Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1830.12 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 12. 1830.[Spaltenumbruch] Ueber den Gang des Staatspapierhandels **Frankfurt a. M., 6 Jan.im Jahre 1829. Mehrere große Finanzope- [Tabelle] Sämtliche Effektensorten haben, wie vorstehende Vergleichung er- *) Die Agiotage, im eigentlichsten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-
gewirkt, die 100Guldenloose auf ihre jezige übers@annte Höhe zu treiben, wogegen sie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale zeither vergleichsweise so sehr darnieder zu halten strebte. Daß dis keine bloße Hypothese, mag folgende Berechnung darthun: Für 10,000 fl. kauft man 30 St. Partiallose zum Kurs von 1321/2 Proz. oder auch 57 St. 100Guldenloose zu 175 fl. das Stük. Erscheinen nun jene 30 Stük Partiallose in der nächsten Ziehung mit ihrem geringsten Preis von 3021/2 fl., so erhält man . = 9075 fl. 57 St. 100Guldenloose aber ertragen zu ihrem nie- drigsten Preise in der nächsten Ziehung ... = 8550 -- Es bleiben mithin ........... = 525 -- als Ueberschuß, oder vielmehr als Minusverlust, den, bei gleichem Mißgeschik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz., einschließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons. Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partialloose noch vortheilhafter, so daß dieselben, im richtigen Verhältnisse zum heutigen Kurse der 100Guldenloose einen Spekulationswerth von circa 142 Proz. haben, wovon man sich, nach der angedeuteten Basis die Berechnung fortsezend, leicht überzeugen kan. Dagegen wird man sich eben so leicht überzeugen können, daß die 100Gul- denloose bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht- ches überschritten haben. Um uns kurz zu fassen, wollen wir nur den Fall sezen, es kaufe Jemand sämtliche noch übrige 100Gulden- loose = 119,860 Stük, zu dem Preise von 180 fl. das Stük, den sie heute um mehrere Gul en schon überschritten haben. Spielt er solche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet sich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, so wird derselbe einen reinen Verlust von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnste jedesmal erst drei Monate nach der Ziehung erfolgt. 12 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 12. 1830.[Spaltenumbruch] Ueber den Gang des Staatspapierhandels **Frankfurt a. M., 6 Jan.im Jahre 1829. Mehrere große Finanzope- [Tabelle] Sämtliche Effektenſorten haben, wie vorſtehende Vergleichung er- *) Die Agiotage, im eigentlichſten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-
gewirkt, die 100Guldenlooſe auf ihre jezige überſ@annte Höhe zu treiben, wogegen ſie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale zeither vergleichsweiſe ſo ſehr darnieder zu halten ſtrebte. Daß dis keine bloße Hypotheſe, mag folgende Berechnung darthun: Für 10,000 fl. kauft man 30 St. Partialloſe zum Kurs von 132½ Proz. oder auch 57 St. 100Guldenlooſe zu 175 fl. das Stük. Erſcheinen nun jene 30 Stük Partialloſe in der nächſten Ziehung mit ihrem geringſten Preis von 302½ fl., ſo erhält man . = 9075 fl. 57 St. 100Guldenlooſe aber ertragen zu ihrem nie- drigſten Preiſe in der nächſten Ziehung ... = 8550 — Es bleiben mithin ........... = 525 — als Ueberſchuß, oder vielmehr als Minusverluſt, den, bei gleichem Mißgeſchik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz., einſchließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons. Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partiallooſe noch vortheilhafter, ſo daß dieſelben, im richtigen Verhältniſſe zum heutigen Kurſe der 100Guldenlooſe einen Spekulationswerth von circa 142 Proz. haben, wovon man ſich, nach der angedeuteten Baſis die Berechnung fortſezend, leicht überzeugen kan. Dagegen wird man ſich eben ſo leicht überzeugen können, daß die 100Gul- denlooſe bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht- ches überſchritten haben. Um uns kurz zu faſſen, wollen wir nur den Fall ſezen, es kaufe Jemand ſämtliche noch übrige 100Gulden- looſe = 119,860 Stük, zu dem Preiſe von 180 fl. das Stük, den ſie heute um mehrere Gul en ſchon überſchritten haben. Spielt er ſolche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet ſich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, ſo wird derſelbe einen reinen Verluſt von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnſte jedesmal erſt drei Monate nach der Ziehung erfolgt. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0005"/> <div type="jSupplement"> <floatingText> <front> <titlePage type="heading"> <docImprint> <docDate>12 Januar.</docDate> </docImprint><lb/> <docTitle> <titlePart type="main"><hi rendition="#g">Beilage zur Allgemeinen Zeitung</hi>.</titlePart> </docTitle><lb/> <docImprint> <docDate><hi rendition="#aq">N<hi rendition="#uu"><hi rendition="#sup">ro.</hi></hi></hi> 12. 1830.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFinancialNews" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Ueber den Gang des Staatspapierhandels<lb/> im Jahre 1829</hi>.</hi> </head><lb/> <dateline>**<hi rendition="#g">Frankfurt</hi> a. M., 6 Jan.</dateline> <p>Mehrere große Finanzope-<lb/> rationen ſind, trügen wir uns nicht, im Werke. Sie bezweken<lb/> eine Herabſezung der Zinſen der Staatsſchuld; mithin eine ſehr<lb/> reelle Verbeſſerung des Staatshaushalts. Zu dem Ende ſollen<lb/> von verſchiedenen Regierungen neue Anleihen eröfnet werden, um<lb/> den Inhabern ihrer höher verzinslichen Staatseffekten die Alter-<lb/> native der Heimzahlung des Kapitals oder der Herabſezung des<lb/> Zinsfußes anbieten zu können. Nach bekannten Vorgängen zu<lb/> ſchließen — wie z. B. die jüngſte öſtreichiſche Anleihe, ſodann die<lb/> jezt in Frankreich eröfnete Submiſſiou auf 4prozentige Renten —<lb/> gehen dieſe Finanzoperationen von der Baſis aus, der Durch-<lb/> ſchnittspreis der Kapitalien ſey jährlich <hi rendition="#g">vier</hi> vom Hundert. —<lb/> Wir haben eine Ueberſicht vor uns, welche die täglichen Kursver-<lb/> änderungen angibt, ſo die an hieſiger Börſe gangbaren Effekten<lb/> im Laufe des verfloſſenen Jahres erfahren haben. Die Mitthei-<lb/> lung einiger Ziffern daraus, welche in dieſer Sache eben ſo viele<lb/> ſtatiſtiſche Thatſachen ſind, dürfte in dieſem Augenblike um ſo<lb/> mehr von Intereſſe ſeyn, weil ſich daraus, unter mehrern andern<lb/> Konſequenzen, auch ein höchſt wahrſcheinlicher Schluß auf die Er-<lb/> folge ableiten läßt, welche die Ausführung der erwähnten Finanz-<lb/> operationen haben dürfte. Zu dem Ende ſchiken wir hier eine<lb/> Nebeneinanderſtellung der Baarkurſe voran, wie eben jene Ueber-<lb/> ſicht ſolche zu Anfang und am Schluſſe des J. 1829 angibt.</p><lb/> <table> <row> <cell/> </row> </table> <p>Sämtliche Effektenſorten haben, wie vorſtehende Vergleichung er-<lb/> gibt, im Verlaufe des J. 1829 einen bedeutenden Aufſchwung er-<lb/> fahren. Jedoch ziehen wir zuerſt die einen firen Zins tragenden<lb/> Effekten in Betrachtung, ſo finden wir, daß dieſer Aufſchwung bei<lb/> den 5prozentigen ungleich ſchwächer, als bei allen übrigen Papie-<lb/> ren war, deren Zinsfuß niedriger iſt. Machen hievon die 5pro-<lb/> zentigen Bethmann’ſchen Obligationen eine ſcheinbare Ausnahme,<lb/> da ſolche um etwas mehr als 10 Prozent ſtiegen, indeſſen ſich die<lb/> 5prozentigen Metalliques nur um 7 Prozent hoben, ſo liegt die<lb/><cb/> Urſache davon in der bekannten Verfügung, wornach deren Zins-<lb/> koupons fortan nicht mehr nach dem Kurſe der Metalliques be-<lb/> rechnet, ſondern in klingender Münze bezahlt werden. Dagegen<lb/> ſind ſämtliche unter 5Prozent verzinsliche Effekten, je weiter ſie<lb/> von ihrem Pari entfernt ſtanden, deſto ſchnellern Schrittes dieſem<lb/> Zielpunkte zugeeilt; allein je näher ſie demſelbeu kamen, deſto<lb/> unmerklicher ſtiegen ſie. So beträgt der Aufſchwung bei den<lb/> öſtreichiſchen 4prozentigen Obligationen beinahe 20 Proz.; bei den<lb/> preußiſchen Staatsſchuldſcheinen 7¾ Proz.; bei den Darmſtädter<lb/> 4prozentigen Obligationen 1⅝Proz.; bei den bayeriſchen 4prozentigen<lb/> nur ¾ Proz. Sind die Triebfedern des Steigens der obengenannten<lb/> Effektenſorten theils in den Operationen der Spekulanten, die am<lb/> Kurſe des Kapitals gewinnen wollen, theils in der Konkurrenz der<lb/> Kapitaliſten zu ſuchen, die ihre Fonds, nur um ſich einen regelmä-<lb/> ßigen Zinsgenuß zu ſichern, denſelben zuwandten, ſo regulirten ſich<lb/> die Kurswandlungen der Lotterie-Effekten nach ganz andern Rük-<lb/> ſichten. Bei ihnen nemlich ſind es ganz beſonders die Chancen<lb/> des Spiels, die, ſind ſonſt die Umſtände gleich, ihren Börſen-<lb/> preis beſtimmen. Allein die Ermittelung dieſer Chancen beruhet<lb/> auf einer Wahrſcheinlichkeitsberechnung, die, ſo ſicher ihre Reſul-<lb/> tate im Durchſchnitt der Zeit auch immerhiu ſeyn mögen, doch<lb/> zu verwikelt iſt, um dem ſpielluſtigen Publikum ſogleich in die<lb/> Sinne zu fallen. Aus dieſer Urſache erklärt es ſich denn auch,<lb/> daß die Rothſchildiſchen 100Guldenlooſe im verwichenen Jahre um<lb/> 18¾ fl. per Stük in die Höhe gingen, die Partiale aber nur<lb/> um 8¾ Proz. <note place="foot" n="*)">Die Agiotage, im eigentlichſten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-<lb/> gewirkt, die 100Guldenlooſe auf ihre jezige überſ@annte Höhe zu<lb/> treiben, wogegen ſie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale<lb/> zeither vergleichsweiſe ſo ſehr darnieder zu halten ſtrebte. Daß dis<lb/> keine bloße Hypotheſe, mag folgende Berechnung darthun: Für<lb/> 10,000 fl. kauft man 30 St. Partialloſe zum Kurs von 132½ Proz.<lb/> oder auch 57 St. 100Guldenlooſe zu 175 fl. das Stük. Erſcheinen<lb/> nun jene 30 Stük Partialloſe in der nächſten Ziehung mit ihrem<lb/> geringſten Preis von 302½ fl., ſo erhält man . = 9075 fl.<lb/> 57 St. 100Guldenlooſe aber ertragen zu ihrem nie-<lb/> drigſten Preiſe in der nächſten Ziehung ... <hi rendition="#u">= 8550 —</hi><lb/> Es bleiben mithin ........... = 525 —<lb/> als Ueberſchuß, oder vielmehr als Minusverluſt, den, bei gleichem<lb/> Mißgeſchik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz.,<lb/> einſchließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons.<lb/> Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partiallooſe<lb/> noch vortheilhafter, ſo daß dieſelben, im richtigen Verhältniſſe zum<lb/> heutigen Kurſe der 100Guldenlooſe einen Spekulationswerth von<lb/> circa 142 Proz. haben, wovon man ſich, nach der angedeuteten<lb/> Baſis die Berechnung fortſezend, leicht überzeugen kan. Dagegen<lb/> wird man ſich eben ſo leicht überzeugen können, daß die 100Gul-<lb/> denlooſe bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht-<lb/> ches überſchritten haben. Um uns kurz zu faſſen, wollen wir nur<lb/> den Fall ſezen, es kaufe Jemand ſämtliche noch übrige 100Gulden-<lb/> looſe = 119,860 Stük, zu dem Preiſe von 180 fl. das Stük, den<lb/> ſie heute um mehrere Gul en ſchon überſchritten haben. Spielt er<lb/> ſolche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet<lb/> ſich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, ſo wird derſelbe<lb/> einen reinen Verluſt von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber<lb/> erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnſte jedesmal<lb/> erſt drei Monate nach der Ziehung erfolgt.</note> Bei den Darmſtädter 50Guldenlooſen war der<lb/> Aufſchlag noch beträchtlicher, nemlich 24½ Proz., wogegen die<lb/> badiſchen 50Guldenlooſe nur 5¾ fl. per Stük höher gingen, was<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [0005]
12 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 12. 1830.
Ueber den Gang des Staatspapierhandels
im Jahre 1829.
**Frankfurt a. M., 6 Jan.Mehrere große Finanzope-
rationen ſind, trügen wir uns nicht, im Werke. Sie bezweken
eine Herabſezung der Zinſen der Staatsſchuld; mithin eine ſehr
reelle Verbeſſerung des Staatshaushalts. Zu dem Ende ſollen
von verſchiedenen Regierungen neue Anleihen eröfnet werden, um
den Inhabern ihrer höher verzinslichen Staatseffekten die Alter-
native der Heimzahlung des Kapitals oder der Herabſezung des
Zinsfußes anbieten zu können. Nach bekannten Vorgängen zu
ſchließen — wie z. B. die jüngſte öſtreichiſche Anleihe, ſodann die
jezt in Frankreich eröfnete Submiſſiou auf 4prozentige Renten —
gehen dieſe Finanzoperationen von der Baſis aus, der Durch-
ſchnittspreis der Kapitalien ſey jährlich vier vom Hundert. —
Wir haben eine Ueberſicht vor uns, welche die täglichen Kursver-
änderungen angibt, ſo die an hieſiger Börſe gangbaren Effekten
im Laufe des verfloſſenen Jahres erfahren haben. Die Mitthei-
lung einiger Ziffern daraus, welche in dieſer Sache eben ſo viele
ſtatiſtiſche Thatſachen ſind, dürfte in dieſem Augenblike um ſo
mehr von Intereſſe ſeyn, weil ſich daraus, unter mehrern andern
Konſequenzen, auch ein höchſt wahrſcheinlicher Schluß auf die Er-
folge ableiten läßt, welche die Ausführung der erwähnten Finanz-
operationen haben dürfte. Zu dem Ende ſchiken wir hier eine
Nebeneinanderſtellung der Baarkurſe voran, wie eben jene Ueber-
ſicht ſolche zu Anfang und am Schluſſe des J. 1829 angibt.
Sämtliche Effektenſorten haben, wie vorſtehende Vergleichung er-
gibt, im Verlaufe des J. 1829 einen bedeutenden Aufſchwung er-
fahren. Jedoch ziehen wir zuerſt die einen firen Zins tragenden
Effekten in Betrachtung, ſo finden wir, daß dieſer Aufſchwung bei
den 5prozentigen ungleich ſchwächer, als bei allen übrigen Papie-
ren war, deren Zinsfuß niedriger iſt. Machen hievon die 5pro-
zentigen Bethmann’ſchen Obligationen eine ſcheinbare Ausnahme,
da ſolche um etwas mehr als 10 Prozent ſtiegen, indeſſen ſich die
5prozentigen Metalliques nur um 7 Prozent hoben, ſo liegt die
Urſache davon in der bekannten Verfügung, wornach deren Zins-
koupons fortan nicht mehr nach dem Kurſe der Metalliques be-
rechnet, ſondern in klingender Münze bezahlt werden. Dagegen
ſind ſämtliche unter 5Prozent verzinsliche Effekten, je weiter ſie
von ihrem Pari entfernt ſtanden, deſto ſchnellern Schrittes dieſem
Zielpunkte zugeeilt; allein je näher ſie demſelbeu kamen, deſto
unmerklicher ſtiegen ſie. So beträgt der Aufſchwung bei den
öſtreichiſchen 4prozentigen Obligationen beinahe 20 Proz.; bei den
preußiſchen Staatsſchuldſcheinen 7¾ Proz.; bei den Darmſtädter
4prozentigen Obligationen 1⅝Proz.; bei den bayeriſchen 4prozentigen
nur ¾ Proz. Sind die Triebfedern des Steigens der obengenannten
Effektenſorten theils in den Operationen der Spekulanten, die am
Kurſe des Kapitals gewinnen wollen, theils in der Konkurrenz der
Kapitaliſten zu ſuchen, die ihre Fonds, nur um ſich einen regelmä-
ßigen Zinsgenuß zu ſichern, denſelben zuwandten, ſo regulirten ſich
die Kurswandlungen der Lotterie-Effekten nach ganz andern Rük-
ſichten. Bei ihnen nemlich ſind es ganz beſonders die Chancen
des Spiels, die, ſind ſonſt die Umſtände gleich, ihren Börſen-
preis beſtimmen. Allein die Ermittelung dieſer Chancen beruhet
auf einer Wahrſcheinlichkeitsberechnung, die, ſo ſicher ihre Reſul-
tate im Durchſchnitt der Zeit auch immerhiu ſeyn mögen, doch
zu verwikelt iſt, um dem ſpielluſtigen Publikum ſogleich in die
Sinne zu fallen. Aus dieſer Urſache erklärt es ſich denn auch,
daß die Rothſchildiſchen 100Guldenlooſe im verwichenen Jahre um
18¾ fl. per Stük in die Höhe gingen, die Partiale aber nur
um 8¾ Proz. *) Bei den Darmſtädter 50Guldenlooſen war der
Aufſchlag noch beträchtlicher, nemlich 24½ Proz., wogegen die
badiſchen 50Guldenlooſe nur 5¾ fl. per Stük höher gingen, was
*) Die Agiotage, im eigentlichſten Sinne, hat offenbar viel dazu mit-
gewirkt, die 100Guldenlooſe auf ihre jezige überſ@annte Höhe zu
treiben, wogegen ſie, in umgekehrtem Sinne operirend, die Partiale
zeither vergleichsweiſe ſo ſehr darnieder zu halten ſtrebte. Daß dis
keine bloße Hypotheſe, mag folgende Berechnung darthun: Für
10,000 fl. kauft man 30 St. Partialloſe zum Kurs von 132½ Proz.
oder auch 57 St. 100Guldenlooſe zu 175 fl. das Stük. Erſcheinen
nun jene 30 Stük Partialloſe in der nächſten Ziehung mit ihrem
geringſten Preis von 302½ fl., ſo erhält man . = 9075 fl.
57 St. 100Guldenlooſe aber ertragen zu ihrem nie-
drigſten Preiſe in der nächſten Ziehung ... = 8550 —
Es bleiben mithin ........... = 525 —
als Ueberſchuß, oder vielmehr als Minusverluſt, den, bei gleichem
Mißgeſchik des Spielens, die Partiale gewähren, oder einen 5 Proz.,
einſchließlich des dabei befindlichen, aber abgehenden Zinskoupons.
Mit jeder folgenden Ziehung wird aber das Spiel der Partiallooſe
noch vortheilhafter, ſo daß dieſelben, im richtigen Verhältniſſe zum
heutigen Kurſe der 100Guldenlooſe einen Spekulationswerth von
circa 142 Proz. haben, wovon man ſich, nach der angedeuteten
Baſis die Berechnung fortſezend, leicht überzeugen kan. Dagegen
wird man ſich eben ſo leicht überzeugen können, daß die 100Gul-
denlooſe bereits jezt ihren eigentlichen Spielwerth um ein Beträcht-
ches überſchritten haben. Um uns kurz zu faſſen, wollen wir nur
den Fall ſezen, es kaufe Jemand ſämtliche noch übrige 100Gulden-
looſe = 119,860 Stük, zu dem Preiſe von 180 fl. das Stük, den
ſie heute um mehrere Gul en ſchon überſchritten haben. Spielt er
ſolche bis zum J. 1800, als der lezten Ziehungszeit, und berechnet
ſich dabei einen Kapitalzins von 4 Proz. jährlich, ſo wird derſelbe
einen reinen Verluſt von 2,800,000 fl. und noch etwas dacüber
erleiden, da bekanntlich die Ausbezahlung der Gewinnſte jedesmal
erſt drei Monate nach der Ziehung erfolgt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |