#x017F;ind, aber doch in den hie&#x017F;igen leitenden Krei&#x017F;en peinlich berührten. Als Zeugniß<lb/>
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Provinzen Sympathien für die innere preußi&#x017F;che Politik zu erwecken, wollen manche<lb/>
con&#x017F;tatiren daß ein großer Theil der officiö&#x017F;en Blätter, welche &#x017F;eit mehreren Jah-<lb/>
ren in Hannover, Schleswig-Hol&#x017F;tein und He&#x017F;&#x017F;en-Na&#x017F;&#x017F;au gegründet worden &#x017F;ind, und<lb/>
aus den geheimen Fonds des Staatsmini&#x017F;teriums unterhalten werden, entweder bereits<lb/>
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liche &#x017F;egnen wird. Unter andern i&#x017F;t hiebei das &#x201E;Kieler Corre&#x017F;pondenzblatt&#x201C;<lb/>
zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es ein&#x017F;tmals die<lb/>
&#x017F;tolze&#x017F;te Hoffnung der Officiö&#x017F;en war, und doch mit dem 1 April d. J. &#x017F;ein Er-<lb/>
&#x017F;cheinen einzu&#x017F;tellen gezwungen i&#x017F;t. In He&#x017F;&#x017F;en-Na&#x017F;&#x017F;au i&#x017F;t es nicht geglückt das frühere<lb/>
Organ des Hrn. v. Möller, die &#x201E;Neue Mitteldeut&#x017F;che Zeitung,&#x201C; durch ein neues zu<lb/>
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            <p>Die For&#x017F;tverwaltung in El&#x017F;aß-Lothringen i&#x017F;t nach der Occupation des Lan-<lb/>
des von den dazu berufenen deut&#x017F;chen For&#x017F;tbeamten nach den dafür gültigen ge-<lb/>
&#x017F;etzlichen Be&#x017F;timmungen, namentlich dem &#x201E;Code Fore&#x017F;tier&#x201C; vom 21 Mai 1827<lb/>
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aufgenommen und &#x017F;o fortgeführt worden wie &#x017F;ie unter franzö&#x017F;i&#x017F;cher Herr&#x017F;chaft<lb/>
be&#x017F;tanden hatte. Da inde&#x017F;&#x017F;en einzelne Be&#x017F;timmungen die&#x017F;er Ge&#x017F;etze der Abände-<lb/>
rung bedurften um mit den that&#x017F;ächlichen neu ge&#x017F;chaffenen Verhältni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
im Verbande zu verbleiben, andere Be&#x017F;timmungen nicht den in Deut&#x017F;chland<lb/>
gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über For&#x017F;tverwaltungs-<lb/>
Einrichtungen ent&#x017F;prachen, &#x017F;o i&#x017F;t die Einrichtung der For&#x017F;tverwaltung in El&#x017F;aß-<lb/>
Lothringen durch das Ge&#x017F;etz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach die&#x017F;em<lb/>
Ge&#x017F;etz gehen die Functionen der ober&#x017F;ten For&#x017F;tbehörde auf den Reichskanzler über, mit<lb/>
der Maßgabe daß die anderweit be&#x017F;timmte ge&#x017F;etzliche Zu&#x017F;tändigkeit anderer Behörden<lb/>
gewahrt bleibt, und daß er befugt i&#x017F;t &#x017F;eine Functionen, &#x017F;oweit dieß für angeme&#x017F;&#x017F;en<lb/>
befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche<lb/>
Verwaltung der For&#x017F;ten &#x017F;teht nach §§. 2 bis 4 des Ge&#x017F;etzes den Oberför&#x017F;tern, die<lb/>
Leitung und Controle des Wirth&#x017F;chaftsbetriebs den For&#x017F;tmei&#x017F;tern, die ober&#x017F;te Lei-<lb/>
tung der Landes-For&#x017F;tverwaltung dem Oberprä&#x017F;identen zu; letzterem &#x017F;teht als techni-<lb/>
&#x017F;cher Rath der Landfor&#x017F;tmei&#x017F;ter zur Seite. Die Einheit der Verwaltung i&#x017F;t durch<lb/>
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            <p>In der heutigen Sitzung des <hi rendition="#g">Hau&#x017F;es der Abgeord-<lb/>
neten,</hi> der er&#x017F;ten nach den Ferien, legte der <hi rendition="#g">Cultusmini&#x017F;ter v. Mühler</hi> zwei<lb/>
Ge&#x017F;etzentwürfe vor: der er&#x017F;te betrifft die Errichtung eines evangeli&#x017F;chen Con&#x017F;i&#x017F;toriums<lb/>
in Ka&#x017F;&#x017F;el, der zweite die Aufbringung der Ko&#x017F;ten für die Synoden der evangeli&#x017F;chen Ge-<lb/>
meinden der Monarchie. Der <hi rendition="#g">Finanzmini&#x017F;ter</hi> legt einen Nachtragsetat vor, welcher<lb/>
die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Fe&#x017F;t&#x017F;tellung des Etats zu lei&#x017F;ten. Die&#x017F;er<lb/>
Entwurf geht neb&#x017F;t dem Etatsge&#x017F;etz an die Budgetcommi&#x017F;&#x017F;ion; die beiden er&#x017F;ten Ent-<lb/>
würfe &#x017F;ollen er&#x017F;t gedruckt werden, ehe über deren ge&#x017F;chäftliche Behandlung Be&#x017F;chluß ge-<lb/>
faßt wird. Der er&#x017F;te Gegen&#x017F;tand der Tagesordnung i&#x017F;t die Verle&#x017F;ung der <hi rendition="#g">Interpel-<lb/>
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&#x017F;chen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege &#x201E;Vermißten?&#x201C; 2) Welchen Um&#x017F;tänden<lb/>
&#x017F;chreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Ge&#x017F;chick die&#x017F;er Per&#x017F;onen<lb/>
näheres nicht hat ermittelt werden können?&#x201C; Nach Begründung der Interpellation<lb/>
antwortet Mini&#x017F;ter Graf <hi rendition="#g">Roon:</hi> Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs<lb/>
für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn &#x017F;ie<lb/>
gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten ge&#x017F;chehen i&#x017F;t. Die Zahl i&#x017F;t zu meiner<lb/>
Ueberra&#x017F;chung gewach&#x017F;en; man nahm &#x017F;ie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge-<lb/>
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&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en die Württemberger und die Sach&#x017F;en) 3241 beträgt. Auffallenderwei&#x017F;e läßt &#x017F;ich<lb/>
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mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität fe&#x017F;t&#x017F;tellen zu können. Die Marke haben<lb/>
viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt.<lb/>
Nach einem Gefecht läßt &#x017F;ich &#x017F;elten fe&#x017F;t&#x017F;tellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen,<lb/>
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wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibali&#x017F;chen Bosheit behandelt worden<lb/>
&#x017F;ind wie &#x017F;ie leider in vielen Fällen &#x017F;tattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß<lb/>
ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Bei&#x017F;piele bekannt &#x017F;ind wo Gefangene und<lb/>
auch Verwundete mit &#x017F;chöner Humanität ver&#x017F;orgt und verpflegt worden &#x017F;ind. Ich lege mit<lb/>
Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Ab&#x017F;cheu abwende von den vielen nach-<lb/>
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&#x017F;chein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner i&#x017F;t deren Zahl oft groß. Ich &#x017F;elb&#x017F;t habe<lb/>
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zurückgehaltenen Bauern&#x017F;ohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts ver&#x017F;äumt um<lb/>
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&#x017F;ter zeigt das&#x017F;elbe) be&#x017F;chäftigt &#x017F;ich mit die&#x017F;en Leuten. Wir haben überall kluge Agenten<lb/>
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&#x017F;chneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Die&#x017F;e<lb/>
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&#x017F;terben, andere können zurückbefördert werden. Die&#x017F;e Leute &#x017F;ind alle gekannt. Allen<lb/>
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einen Vermißten noch warten, kann ich keine Aus&#x017F;icht auf Wieder&#x017F;ehen machen. Ich<lb/>
muß dieß erklären, um Täu&#x017F;chungen vorzubeugen die noch ver&#x017F;ucht werden könnten und<lb/>
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oder jener der Vermißten wieder zum Vor&#x017F;chein käme, aber &#x2014; ich glaube es nicht. Was<lb/>
die Todeserklärungen betrifft, &#x017F;o erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts<lb/>
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hat. (Beifall.) Damit i&#x017F;t die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg.<lb/><hi rendition="#g">Jacobi</hi> über den Ge&#x017F;etzentwurf betreffend die <hi rendition="#g">Auflö&#x017F;ung der Legge-An&#x017F;talten</hi><lb/>
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des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreis&#x017F;tändi&#x017F;chen Ver-<lb/>
bänden die Befugniß zuge&#x017F;tanden wird Schau-An&#x017F;talten für Leinengewebe auf ihre<lb/>
Ko&#x017F;ten und <hi rendition="#g">unter ihrer Garantie</hi> zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten<lb/>
anzu&#x017F;tellen. Unter Um&#x017F;tänden &#x017F;oll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer<lb/>
Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, re&#x017F;p. die Landdro&#x017F;tei, aufrecht erhalten<lb/>
werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. &#x017F;. w. ge&#x017F;chaffenen<lb/>
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Aufhebung es &#x017F;ich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für<lb/>
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die normale Ein&#x017F;alzung und Verpackung im Intere&#x017F;&#x017F;e des Verkehrs und des Publicums<lb/>
zu &#x017F;ichern. Das alte Leinenge&#x017F;chäft, das nur Handge&#x017F;pinn&#x017F;te kannte, konnte die Legge-<lb/>
An&#x017F;talten nicht entbehren: in der Provinz Hannover exi&#x017F;tiren ihrer noch 49, und das<lb/>
Bielefelder Leinenge&#x017F;chäft hielt &#x017F;o &#x017F;treng auf die Prüfung des Ge&#x017F;pinn&#x017F;tes durch die<lb/>
Legge-An&#x017F;talt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge-<lb/>
&#x017F;etzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatori&#x017F;che Leinewands&#x017F;chau<lb/>
durch eine facultative er&#x017F;etzen, um in die&#x017F;er Wei&#x017F;e den Wün&#x017F;chen des hannoveri&#x017F;chen und<lb/>
des we&#x017F;tfäli&#x017F;chen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge-<lb/>
An&#x017F;talten i&#x017F;t der Referent durchaus einver&#x017F;tanden, dagegen findet er ihr eventuelles<lb/>
Fortbe&#x017F;tehen in anderer Form, die unter Um&#x017F;tänden auch einen obligatori&#x017F;chen Charakter<lb/>
annehmen kann, im Wider&#x017F;pruche mit dem Gei&#x017F;te der neuen Gewerbe-Ordnung. Er<lb/>
beantragt daher daß die neuen Schau-An&#x017F;talten nicht unter Garantie der Gemeinden<lb/>
u. &#x017F;. w. errichtet werden dürfen (&#x017F;. o. die ge&#x017F;perrten Worte), und daß die Zwangs-<lb/>
&#x017F;chaupflicht überall aufgehoben werden &#x017F;oll. Dagegen wün&#x017F;cht er den Termin<lb/>
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Leinwandproducenten bis zum Schlu&#x017F;&#x017F;e des Jahrs 1875 zu verlängern. <hi rendition="#g">Budden-<lb/>
berg</hi> und <hi rendition="#g">Windthor&#x017F;t</hi> erklären &#x017F;ich gegen das Ge&#x017F;etz. Es handle &#x017F;ich hier um<lb/>
ein rein locales Intere&#x017F;&#x017F;e, um das Wohl und Wehe vieler tau&#x017F;end Familien; der Regie-<lb/>
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&#x017F;eien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall der&#x017F;elben werde den Arbei-<lb/>
tern die Selb&#x017F;tändigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler<lb/>
gegeben. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Braun</hi> (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die<lb/>
Auffa&#x017F;&#x017F;ung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, &#x017F;ei unrichtig;<lb/>
nur die Bevormundung durch den Staat &#x017F;olle be&#x017F;eitigt und der Staat von der Zahlung<lb/>
der Ko&#x017F;ten entbunden werden. <hi rendition="#g">Miquel</hi> meint: der Vorredner kenne weder den vor-<lb/>
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wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zu berück&#x017F;ichtigen. Die Intere&#x017F;&#x017F;enten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und<lb/>
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allgemeinen Geno&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftstheorien. Der <hi rendition="#g">Handelsmini&#x017F;ter</hi> hebt hervor daß die<lb/>
Regierung die Leggen nicht todtmachen, &#x017F;ondern nur den Zwang des Staats be&#x017F;eitigen<lb/>
wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;en des Abgeordnetenhau&#x017F;es. Gegen<lb/>
die Hinaus&#x017F;chiebung bis 1875 habe er im we&#x017F;entlichen nichts zu erinnern, es &#x017F;ei dieß<lb/>
eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Ko&#x017F;ten zu tragen<lb/>
haben. Nach kurzer Specialdiscu&#x017F;&#x017F;ion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an-<lb/>
genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Ge&#x017F;etz im ganzen<lb/>
angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Näch&#x017F;te Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.)</p>
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            <p>Wie die &#x201E;Metzer-Ztg.&#x201C; meldet, hat am Sylve&#x017F;terabend der<lb/>
Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung<lb/>
des Denkmals bei St. Privat veran&#x017F;taltete Feier von Ihrer Maje&#x017F;tät der Kai&#x017F;erin<lb/>
nach&#x017F;tehende Depe&#x017F;che erhalten:</p><lb/>
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beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Gei&#x017F;tlichen<lb/>
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&#x017F;chen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten.</p>
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            <p>Die Haupt&#x017F;tellen des von der Mehrheit<lb/>
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Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Be&#x017F;timmungen der&#x017F;elben<lb/>
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Böhmen die Stellung eines &#x017F;elb&#x017F;tändigen Staates vindiciren. Zwi&#x017F;chen &#x017F;olchen<lb/>
An&#x017F;prüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht be&#x017F;tehenden Verfa&#x017F;&#x017F;ung gebe<lb/>
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[149/0005] tete Verpflichtung der Betreffenden zur Entrichtung der Steuer im Rechtswege geltend zu machen. Die politiſche Mißſtimmung in den neuen preußiſchen Provinzen hat in letzterer Zeit Dimenſionen angenommen die zwar nicht gerade beſorgnißerregend ſind, aber doch in den hieſigen leitenden Kreiſen peinlich berührten. Als Zeugniß dafür wie wenig es der inſpirirten Preſſe gelungen iſt unter der Bevölkerung jener Provinzen Sympathien für die innere preußiſche Politik zu erwecken, wollen manche conſtatiren daß ein großer Theil der officiöſen Blätter, welche ſeit mehreren Jah- ren in Hannover, Schleswig-Holſtein und Heſſen-Naſſau gegründet worden ſind, und aus den geheimen Fonds des Staatsminiſteriums unterhalten werden, entweder bereits wieder von der Bildfläche verſchwunden iſt, oder noch in dieſem Quartal das Zeit- liche ſegnen wird. Unter andern iſt hiebei das „Kieler Correſpondenzblatt“ zu erwähnen, das mit bedeutenden Mitteln dotirt ward, weil es einſtmals die ſtolzeſte Hoffnung der Officiöſen war, und doch mit dem 1 April d. J. ſein Er- ſcheinen einzuſtellen gezwungen iſt. In Heſſen-Naſſau iſt es nicht geglückt das frühere Organ des Hrn. v. Möller, die „Neue Mitteldeutſche Zeitung,“ durch ein neues zu erſetzen, und die „Neue Hannover’ſche Zeitung“ in Hannover hat kaum zweihundert Abonnenten. Die Forſtverwaltung in Elſaß-Lothringen iſt nach der Occupation des Lan- des von den dazu berufenen deutſchen Forſtbeamten nach den dafür gültigen ge- ſetzlichen Beſtimmungen, namentlich dem „Code Foreſtier“ vom 21 Mai 1827 und der Ordonnanz vom 1 Auguſt 1827, ſowie dem Jagdgeſetz vom 3 Mai 1844 aufgenommen und ſo fortgeführt worden wie ſie unter franzöſiſcher Herrſchaft beſtanden hatte. Da indeſſen einzelne Beſtimmungen dieſer Geſetze der Abände- rung bedurften um mit den thatſächlichen neu geſchaffenen Verhältniſſen im Verbande zu verbleiben, andere Beſtimmungen nicht den in Deutſchland gewonnenen, geprüften und erprobten Erfahrungen über Forſtverwaltungs- Einrichtungen entſprachen, ſo iſt die Einrichtung der Forſtverwaltung in Elſaß- Lothringen durch das Geſetz vom 30 Dec. v. J. neu geregelt worden. Nach dieſem Geſetz gehen die Functionen der oberſten Forſtbehörde auf den Reichskanzler über, mit der Maßgabe daß die anderweit beſtimmte geſetzliche Zuſtändigkeit anderer Behörden gewahrt bleibt, und daß er befugt iſt ſeine Functionen, ſoweit dieß für angemeſſen befunden wird, auf untergeordnete Behörden zu übertragen. Die verantwortliche Verwaltung der Forſten ſteht nach §§. 2 bis 4 des Geſetzes den Oberförſtern, die Leitung und Controle des Wirthſchaftsbetriebs den Forſtmeiſtern, die oberſte Lei- tung der Landes-Forſtverwaltung dem Oberpräſidenten zu; letzterem ſteht als techni- ſcher Rath der Landforſtmeiſter zur Seite. Die Einheit der Verwaltung iſt durch die Vereinigung der Forſtmeiſter eines Bezirkes zu Forſtdirectionen geſichert. Berlin, 8 Jan. In der heutigen Sitzung des Hauſes der Abgeord- neten, der erſten nach den Ferien, legte der Cultusminiſter v. Mühler zwei Geſetzentwürfe vor: der erſte betrifft die Errichtung eines evangeliſchen Conſiſtoriums in Kaſſel, der zweite die Aufbringung der Koſten für die Synoden der evangeliſchen Ge- meinden der Monarchie. Der Finanzminiſter legt einen Nachtragsetat vor, welcher die Ermächtigung enthält die Ausgaben bis zur Feſtſtellung des Etats zu leiſten. Dieſer Entwurf geht nebſt dem Etatsgeſetz an die Budgetcommiſſion; die beiden erſten Ent- würfe ſollen erſt gedruckt werden, ehe über deren geſchäftliche Behandlung Beſchluß ge- faßt wird. Der erſte Gegenſtand der Tagesordnung iſt die Verleſung der Interpel- lation des Abg. Richter (Hagen): „Wie groß iſt gegenwärtig noch bei der preußi- ſchen Armee die Zahl der aus dem letzten Kriege „Vermißten?“ 2) Welchen Umſtänden ſchreibt es die Staatsregierung vornehmlich zu daß über das Geſchick dieſer Perſonen näheres nicht hat ermittelt werden können?“ Nach Begründung der Interpellation antwortet Miniſter Graf Roon: Ich will nicht verhehlen daß ich die Fragen anfangs für müßig hielt; aber jetzt gereicht mir die Interpellation zur Befriedigung, denn ſie gibt mir Anlaß zu erklären was für die Vermißten geſchehen iſt. Die Zahl iſt zu meiner Ueberraſchung gewachſen; man nahm ſie anfangs auf 1300 bis 1400 an, nach ge- nauen Nachfragen ergibt ſich daß ſie bei 14 Armeecorps und dem Gardecorps (ausge- ſchloſſen die Württemberger und die Sachſen) 3241 beträgt. Auffallenderweiſe läßt ſich in vielen Fällen mit an Gewißheit gränzender Wahrſcheinlichkeit angeben wo der Ver- mißte begraben liegt, ohne jedoch die Identität feſtſtellen zu können. Die Marke haben viele Verwundete die nachher geheilt ins Vaterland zurückkehrten nicht mehr gehabt. Nach einem Gefecht läßt ſich ſelten feſtſtellen ob ein Mann der vermißt wird, gefangen, todt oder verwundet iſt. Ich erkenne mit Freuden an daß die Gefangenen und Ver- wundeten nicht überall mit der Rohheit und cannibaliſchen Bosheit behandelt worden ſind wie ſie leider in vielen Fällen ſtattgefunden hat. Die Gerechtigkeit erfordert es daß ich es zu meiner Freude erkläre wie mir viele Beiſpiele bekannt ſind wo Gefangene und auch Verwundete mit ſchöner Humanität verſorgt und verpflegt worden ſind. Ich lege mit Freuden Zeugniß hievon ab, wie ich mich mit Abſcheu abwende von den vielen nach- weisbaren Fällen wo mit raſſinirter Niederträchtigkeit Ermordungen von Verwundeten und Gefangenen ſtattgefunden haben. Vermißte Leute kommen häufig wieder zum Vor- ſchein, nach Ueberfällen, Expeditionen Einzelner iſt deren Zahl oft groß. Ich ſelbſt habe perſönlich vor etwa drei Monaten mich an den franzöſiſchen Geſchäftsträger gewendet, und inſtändigſt und nachdrücklichſt der franzöſiſchen Regierung ans Herz gelegt: ſie möge uns Nachweiſe der deutſchen Verwundeten, welche ſich in den franzöſiſchen Kranten- häuſern befinden, oder Gefangene, die wider ihren Willen zurückgehalten werden, wieder zuſenden. Die Zuſagen der franzöſiſchen Regierung laſſen nichts zu wünſchen übrig, aber das Reſultat iſt null. Die Sache hat durch die Zeitungen auch ihre romantiſche Seite erhalten, und das ſchmerzt mich, denn es werden Hoffnungen erweckt die nach meiner Kenntniß unerfüllt bleiben müſſen. Bald ſollten in den Pyrenäen, bald auf der Inſel Oléron, bald in Algier Deutſche zurückgehalten ſein; nun, die angeſtellten Nach- forſchungen haben die Unwahrheit aller dieſer oft mit großer Beſtimmtheit unter Nen- nung von Namen gemachte Mittheilungen ohne Ausnahme ergeben; ſo iſt auch die Er- zählung eines gewiſſen Rothſchild in Betreff des in einer Caſematte von Philippeville angeblich zurückgehaltenen Bauernſohnes einfach erlogen. Die Regierung hat nichts verſäumt um über das Schickſal der Vermißten Auskunft zu erhalten; ein dickes Actenſtück (der Mini- ſter zeigt dasſelbe) beſchäftigt ſich mit dieſen Leuten. Wir haben überall kluge Agenten an die in den Zeitungen angegebenen Detentionsorte geſandt um nachzuforſchen, und überall war das Reſultat: Null. In Algier befinden ſich allerdings noch 1600 Deutſche, aber in der Fremdenlegion. Vielen iſt ihr Schickſal längſt leid; ſie ſchreiben und möchten aus der „Gefangenſchaft“ befreit ſein. Mit dieſen Leuten haben wir hier nichts zu thun. Ich conſtatire aber daß nie, mit Ausnahme von einem Schiffsführer und ſieben Matroſen, jemals deutſche Gefangene in dieſem Kriege nach Algier übergeführt worden ſind. Ich habe es für nothwendig erachtet dieß öffentlich kundzugeben, um den falſchen romantiſchen, ſentimentalen Erzählungen ein- für allemal die Exiſtenz abzu- ſchneiden. In Frankreich liegen noch etwa 100 nicht transportable Verwundete. Dieſe ſind wohl verſorgt, wohl gepflegt; die Zahl verringert ſich auch jeden Tag, denn einige ſterben, andere können zurückbefördert werden. Dieſe Leute ſind alle gekannt. Allen denen aber die jetzt noch nicht wiſſen ob ſie einen geſtorbenen Sohn beweinen, oder auf einen Vermißten noch warten, kann ich keine Ausſicht auf Wiederſehen machen. Ich muß dieß erklären, um Täuſchungen vorzubeugen die noch verſucht werden könnten und vermieden werden müſſen. Andererſeits würde ich mich ja recht freuen wenn noch der oder jener der Vermißten wieder zum Vorſchein käme, aber — ich glaube es nicht. Was die Todeserklärungen betrifft, ſo erkläre ich, obgleich die Interpellation darüber nichts enthält, daß die Regierung das Nöthige ſeiner Zeit gethan und die Sache nicht vergeſſen hat. (Beifall.) Damit iſt die Interpellation erledigt, und es folgt der Bericht des Abg. Jacobi über den Geſetzentwurf betreffend die Auflöſung der Legge-Anſtalten in den Kreiſen Bielefeld, Halle, Herford und Lübbecke, in den Landdroſteibezirken Han- nover, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück und im Kreiſe Rinteln, bis zum Schluß des Jahres 1873, wobei den Gemeinden, Amtsvertretungen und kreisſtändiſchen Ver- bänden die Befugniß zugeſtanden wird Schau-Anſtalten für Leinengewebe auf ihre Koſten und unter ihrer Garantie zu errichten und die dafür erforderlichen Beamten anzuſtellen. Unter Umſtänden ſoll die Fortdauer der Schaupflicht unter Androhung einer Geldbuße bis zu 10 Thlrn. durch die Regierung, reſp. die Landdroſtei, aufrecht erhalten werden, die Prüfung wird jedoch durch die von den Gemeinden u. ſ. w. geſchaffenen neuen Organe beſorgt. Der Referent führt aus daß die alte Einrichtung, um deren Aufhebung es ſich hier handelt, einen Pendant nur an einer ähnlichen Einrichtung für das Häringsgeſchäft in Danzig, Stettin und andern norddeutſchen Seeplätzen hatte, um die normale Einſalzung und Verpackung im Intereſſe des Verkehrs und des Publicums zu ſichern. Das alte Leinengeſchäft, das nur Handgeſpinnſte kannte, konnte die Legge- Anſtalten nicht entbehren: in der Provinz Hannover exiſtiren ihrer noch 49, und das Bielefelder Leinengeſchäft hielt ſo ſtreng auf die Prüfung des Geſpinnſtes durch die Legge-Anſtalt, daß auf den Verkauf ungeleggter Leinwand eine Strafe von 5 Thlrn. ge- ſetzt war. Die Staatsregierung will nun die bisherige obligatoriſche Leinewandsſchau durch eine facultative erſetzen, um in dieſer Weiſe den Wünſchen des hannoveriſchen und des weſtfäliſchen Provinciallandtags zu genügen. Mit der Aufhebung der alten Legge- Anſtalten iſt der Referent durchaus einverſtanden, dagegen findet er ihr eventuelles Fortbeſtehen in anderer Form, die unter Umſtänden auch einen obligatoriſchen Charakter annehmen kann, im Widerſpruche mit dem Geiſte der neuen Gewerbe-Ordnung. Er beantragt daher daß die neuen Schau-Anſtalten nicht unter Garantie der Gemeinden u. ſ. w. errichtet werden dürfen (ſ. o. die geſperrten Worte), und daß die Zwangs- ſchaupflicht überall aufgehoben werden ſoll. Dagegen wünſcht er den Termin für die Aufhebung der alten Legge-Anſtalten im Intereſſe der daran gewöhnten Leinwandproducenten bis zum Schluſſe des Jahrs 1875 zu verlängern. Budden- berg und Windthorſt erklären ſich gegen das Geſetz. Es handle ſich hier um ein rein locales Intereſſe, um das Wohl und Wehe vieler tauſend Familien; der Regie- rungsvorſchlag ſchaffe ein Proletariat zu Gunſten des Capitals. Die Legge-Anſtalten ſeien aus dem Bedürfniß hervorgegangen, mit dem Wegfall derſelben werde den Arbei- tern die Selbſtändigkeit genommen werden, die kleinen Leute in die Hände der Händler gegeben. Dr. Braun (Wiesbaden) befürwortet die Anträge des Referenten. Die Auffaſſung der Vorredner, der Entwurf wolle alle Leggen unterdrücken, ſei unrichtig; nur die Bevormundung durch den Staat ſolle beſeitigt und der Staat von der Zahlung der Koſten entbunden werden. Miquel meint: der Vorredner kenne weder den vor- liegenden Fall noch die in Frage kommenden Verhältniſſe überhaupt. Man wolle jetzt wie ein blinder Doctrinär überall den Zwang aufheben, ohne die concreten Verhältniſſe zu berückſichtigen. Die Intereſſenten wollen die Aufhebung des Zwanges nicht, und dieſe müßten ihre Intereſſen doch beſſer kennen als der Vorredner mit ſeinen allgemeinen Genoſſenſchaftstheorien. Der Handelsminiſter hebt hervor daß die Regierung die Leggen nicht todtmachen, ſondern nur den Zwang des Staats beſeitigen wolle. Die Vorlage beruhe auf früheren Beſchlüſſen des Abgeordnetenhauſes. Gegen die Hinausſchiebung bis 1875 habe er im weſentlichen nichts zu erinnern, es ſei dieß eine Finanzfrage, und der Staat würde nur noch zwei Jahre länger die Koſten zu tragen haben. Nach kurzer Specialdiscuſſion werden die Anträge des Referenten zu §. 1 an- genommen, zu den übrigen Paragraphen abgelehnt, und dann wird das Geſetz im ganzen angenommen. Schluß halb 4 Uhr. Nächſte Sitzung morgen 10 Uhr. (B. Bl.) Metz, 5 Jan. Wie die „Metzer-Ztg.“ meldet, hat am Sylveſterabend der Gouverneur von Metz, General v. Bentheim, als Dank für die zur Einweihung des Denkmals bei St. Privat veranſtaltete Feier von Ihrer Majeſtät der Kaiſerin nachſtehende Depeſche erhalten: „Ich ſpreche Ihnen Meinen aufrichtigen Dank für die würdige Feier aus welche Sie veranſtaltet haben, und die ganz der wichtigen Veranlaſſung entſprechend war. Ich beauftrage Sie mit Meinem Danke für den Commandanten, für die beiden Geiſtlichen und für alle Officiere der Garniſon welche durch ihre Gegenwart als Vertreter des deut- ſchen Heeres die Einweihung des Denkmals ehrten. Auguſta. Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. * Aus Oeſterreich, 9 Jan. Die Hauptſtellen des von der Mehrheit des Adreß-Ausſchuſſes angenommenen Adreß-Entwurfes des Abgeordnetenhauſes beziehen ſich auf die jüngſten ſtaatsrechtlichen Experimente, welche in rückſichtsvoller Form zwar, aber ſehr unumwunden verurtheilt werden, und die Wahlreform, welche allein im Stande ſei den verfaſſungsmäßigen Zuſtand in Oeſterreich endgültig zu befeſtigen. Der Entwurf ſpricht im Eingang der gegenwärtigen Regierung volles Vertrauen aus. Er betont ſodann, wie das Abgeordnetenhaus ſich niemals der An- ſchauung verſchloſſen habe daß die Staatsgrundgeſetze ausreichende Mittel zur Geltendmachung berechtigter, auf Abänderung einzelner Beſtimmungen derſelben gerichteter Wünſche gewähren, daß aber Anſprüche vom Standpunkte der Ver- faſſung aus nicht anerkannt und auf dem Wege der Verfaſſung nicht befriedigt werden können welche die Staatsgrundgeſetze für einzelne Königreiche für nicht verbindlich erklären, denſelben ein böhmiſches Staatsrecht gegenüberſtellen und Böhmen die Stellung eines ſelbſtändigen Staates vindiciren. Zwiſchen ſolchen Anſprüchen und der für Böhmen gleichfalls zu Recht beſtehenden Verfaſſung gebe es keinen Ausgleich, keine Vereinbarung. Die nun folgende Stelle ſpricht mit einer bisher nie bekundeten Beſtimmtheit von der Wahlreform, und geht in dieſem Punkte weit über die Thronrede hinaus. Letztere behält bekanntlich die Wahlrefom für einen geeigneten Zeitpunkt vor, und verſpricht vorläufig nur ein Nothwahlge- ſetz; die Adreſſe dagegen bringt die ſofortige Einführung durchgreifender Wahlrefor- men in den unmittelbarſten Zuſammenhang mit den für Galizien beabſichtigten Zugeſtändniſſen. Dieſe Stelle des Adreßentwurfes lautet wörtlich wie folgt: „... Dagegen erſcheint es nach den Erſchütterungen welche die jüngſte Ver- gangenheit mit ſich brachte, und bei der durch ſie gewonnenen Klarſtellung der Lage und der ſich geltend machenden Anſprüche, als unſere dringende Pflicht die Regierung in ihrem Streben den verfaſſungsmäßigen Rechtszuſtand zu befeſtigen, vertrauensvoll zu unterſtützen, und vereint mit derſelben dahin zu wirken daß die Verfaſſung feſte Wurzel faſſe. Dieß kann aber nach unſerer durch die Vorgänge der letzten Zeit immer mehr gefeſtigten Ueberzeugung nur dadurch geſchehen daß die Reichsvertretung in ſelbſtändi- ger, von dem Belieben der Landtage unabhängiger Weiſe gebildet wird. Auch wir er- blicken hierin die unmittelbare Verkörperung des öſterreichiſchen Staatsgedankens, und nicht minder die Gewährleiſtung des unbeſtreitbaren Rechtes der treu zum Reich und zu ſeiner Verfaſſung ſtehenden Bevölkerung eines jeden Landes in dem Reichsrathe vertre-

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1872, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1872/5>, abgerufen am 21.11.2024.