Allgemeine Zeitung. Nr. 127. München, 17. März 1908.München, Dienstag Allgemeine Zeitung 17. März 1908. Nr. 127. bildungswesen in Preußen fand in einer Sitzung im Kaiserin Dem Kaiser wurde von der erfolgten Konstituierung des In dem zum Andenken an Ihre hochselige Majestät die Nach Schluß der Sitzung empfing Reichskanzler Fürst Der 18. März. * Der Bund der Arbeitgeberverbände Groß-Berlins Die Isolierung des Freisinns. Gegenüber den Andeutungen in der Weser-Ztg., denen "Dieser Bericht beruht mit Ausnahme der Eingangssätze, Leider steht es trotzdem recht schlecht um den Block und Die kolonialen Ergänzungsetats sind jetzt dem Reichstage nebst den Anleihegesetzen für die Sie fordern im einzelnen für Ostafrika 36,250 M im Im einzelnen stellen sich die Forderungen wie folgt: Ostafrika: 84,100 M für Bekämpfung epidemischer Krank- Kamerun: 4 Mill. M zum Bau einer Eisenbahn von Togo: 148,500 M für Deckung eines Fehlbetrages aus dem Südwestafrika: 7,800,000 M für Fortführung der Eisen- Durch die Ergänzungsforderungen erhöhen sich die Joseph v. Kristoffy. Es ist ein Zeichen der steigenden Unzufriedenheit in Tatsächlich befindet sich die jetzige Koalitionsregie- Politische Nachrichten. Eigener telegr. Dienst der "Allgemeinen Zeitung". Die Beilegung des Streitfalles zwischen China und Japan. * Peking, 14. März.(Reuter-Meldung.) Das Ministerium * New-York, 16. März. (Auf dem deutsch-atlantischen Kabel.) Friedensvorschläge Muley Hafids? * Paris, 16. März.Offiziös wird gemeldet, General für den Beginn von Friedensverhandlungen gestellt hat, entsprechen durchaus den Wünschen, die Minister Pichon in seiner jüngsten Rede in der französischen Kammer aus- sprach. D. Red.) * Tanger, 15. März. Wie aus Casablanca ge- Lißts Legende von der hl. Elisabeth, neu einstudiert im kgl. Hoftheater. Lißts Oratorium "Die Legende von der hl. Elisabeth" Bei einer guten Aufführung und Ausstattung sind die Die musikalische Leitung hat gerade bei dieser Oper, Theater und Musik. W. Klavier-Abend. Die Poesie der Technik, die Poesie der München, Dienstag Allgemeine Zeitung 17. März 1908. Nr. 127. bildungsweſen in Preußen fand in einer Sitzung im Kaiſerin Dem Kaiſer wurde von der erfolgten Konſtituierung des In dem zum Andenken an Ihre hochſelige Majeſtät die Nach Schluß der Sitzung empfing Reichskanzler Fürſt Der 18. März. * Der Bund der Arbeitgeberverbände Groß-Berlins Die Iſolierung des Freiſinns. Gegenüber den Andeutungen in der Weſer-Ztg., denen „Dieſer Bericht beruht mit Ausnahme der Eingangsſätze, Leider ſteht es trotzdem recht ſchlecht um den Block und Die kolonialen Ergänzungsetats ſind jetzt dem Reichstage nebſt den Anleihegeſetzen für die Sie fordern im einzelnen für Oſtafrika 36,250 M im Im einzelnen ſtellen ſich die Forderungen wie folgt: Oſtafrika: 84,100 M für Bekämpfung epidemiſcher Krank- Kamerun: 4 Mill. M zum Bau einer Eiſenbahn von Togo: 148,500 M für Deckung eines Fehlbetrages aus dem Südweſtafrika: 7,800,000 M für Fortführung der Eiſen- Durch die Ergänzungsforderungen erhöhen ſich die Joſeph v. Kriſtoffy. Es iſt ein Zeichen der ſteigenden Unzufriedenheit in Tatſächlich befindet ſich die jetzige Koalitionsregie- Politiſche Nachrichten. Eigener telegr. Dienſt der „Allgemeinen Zeitung“. Die Beilegung des Streitfalles zwiſchen China und Japan. * Peking, 14. März.(Reuter-Meldung.) Das Miniſterium * New-York, 16. März. (Auf dem deutſch-atlantiſchen Kabel.) Friedensvorſchläge Muley Hafids? * Paris, 16. März.Offiziös wird gemeldet, General für den Beginn von Friedensverhandlungen geſtellt hat, entſprechen durchaus den Wünſchen, die Miniſter Pichon in ſeiner jüngſten Rede in der franzöſiſchen Kammer aus- ſprach. D. Red.) * Tanger, 15. März. Wie aus Caſablanca ge- Liſzts Legende von der hl. Eliſabeth, neu einſtudiert im kgl. Hoftheater. Liſzts Oratorium „Die Legende von der hl. Eliſabeth“ Bei einer guten Aufführung und Ausſtattung ſind die Die muſikaliſche Leitung hat gerade bei dieſer Oper, Theater und Muſik. W. Klavier-Abend. Die Poeſie der Technik, die Poeſie der <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0002" n="Seite 2[2]"/><lb/> <fw place="top" type="header">München, Dienstag Allgemeine Zeitung 17. März 1908. Nr. 127.</fw><lb/> <p>bildungsweſen in Preußen fand in einer Sitzung im Kaiſerin<lb/> Friedrich-Hauſe ein Zuſammenſchluß der in den einzelnen Bundes-<lb/> ſtaaten ſchon vorhandenen Landeskomitees zu einem „Reichsaus-<lb/> ſchuß für das ärztliche Fortbildungsweſen“ ſtatt. Die Sitzung<lb/> wurde von dem früheren Miniſterialdirektor Exz. <hi rendition="#g">Althoff</hi> ge-<lb/> leitet. Der Staatsſekretär des Innern v. Bethmann-Hollweg<lb/> hatte den Direktor im Reichsamt des Innern v. Jonquieres mit<lb/> ſeiner perſönlichen Vertretung betraut und weiter drei amtliche<lb/> Vertreter des Reichsamtes des Innern abgeordnet. Es waren<lb/> ferner als Delegierte abgeordnet für 1. Baden: Ober-Med.-Rat<lb/> Dr. Greiff (Karlsruhe). Geh.-Rat Prof. Dr. Krehl (Heidelberg),<lb/> G.-R. Prof. Dr. v. Kries (Freiburg); 2. <hi rendition="#g">Bayern:</hi> kgl.<lb/> Geh.-Rat Prof. Dr. v. <hi rendition="#g">Angerer</hi> (München); 3. Bremen:<lb/> Senator Stadtländer; 4. Elſaß-Lothringen: Wirkl. Geh. Ober-<lb/> Reg.-Rat Halley; 5. Hamburg: Med.-Rat Prof. Dr. Nocht;<lb/> 6. Preußen: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Waldeyer, Geh. Med.-Rat<lb/> Prof. Dr. v. Renvers, Prof. Dr. R. Kutner; 7. Sachſen: General-<lb/> arzt Dr. Credé (Dresden); 8. Württemberg: Präſident des Medi-<lb/> zinalkollegiums v. Neſtle (Stuttgart) u. a. Nach dem Statut, deſſen<lb/> Entwurf in der Sitzung zum Beſchluß erhoben wurde, verfolgt<lb/> der „Reichsausſchuß“ die Aufgabe, das ärztliche Fortbildungs-<lb/> weſen möglichſt zu fördern, indem er zu dieſem Zwecke namentlich:<lb/><hi rendition="#aq">a</hi>) den Landeskomitees mit Rat und Tat zur Seite ſteht, <hi rendition="#aq">b</hi>) auf<lb/> die Bildung von weiteren Landeskomitees, und wo dies nicht<lb/> erreichbar iſt, von lokalen Vereinigungen für die Veranſtaltung<lb/> von Kurſen und Vorträgen hinwirkt, <hi rendition="#aq">c</hi>) das auf das ärztliche<lb/> Fortbildungsweſen bezügliche Material ſammelt und bearbeitet,<lb/> um als Auskunſtſtelle für alle hierbei in Betracht kommenden<lb/> Fragen zu dienen. — In den <hi rendition="#g">Ehrenvorſtand</hi> wurden ge-<lb/> wählt: als Präſident der Reichskanzler <hi rendition="#g">Fürſt Bülow;</hi> als<lb/> Mitglieder <hi rendition="#g">Herzog Karl Theodor in Bayern,</hi> der<lb/> Staatsſekretär des Innern v. Bethmann-Hollweg, Wirkl. Geh.<lb/> Rat Althoff, Gen.-Stabsarzt der Armee Dr. Schjerning, Wirkl.<lb/> Geh. Rat Robert Koch und der Vorſitzende des „Deutſchen Aerzte-<lb/> Vereins-Bundes“ Prof. Dr. Löbker. Den Vorſtand bilden die<lb/> Herren: als Vorſitzender Geh. Med.-Rat Prof. Dr. v. Renvers<lb/> (Berlin): als ſtellvertretender Vorſitzender kgl. Geh. Rat Prof.<lb/> Dr. v. Angerer (München): als Beiſitzer Geh. Rat Präſident<lb/> Buſchbeck (Dresden), Ober-Med.-Rat Dr. Greiff (Karlsruhe),<lb/> Präſident v. Neſtle (Stuttgart), Geh. Med.-Rat Prof. Dr.<lb/> Waldener (Berlin); als Generalſekretär Prof. Dr. R. Kutner<lb/> (Berlin).</p><lb/> <p>Dem <hi rendition="#g">Kaiſer</hi> wurde von der erfolgten Konſtituierung des<lb/> Reichsausſchuſſes durch folgendes Telegramm Mitteilung ge-<lb/> macht:</p><lb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>In dem zum Andenken an Ihre hochſelige Majeſtät die<lb/> Kaiſerin Friedrich, die erlauchte Förderin des ärztlichen Fort-<lb/> bildungsweſens errichteten Kaiſerin Friedrich-Haus haben ſich<lb/> heute die aus den einzelnen Bundesſtaaten delegierten Ver-<lb/> treter der Landeskomitees verſammelt. um unter deren Zu-<lb/> ſammenſchluß einen „Reichsausſchuß für das ärztliche Fort-<lb/> bildungsweſen“ zu konſtituieren. Indem wir Euere kaiſerliche<lb/> und königliche Majeſtät bitten, von der Konſtituierung Aller-<lb/> gnädigſt Kenntnis nehmen zu wollen, geloben wir im Sinne<lb/> der verklärten Fürſtin, das beſte Können für die Aufgaben der<lb/> ärztlichen Fortbildung und für die mit ihm ſo eng verbundene<lb/> öffentliche Volksgeſundheit unſeres Vaterlandes einzuſetzen.</p> </div> </body> </floatingText><lb/> <p>Nach Schluß der Sitzung empfing <hi rendition="#g">Reichskanzler Fürſt<lb/> Bülow</hi> in ſeinem Palais Vorſtand und Delegierte. Auf eine<lb/> Anſprache des Herrn v. Renvers erwiderte der Kanzler. Er<lb/> wies auf die wiſſenſchaftliche Stellung der deutſchen Medizin hin,<lb/> die augenblicklich unſtreitig die Fackel vorantrage. Kein akademi-<lb/> ſcher Stand tue ſo viel für ſeine Fortbildung wie der ärztliche.<lb/> Dabei komme der Arzt mehr als der Geiſtliche und Juriſt mit<lb/> der breiten Maſſe des Volkes in Berührung und wirke auf weite<lb/> Kreiſe belehrend und erziehend ein. Darin liege die große<lb/> ſozialpolitiſche Bedeutung des Aerzteſtandes und deshalb würde<lb/> er gern alles tun, um die deutſchen Aerzte im allgemeinen und<lb/> den Reichsausſchuß für das ärztliche Fortbildungsweſen im be-<lb/> ſonderen in ſeinen Beſtrebungen zu fördern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der 18. März.</hi> </head><lb/> <p>* Der Bund der Arbeitgeberverbände Groß-Berlins<lb/> hat am Samstag in einer außerordentlichen Sitzung zu dem<lb/> Antrag der Gewerkſchaften, der 18. März möchte zu Wahl-<lb/> rechtskundgebungen wenigſtens teilweiſe freigegeben<lb/> werden, Stellung genommen. Nach eingehender Beratung<lb/> wurde beſchloſſen, alle am 18. März voll oder teilweiſe<lb/> Feiernden zu entlaſſen und nicht vor Montag, den 23. März,<lb/> wieder einzuſtellen. Denſelben Beſchluß hatten die dem<lb/> Bunde angeſchloſſenen 25 Arbeitgeberverbände ſchon einzeln<lb/> in ihren außerordentlichen Generalverſammlungen gefaßt.<lb/> Auch die dem Bunde nicht angehörigen Verbände, wie die<lb/> Wäſchefabrikanten, das Herren-Maßſchneidergewerbe uſw.,<lb/> denen vom Bunde anheimgegeben war, denſelben Beſchluß<lb/><cb/> zu faſſen, haben faſt alle zugeſtimmt. Der Verband der<lb/> Berliner Metallinduſtriellen hat ſeine Mitglieder ange-<lb/> wieſen, unter keinen Umſtänden den 18. März freizugeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Iſolierung des Freiſinns.</hi> </head><lb/> <p>Gegenüber den Andeutungen in der Weſer-Ztg., denen<lb/> ſchon von nationalliberaler Seite entgegengetreten worden<lb/> iſt, ſchreibt nunmehr der Abg. <hi rendition="#g">Frhr. v. Zedlitz</hi> in der<lb/> Poſt:</p><lb/> <cit> <quote>„Dieſer Bericht beruht mit Ausnahme der Eingangsſätze,<lb/> in denen die Gründe für eine frühzeitige Vornahme der Wahl<lb/> erörtert werden, auf freier Erfindung. Insbeſondere habe ich<lb/> nie geſagt, „daß ein feſtes Wahlbündnis zwiſchen Konſervativen<lb/> und Freikonſervativen bereits geſchloſſen und von der Regie-<lb/> rung das Verſprechen gegeben ſei, daß man ihren Kandidaten<lb/> genau ſo wie bei den früheren Wahlen entgegenkommen werde;<lb/> das oberſte Prinzip aber bleibe die Einſchnürung der Freiſinni-<lb/> gen, ſoweit es gehe; in der möglichſten Aufteilung der frei-<lb/> ſinnigen Mandate täten die heutigen Regierungsparteien ſich<lb/> zuſammen.“ Ebenſo frei erfunden iſt, daß dieſer Plan von<lb/> einem preußiſchen Staatsminiſter mit den Herren Dr. v. Heyde-<lb/> brand, v. Gamp und mir bei Bier und Imbiß vereinbart wor-<lb/> den ſei. ... Zedlitz.“</quote> </cit><lb/> <p>Leider ſteht es trotzdem recht ſchlecht um den Block und<lb/> zwar namentlich infolge der Vorgänge in der Börſengeſetz-<lb/> kommiſſion.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die kolonialen Ergänzungsetats</hi> </head><lb/> <p>ſind jetzt dem Reichstage nebſt den Anleihegeſetzen für die<lb/> ſüdweſtafrikaniſche Bahn zugegangen.</p><lb/> <p>Sie fordern im einzelnen für <hi rendition="#g">Oſtafrika</hi> 36,250 M im<lb/> ordentlichen Etat, 25,325,000 M im außerordentlichen Etat; für<lb/><hi rendition="#g">Kamerun</hi> 4 Mill. M; für <hi rendition="#g">Togo</hi> 148,500 M im ordentlichen<lb/> Etat, 4 Mill. M im außerordentlichen Etat; für <hi rendition="#g">Südweſt-<lb/> afrika</hi> 6,382,475 M.</p><lb/> <p>Im einzelnen ſtellen ſich die Forderungen wie folgt:</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Oſtafrika:</hi> 84,100 M für Bekämpfung epidemiſcher Krank-<lb/> heiten, 2,000,000 M zur Fortführung der Uſambarabahn von<lb/> Mombo bis zum Panganifluß, 1. Rate, 325,000 M zur Vermehrung<lb/> des Fuhrparkes der Uſambarabahn, 8,000,000 M Darlehen an<lb/> die Oſtafrikaniſche Eiſenbahngeſellſchaft zur Fortführung der<lb/> Eiſenbahn Daresſalam — Morogoro bis Tabora, 1. Rate, 15,000,000<lb/> Mark zum Ankaufe von Anteilſcheinen der Oſtafrikaniſchen<lb/> Eiſenbahn-Geſellſchaft.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Kamerun:</hi> 4 Mill. M zum Bau einer Eiſenbahn von<lb/> Duala nach Widimenge, 1. Rate.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Togo:</hi> 148,500 M für Deckung eines Fehlbetrages aus dem<lb/> Jahre 1905, 4 Mill. M zum Bau einer Eiſenbahn von Lome nach<lb/> Atakpame, 1. Rate.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Südweſtafrika:</hi> 7,800,000 M für Fortführung der Eiſen-<lb/> bahn Lüderitzbucht-Kubub nach Keetmanshoop nebſt einer Ab-<lb/> zweigung von Seeheim nach Kalkfontein, 3. Rate. (Etatsmäßig<lb/> ſind nur noch 6,382,475 M zu bewilligen, da in Höhe von 438,000<lb/> Mark gegen den Hauptetat Abſtriche gemacht ſind.)</p><lb/> <p>Durch die Ergänzungsforderungen erhöhen ſich die<lb/> Ausgaben des ganzen Kolonialetats von 84,022,647 M auf<lb/> 123,914,872 M (alſo um 39,892,225 M). Die Ausgabe<lb/> fordert der Nachtragsetat zu. Dem Ergänzungsetat ſind<lb/> für die Kolonien die üblichen Anleihegeſetze beigegeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Joſeph v. Kriſtoffy.</hi> </head><lb/> <p>Es iſt ein Zeichen der ſteigenden Unzufriedenheit in<lb/> Ungarn, daß in den letzten Tagen ein zu den Toten gewor-<lb/> fener Politiker ſeine Auferſtehung feiern und in einer<lb/> Verſammlung ſeiner Parteigenoſſen der Parlamentsmehr-<lb/> heit den Fehdehandſchuh hinwerfen konnte. <hi rendition="#g">Joſeph von<lb/> Kriſtoffy,</hi> der Miniſter des Innern in dem Militär-<lb/> und Beamtenkabinett Fejervary, dem das Verdienſt zu-<lb/> fällt, die Anregung zur Einführung des allgemeinen Wahl-<lb/> rechts gegeben zu haben, ſtand an der Spitze der Veranſtal-<lb/> tung zur Begründung einer radikalen bürgerlichen Partei<lb/> in Ungarn, die an die Stelle des jetzigen beſchränkten<lb/> Wahlrechts ein demokratiſches ſetzen will. Die Rede Kri-<lb/> ſtoffys faßte die Argumente zur Bekämpfung der Oli-<lb/> garchie in Ungarn noch einmal zuſammen und ſchloß mit<lb/> einem wirkungsvollen Appell. Er fragte die Führer der<lb/> Koalition, ob ſie es für klug halten, einen Kampf gegen<lb/><hi rendition="#g">vier Fronten</hi> zu führen: gegen den König, gegen die<lb/> Kroaten, gegen die übrigen Nationalitäten und endlich<lb/> gegen die unteren demokratiſchen Schichten des magyari-<lb/> ſchen Volkes. Damit iſt die Lage der Dinge in Ungarn<lb/> richtig charakteriſiert. Daraus geht aber auch hervor, daß<lb/><cb/> es zu einer Klärung im Lande kommen muß. Viele An-<lb/> zeichen ſprechen dafür, daß ſich die Anhänger des Dualismus<lb/> und des Ausgleichs von 1867 ſammeln und vereinigen<lb/> wollen, um den nebelhaften Programmen der Koſſuth-<lb/> Partei nachdrücklich entgegenzutreten.</p><lb/> <p>Tatſächlich befindet ſich die jetzige Koalitionsregie-<lb/> rung, in der die Anhänger des Dualismus und der Per-<lb/> ſonalunion nebeneinander ſitzen, im Zuſtande einer fort-<lb/> dauernden Kriſis. Der Miniſter des Innern, Graf An-<lb/> draſſy, iſt regierungsmüde, weil die Uebertreibungen ſeiner<lb/> Bundesgenoſſen von der Koſſuth-Partei ihm auf die<lb/> Nerven gehen. Er läßt ſich zwar immer wieder im Bann-<lb/> kreiſe der Koalition feſthalten, ſchließlich aber wird eine<lb/> Auseinanderſetzung eintreten müſſen. Es iſt unmöglich,<lb/> auf die Dauer die Propaganda für die Koſſuthſchen Ideen<lb/> mit dem tatſächlichen Rechtszuſtande zu vereinigen. Da es<lb/> offenkundig iſt, daß das Losreißungsprogramm nicht durch-<lb/> führbar iſt, ſo wäre es Sache der Anhänger des Dualismus,<lb/> ſich zuſammenzutun und die Gemeinſchaft mit den Helden<lb/> der Phraſe zu löſen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Nachrichten.</hi> </head><lb/> <floatingText> <body> <p> <hi rendition="#b">Eigener telegr. Dienſt der „Allgemeinen Zeitung“.<lb/> Die Benutzung unſerer Ortginalnachrichten iſt nur mtt der Quellenangabe<lb/> „Allg Ztg“ geſtattet.</hi> </p> </body> </floatingText><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Beilegung des Streitfalles zwiſchen China und Japan.</hi> </head><lb/> <dateline>* Peking, 14. März.</dateline><lb/> <p>(Reuter-Meldung.) Das Miniſterium<lb/> der auswärtigen Angelegenheiten ſtimmte dem Entwurf eines<lb/> Vertrages zu, wodurch <hi rendition="#g">China die Vorſchläge Japans<lb/> annimmt,</hi> an Japan 21,400 Yen zu bezahlen, die Waffen<lb/> zurückzubehalten, welche die Ladung des Tatſu Maru bildeten,<lb/> desgleichen 10,000 Taels Liegegeld. Man erwartet, daß der<lb/> Tatſu Maru am 16. März freigelaſſen wird. Japan willigte<lb/> ein, ſcharfe Beſtimmungen zu erlaſſen und in Kraft zu ſetzen,<lb/> welche dem Waffen- und Munitionshandel von Japan nach<lb/> China vorbeugen ſollen, lehnt es aber ab, das Territorium von<lb/><hi rendition="#g">Macao</hi> in dieſe Begrenzung mit einzubeziehen. China nimmt<lb/> binnen kurzem die Verhandlungen mit <hi rendition="#g">Portugal</hi> bezüglich<lb/> der Konterbande in Macao auf.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">* New-York,</hi> 16. März.</dateline><lb/> <p>(Auf dem deutſch-atlantiſchen Kabel.)<lb/> Wie aus <hi rendition="#g">Tokio</hi> gemeldt wird, herrſcht dort infolge der <hi rendition="#g">Bei-<lb/> legung</hi> des <hi rendition="#g">Tatſu-Maru-Konfliktes</hi> ein allgemeines<lb/> Gefühl der Erleichterung, da China alle japaniſchen Forderungen<lb/> erfüllte. Während der Wiederhiſſung der japaniſchen Flagge auf<lb/> der Tatſu-Maru werden chineſiſche Kriegsſchiffe Salutſchüſſe<lb/> abfeuern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Friedensvorſchläge Muley Hafids?</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Paris,</hi> 16. März.</dateline><lb/> <p>Offiziös wird gemeldet, General<lb/> d’ <hi rendition="#g">Amade</hi> habe den Schaujaſtämmen mitgeteilt, daß er<lb/> ihre Unterwerfung annehmen wolle, falls ſie ſich ver-<lb/> pflichten. 1. ihre Waffen auszuliefern, 2. Tribut zu be-<lb/> zahlen, 3. Geiſeln nach Caſablanca zu ſenden, 4. ſich ruhig<lb/> zu verhalten. Was die Waffenſtillſtände oder <hi rendition="#g">Friedens-<lb/> vorſchläge Muley Hafids</hi> anbelange, ſo ließ Ge-<lb/> neral d’Amade, der dieſen Vorſchlägen mißtraut, dem<lb/> Gegenſultan ſagen, daß dieſe Verhandlungen nicht früher<lb/> beginnen könnten, bevor er nicht ſeine Kaids in das fran-<lb/> zöſiſche Lager geſandt habe, die mit allen Vollmachten ver-<lb/> ſehen und bereit ſeien, ſämtliche franzöſiſchen Bedingungen<lb/> anzunehmen.</p><lb/> <trailer>(Die Bedingungen, die General d’Amade Muley Hafid<lb/> für den Beginn von Friedensverhandlungen geſtellt hat,<lb/> entſprechen durchaus den Wünſchen, die Miniſter Pichon<lb/> in ſeiner jüngſten Rede in der franzöſiſchen Kammer aus-<lb/> ſprach. D. Red.)</trailer> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Tanger,</hi> 15. März.</dateline><lb/> <p>Wie aus <hi rendition="#g">Caſablanca</hi> ge-<lb/> meldet wird, hat General d’ <hi rendition="#g">Amade</hi> dem Kaid <hi rendition="#g">Bua-<lb/> zaui,</hi> einem der eifrigſten Führer des Aufſtandes der<lb/> Schaujaſtämme, der die <hi rendition="#g">Unterwerfung Muley<lb/> Hafids</hi> (?) anbietet und über deren Bedingungen unter-<lb/> handeln ſoll, <hi rendition="#g">freies Geleit</hi> gewährt.</p><lb/> <trailer>(Weitere Nachrichten ſiehe Seite 6.)</trailer> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Liſzts Legende von der hl. Eliſabeth,<lb/> neu einſtudiert im kgl. Hoftheater.</hi> </head><lb/> <p>Liſzts Oratorium „Die Legende von der hl. Eliſabeth“<lb/> war urſprünglich als Feſtmuſik zur Einweihung der reſtau-<lb/> rierten Wartburg und zur achthundertjährigen Jubelfeier<lb/> dieſer Burg beſtimmt, zugleich als muſikaliſche Illuſtration<lb/> zu den Wandbildern Moriz v. Schwinds, welche dieſelben<lb/> Szenen aus dem Leben der hl. Eliſabeth behandeln. Das<lb/> Oratorium iſt in dieſer Geſtalt aber ſchon vor dem Jahre<lb/> 1867 in Peſt aufgeführt worden. Bei uns wurde es noch<lb/> im Jahre 1887 in dem herkömmlichen Allerheiligenkonzert<lb/> der Muſikaliſchen Akademie mit der Wekerlin und Blank<lb/> und den Herren Fuchs, Siehr und Bauſewein aufgeführt.<lb/> Zehn Jahre ſpäter wurde es zum erſtenmal in ſzeniſcher<lb/> Form in unſerem Hoftheater gegeben, alſo fünf Jahre nach<lb/> Liſzts Tod, der ſich gegen die Aufführung der Legende auf<lb/> dem Theater gewehrt hatte, als ſie 1884 im Weimarer Hof-<lb/> theater zum erſtenmal verſucht wurde. Er habe das Ora-<lb/> torium „zur Erbauung“ und nicht fürs Theater geſchrieben,<lb/> auf das Düſſeldorfer Künſtler einmal ſogar Mendelsſohns<lb/> Paulus gezerrt hatten. Aber es half nichts. Seitdem wird<lb/> die heilige Eliſabeth, wenn ſie überhaupt noch aufgeführt<lb/> wird, faſt ſtets nur auf dem Theater gegeben. So ganz<lb/> ohne Grund geſchieht dies nicht. So oratorienhaft manche<lb/> Partien, wie z. B. viele Chöre ſind, ſo ſehr ſcheint manches<lb/> zur ſzeniſchen Darſtellung zu drängen: eben die dramati-<lb/> ſchen Momente, das Roſenwunder, Eliſabeths Tod und<lb/> Leichenfeier. Dieſe ſzeniſche Darſtellung, die ſich an unſer<lb/> Auge wendet, hilft zugleich auch über die ziemlich zahlreichen<lb/> mageren Stellen der Partitur hinweg, wo die Kraft der<lb/> Erfindung merklich nachgelaſſen hat. In anderen iſt man<lb/> ſich heute kaum mehr bewußt, daß wir mehr oder minder<lb/> geſchickte und effektvolle Benützungen alter Themen, z. B.<lb/> die katholiſche Antiphonie „<hi rendition="#aq">Quasi stella matutina</hi>“, eine<lb/> Intonation aus dem Gregorianiſchen Geſang, ein deutſches<lb/> Pilger-, ein ungariſches Kirchenlied uſw. vor uns haben.<lb/> Meiſt ſind dieſe Stellen gerade die wirkſamſten, weil ſie<lb/> eben die echteſten in dieſem deutſch-ungariſchen Milieu ſind.</p><lb/> <p>Bei einer guten Aufführung und Ausſtattung ſind die<lb/> ſieben Bilder dieſes Zwitters zwiſchen Oper und Oratorium<lb/> immer einer gewiſſen Wirkung auch auf unſer Theater-<lb/><cb/> publikum ſicher, und man darf ſagen, daß Liſzts Legende<lb/> bei uns immer eine würdige Darſtellung geſunden hat.<lb/> Die Regie iſt ſeit jener erſten Aufführung unverändert in<lb/> den Händen unſeres Oberregiſſeurs Fuchs geblieben, der<lb/> damals auch den ſentimentalen Landgrafen Ludwig ſang,<lb/> in dem ſich, wie überhaupt in dem ganzen thüringiſchen<lb/> Milieu, ſo viele wagneriſche Anklänge finden, wie denn<lb/> bekanntlich Tannhäuſer und Lohengrin nicht ohne begreif-<lb/> lichen ſtarken Einfluß auf die „Schwiegervater-Muſik“ ge-<lb/> blieben ſind. Die heilige Eliſabeth ſelbſt war ſeinerzeit<lb/> eine Glanzrolle unſerer unvergeſſenen Lili Dreßler. Bei<lb/> der letzten Aufführung, die ich gehört, vor zehn Jahren,<lb/> wurde ſie aber ſchon von Frl. Koboth geſungen. Die übrigen<lb/> ſtolzen Namen hießen damals: Feinhals, Klöpfer, Frank.<lb/> Nur Bauberger ſang geſtern noch den ungariſchen Magna-<lb/> ten. Die heilige Eliſabeth hatte man Frl. Fay einſtudiert.<lb/> Wie ich höre, ſoll ſich auch Frl. Dreßler ihrer angenommen<lb/> haben. Das iſt ſehr ſchön und hatte auch einigen Erfolg.<lb/> Sie ſah recht hübſch aus. Die energiſche untere Geſichts-<lb/> partie hat allerdings nichts Heiliges, aber Frl. Fay gab<lb/> ſich ſichtlich, wie ja immer, alle Mühe, den Geiſt ihrer Rolle<lb/> zu treffen. Das Roſenwunder und die Sterbeſzene hat uns<lb/> freilich die Dreßler unvergleichlich ergreifender darzuſtellen<lb/> gewußt. Man möchte Miß Fay grauſamerweiſe eine un-<lb/> glückliche Liebe oder irgend ein anderes kleines Herzeleid<lb/> wünſchen: ſie ſingt zu ſehr wie eine ſatte Nachtigall. Aber<lb/> doch wie eine Nachtigall. Auch geſtern kamen wieder die<lb/> großen Vorzüge dieſer ſchönen echten Sopranſtimme, die<lb/> leichte, müheloſe Höhe, der gute Anſatz, das ſchöne Piano,<lb/> die treffliche Schule überhaupt, voll zur Geltung. Beſon-<lb/> ders im zweiten Teil; im erſten ſchien ſich die begabte Sän-<lb/> gerin allzu ängſtlich zurückzuhalten. Ihr früh verſterbender<lb/> Herr Gemahl war Herr Broderſen, der dem Landgrafen<lb/> Ludwig ſeine ſchmelzendſten Töne lieh. Herr Bender ſang<lb/> den Landgrafen Hermann, Herr Gillmann den Kaiſer Fried-<lb/> rich von Hohenſtaufen, Herr Sieglitz den Seneſchall, die<lb/> Damen Brunner, Koch und Höfer das Engelterzett. Die<lb/> ſtolze Landgräfin Sofie hatte aber an Frau Matzenauer<lb/> eine, wie man ſich denken kann, in Geſang und Erſcheinung<lb/> gleich eminente Darſtellerin gefunden. Die Kinder Eliſa-<lb/> beth und Ludwig wurden im erſten Bilde von Anna Reich-<lb/> mann und Käthe Geller dargeſtellt.</p><lb/> <p>Die muſikaliſche Leitung hat gerade bei dieſer Oper,<lb/><cb/> wenn wir ſie ſo nennen dürfen, ſtets gewechſelt. Einmal<lb/> dirigierte ſogar Heinrich Porges. Nun iſt ſie auf Hof-<lb/> kapellmeiſter Fiſcher übergegangen. Man hatte geſtern das<lb/> ſiebente und letzte Bild, Kaiſer Friedrich und die feierliche<lb/> Beſtattung Eliſabeths, welches das letzte Mal unterdrückt<lb/> worden war, wieder in ſeine alten Rechte eingeſetzt. Dieſer<lb/> Umſtand und eine über Gebühr verlängerte Pauſe dehnten<lb/> die Aufführung bis kurz vor halb 11 Uhr aus. Das iſt ge-<lb/> rade für dieſes Werk zu lang, wie dies auch prompt in<lb/> dem ganz abgeſchwächten Schlußbeifall zum Ausdruck ge-<lb/> kommen iſt. Es war zuletzt nur mehr ein <hi rendition="#aq">succès d’ennui.</hi></p><lb/> <byline> <hi rendition="#g">Alfred v. Menſi.</hi> </byline> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Theater und Muſik.</hi> </head><lb/> <div xml:id="a01a" next="#a01b" type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#aq">W.</hi> <hi rendition="#b">Klavier-Abend.</hi> </head><lb/> <p>Die Poeſie der Technik, die Poeſie der<lb/> Hände, der mit ſtupender Leichtigkeit und Sicherheit über die<lb/> Klaviatur getragenen Hände, ſie kann man bei <hi rendition="#g">Wilhelm<lb/> Backhaus</hi> kennen lernen wie bei kaum einem zweiten.<lb/> Brahms’ Paganini-Variationen, die techniſch ſo außerordentlich<lb/> widerhaarigen, gaben dazu reichſte Gelegenheit. Mit einer über-<lb/> legenen Ruhe, faſt Nonchalance, erledigten dieſe Hände ihr Pen-<lb/> ſum, ſchüttelten es aus einem fabelhaft weichen ſchmiegſamen und<lb/> beweglichen Gelenk. Und auch der Künſtler kam dabei zu ſeinem<lb/> Recht, in dem durchſichtigen, durch keinerlei mechaniſche Zufällig-<lb/> keiten verwirrten und geſtörten Aufbau und in der geiſtigen Be-<lb/> herrſchung und Durchdringung, die von Anfang bis zu Ende<lb/> feſſelte. Eine andere Seite ſeines Weſens zeigte Backhaus bei<lb/> Chopin; hier ſtand ihm die Kunſt der Nachempfindung, der Nach-<lb/> dichtung in oft überraſchender Weiſe zu Gebote in der <hi rendition="#aq">Gis-moll-,</hi><lb/> in der <hi rendition="#aq">E-dur</hi>-Etüde, am meiſten aber in der Nocturne <hi rendition="#aq">Fis-dur;</hi><lb/> ſo weich ſo ſehnſüchtig, ſo den Taſten abgeſchmeichelt könnte ſie<lb/> vielleicht Chopin ſelbſt geſpielt haben in Majorcas Regennächten,<lb/> dieſes Stück, deſſen Fiorituren uns umflattern wie das leiſe<lb/> Rauſchen des Nachtwindes in den Blättern, wie der zarte Schlag<lb/> von Schmetterlingsflügeln, die uns im Dunkel ſtreifen. Ueber-<lb/> raſchend war das, überraſchend deshalb, weil dem Künſtler die<lb/> Fähigkeit des Nachempfindens ſo ſehr zu fehlen ſchien in Beet-<lb/> hovens zwei Sonaten. Bei Beethoven hilft kein noch ſo großes<lb/> techniſches Können, kein noch ſo edles und tragendes Forte;<lb/> mögen die Paſſagen auf und ab durch die Saiten fliegen, mag die<lb/> Kantilene noch ſo klar erſcheinen — Beethoven verlangt Anderes;<lb/> und dieſes Andere blieb der Pianiſt ihm ſchuldig. Ob aus wirk-<lb/> lichem Unvermögen, ob aus momentaner Indispoſition, Gleich-<lb/> gültigkeit, Gelangweiltheit, das möchte ich heute nach ſeinem<lb/> erſten Auftreten hier nicht entſcheiden; der angekündigte zweite</p> </div> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [Seite 2[2]/0002]
München, Dienstag Allgemeine Zeitung 17. März 1908. Nr. 127.
bildungsweſen in Preußen fand in einer Sitzung im Kaiſerin
Friedrich-Hauſe ein Zuſammenſchluß der in den einzelnen Bundes-
ſtaaten ſchon vorhandenen Landeskomitees zu einem „Reichsaus-
ſchuß für das ärztliche Fortbildungsweſen“ ſtatt. Die Sitzung
wurde von dem früheren Miniſterialdirektor Exz. Althoff ge-
leitet. Der Staatsſekretär des Innern v. Bethmann-Hollweg
hatte den Direktor im Reichsamt des Innern v. Jonquieres mit
ſeiner perſönlichen Vertretung betraut und weiter drei amtliche
Vertreter des Reichsamtes des Innern abgeordnet. Es waren
ferner als Delegierte abgeordnet für 1. Baden: Ober-Med.-Rat
Dr. Greiff (Karlsruhe). Geh.-Rat Prof. Dr. Krehl (Heidelberg),
G.-R. Prof. Dr. v. Kries (Freiburg); 2. Bayern: kgl.
Geh.-Rat Prof. Dr. v. Angerer (München); 3. Bremen:
Senator Stadtländer; 4. Elſaß-Lothringen: Wirkl. Geh. Ober-
Reg.-Rat Halley; 5. Hamburg: Med.-Rat Prof. Dr. Nocht;
6. Preußen: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Waldeyer, Geh. Med.-Rat
Prof. Dr. v. Renvers, Prof. Dr. R. Kutner; 7. Sachſen: General-
arzt Dr. Credé (Dresden); 8. Württemberg: Präſident des Medi-
zinalkollegiums v. Neſtle (Stuttgart) u. a. Nach dem Statut, deſſen
Entwurf in der Sitzung zum Beſchluß erhoben wurde, verfolgt
der „Reichsausſchuß“ die Aufgabe, das ärztliche Fortbildungs-
weſen möglichſt zu fördern, indem er zu dieſem Zwecke namentlich:
a) den Landeskomitees mit Rat und Tat zur Seite ſteht, b) auf
die Bildung von weiteren Landeskomitees, und wo dies nicht
erreichbar iſt, von lokalen Vereinigungen für die Veranſtaltung
von Kurſen und Vorträgen hinwirkt, c) das auf das ärztliche
Fortbildungsweſen bezügliche Material ſammelt und bearbeitet,
um als Auskunſtſtelle für alle hierbei in Betracht kommenden
Fragen zu dienen. — In den Ehrenvorſtand wurden ge-
wählt: als Präſident der Reichskanzler Fürſt Bülow; als
Mitglieder Herzog Karl Theodor in Bayern, der
Staatsſekretär des Innern v. Bethmann-Hollweg, Wirkl. Geh.
Rat Althoff, Gen.-Stabsarzt der Armee Dr. Schjerning, Wirkl.
Geh. Rat Robert Koch und der Vorſitzende des „Deutſchen Aerzte-
Vereins-Bundes“ Prof. Dr. Löbker. Den Vorſtand bilden die
Herren: als Vorſitzender Geh. Med.-Rat Prof. Dr. v. Renvers
(Berlin): als ſtellvertretender Vorſitzender kgl. Geh. Rat Prof.
Dr. v. Angerer (München): als Beiſitzer Geh. Rat Präſident
Buſchbeck (Dresden), Ober-Med.-Rat Dr. Greiff (Karlsruhe),
Präſident v. Neſtle (Stuttgart), Geh. Med.-Rat Prof. Dr.
Waldener (Berlin); als Generalſekretär Prof. Dr. R. Kutner
(Berlin).
Dem Kaiſer wurde von der erfolgten Konſtituierung des
Reichsausſchuſſes durch folgendes Telegramm Mitteilung ge-
macht:
In dem zum Andenken an Ihre hochſelige Majeſtät die
Kaiſerin Friedrich, die erlauchte Förderin des ärztlichen Fort-
bildungsweſens errichteten Kaiſerin Friedrich-Haus haben ſich
heute die aus den einzelnen Bundesſtaaten delegierten Ver-
treter der Landeskomitees verſammelt. um unter deren Zu-
ſammenſchluß einen „Reichsausſchuß für das ärztliche Fort-
bildungsweſen“ zu konſtituieren. Indem wir Euere kaiſerliche
und königliche Majeſtät bitten, von der Konſtituierung Aller-
gnädigſt Kenntnis nehmen zu wollen, geloben wir im Sinne
der verklärten Fürſtin, das beſte Können für die Aufgaben der
ärztlichen Fortbildung und für die mit ihm ſo eng verbundene
öffentliche Volksgeſundheit unſeres Vaterlandes einzuſetzen.
Nach Schluß der Sitzung empfing Reichskanzler Fürſt
Bülow in ſeinem Palais Vorſtand und Delegierte. Auf eine
Anſprache des Herrn v. Renvers erwiderte der Kanzler. Er
wies auf die wiſſenſchaftliche Stellung der deutſchen Medizin hin,
die augenblicklich unſtreitig die Fackel vorantrage. Kein akademi-
ſcher Stand tue ſo viel für ſeine Fortbildung wie der ärztliche.
Dabei komme der Arzt mehr als der Geiſtliche und Juriſt mit
der breiten Maſſe des Volkes in Berührung und wirke auf weite
Kreiſe belehrend und erziehend ein. Darin liege die große
ſozialpolitiſche Bedeutung des Aerzteſtandes und deshalb würde
er gern alles tun, um die deutſchen Aerzte im allgemeinen und
den Reichsausſchuß für das ärztliche Fortbildungsweſen im be-
ſonderen in ſeinen Beſtrebungen zu fördern.
Der 18. März.
* Der Bund der Arbeitgeberverbände Groß-Berlins
hat am Samstag in einer außerordentlichen Sitzung zu dem
Antrag der Gewerkſchaften, der 18. März möchte zu Wahl-
rechtskundgebungen wenigſtens teilweiſe freigegeben
werden, Stellung genommen. Nach eingehender Beratung
wurde beſchloſſen, alle am 18. März voll oder teilweiſe
Feiernden zu entlaſſen und nicht vor Montag, den 23. März,
wieder einzuſtellen. Denſelben Beſchluß hatten die dem
Bunde angeſchloſſenen 25 Arbeitgeberverbände ſchon einzeln
in ihren außerordentlichen Generalverſammlungen gefaßt.
Auch die dem Bunde nicht angehörigen Verbände, wie die
Wäſchefabrikanten, das Herren-Maßſchneidergewerbe uſw.,
denen vom Bunde anheimgegeben war, denſelben Beſchluß
zu faſſen, haben faſt alle zugeſtimmt. Der Verband der
Berliner Metallinduſtriellen hat ſeine Mitglieder ange-
wieſen, unter keinen Umſtänden den 18. März freizugeben.
Die Iſolierung des Freiſinns.
Gegenüber den Andeutungen in der Weſer-Ztg., denen
ſchon von nationalliberaler Seite entgegengetreten worden
iſt, ſchreibt nunmehr der Abg. Frhr. v. Zedlitz in der
Poſt:
„Dieſer Bericht beruht mit Ausnahme der Eingangsſätze,
in denen die Gründe für eine frühzeitige Vornahme der Wahl
erörtert werden, auf freier Erfindung. Insbeſondere habe ich
nie geſagt, „daß ein feſtes Wahlbündnis zwiſchen Konſervativen
und Freikonſervativen bereits geſchloſſen und von der Regie-
rung das Verſprechen gegeben ſei, daß man ihren Kandidaten
genau ſo wie bei den früheren Wahlen entgegenkommen werde;
das oberſte Prinzip aber bleibe die Einſchnürung der Freiſinni-
gen, ſoweit es gehe; in der möglichſten Aufteilung der frei-
ſinnigen Mandate täten die heutigen Regierungsparteien ſich
zuſammen.“ Ebenſo frei erfunden iſt, daß dieſer Plan von
einem preußiſchen Staatsminiſter mit den Herren Dr. v. Heyde-
brand, v. Gamp und mir bei Bier und Imbiß vereinbart wor-
den ſei. ... Zedlitz.“
Leider ſteht es trotzdem recht ſchlecht um den Block und
zwar namentlich infolge der Vorgänge in der Börſengeſetz-
kommiſſion.
Die kolonialen Ergänzungsetats
ſind jetzt dem Reichstage nebſt den Anleihegeſetzen für die
ſüdweſtafrikaniſche Bahn zugegangen.
Sie fordern im einzelnen für Oſtafrika 36,250 M im
ordentlichen Etat, 25,325,000 M im außerordentlichen Etat; für
Kamerun 4 Mill. M; für Togo 148,500 M im ordentlichen
Etat, 4 Mill. M im außerordentlichen Etat; für Südweſt-
afrika 6,382,475 M.
Im einzelnen ſtellen ſich die Forderungen wie folgt:
Oſtafrika: 84,100 M für Bekämpfung epidemiſcher Krank-
heiten, 2,000,000 M zur Fortführung der Uſambarabahn von
Mombo bis zum Panganifluß, 1. Rate, 325,000 M zur Vermehrung
des Fuhrparkes der Uſambarabahn, 8,000,000 M Darlehen an
die Oſtafrikaniſche Eiſenbahngeſellſchaft zur Fortführung der
Eiſenbahn Daresſalam — Morogoro bis Tabora, 1. Rate, 15,000,000
Mark zum Ankaufe von Anteilſcheinen der Oſtafrikaniſchen
Eiſenbahn-Geſellſchaft.
Kamerun: 4 Mill. M zum Bau einer Eiſenbahn von
Duala nach Widimenge, 1. Rate.
Togo: 148,500 M für Deckung eines Fehlbetrages aus dem
Jahre 1905, 4 Mill. M zum Bau einer Eiſenbahn von Lome nach
Atakpame, 1. Rate.
Südweſtafrika: 7,800,000 M für Fortführung der Eiſen-
bahn Lüderitzbucht-Kubub nach Keetmanshoop nebſt einer Ab-
zweigung von Seeheim nach Kalkfontein, 3. Rate. (Etatsmäßig
ſind nur noch 6,382,475 M zu bewilligen, da in Höhe von 438,000
Mark gegen den Hauptetat Abſtriche gemacht ſind.)
Durch die Ergänzungsforderungen erhöhen ſich die
Ausgaben des ganzen Kolonialetats von 84,022,647 M auf
123,914,872 M (alſo um 39,892,225 M). Die Ausgabe
fordert der Nachtragsetat zu. Dem Ergänzungsetat ſind
für die Kolonien die üblichen Anleihegeſetze beigegeben.
Joſeph v. Kriſtoffy.
Es iſt ein Zeichen der ſteigenden Unzufriedenheit in
Ungarn, daß in den letzten Tagen ein zu den Toten gewor-
fener Politiker ſeine Auferſtehung feiern und in einer
Verſammlung ſeiner Parteigenoſſen der Parlamentsmehr-
heit den Fehdehandſchuh hinwerfen konnte. Joſeph von
Kriſtoffy, der Miniſter des Innern in dem Militär-
und Beamtenkabinett Fejervary, dem das Verdienſt zu-
fällt, die Anregung zur Einführung des allgemeinen Wahl-
rechts gegeben zu haben, ſtand an der Spitze der Veranſtal-
tung zur Begründung einer radikalen bürgerlichen Partei
in Ungarn, die an die Stelle des jetzigen beſchränkten
Wahlrechts ein demokratiſches ſetzen will. Die Rede Kri-
ſtoffys faßte die Argumente zur Bekämpfung der Oli-
garchie in Ungarn noch einmal zuſammen und ſchloß mit
einem wirkungsvollen Appell. Er fragte die Führer der
Koalition, ob ſie es für klug halten, einen Kampf gegen
vier Fronten zu führen: gegen den König, gegen die
Kroaten, gegen die übrigen Nationalitäten und endlich
gegen die unteren demokratiſchen Schichten des magyari-
ſchen Volkes. Damit iſt die Lage der Dinge in Ungarn
richtig charakteriſiert. Daraus geht aber auch hervor, daß
es zu einer Klärung im Lande kommen muß. Viele An-
zeichen ſprechen dafür, daß ſich die Anhänger des Dualismus
und des Ausgleichs von 1867 ſammeln und vereinigen
wollen, um den nebelhaften Programmen der Koſſuth-
Partei nachdrücklich entgegenzutreten.
Tatſächlich befindet ſich die jetzige Koalitionsregie-
rung, in der die Anhänger des Dualismus und der Per-
ſonalunion nebeneinander ſitzen, im Zuſtande einer fort-
dauernden Kriſis. Der Miniſter des Innern, Graf An-
draſſy, iſt regierungsmüde, weil die Uebertreibungen ſeiner
Bundesgenoſſen von der Koſſuth-Partei ihm auf die
Nerven gehen. Er läßt ſich zwar immer wieder im Bann-
kreiſe der Koalition feſthalten, ſchließlich aber wird eine
Auseinanderſetzung eintreten müſſen. Es iſt unmöglich,
auf die Dauer die Propaganda für die Koſſuthſchen Ideen
mit dem tatſächlichen Rechtszuſtande zu vereinigen. Da es
offenkundig iſt, daß das Losreißungsprogramm nicht durch-
führbar iſt, ſo wäre es Sache der Anhänger des Dualismus,
ſich zuſammenzutun und die Gemeinſchaft mit den Helden
der Phraſe zu löſen.
Politiſche Nachrichten.
Eigener telegr. Dienſt der „Allgemeinen Zeitung“.
Die Benutzung unſerer Ortginalnachrichten iſt nur mtt der Quellenangabe
„Allg Ztg“ geſtattet.
Die Beilegung des Streitfalles zwiſchen China und Japan.
* Peking, 14. März.
(Reuter-Meldung.) Das Miniſterium
der auswärtigen Angelegenheiten ſtimmte dem Entwurf eines
Vertrages zu, wodurch China die Vorſchläge Japans
annimmt, an Japan 21,400 Yen zu bezahlen, die Waffen
zurückzubehalten, welche die Ladung des Tatſu Maru bildeten,
desgleichen 10,000 Taels Liegegeld. Man erwartet, daß der
Tatſu Maru am 16. März freigelaſſen wird. Japan willigte
ein, ſcharfe Beſtimmungen zu erlaſſen und in Kraft zu ſetzen,
welche dem Waffen- und Munitionshandel von Japan nach
China vorbeugen ſollen, lehnt es aber ab, das Territorium von
Macao in dieſe Begrenzung mit einzubeziehen. China nimmt
binnen kurzem die Verhandlungen mit Portugal bezüglich
der Konterbande in Macao auf.
* New-York, 16. März.
(Auf dem deutſch-atlantiſchen Kabel.)
Wie aus Tokio gemeldt wird, herrſcht dort infolge der Bei-
legung des Tatſu-Maru-Konfliktes ein allgemeines
Gefühl der Erleichterung, da China alle japaniſchen Forderungen
erfüllte. Während der Wiederhiſſung der japaniſchen Flagge auf
der Tatſu-Maru werden chineſiſche Kriegsſchiffe Salutſchüſſe
abfeuern.
Friedensvorſchläge Muley Hafids?
* Paris, 16. März.
Offiziös wird gemeldet, General
d’ Amade habe den Schaujaſtämmen mitgeteilt, daß er
ihre Unterwerfung annehmen wolle, falls ſie ſich ver-
pflichten. 1. ihre Waffen auszuliefern, 2. Tribut zu be-
zahlen, 3. Geiſeln nach Caſablanca zu ſenden, 4. ſich ruhig
zu verhalten. Was die Waffenſtillſtände oder Friedens-
vorſchläge Muley Hafids anbelange, ſo ließ Ge-
neral d’Amade, der dieſen Vorſchlägen mißtraut, dem
Gegenſultan ſagen, daß dieſe Verhandlungen nicht früher
beginnen könnten, bevor er nicht ſeine Kaids in das fran-
zöſiſche Lager geſandt habe, die mit allen Vollmachten ver-
ſehen und bereit ſeien, ſämtliche franzöſiſchen Bedingungen
anzunehmen.
(Die Bedingungen, die General d’Amade Muley Hafid
für den Beginn von Friedensverhandlungen geſtellt hat,
entſprechen durchaus den Wünſchen, die Miniſter Pichon
in ſeiner jüngſten Rede in der franzöſiſchen Kammer aus-
ſprach. D. Red.)
* Tanger, 15. März.
Wie aus Caſablanca ge-
meldet wird, hat General d’ Amade dem Kaid Bua-
zaui, einem der eifrigſten Führer des Aufſtandes der
Schaujaſtämme, der die Unterwerfung Muley
Hafids (?) anbietet und über deren Bedingungen unter-
handeln ſoll, freies Geleit gewährt.
(Weitere Nachrichten ſiehe Seite 6.)
Liſzts Legende von der hl. Eliſabeth,
neu einſtudiert im kgl. Hoftheater.
Liſzts Oratorium „Die Legende von der hl. Eliſabeth“
war urſprünglich als Feſtmuſik zur Einweihung der reſtau-
rierten Wartburg und zur achthundertjährigen Jubelfeier
dieſer Burg beſtimmt, zugleich als muſikaliſche Illuſtration
zu den Wandbildern Moriz v. Schwinds, welche dieſelben
Szenen aus dem Leben der hl. Eliſabeth behandeln. Das
Oratorium iſt in dieſer Geſtalt aber ſchon vor dem Jahre
1867 in Peſt aufgeführt worden. Bei uns wurde es noch
im Jahre 1887 in dem herkömmlichen Allerheiligenkonzert
der Muſikaliſchen Akademie mit der Wekerlin und Blank
und den Herren Fuchs, Siehr und Bauſewein aufgeführt.
Zehn Jahre ſpäter wurde es zum erſtenmal in ſzeniſcher
Form in unſerem Hoftheater gegeben, alſo fünf Jahre nach
Liſzts Tod, der ſich gegen die Aufführung der Legende auf
dem Theater gewehrt hatte, als ſie 1884 im Weimarer Hof-
theater zum erſtenmal verſucht wurde. Er habe das Ora-
torium „zur Erbauung“ und nicht fürs Theater geſchrieben,
auf das Düſſeldorfer Künſtler einmal ſogar Mendelsſohns
Paulus gezerrt hatten. Aber es half nichts. Seitdem wird
die heilige Eliſabeth, wenn ſie überhaupt noch aufgeführt
wird, faſt ſtets nur auf dem Theater gegeben. So ganz
ohne Grund geſchieht dies nicht. So oratorienhaft manche
Partien, wie z. B. viele Chöre ſind, ſo ſehr ſcheint manches
zur ſzeniſchen Darſtellung zu drängen: eben die dramati-
ſchen Momente, das Roſenwunder, Eliſabeths Tod und
Leichenfeier. Dieſe ſzeniſche Darſtellung, die ſich an unſer
Auge wendet, hilft zugleich auch über die ziemlich zahlreichen
mageren Stellen der Partitur hinweg, wo die Kraft der
Erfindung merklich nachgelaſſen hat. In anderen iſt man
ſich heute kaum mehr bewußt, daß wir mehr oder minder
geſchickte und effektvolle Benützungen alter Themen, z. B.
die katholiſche Antiphonie „Quasi stella matutina“, eine
Intonation aus dem Gregorianiſchen Geſang, ein deutſches
Pilger-, ein ungariſches Kirchenlied uſw. vor uns haben.
Meiſt ſind dieſe Stellen gerade die wirkſamſten, weil ſie
eben die echteſten in dieſem deutſch-ungariſchen Milieu ſind.
Bei einer guten Aufführung und Ausſtattung ſind die
ſieben Bilder dieſes Zwitters zwiſchen Oper und Oratorium
immer einer gewiſſen Wirkung auch auf unſer Theater-
publikum ſicher, und man darf ſagen, daß Liſzts Legende
bei uns immer eine würdige Darſtellung geſunden hat.
Die Regie iſt ſeit jener erſten Aufführung unverändert in
den Händen unſeres Oberregiſſeurs Fuchs geblieben, der
damals auch den ſentimentalen Landgrafen Ludwig ſang,
in dem ſich, wie überhaupt in dem ganzen thüringiſchen
Milieu, ſo viele wagneriſche Anklänge finden, wie denn
bekanntlich Tannhäuſer und Lohengrin nicht ohne begreif-
lichen ſtarken Einfluß auf die „Schwiegervater-Muſik“ ge-
blieben ſind. Die heilige Eliſabeth ſelbſt war ſeinerzeit
eine Glanzrolle unſerer unvergeſſenen Lili Dreßler. Bei
der letzten Aufführung, die ich gehört, vor zehn Jahren,
wurde ſie aber ſchon von Frl. Koboth geſungen. Die übrigen
ſtolzen Namen hießen damals: Feinhals, Klöpfer, Frank.
Nur Bauberger ſang geſtern noch den ungariſchen Magna-
ten. Die heilige Eliſabeth hatte man Frl. Fay einſtudiert.
Wie ich höre, ſoll ſich auch Frl. Dreßler ihrer angenommen
haben. Das iſt ſehr ſchön und hatte auch einigen Erfolg.
Sie ſah recht hübſch aus. Die energiſche untere Geſichts-
partie hat allerdings nichts Heiliges, aber Frl. Fay gab
ſich ſichtlich, wie ja immer, alle Mühe, den Geiſt ihrer Rolle
zu treffen. Das Roſenwunder und die Sterbeſzene hat uns
freilich die Dreßler unvergleichlich ergreifender darzuſtellen
gewußt. Man möchte Miß Fay grauſamerweiſe eine un-
glückliche Liebe oder irgend ein anderes kleines Herzeleid
wünſchen: ſie ſingt zu ſehr wie eine ſatte Nachtigall. Aber
doch wie eine Nachtigall. Auch geſtern kamen wieder die
großen Vorzüge dieſer ſchönen echten Sopranſtimme, die
leichte, müheloſe Höhe, der gute Anſatz, das ſchöne Piano,
die treffliche Schule überhaupt, voll zur Geltung. Beſon-
ders im zweiten Teil; im erſten ſchien ſich die begabte Sän-
gerin allzu ängſtlich zurückzuhalten. Ihr früh verſterbender
Herr Gemahl war Herr Broderſen, der dem Landgrafen
Ludwig ſeine ſchmelzendſten Töne lieh. Herr Bender ſang
den Landgrafen Hermann, Herr Gillmann den Kaiſer Fried-
rich von Hohenſtaufen, Herr Sieglitz den Seneſchall, die
Damen Brunner, Koch und Höfer das Engelterzett. Die
ſtolze Landgräfin Sofie hatte aber an Frau Matzenauer
eine, wie man ſich denken kann, in Geſang und Erſcheinung
gleich eminente Darſtellerin gefunden. Die Kinder Eliſa-
beth und Ludwig wurden im erſten Bilde von Anna Reich-
mann und Käthe Geller dargeſtellt.
Die muſikaliſche Leitung hat gerade bei dieſer Oper,
wenn wir ſie ſo nennen dürfen, ſtets gewechſelt. Einmal
dirigierte ſogar Heinrich Porges. Nun iſt ſie auf Hof-
kapellmeiſter Fiſcher übergegangen. Man hatte geſtern das
ſiebente und letzte Bild, Kaiſer Friedrich und die feierliche
Beſtattung Eliſabeths, welches das letzte Mal unterdrückt
worden war, wieder in ſeine alten Rechte eingeſetzt. Dieſer
Umſtand und eine über Gebühr verlängerte Pauſe dehnten
die Aufführung bis kurz vor halb 11 Uhr aus. Das iſt ge-
rade für dieſes Werk zu lang, wie dies auch prompt in
dem ganz abgeſchwächten Schlußbeifall zum Ausdruck ge-
kommen iſt. Es war zuletzt nur mehr ein succès d’ennui.
Alfred v. Menſi.
Theater und Muſik.
W. Klavier-Abend.
Die Poeſie der Technik, die Poeſie der
Hände, der mit ſtupender Leichtigkeit und Sicherheit über die
Klaviatur getragenen Hände, ſie kann man bei Wilhelm
Backhaus kennen lernen wie bei kaum einem zweiten.
Brahms’ Paganini-Variationen, die techniſch ſo außerordentlich
widerhaarigen, gaben dazu reichſte Gelegenheit. Mit einer über-
legenen Ruhe, faſt Nonchalance, erledigten dieſe Hände ihr Pen-
ſum, ſchüttelten es aus einem fabelhaft weichen ſchmiegſamen und
beweglichen Gelenk. Und auch der Künſtler kam dabei zu ſeinem
Recht, in dem durchſichtigen, durch keinerlei mechaniſche Zufällig-
keiten verwirrten und geſtörten Aufbau und in der geiſtigen Be-
herrſchung und Durchdringung, die von Anfang bis zu Ende
feſſelte. Eine andere Seite ſeines Weſens zeigte Backhaus bei
Chopin; hier ſtand ihm die Kunſt der Nachempfindung, der Nach-
dichtung in oft überraſchender Weiſe zu Gebote in der Gis-moll-,
in der E-dur-Etüde, am meiſten aber in der Nocturne Fis-dur;
ſo weich ſo ſehnſüchtig, ſo den Taſten abgeſchmeichelt könnte ſie
vielleicht Chopin ſelbſt geſpielt haben in Majorcas Regennächten,
dieſes Stück, deſſen Fiorituren uns umflattern wie das leiſe
Rauſchen des Nachtwindes in den Blättern, wie der zarte Schlag
von Schmetterlingsflügeln, die uns im Dunkel ſtreifen. Ueber-
raſchend war das, überraſchend deshalb, weil dem Künſtler die
Fähigkeit des Nachempfindens ſo ſehr zu fehlen ſchien in Beet-
hovens zwei Sonaten. Bei Beethoven hilft kein noch ſo großes
techniſches Können, kein noch ſo edles und tragendes Forte;
mögen die Paſſagen auf und ab durch die Saiten fliegen, mag die
Kantilene noch ſo klar erſcheinen — Beethoven verlangt Anderes;
und dieſes Andere blieb der Pianiſt ihm ſchuldig. Ob aus wirk-
lichem Unvermögen, ob aus momentaner Indispoſition, Gleich-
gültigkeit, Gelangweiltheit, das möchte ich heute nach ſeinem
erſten Auftreten hier nicht entſcheiden; der angekündigte zweite
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(2021-09-13T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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