Allgemeine Zeitung, Nr. 140, 25. März 1908.München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140. [Spaltenumbruch]
"Pommerellen unter Polen und Preußen". Die Zahlder Katholiken hat sich in den 130 Jahren der preu- ßischen Herrschaft vervierfacht, die der Evangeli- schen dagegen nur verdreifacht! Und nun höre man nach den Zahlen des wahrheits- Die Katholiken aus dem Osten wissen, daß Wer solchen polnischen Anmaßungen Der Gesundheitszustand des Königs Manuel. * Das Madrider Blatt El Mundo berichtet, nach Mit- Man wird diese Nachricht mit einiger Vorsicht aufzu- Sollte sich die Meldung bewahrheiten, so müßte man Russische Studenten in der Schweiz. Aus Züricher Universitätskreisen erhalten wir eine Die Nummer 45 der Allgemeinen Zeitung vom 29. Januar Hierzu erhalten wir von einer Seite, die mit den Wir können uns leider von dieser Richtigstellung der Berner -- Zu dem neuesten Artikel Hardens bemerkt der ange- -- Auf der Tagesordnung des Parteitages der Frei- -- Man schreibt uns aus Wien: In den glänzenden Politische Nachrichten. Die Mittelmeerreise des Kaiserpaares. n. Berlin, 24. März. 10.50 V. (Privattelegr.) König Friedrich August von Sachsen in Bozen. p. Bozen, 24. März. 11.54 V. (Privattelegramm.) t. Konstantinopel, 24. März, 11.15 V. (Privattele- Hof und Gesellschaft. * München, 24. März.-- Se. kgl. Hoheit Prinz Ludwig empfing heute vor- -- Prinz Rupprecht feiert heute sein Namensfest. Se -- Prinz Rupprecht besuchte heute die Ausstellung der -- Fürst Wilhelm von Hohenzollern, General- [Spaltenumbruch] Wiener Brief. Der Kaiser. -- Das Jubeljahr. -- Künstlerhaus. -- Goya. Der Kaiser war unwohl: ein Schnupfen. Aber seit der Zwei Jubiläumsausstellungen sind vorgestern, am Goya! Der Name ist dieser Tage wie eine Kunstrakete Wien hat jetzt Gelegenheit zu Goya-Erwerbungen und Theater und Musik. ps. Theater am Gärtnerplatz. Das neu begonnene Gastspiel W. Kraus-Mottl. Gestern schienen mir die Großen, die vom München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140. [Spaltenumbruch]
„Pommerellen unter Polen und Preußen“. Die Zahlder Katholiken hat ſich in den 130 Jahren der preu- ßiſchen Herrſchaft vervierfacht, die der Evangeli- ſchen dagegen nur verdreifacht! Und nun höre man nach den Zahlen des wahrheits- Die Katholiken aus dem Oſten wiſſen, daß Wer ſolchen polniſchen Anmaßungen Der Geſundheitszuſtand des Königs Manuel. * Das Madrider Blatt El Mundo berichtet, nach Mit- Man wird dieſe Nachricht mit einiger Vorſicht aufzu- Sollte ſich die Meldung bewahrheiten, ſo müßte man Ruſſiſche Studenten in der Schweiz. Aus Züricher Univerſitätskreiſen erhalten wir eine Die Nummer 45 der Allgemeinen Zeitung vom 29. Januar Hierzu erhalten wir von einer Seite, die mit den Wir können uns leider von dieſer Richtigſtellung der Berner — Zu dem neueſten Artikel Hardens bemerkt der ange- — Auf der Tagesordnung des Parteitages der Frei- — Man ſchreibt uns aus Wien: In den glänzenden Politiſche Nachrichten. Die Mittelmeerreiſe des Kaiſerpaares. n. Berlin, 24. März. 10.50 V. (Privattelegr.) König Friedrich Auguſt von Sachſen in Bozen. p. Bozen, 24. März. 11.54 V. (Privattelegramm.) t. Konſtantinopel, 24. März, 11.15 V. (Privattele- Hof und Geſellſchaft. * München, 24. März.— Se. kgl. Hoheit Prinz Ludwig empfing heute vor- — Prinz Rupprecht feiert heute ſein Namensfeſt. Se — Prinz Rupprecht beſuchte heute die Ausſtellung der — Fürſt Wilhelm von Hohenzollern, General- [Spaltenumbruch] Wiener Brief. Der Kaiſer. — Das Jubeljahr. — Künſtlerhaus. — Goya. Der Kaiſer war unwohl: ein Schnupfen. Aber ſeit der Zwei Jubiläumsausſtellungen ſind vorgeſtern, am Goya! Der Name iſt dieſer Tage wie eine Kunſtrakete Wien hat jetzt Gelegenheit zu Goya-Erwerbungen und Theater und Muſik. ps. Theater am Gärtnerplatz. Das neu begonnene Gaſtſpiel W. Kraus-Mottl. Geſtern ſchienen mir die Großen, die vom <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="2"/><fw place="top" type="header">München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140.</fw><lb/><cb/> „Pommerellen unter Polen und Preußen“. Die <hi rendition="#g">Zahl<lb/> der Katholiken</hi> hat ſich in den 130 Jahren der preu-<lb/> ßiſchen Herrſchaft <hi rendition="#g">vervierfacht</hi>, die der <hi rendition="#g">Evangeli-<lb/> ſchen</hi> dagegen nur <hi rendition="#g">verdreifacht!</hi></p><lb/> <p>Und nun höre man nach den Zahlen des wahrheits-<lb/> liebenden katholiſchen Prieſters Waſchinski die Lüge der<lb/> Gazeta Grudziadzka des Pan Kulerski: „Für jeden halb-<lb/> wegs aufgeklärten Menſchen iſt es eine klare Sache, daß<lb/> das letzte Ziel der preußiſchen Regierung die Vernichtung<lb/> der katholiſchen Kirche in Preußen bildet.“ Wenn man<lb/> derartige polniſche Hetzmären auch am Rhein verbreitet,<lb/> dann kann man ſich dieſe Unbeſonnenheit nur damit er-<lb/> klären, daß man hier ſtellenweiſe von polniſcher Geſchichte<lb/> und polniſchem Weſen keine Ahnung hat. (Das Gleiche<lb/> gilt auch für Süddeutſchland. Die Red.) Im Oſten kennt<lb/> man beides beſſer, und deshalb beſteht in der Beurteilung<lb/> des Polentums zwiſchen oſt- und weſtdeutſchen Katholiken<lb/> auch ein grundſätzlicher Unterſchied. Die Katholiken aus<lb/> dem Oſten wiſſen, daß <hi rendition="#g">die Polen die Religion nur<lb/> als Mittel für ihre nationalen Beſtrebun-<lb/> gen</hi> benutzen, <hi rendition="#g">die auf die Wiedererrichtung des<lb/> alten Polenreiches hinzielen</hi>.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Katholiken aus dem Oſten</hi> wiſſen, daß<lb/> manche polniſche Elemente <hi rendition="#g">überhaupt kein fried-<lb/> liches Zuſammenleben mit den Deutſchen</hi><lb/> als preußiſche Staatsbürger wollen; nicht einmal mit ihren<lb/> Oberhirten, ſofern dieſe deutſcher Herkunft ſind, ſonſt hätten<lb/> ſie mit dem Erzbiſchof Dieder, der als der friedfertigſte<lb/> Prieſter allgemein geſchätzt wurde, auskommen müſſen;<lb/> ſonſt hätten ſie nicht den Pelpliner Biſchof Redner ins Grab<lb/> hineingeärgert; ſonſt würden ſie nicht deſſen Nachfolger<lb/> Roſentreter und ſeinen Generalvikar mit den gemeinſten<lb/> Beſchimpfungen verfolgen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Wer ſolchen polniſchen Anmaßungen<lb/> nicht entgegentritt, der beſitzt kein deut-<lb/> ſches Ehrgefühl</hi>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Geſundheitszuſtand des Königs Manuel.</hi> </head><lb/> <p>* Das Madrider Blatt El Mundo berichtet, nach Mit-<lb/> teilungen aus Liſſabon hätte ſich der Zuſtand der Wunde,<lb/> die König Manuel bei dem Attentat am Arm erhalten hat,<lb/> derart verſchlimmert, daß die Aerzte die <hi rendition="#g">ſofortige<lb/> Amputation des Armes</hi> anrieten. Der König<lb/> und die Königin-Mutter wollten von einer Amputation<lb/> nichts wiſſen, die Aerzte hielten jedoch die Vornahme dieſer<lb/> Operation für unerläßlich.</p><lb/> <p>Man wird dieſe Nachricht mit einiger Vorſicht aufzu-<lb/> nehmen haben. In den erſten Meldungen über das Atten-<lb/> tat, bei dem der Vater und der Bruder des Königs den<lb/> Tod gefunden haben, hieß es, der König ſei nicht ernſtlich<lb/> verletzt. Dann wurde berichtet, König Manuel ſei am<lb/> Kiefer und am Arm verwundet worden und trage den Arm<lb/> in der Schlinge; er überraſche ſeine Umgebung durch ſeine<lb/> würdige Haltung. Später kamen ungünſtigere Nachrichten<lb/> über ſein Befinden; ſie wurden jedoch offiziell mit dem Bei-<lb/> fügen dementiert, daß der Zuſtand des Königs befriedigend<lb/> ſei und ſeine Wunde keine Komplikationen befürchten laſſe.</p><lb/> <p>Sollte ſich die Meldung bewahrheiten, ſo müßte man<lb/> annehmen, daß aus politiſchen Gründen über den Zuſtand<lb/> der Wunde des Königs Angaben gemacht wurden, die nicht<lb/> vollkommen den Tatſachen entſprachen, oder daß ſich erſt<lb/> in den allerletzten Tagen Komplikationen einſtellten, über<lb/> die man in Liſſabon Stillſchweigen bewahrte, weil man<lb/> annahm, daß ſich bald eine Beſſerung einſtellen werde. Es<lb/> wäre tragiſch, wenn der junge König, der eine auch von den<lb/> politiſchen Gegnern gewürdigte ſympathiſche Haltung ein-<lb/> nimmt, in der Tat eine ſo ſchwere Verſtümmelung als<lb/> Andenken an das unſelige Attentat durch das Leben tragen<lb/> müßte. König Manuel ſteht im 19. Lebensjahre.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ruſſiſche Studenten in der Schweiz.</hi> </head><lb/> <p>Aus Züricher Univerſitätskreiſen erhalten wir eine<lb/> Zuſchrift zu dem Artikel „Ruſſiſche Studenten in der<lb/> Schweiz“ in Nr. 45 der Allgemeinen Zeitung, die wir hier<lb/> in gekürzter Form wiedergeben:</p><lb/> <cit> <quote>Die Nummer 45 der Allgemeinen Zeitung vom 29. Januar<lb/> bringt unter dem Titel „Ruſſiſche Studenten in der Schweiz“<lb/> eine Korreſpondenz aus Bern, auf welche eine Entgegnung wohl<lb/> geſtattet ſein mag. Schon der erſte Satz, Baſel habe „keinen<lb/><cb/> einzigen Ruſſen“, entſpricht nicht der Wirklichkeit: das Perſonal-<lb/> verzeichnis des laufenden Semeſters gibt bei einer Geſamt-<lb/> frequenz von 605 Immatrikulierten 50 Ruſſen an. Ferner iſt<lb/> zu bemerken, daß, entgegen der Behauptung des Korreſponden-<lb/> ten, in Zürich kein Ruſſe immatrikuliert wird, der nicht im Be-<lb/> ſitze eines Reifezeugniſſes iſt.<lb/> Werden alſo Ruſſen in Baſel nicht angenommen, ſo be-<lb/> mühen ſie ſich umſonſt nach Zürich, denn dieſelben Gründe, die<lb/> in Baſel zur Abweiſung führten, verhindern auch ihre Aufnahme<lb/> in Zürich; ſelbſt wenn die Polizei die Toleranzbewilligung er-<lb/> wirkt, dürfen nämlich laut Verfügung der Erziehungsdirektion<lb/> Schriftenloſe nicht immatrikuliert werden. So ſind auch wäh-<lb/> rend der zweijährigen Amtsperiode des gegenwärtigen Rektors<lb/> 802 ſchriftliche und mindeſtens ebenſoviele mündliche Aufnahme-<lb/> geſuche, vorwiegend von Ruſſen und namentlich von Ruſſinnen,<lb/> abgewieſen worden. Daß die <hi rendition="#g">Ruſſinnen</hi> im allgemeinen<lb/> ungenügend vorgebildet ſind, iſt richtig, darum müſſen ſie, wenn<lb/> ſie ein ruſſiſches Mädchengymnaſium mit Erfolg abſolviert haben,<lb/> in Zürich ein Examen in vier Fächern beſtehen, ehe ſie auf-<lb/> genommen werden, und haben ſie kein Gymnaſium beſucht, ſo<lb/> wird ihnen die ganze Maturitätsprüfung überbunden. Was<lb/> endlich die Behauptung betrifft, daß die ſchweizeriſchen Studie-<lb/> renden kaum noch Platz finden, ſo genügt es, auf die dem Vor-<lb/> leſungsverzeichnis vorgedruckte Verfügung hinzuweiſen, wonach<lb/> für ſchweizeriſche Studierende in den Auditorien und Laborato-<lb/> rien eine genügende Zahl von Plätzen reſerviert bleiben, für die<lb/> ſie ſich bis ſpäteſtens zum offiziellen Semeſterbeginn ſchriftlich<lb/> oder mündlich zu melden haben.</quote> </cit><lb/> <p>Hierzu erhalten wir von einer Seite, die mit den<lb/> ſchweizeriſchen Univerſitätsverhältniſſen ebenfalls vertraut<lb/> iſt, folgende Bemerkungen:</p><lb/> <cit> <quote>Wir können uns leider von dieſer Richtigſtellung der Berner<lb/> Korreſpondenz nicht recht überzeugen laſſen. Eigentümlich bleibt<lb/> immerhin, daß Ruſſinnen, welche kein ruſſiſches Mädchengymna-<lb/> ſium beſuchten, zu einer Maturitätsprüfung zugelaſſen werden.<lb/> Wie wir wiſſen, beſtehen zu dieſem Zwecke eigene „Maturitäts-<lb/> inſtitute“, die allerdings mit der Univerſität in keinerlei Ver-<lb/> bindung ſtehen, dagegen die Anforderungen des Maturitäts-<lb/> examens kennen und ihre Schüler daraufhin einzuarbeiten ver-<lb/> ſtehen. Klar iſt, daß dadurch die Ruſſeninvaſion nicht gehemmt<lb/> wird. Es handelt ſich deshalb für die maßgebenden Organe in<lb/> erſter Linie darum, die Vorſchriften zur Zulaſſung für die Ma-<lb/> turitätsprüfung äußerſt ſtreng zu handhaben, wie dies z. B. in<lb/> Baſel geſchieht, wo nur für Schüler kantonaler Lehranſtalten ein<lb/> Maturitätsexamen möglich iſt. Jeder Ruſſe, der alſo ohne Ma-<lb/> turitätszeugnis oder ohne einen ſonſtigen genügenden Ausweis<lb/> ſich immatrikulieren will, ſollte unnachſichtlich abgewieſen werden.<lb/> Nur damit kann man dem Uebel ſteuern, und nicht dadurch, daß<lb/> man ſolche Leute zum Reifeexamen zuläßt.</quote> </cit> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Zu dem neueſten <hi rendition="#g">Artikel Hardens</hi> bemerkt der ange-<lb/> griffene Wiener Arzt Dr. Ludwig <hi rendition="#g">Frey</hi> u. a.: <cit><quote>„... Herr Harden<lb/> läßt ſogar durchleuchten, als ob ich für meine Ausſage durch Ver-<lb/> leihung eines preußiſchen Ordens, ſowie durch die Ernennung<lb/> zum deutſchen Botſchaftsarzt belohnt worden wäre. Er fügt aller-<lb/> dings ironiſch hinzu: <hi rendition="#aq">post hoc, non propter hoc.</hi> Ich bin durch<lb/> meine. Eigenſchaft als Arzt gezwungen, das Berufsgeheimnis zu<lb/> wahren; es würde mir ſonſt leicht fallen, jeden der verſteckten<lb/> Angriffe des Herrn Harden zu widerlegen. Ich muß aber feſt-<lb/> ſtellen, daß ich niemals Arzt der deutſchen Botſchaft war und daß<lb/> ich den preußiſchen Roten Adler-Orden ſchon im Jahre 1893 er-<lb/> hielt, und zwar anläßlich der Behandlung des Prinzen Georg<lb/> von Preußen, alſo zu einer Zeit, wo es eine Gräfin Lilly Moltke<lb/> noch gar nicht gegeben hat, da die heutige Frau v. Elbe damals<lb/> noch Frau v. Kruſe war. Ich werde gewiß Mittel und Wege<lb/> finden, um meine angegriffene Ehre. zu verteidigen. Vorläufig<lb/> begnüge ich mich mit der publiziſtiſchen Zurückweiſung dieſer Ver-<lb/> dächtigungen.“</quote></cit></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Auf der Tagesordnung des <hi rendition="#g">Parteitages der Frei-<lb/> ſinnigen Vereinigung,</hi> der am 21., 22. und 23. April<lb/> in Frankfurt a. M. ſtattfindet, ſtehen folgende Punkte: Börſen-<lb/> geſetz und Reichsfinanzreform, Reichsvereinsgeſetz, Liberalismus<lb/> und Arbeiterfrage, Liberalismus und Frauenfrage.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Man ſchreibt uns aus <hi rendition="#g">Wien:</hi> In den glänzenden<lb/> Räumen der deutſchen Botſchaft fand am 19. März der erſte<lb/> große Empfangsabend beim Botſchafter <hi rendition="#g">Herrn von<lb/> Tſchirſchky</hi> ſtatt. Das Feſt rief bei den Gäſten, die<lb/> vom Botſchafter und ſeiner Gemahlin aufs liebens-<lb/> würdigſte empfangen wurden, denſelben prächtigen Ein-<lb/> druck hervor, wie die ähnlichen Veranſtaltungen unter<lb/> ſeinem Vorgänger Grafen Wedel, die immer einer der<lb/> Glanzpunkte der Winterſaiſon geweſen waren. Auch dies-<lb/> mal erſchienen ſämtliche Botſchafter und Miniſter, ebenſo<lb/> zahlreiche politiſche Perſönlichkeiten aus allen Partei-<lb/> lagern. Der Nuntius Fürſt Granito di Belmonte wurde<lb/> nach den verſchiedenen Fährniſſen, die er in letzter Zeit<lb/><cb/> durchgemacht hatte, mit beſonderem Intereſſe beobachtet,<lb/> und es war eine Pikanterie, daß die anweſenden Miniſter<lb/> mit ihm nur höfliche Grüße wechſelten, ohne daß auch nur<lb/> einer von ihnen in ein Geſpräch mit ihm eintrat. Miniſter-<lb/> präſident Frhr. v. Beck und der Nuntius trafen ſich in den<lb/> weiten Räumen erſt beim Abſchied und begrüßten ſich durch<lb/> einen freundſchaftlichen Händedruck.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Nachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Mittelmeerreiſe des Kaiſerpaares.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">n.</hi><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 24. März. 10.50 <hi rendition="#aq">V.</hi></dateline> <p>(<hi rendition="#g">Privattelegr</hi>.)<lb/> Der Kaiſer, die Kaiſerin, Prinz Auguſt Wilhelm und Prin-<lb/> zeſſin Viktoria Luiſe ſind heute vormittag 10 Uhr vom An-<lb/> halter Bahnhof mittels Sonderzugs nach Venedig abge-<lb/> fahren. Zur Verabſchiedung hatten ſich eingefunden der<lb/> Kronprinz, Prinz Eitel Friedrich und Gemahlin, Reichs-<lb/> kanzler Fürſt v. Bülow und Oberhofmarſchall Graf Eulen-<lb/> burg.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">König Friedrich Auguſt von Sachſen in Bozen.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">p.</hi><hi rendition="#b">Bozen,</hi> 24. März. 11.54 <hi rendition="#aq">V.</hi></dateline> <p>(<hi rendition="#g">Privattelegramm</hi>.)<lb/> König Friedrich Auguſt von Sachſen iſt heute morgen 5 Uhr 45<lb/> in Bozen eingetroffen. In ſeiner Begleitung befanden ſich der<lb/> ſächſiſche Geſandte in München, Baron <hi rendition="#g">Frieſen</hi>, Generaladju-<lb/> tant Major v. <hi rendition="#g">Müller</hi>, Generalſtabschef v. <hi rendition="#g">Tarlowitz</hi>, ſo-<lb/> wie die Dienerſchaft. Der ſächſiſche Rechnungsrat Stelzner, der<lb/> der Prinzeſſin <hi rendition="#g">Anna</hi> zugeteilt iſt, war anweſend, ferner Statt-<lb/> haltereirat Graf <hi rendition="#g">Zeſchi</hi>, der ſich dem König zur Verfügung<lb/> ſtellte. Der Monarch begab ſich vom Bahnhof weg zu Fuß in<lb/> das Hotel Briſtol, wo ſich das Abſteigequartier befindet. Der<lb/> König reiſt unter dem Inkognito eines Grafen Hülſenburg und<lb/> bewohnt den größten Teil des 1. Stockes im Hotel. Nach einem<lb/> Aufenthalt von 10 Minuten begab ſich der König allein zur<lb/> Pfarrkirche und hörte dort eine Meſſe an; dann begab er ſich<lb/> ins Hotel zurück, beurlaubte ſeine Begleitung für den ganzen<lb/> Tag und ging allein durch die Stadt nach Gries zu ſeiner Toch-<lb/> ter. Die Abreiſe des Königs erfolgt Mittwoch nachmittag. Prin-<lb/> zeſſin <hi rendition="#g">Anna</hi> überſiedelt noch vor Oſtern endgültig nach Dresden.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#aq">t.</hi><hi rendition="#b">Konſtantinopel,</hi> 24. März, 11.15 <hi rendition="#aq">V.</hi></dateline> <p>(<hi rendition="#g">Privattele-<lb/> gramm</hi>.) Allgemeines Aufſehen erregt hier die von Rußland<lb/> unverſehens an die Türkei geſtellte Forderung, wonach Rußland<lb/> die ſofortige Zahlung von ¾ Mill. Pfd. als <hi rendition="#g">Zinſen</hi> für die<lb/><hi rendition="#g">verzögerte Zahlung</hi> der <hi rendition="#g">Entſchädigung</hi> an ruſſiſche<lb/> Untertanen aus dem <hi rendition="#g">ruſſiſch-türkiſchen Kriege</hi> ver-<lb/> langt. Von engliſcher Seite kurſiert das Gerücht, der Bau der<lb/><hi rendition="#g">Hedſchasbahn</hi> werde vorläufig bei <hi rendition="#g">Medina</hi> endigen, und<lb/> türkiſcherſeits werde das Bahnprojekt Angora-Sivas-Erzerum<lb/> wieder aufgenommen, dieſe Bahn wolle dann die Türkei ſelbſt<lb/> bauen, damit die Ruſſen nicht ihr Privilegium geltend machen<lb/> können.</p><lb/> <trailer> <hi rendition="#b">(Letzte Nachrichten ſiehe Seite 5.)</hi> </trailer> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hof und Geſellſchaft.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">München,</hi> 24. März.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Se. kgl. Hoheit Prinz <hi rendition="#g">Ludwig</hi> empfing heute vor-<lb/> mittag den Bürgermeiſter Weinberger und den Magiſtratsrat<lb/> und Apothekenbeſitzer Bachmayer, beide in Paſing, ſowie den<lb/> Fabrikbeſitzer und Großhändler Küchle, Vorſtand des Bezirks-<lb/> gremiums Günzburg, in Audienz.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Prinz <hi rendition="#g">Rupprecht</hi> feiert heute ſein Namensfeſt. Se<lb/> kgl. Hoheit der <hi rendition="#g">Prinzregent</hi> und die Mitglieder der kgl.<lb/> Familie ſtatteten dem Prinzen vormittags im Palais am<lb/> Odeonsplatz Gratulationsbeſuche ab. In die ausliegenden Liſten<lb/> trugen ſich viele Offiziere und Herren der Hofgeſellſchaft ein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— <hi rendition="#g">Prinz Rupprecht</hi> beſuchte heute die Ausſtellung der<lb/> Sammlung „Bayeriſche Volkskunſt“, ſowie eine Sammlung<lb/> chineſiſcher und japaniſcher Kunſtgegenſtände, die in der Galerie<lb/><hi rendition="#g">Helbing</hi> am 26. und 27. März zur Auktion gelangen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— <hi rendition="#g">Fürſt Wilhelm von Hohenzollern</hi>, General-<lb/> major und Kommandeur der 3. Garde-Inf.-Brig., iſt auf ſein<lb/> Geſuch von dieſer Stellung unter Beförderung zum Generalleut-<lb/> nant enthoben; er verbleibt in dem Verhältnis als Chef des<lb/> Füſilier-Regiments Nr. 40 und <hi rendition="#aq">à l. s.</hi> des 2. Garde-Regiments<lb/> z. F. Zum Kommandeur der 3. Garde-Infanterie-Brigade wurde<lb/> Generalmajor v. <hi rendition="#g">Quaſt</hi>, bisher Kommandeur der 30. Infanterie-<lb/> Brigade, ernannt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wiener Brief.</hi> </head><lb/> <argument> <p>Der Kaiſer. — Das Jubeljahr. — Künſtlerhaus. — Goya.</p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 23. März.</dateline><lb/> <p>Der Kaiſer war unwohl: ein Schnupfen. Aber ſeit der<lb/> Krankheit im Herbſt macht ein Kaiſerſchnupfen die Wiener<lb/> nervös. Und jetzt beſonders, wo das Diamant-Jubeljahr<lb/> ſich ernſtlich zu regen beginnt, Vorbereitungen für die Hul-<lb/> digungsfeſtlichkeiten im Gange ſind, Jubelausſtellungen er-<lb/> öffnet werden und der große Feſtzug für Juni ſicher iſt. Es<lb/> traf ſie hart, die gern jubilierenden Wiener, jene Abſage<lb/> des Kaiſers. All die angeſammelte Jubelſtimmung ſollte<lb/> ſich bloß in ſchöner Wohltätigkeit auflöſen, nicht auch in<lb/> ſinnenfreudigem Feſtwohlgefallen. Hatte doch London<lb/> ſeinerzeit das Diamantjubiläum der Queen und mit ihm<lb/> die ganze viktorianiſche Zeit großartig gefeiert und da ſollte<lb/> Wien ſich verſagen, bei ähnlichem, ſo wunderſeltenem An-<lb/> laß die franzisco-joſephiniſche Zeit feſtlich zu begehen! Das<lb/> wollte den Wienern nicht eingehen. Durften doch die Künſt-<lb/> ler für ihren im größten Stile geplanten hiſtoriſchen Feſt-<lb/> zug einen Fremdenzuſtrom erwarten und mit ihnen alle Ge-<lb/> werbsgenoſſenſchaften. Weiter Kreiſe bemächtigte ſich eine<lb/> gewiſſe gedrückte Stimmung, aber man ließ doch den Kopf<lb/> nicht hängen, und ſiehe da, es kam der 11. März, der des<lb/> Kaiſers Annahme des Huldigungsfeſtzuges brachte. Der<lb/> Kaiſer wird dem Feſtzuge am 15. Juni beiwohnen und ſoll<lb/> geäußert haben, er hoffe, daß der 1908er Feſtzug den 1879er<lb/> noch an Glanz und Schönheit übertreffen werde. Das Feſt-<lb/> zugskomitee, deſſen Ehrenpräſidium der ſo populäre Graf<lb/> Hans Wilczek ſen. übernommen, hat ſeine Arbeiten ſofort<lb/> wieder aufgenommen. Soweit der Feſtzug im Umriß feſt-<lb/> ſteht, dürfte der Zug etwa 10,000 Teilnehmer in 21 Gruppen<lb/> zählen. Die Koſten werden auf 2 Millionen Kronen berech-<lb/> net, wovon 600,000 Kronen für die Straßenausſchmückung<lb/> präliminiert ſind. Es ſind 250 Tribünen geplant, wozu die<lb/> Zulaßkarten auch im Auslande gelöſt werden können.</p><lb/> <p>Zwei Jubiläumsausſtellungen ſind vorgeſtern, am<lb/> 21. d. M., eröffnet worden: die Ausſtellung im Künſtler-<lb/> hauſe und die Jubiläums-Modeausſtellung in den Räumen<lb/> der Gartenbaugeſellſchaft. Die Ausſtellung der Künſtler-<lb/> genoſſenſchaft, der wohl noch ein beſonderes Wort zu wid-<lb/> men ſein wird, hat ein Doppelgeſicht: Vergangenheit und<lb/><cb/> Gegenwart, Hiſtorie ſeit 1848 und Moderne. Bei dem<lb/> patriotiſchen Charakter der Ausſtellung iſt diesmal die<lb/> Teilnahme ausländiſcher Künſtler nicht erbeten worden.<lb/> Das Inland hat alſo allein für den Ausſtellungserfolg<lb/> aufzukommen. Und ſoweit eine flüchtige erſte Beſichtigung<lb/> zu einem Urteil berechtigt, dürfte dieſer Erfolg nicht aus-<lb/> bleiben. Entrollt ſich doch vor unſeren Augen ein Geſamt-<lb/> bild vaterländiſchen Kunſtſchaffens, dem es weder an har-<lb/> moniſcher Entwicklung, noch an überraſchenden Einzelzügen<lb/> gebricht. Und da muß man ſich immer wieder ſagen: Was<lb/> hätte bei ſo viel ſtarken, glänzenden Talenten die öſter-<lb/> reichiſche Kunſt zu leiſten vermocht, wäre ſie durch eine ziel-<lb/> bewußte ſtaatliche Kunſtpolitik unterſtützt geweſen!</p><lb/> <p>Goya! Der Name iſt dieſer Tage wie eine Kunſtrakete<lb/> aufgeſtiegen. Aber er verpufft nicht wie eine Rakete, ſon-<lb/> dern bleibt leuchtend ſichtbar. Was wußte bis nun in<lb/> Wien ein etwas weiter gefaßtes kunſtſinniges Publikum<lb/> von Francisco de Goya, dem revolutionären Hofmaler<lb/> dreier ſpaniſchen Könige, dem Sturm- und Drangmaler,<lb/> den man den „letzten alten Meiſter und den erſten moder-<lb/> nen“ genannt hat? Das Kunſthiſtoriſche Muſeum beſitzt<lb/> keinen Goya, auch in Privatbeſitz befindet ſich nur Goyaſche<lb/> Graphik, kein Oelbild, ſeit die beiden berühmten Goyas<lb/> mit der Eſterhazy-Galerie nach Budapeſt gewandert ſind.<lb/> So iſt es denn ein unleugbares Verdienſt des jetzigen Leiters<lb/> des Miethke-Kunſtſalons, Karl Moll, eines der Führer<lb/> unſerer Moderne, die Senſation einer Goya-Ausſtellung<lb/> den Wienern geboten zu haben. Moll iſt in Spanien mit<lb/> ebenſo viel Glück als Geſchick auf die Goyaſuche gegangen<lb/> und es iſt ihm gelungen, achtzehn Oelgemälde des großen<lb/> ſpaniſchen Ahnherrn der Moderne zuſammenzubringen<lb/> und ein halbes Dutzend davon käuflich zu erwerben,<lb/> die ſeit dem 15. d. M., dem Todestage des 1828 in Bordeaux<lb/> heimgegangenen Meiſters, bei Miethke zu ſehen ſind.</p><lb/> <p>Wien hat jetzt Gelegenheit zu Goya-Erwerbungen und<lb/> man wird wohl bald von fabelhaften Preiſen hören. Es<lb/> braucht dabei nicht unbedingt allemal der Kunſtwert maß-<lb/> gebend zu ſein, Kurioſitätswert, Sammlerwettbewerb und<lb/> Geſchäft werden vorausſichtlich eine ungewöhnliche Be-<lb/> wegung hervorrufen, die über Liebhaberkreiſe hinausgehen<lb/> dürfte. Wenn unſere kunſthiſtoriſchen Sammlungen keinen<lb/> Goya aufzuweiſen haben, ſo iſt dies nicht gar ſo verwunder-<lb/> lich, glaube ich doch meinerzeit im Real Muſeo zu Madrid<lb/><cb/> ſelbſt nur wenige und nicht die beſten Oelbilder des<lb/> Meiſters geſehen zu haben. Spanien ſelbſt hat eben dieſen<lb/> ſeinen großen Sohn erſt vor acht Jahren wieder entdeckt,<lb/> durch eine große Ausſtellung gefeiert, ſeine Gebeine in<lb/> Bordeaux ausgraben und feierlichſt bei San Iſidro bei-<lb/> ſetzen laſſen. Ob Kenner und Bewunderer bei den Oel-<lb/> bildern des ungeſtümen Meiſters, den man jetzt als Dritten<lb/> neben Rembrandt und Velasquez ſtellt, voll auf die Koſten<lb/> kommen werden? Jedenfalls bei den graphiſchen Blättern,<lb/> die einen ſo intereſſanten Teil der Ausſtellung bilden und<lb/> meiſt aus Wiener Privatbeſitz ſtammen. In dieſen von<lb/> phantaſievollen Einfällen ſtrotzenden, bisweilen überwälti-<lb/> genden grotesken Blättern tobt ſich die ganze Genialität<lb/> des wilden Goya aus.</p><lb/> <byline><hi rendition="#g">Karl v. Vincenti</hi>.</byline> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Theater und Muſik.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#aq">ps.</hi> <hi rendition="#b">Theater am Gärtnerplatz.</hi> </head> <p>Das neu begonnene Gaſtſpiel<lb/> der anmutigen Tänzerin <hi rendition="#g">Ruth St. Denis</hi> hätte ein willkom-<lb/> mener Vorwand (faſt hätte ich geſagt — eine Ausrede) für die<lb/> Direktion ſein können, eines jener reizenden einaktigen Werk-<lb/> chen aufzuführen, die wir zu den köſtlichſten Schätzen unſerer<lb/> Muſikliteratur zählen — die ſchöne Galathee, Fortunios Lied,<lb/> Verlobung bei der Laterne uſw. Mit Geſchick ging man einer<lb/> ſolchen Neueinſtudierung aus dem Wege, indem man erſte bezw.<lb/> zweite Akte der Repertoireſtücke weniger recht wie ſchlecht auf-<lb/> führt. Während im zweiten Teil der — recht teuren Vorſtellung<lb/> — eine außerordentlich begabte und geſchmackvolle Künſtlerin<lb/> das Publikum entzückt, wird man in der erſten Stunde durch<lb/> höchſt mittelmäßige Theaterei verſtimmt. Was die Künſtler des<lb/> Gärtnerplatztheaters zu leiſten vermögen, das zeigte ſich in<lb/> günſtigſter Weiſe bei der neulichen Erſtaufführung von „Jad-<lb/> wiga“. Geſtern ſpielte man den erſten Akt des berühmten Ju-<lb/> gendwerkes von Dellinger „<hi rendition="#g">Don Ceſar</hi>“ und gab überdies<lb/> dem Träger eines berühmten Namens Gelegenheit zum Debut.<lb/> Herr <hi rendition="#g">Nachbaur</hi>, ein Sohn des Meiſterſängers, ſang den Don<lb/> Ceſar. Leider trug Herr Nachbaur zum Gelingen des Abends<lb/> wenig bei. Seine Stimme — wahrſcheinlich früher ein hoher<lb/> Bariton — iſt nicht ſchlecht gebildet, aber das Material iſt zu<lb/> unbedeutend, um irgendwie erfreulich wirken zu können. Im<lb/> Auftreten zeigte ſich Herr Neubaur ganz gewandt. Das Publi-<lb/> kum brachte der Tänzerin Ruth St. Denis ein lebhaftes Intereſſe<lb/> entgegen und bereitete ihr einen außerordentlich herzlichen Erfolg.</p> </div><lb/> <div xml:id="a1a" next="#a1b" type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#aq">W.</hi> <hi rendition="#b">Kraus-Mottl.</hi> </head> <p>Geſtern ſchienen mir die Großen, die vom<lb/> Halbrund des Odeon in ihrer ſtatuariſchen Steifbeit und Weiße</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 25. März 1908. Nr. 140.
„Pommerellen unter Polen und Preußen“. Die Zahl
der Katholiken hat ſich in den 130 Jahren der preu-
ßiſchen Herrſchaft vervierfacht, die der Evangeli-
ſchen dagegen nur verdreifacht!
Und nun höre man nach den Zahlen des wahrheits-
liebenden katholiſchen Prieſters Waſchinski die Lüge der
Gazeta Grudziadzka des Pan Kulerski: „Für jeden halb-
wegs aufgeklärten Menſchen iſt es eine klare Sache, daß
das letzte Ziel der preußiſchen Regierung die Vernichtung
der katholiſchen Kirche in Preußen bildet.“ Wenn man
derartige polniſche Hetzmären auch am Rhein verbreitet,
dann kann man ſich dieſe Unbeſonnenheit nur damit er-
klären, daß man hier ſtellenweiſe von polniſcher Geſchichte
und polniſchem Weſen keine Ahnung hat. (Das Gleiche
gilt auch für Süddeutſchland. Die Red.) Im Oſten kennt
man beides beſſer, und deshalb beſteht in der Beurteilung
des Polentums zwiſchen oſt- und weſtdeutſchen Katholiken
auch ein grundſätzlicher Unterſchied. Die Katholiken aus
dem Oſten wiſſen, daß die Polen die Religion nur
als Mittel für ihre nationalen Beſtrebun-
gen benutzen, die auf die Wiedererrichtung des
alten Polenreiches hinzielen.
Die Katholiken aus dem Oſten wiſſen, daß
manche polniſche Elemente überhaupt kein fried-
liches Zuſammenleben mit den Deutſchen
als preußiſche Staatsbürger wollen; nicht einmal mit ihren
Oberhirten, ſofern dieſe deutſcher Herkunft ſind, ſonſt hätten
ſie mit dem Erzbiſchof Dieder, der als der friedfertigſte
Prieſter allgemein geſchätzt wurde, auskommen müſſen;
ſonſt hätten ſie nicht den Pelpliner Biſchof Redner ins Grab
hineingeärgert; ſonſt würden ſie nicht deſſen Nachfolger
Roſentreter und ſeinen Generalvikar mit den gemeinſten
Beſchimpfungen verfolgen.
Wer ſolchen polniſchen Anmaßungen
nicht entgegentritt, der beſitzt kein deut-
ſches Ehrgefühl.
Der Geſundheitszuſtand des Königs Manuel.
* Das Madrider Blatt El Mundo berichtet, nach Mit-
teilungen aus Liſſabon hätte ſich der Zuſtand der Wunde,
die König Manuel bei dem Attentat am Arm erhalten hat,
derart verſchlimmert, daß die Aerzte die ſofortige
Amputation des Armes anrieten. Der König
und die Königin-Mutter wollten von einer Amputation
nichts wiſſen, die Aerzte hielten jedoch die Vornahme dieſer
Operation für unerläßlich.
Man wird dieſe Nachricht mit einiger Vorſicht aufzu-
nehmen haben. In den erſten Meldungen über das Atten-
tat, bei dem der Vater und der Bruder des Königs den
Tod gefunden haben, hieß es, der König ſei nicht ernſtlich
verletzt. Dann wurde berichtet, König Manuel ſei am
Kiefer und am Arm verwundet worden und trage den Arm
in der Schlinge; er überraſche ſeine Umgebung durch ſeine
würdige Haltung. Später kamen ungünſtigere Nachrichten
über ſein Befinden; ſie wurden jedoch offiziell mit dem Bei-
fügen dementiert, daß der Zuſtand des Königs befriedigend
ſei und ſeine Wunde keine Komplikationen befürchten laſſe.
Sollte ſich die Meldung bewahrheiten, ſo müßte man
annehmen, daß aus politiſchen Gründen über den Zuſtand
der Wunde des Königs Angaben gemacht wurden, die nicht
vollkommen den Tatſachen entſprachen, oder daß ſich erſt
in den allerletzten Tagen Komplikationen einſtellten, über
die man in Liſſabon Stillſchweigen bewahrte, weil man
annahm, daß ſich bald eine Beſſerung einſtellen werde. Es
wäre tragiſch, wenn der junge König, der eine auch von den
politiſchen Gegnern gewürdigte ſympathiſche Haltung ein-
nimmt, in der Tat eine ſo ſchwere Verſtümmelung als
Andenken an das unſelige Attentat durch das Leben tragen
müßte. König Manuel ſteht im 19. Lebensjahre.
Ruſſiſche Studenten in der Schweiz.
Aus Züricher Univerſitätskreiſen erhalten wir eine
Zuſchrift zu dem Artikel „Ruſſiſche Studenten in der
Schweiz“ in Nr. 45 der Allgemeinen Zeitung, die wir hier
in gekürzter Form wiedergeben:
Die Nummer 45 der Allgemeinen Zeitung vom 29. Januar
bringt unter dem Titel „Ruſſiſche Studenten in der Schweiz“
eine Korreſpondenz aus Bern, auf welche eine Entgegnung wohl
geſtattet ſein mag. Schon der erſte Satz, Baſel habe „keinen
einzigen Ruſſen“, entſpricht nicht der Wirklichkeit: das Perſonal-
verzeichnis des laufenden Semeſters gibt bei einer Geſamt-
frequenz von 605 Immatrikulierten 50 Ruſſen an. Ferner iſt
zu bemerken, daß, entgegen der Behauptung des Korreſponden-
ten, in Zürich kein Ruſſe immatrikuliert wird, der nicht im Be-
ſitze eines Reifezeugniſſes iſt.
Werden alſo Ruſſen in Baſel nicht angenommen, ſo be-
mühen ſie ſich umſonſt nach Zürich, denn dieſelben Gründe, die
in Baſel zur Abweiſung führten, verhindern auch ihre Aufnahme
in Zürich; ſelbſt wenn die Polizei die Toleranzbewilligung er-
wirkt, dürfen nämlich laut Verfügung der Erziehungsdirektion
Schriftenloſe nicht immatrikuliert werden. So ſind auch wäh-
rend der zweijährigen Amtsperiode des gegenwärtigen Rektors
802 ſchriftliche und mindeſtens ebenſoviele mündliche Aufnahme-
geſuche, vorwiegend von Ruſſen und namentlich von Ruſſinnen,
abgewieſen worden. Daß die Ruſſinnen im allgemeinen
ungenügend vorgebildet ſind, iſt richtig, darum müſſen ſie, wenn
ſie ein ruſſiſches Mädchengymnaſium mit Erfolg abſolviert haben,
in Zürich ein Examen in vier Fächern beſtehen, ehe ſie auf-
genommen werden, und haben ſie kein Gymnaſium beſucht, ſo
wird ihnen die ganze Maturitätsprüfung überbunden. Was
endlich die Behauptung betrifft, daß die ſchweizeriſchen Studie-
renden kaum noch Platz finden, ſo genügt es, auf die dem Vor-
leſungsverzeichnis vorgedruckte Verfügung hinzuweiſen, wonach
für ſchweizeriſche Studierende in den Auditorien und Laborato-
rien eine genügende Zahl von Plätzen reſerviert bleiben, für die
ſie ſich bis ſpäteſtens zum offiziellen Semeſterbeginn ſchriftlich
oder mündlich zu melden haben.
Hierzu erhalten wir von einer Seite, die mit den
ſchweizeriſchen Univerſitätsverhältniſſen ebenfalls vertraut
iſt, folgende Bemerkungen:
Wir können uns leider von dieſer Richtigſtellung der Berner
Korreſpondenz nicht recht überzeugen laſſen. Eigentümlich bleibt
immerhin, daß Ruſſinnen, welche kein ruſſiſches Mädchengymna-
ſium beſuchten, zu einer Maturitätsprüfung zugelaſſen werden.
Wie wir wiſſen, beſtehen zu dieſem Zwecke eigene „Maturitäts-
inſtitute“, die allerdings mit der Univerſität in keinerlei Ver-
bindung ſtehen, dagegen die Anforderungen des Maturitäts-
examens kennen und ihre Schüler daraufhin einzuarbeiten ver-
ſtehen. Klar iſt, daß dadurch die Ruſſeninvaſion nicht gehemmt
wird. Es handelt ſich deshalb für die maßgebenden Organe in
erſter Linie darum, die Vorſchriften zur Zulaſſung für die Ma-
turitätsprüfung äußerſt ſtreng zu handhaben, wie dies z. B. in
Baſel geſchieht, wo nur für Schüler kantonaler Lehranſtalten ein
Maturitätsexamen möglich iſt. Jeder Ruſſe, der alſo ohne Ma-
turitätszeugnis oder ohne einen ſonſtigen genügenden Ausweis
ſich immatrikulieren will, ſollte unnachſichtlich abgewieſen werden.
Nur damit kann man dem Uebel ſteuern, und nicht dadurch, daß
man ſolche Leute zum Reifeexamen zuläßt.
— Zu dem neueſten Artikel Hardens bemerkt der ange-
griffene Wiener Arzt Dr. Ludwig Frey u. a.: „... Herr Harden
läßt ſogar durchleuchten, als ob ich für meine Ausſage durch Ver-
leihung eines preußiſchen Ordens, ſowie durch die Ernennung
zum deutſchen Botſchaftsarzt belohnt worden wäre. Er fügt aller-
dings ironiſch hinzu: post hoc, non propter hoc. Ich bin durch
meine. Eigenſchaft als Arzt gezwungen, das Berufsgeheimnis zu
wahren; es würde mir ſonſt leicht fallen, jeden der verſteckten
Angriffe des Herrn Harden zu widerlegen. Ich muß aber feſt-
ſtellen, daß ich niemals Arzt der deutſchen Botſchaft war und daß
ich den preußiſchen Roten Adler-Orden ſchon im Jahre 1893 er-
hielt, und zwar anläßlich der Behandlung des Prinzen Georg
von Preußen, alſo zu einer Zeit, wo es eine Gräfin Lilly Moltke
noch gar nicht gegeben hat, da die heutige Frau v. Elbe damals
noch Frau v. Kruſe war. Ich werde gewiß Mittel und Wege
finden, um meine angegriffene Ehre. zu verteidigen. Vorläufig
begnüge ich mich mit der publiziſtiſchen Zurückweiſung dieſer Ver-
dächtigungen.“
— Auf der Tagesordnung des Parteitages der Frei-
ſinnigen Vereinigung, der am 21., 22. und 23. April
in Frankfurt a. M. ſtattfindet, ſtehen folgende Punkte: Börſen-
geſetz und Reichsfinanzreform, Reichsvereinsgeſetz, Liberalismus
und Arbeiterfrage, Liberalismus und Frauenfrage.
— Man ſchreibt uns aus Wien: In den glänzenden
Räumen der deutſchen Botſchaft fand am 19. März der erſte
große Empfangsabend beim Botſchafter Herrn von
Tſchirſchky ſtatt. Das Feſt rief bei den Gäſten, die
vom Botſchafter und ſeiner Gemahlin aufs liebens-
würdigſte empfangen wurden, denſelben prächtigen Ein-
druck hervor, wie die ähnlichen Veranſtaltungen unter
ſeinem Vorgänger Grafen Wedel, die immer einer der
Glanzpunkte der Winterſaiſon geweſen waren. Auch dies-
mal erſchienen ſämtliche Botſchafter und Miniſter, ebenſo
zahlreiche politiſche Perſönlichkeiten aus allen Partei-
lagern. Der Nuntius Fürſt Granito di Belmonte wurde
nach den verſchiedenen Fährniſſen, die er in letzter Zeit
durchgemacht hatte, mit beſonderem Intereſſe beobachtet,
und es war eine Pikanterie, daß die anweſenden Miniſter
mit ihm nur höfliche Grüße wechſelten, ohne daß auch nur
einer von ihnen in ein Geſpräch mit ihm eintrat. Miniſter-
präſident Frhr. v. Beck und der Nuntius trafen ſich in den
weiten Räumen erſt beim Abſchied und begrüßten ſich durch
einen freundſchaftlichen Händedruck.
Politiſche Nachrichten.
Die Mittelmeerreiſe des Kaiſerpaares.
n. Berlin, 24. März. 10.50 V. (Privattelegr.)
Der Kaiſer, die Kaiſerin, Prinz Auguſt Wilhelm und Prin-
zeſſin Viktoria Luiſe ſind heute vormittag 10 Uhr vom An-
halter Bahnhof mittels Sonderzugs nach Venedig abge-
fahren. Zur Verabſchiedung hatten ſich eingefunden der
Kronprinz, Prinz Eitel Friedrich und Gemahlin, Reichs-
kanzler Fürſt v. Bülow und Oberhofmarſchall Graf Eulen-
burg.
König Friedrich Auguſt von Sachſen in Bozen.
p. Bozen, 24. März. 11.54 V. (Privattelegramm.)
König Friedrich Auguſt von Sachſen iſt heute morgen 5 Uhr 45
in Bozen eingetroffen. In ſeiner Begleitung befanden ſich der
ſächſiſche Geſandte in München, Baron Frieſen, Generaladju-
tant Major v. Müller, Generalſtabschef v. Tarlowitz, ſo-
wie die Dienerſchaft. Der ſächſiſche Rechnungsrat Stelzner, der
der Prinzeſſin Anna zugeteilt iſt, war anweſend, ferner Statt-
haltereirat Graf Zeſchi, der ſich dem König zur Verfügung
ſtellte. Der Monarch begab ſich vom Bahnhof weg zu Fuß in
das Hotel Briſtol, wo ſich das Abſteigequartier befindet. Der
König reiſt unter dem Inkognito eines Grafen Hülſenburg und
bewohnt den größten Teil des 1. Stockes im Hotel. Nach einem
Aufenthalt von 10 Minuten begab ſich der König allein zur
Pfarrkirche und hörte dort eine Meſſe an; dann begab er ſich
ins Hotel zurück, beurlaubte ſeine Begleitung für den ganzen
Tag und ging allein durch die Stadt nach Gries zu ſeiner Toch-
ter. Die Abreiſe des Königs erfolgt Mittwoch nachmittag. Prin-
zeſſin Anna überſiedelt noch vor Oſtern endgültig nach Dresden.
t. Konſtantinopel, 24. März, 11.15 V. (Privattele-
gramm.) Allgemeines Aufſehen erregt hier die von Rußland
unverſehens an die Türkei geſtellte Forderung, wonach Rußland
die ſofortige Zahlung von ¾ Mill. Pfd. als Zinſen für die
verzögerte Zahlung der Entſchädigung an ruſſiſche
Untertanen aus dem ruſſiſch-türkiſchen Kriege ver-
langt. Von engliſcher Seite kurſiert das Gerücht, der Bau der
Hedſchasbahn werde vorläufig bei Medina endigen, und
türkiſcherſeits werde das Bahnprojekt Angora-Sivas-Erzerum
wieder aufgenommen, dieſe Bahn wolle dann die Türkei ſelbſt
bauen, damit die Ruſſen nicht ihr Privilegium geltend machen
können.
(Letzte Nachrichten ſiehe Seite 5.)
Hof und Geſellſchaft.
* München, 24. März.
— Se. kgl. Hoheit Prinz Ludwig empfing heute vor-
mittag den Bürgermeiſter Weinberger und den Magiſtratsrat
und Apothekenbeſitzer Bachmayer, beide in Paſing, ſowie den
Fabrikbeſitzer und Großhändler Küchle, Vorſtand des Bezirks-
gremiums Günzburg, in Audienz.
— Prinz Rupprecht feiert heute ſein Namensfeſt. Se
kgl. Hoheit der Prinzregent und die Mitglieder der kgl.
Familie ſtatteten dem Prinzen vormittags im Palais am
Odeonsplatz Gratulationsbeſuche ab. In die ausliegenden Liſten
trugen ſich viele Offiziere und Herren der Hofgeſellſchaft ein.
— Prinz Rupprecht beſuchte heute die Ausſtellung der
Sammlung „Bayeriſche Volkskunſt“, ſowie eine Sammlung
chineſiſcher und japaniſcher Kunſtgegenſtände, die in der Galerie
Helbing am 26. und 27. März zur Auktion gelangen.
— Fürſt Wilhelm von Hohenzollern, General-
major und Kommandeur der 3. Garde-Inf.-Brig., iſt auf ſein
Geſuch von dieſer Stellung unter Beförderung zum Generalleut-
nant enthoben; er verbleibt in dem Verhältnis als Chef des
Füſilier-Regiments Nr. 40 und à l. s. des 2. Garde-Regiments
z. F. Zum Kommandeur der 3. Garde-Infanterie-Brigade wurde
Generalmajor v. Quaſt, bisher Kommandeur der 30. Infanterie-
Brigade, ernannt.
Wiener Brief.
Der Kaiſer. — Das Jubeljahr. — Künſtlerhaus. — Goya.
Wien, 23. März.
Der Kaiſer war unwohl: ein Schnupfen. Aber ſeit der
Krankheit im Herbſt macht ein Kaiſerſchnupfen die Wiener
nervös. Und jetzt beſonders, wo das Diamant-Jubeljahr
ſich ernſtlich zu regen beginnt, Vorbereitungen für die Hul-
digungsfeſtlichkeiten im Gange ſind, Jubelausſtellungen er-
öffnet werden und der große Feſtzug für Juni ſicher iſt. Es
traf ſie hart, die gern jubilierenden Wiener, jene Abſage
des Kaiſers. All die angeſammelte Jubelſtimmung ſollte
ſich bloß in ſchöner Wohltätigkeit auflöſen, nicht auch in
ſinnenfreudigem Feſtwohlgefallen. Hatte doch London
ſeinerzeit das Diamantjubiläum der Queen und mit ihm
die ganze viktorianiſche Zeit großartig gefeiert und da ſollte
Wien ſich verſagen, bei ähnlichem, ſo wunderſeltenem An-
laß die franzisco-joſephiniſche Zeit feſtlich zu begehen! Das
wollte den Wienern nicht eingehen. Durften doch die Künſt-
ler für ihren im größten Stile geplanten hiſtoriſchen Feſt-
zug einen Fremdenzuſtrom erwarten und mit ihnen alle Ge-
werbsgenoſſenſchaften. Weiter Kreiſe bemächtigte ſich eine
gewiſſe gedrückte Stimmung, aber man ließ doch den Kopf
nicht hängen, und ſiehe da, es kam der 11. März, der des
Kaiſers Annahme des Huldigungsfeſtzuges brachte. Der
Kaiſer wird dem Feſtzuge am 15. Juni beiwohnen und ſoll
geäußert haben, er hoffe, daß der 1908er Feſtzug den 1879er
noch an Glanz und Schönheit übertreffen werde. Das Feſt-
zugskomitee, deſſen Ehrenpräſidium der ſo populäre Graf
Hans Wilczek ſen. übernommen, hat ſeine Arbeiten ſofort
wieder aufgenommen. Soweit der Feſtzug im Umriß feſt-
ſteht, dürfte der Zug etwa 10,000 Teilnehmer in 21 Gruppen
zählen. Die Koſten werden auf 2 Millionen Kronen berech-
net, wovon 600,000 Kronen für die Straßenausſchmückung
präliminiert ſind. Es ſind 250 Tribünen geplant, wozu die
Zulaßkarten auch im Auslande gelöſt werden können.
Zwei Jubiläumsausſtellungen ſind vorgeſtern, am
21. d. M., eröffnet worden: die Ausſtellung im Künſtler-
hauſe und die Jubiläums-Modeausſtellung in den Räumen
der Gartenbaugeſellſchaft. Die Ausſtellung der Künſtler-
genoſſenſchaft, der wohl noch ein beſonderes Wort zu wid-
men ſein wird, hat ein Doppelgeſicht: Vergangenheit und
Gegenwart, Hiſtorie ſeit 1848 und Moderne. Bei dem
patriotiſchen Charakter der Ausſtellung iſt diesmal die
Teilnahme ausländiſcher Künſtler nicht erbeten worden.
Das Inland hat alſo allein für den Ausſtellungserfolg
aufzukommen. Und ſoweit eine flüchtige erſte Beſichtigung
zu einem Urteil berechtigt, dürfte dieſer Erfolg nicht aus-
bleiben. Entrollt ſich doch vor unſeren Augen ein Geſamt-
bild vaterländiſchen Kunſtſchaffens, dem es weder an har-
moniſcher Entwicklung, noch an überraſchenden Einzelzügen
gebricht. Und da muß man ſich immer wieder ſagen: Was
hätte bei ſo viel ſtarken, glänzenden Talenten die öſter-
reichiſche Kunſt zu leiſten vermocht, wäre ſie durch eine ziel-
bewußte ſtaatliche Kunſtpolitik unterſtützt geweſen!
Goya! Der Name iſt dieſer Tage wie eine Kunſtrakete
aufgeſtiegen. Aber er verpufft nicht wie eine Rakete, ſon-
dern bleibt leuchtend ſichtbar. Was wußte bis nun in
Wien ein etwas weiter gefaßtes kunſtſinniges Publikum
von Francisco de Goya, dem revolutionären Hofmaler
dreier ſpaniſchen Könige, dem Sturm- und Drangmaler,
den man den „letzten alten Meiſter und den erſten moder-
nen“ genannt hat? Das Kunſthiſtoriſche Muſeum beſitzt
keinen Goya, auch in Privatbeſitz befindet ſich nur Goyaſche
Graphik, kein Oelbild, ſeit die beiden berühmten Goyas
mit der Eſterhazy-Galerie nach Budapeſt gewandert ſind.
So iſt es denn ein unleugbares Verdienſt des jetzigen Leiters
des Miethke-Kunſtſalons, Karl Moll, eines der Führer
unſerer Moderne, die Senſation einer Goya-Ausſtellung
den Wienern geboten zu haben. Moll iſt in Spanien mit
ebenſo viel Glück als Geſchick auf die Goyaſuche gegangen
und es iſt ihm gelungen, achtzehn Oelgemälde des großen
ſpaniſchen Ahnherrn der Moderne zuſammenzubringen
und ein halbes Dutzend davon käuflich zu erwerben,
die ſeit dem 15. d. M., dem Todestage des 1828 in Bordeaux
heimgegangenen Meiſters, bei Miethke zu ſehen ſind.
Wien hat jetzt Gelegenheit zu Goya-Erwerbungen und
man wird wohl bald von fabelhaften Preiſen hören. Es
braucht dabei nicht unbedingt allemal der Kunſtwert maß-
gebend zu ſein, Kurioſitätswert, Sammlerwettbewerb und
Geſchäft werden vorausſichtlich eine ungewöhnliche Be-
wegung hervorrufen, die über Liebhaberkreiſe hinausgehen
dürfte. Wenn unſere kunſthiſtoriſchen Sammlungen keinen
Goya aufzuweiſen haben, ſo iſt dies nicht gar ſo verwunder-
lich, glaube ich doch meinerzeit im Real Muſeo zu Madrid
ſelbſt nur wenige und nicht die beſten Oelbilder des
Meiſters geſehen zu haben. Spanien ſelbſt hat eben dieſen
ſeinen großen Sohn erſt vor acht Jahren wieder entdeckt,
durch eine große Ausſtellung gefeiert, ſeine Gebeine in
Bordeaux ausgraben und feierlichſt bei San Iſidro bei-
ſetzen laſſen. Ob Kenner und Bewunderer bei den Oel-
bildern des ungeſtümen Meiſters, den man jetzt als Dritten
neben Rembrandt und Velasquez ſtellt, voll auf die Koſten
kommen werden? Jedenfalls bei den graphiſchen Blättern,
die einen ſo intereſſanten Teil der Ausſtellung bilden und
meiſt aus Wiener Privatbeſitz ſtammen. In dieſen von
phantaſievollen Einfällen ſtrotzenden, bisweilen überwälti-
genden grotesken Blättern tobt ſich die ganze Genialität
des wilden Goya aus.
Karl v. Vincenti.
Theater und Muſik.
ps. Theater am Gärtnerplatz. Das neu begonnene Gaſtſpiel
der anmutigen Tänzerin Ruth St. Denis hätte ein willkom-
mener Vorwand (faſt hätte ich geſagt — eine Ausrede) für die
Direktion ſein können, eines jener reizenden einaktigen Werk-
chen aufzuführen, die wir zu den köſtlichſten Schätzen unſerer
Muſikliteratur zählen — die ſchöne Galathee, Fortunios Lied,
Verlobung bei der Laterne uſw. Mit Geſchick ging man einer
ſolchen Neueinſtudierung aus dem Wege, indem man erſte bezw.
zweite Akte der Repertoireſtücke weniger recht wie ſchlecht auf-
führt. Während im zweiten Teil der — recht teuren Vorſtellung
— eine außerordentlich begabte und geſchmackvolle Künſtlerin
das Publikum entzückt, wird man in der erſten Stunde durch
höchſt mittelmäßige Theaterei verſtimmt. Was die Künſtler des
Gärtnerplatztheaters zu leiſten vermögen, das zeigte ſich in
günſtigſter Weiſe bei der neulichen Erſtaufführung von „Jad-
wiga“. Geſtern ſpielte man den erſten Akt des berühmten Ju-
gendwerkes von Dellinger „Don Ceſar“ und gab überdies
dem Träger eines berühmten Namens Gelegenheit zum Debut.
Herr Nachbaur, ein Sohn des Meiſterſängers, ſang den Don
Ceſar. Leider trug Herr Nachbaur zum Gelingen des Abends
wenig bei. Seine Stimme — wahrſcheinlich früher ein hoher
Bariton — iſt nicht ſchlecht gebildet, aber das Material iſt zu
unbedeutend, um irgendwie erfreulich wirken zu können. Im
Auftreten zeigte ſich Herr Neubaur ganz gewandt. Das Publi-
kum brachte der Tänzerin Ruth St. Denis ein lebhaftes Intereſſe
entgegen und bereitete ihr einen außerordentlich herzlichen Erfolg.
W. Kraus-Mottl.Geſtern ſchienen mir die Großen, die vom
Halbrund des Odeon in ihrer ſtatuariſchen Steifbeit und Weiße
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |