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Allgemeine Zeitung, Nr. 142, 26. März 1908.

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Nr. 142. München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Ueber die Verhältnisse der Republik
Kolumbien,

wie sie unter ihrem gegenwärtigen Präsidenten, General
Kafael Reyes, sich gestaltet haben, haben die frem-
den Diplomaten in Bogota
Aeußerungen abge-
geben, die nun in einer Zusammenstellung erschienen sind.
Wir entnehmen ihr die nachstehenden Bemerkungen des
deutschen Gesandten Frhrn. v. d. Goltz. Nachdem der
Gesandte die persönliche Liebenswürdigkeit des Präsiden-
ten und seinen Eifer um die guten Beziehungen besonders
auch zu Deutschland gerühmt, fährt er fort:

"Die in Kolumbien wohnenden deutschen Reichs-
angehörigen
erfreuen sich des wohlwollenden und wirk-
samen Schutzes des Herrn Präsidenten, was ihrerseits dankbar
anerkannt wird. Der Handel zwischen Kolumbien und Deutsch-
land ist in einem erfreulichen Aufblühen begriffen. Wie sehr
die kaiserlich deutsche Regierung auf die Stetigkeit in der fort-
schreitenden Entwicklung des Handelsverkehrs zwischen den beiden
Ländern rechnet, ist daraus zu ersehen, daß deutscherseits neuer-
dings zwei neue Konsulate, in Orocue und in Santa
Marta, ins Leben gerufen worden sind. Diese hocherfreuliche
Lage ist dem segensreichen Walten des Herrn Präsidenten Reyes
zu verdanken, dem es gelungen ist, den Kredit und das
Ansehen Kolumbiens im Ausland zu heben.

Der Name Kolumbiens wird heute in der ganzen Welt mit Hoch-
achtung genannt, für seinen Präsidenten. Herrn General Reyes,
herrscht ungeteilte Bewunderung.
Diese günstige Beurteilung durch das Ausland erscheint als
völlig berechtigt, wenn ein Blick auf die Art und Weise geworfen
wird, wie Herr Präsident Reyes die Regierung führt. Seiner
unnachahmlichen Geschicklichkeit ist es gelungen, die Gegen-
sätze zwischen den politischen Parteien auszu-
gleichen,
so daß diese, anstatt sich wie früher in blutigen
Bürgerkriegen gegenseitig zu zerfleischen, jetzt gemeinsam unter
der Leitung des Präsidenten an der Förderung des allgemeinen
Wohles arbeiten. Der innere Friede des Landes kann als ge-
sichert angesehen werden, und die Hoffnung ist nicht unverechtigt,
daß die Ruhe und Ordnung für absehbare Zeit nicht mehr gestört
werden wird. Ist schon dies ein glänzendes Verdienst des Herrn
Präsidenten, so muß auch seine von begeisterter Vaterlandsliebe
durchglühte unermüdliche Tätigkeit, seine mit zäher Ausdauer
und gänzlicher Hingabe an sein Werk fortgeführte Arbeit, die
für die kolumbianische Ration eine Aera des Wohlstandes her-
beizuführen bezweckt, hervorgehoben werden. Die industrielle
Entwicklung, die Hebung der Landwirtschaft und des Verkehrs-
wesens, die Schaffung einer modernen Armee und Flotte, die
Regelung der Finanzen, sind die großen Ziele, die der Präsident
sich gesteckt hat, denen er unaufhaltsam zustrebt. Fast jeder
Tag fördert neue, vom Chef der Regierung angeordnete oder
inspirierte Fortschritte zutage. Heute wird eine Telegraphen-
linie vollendet, morgen eine Brücke eingeweiht, dann eine
Eisenbahnstrecke in Dienst gestellt, oder eine Fahrstraße zur Ver-
bindung bis dahin von einander getrennter Landesteile er-
öffnet. Der Abschluß von Kontrakten für Legung von See-
kabeln zum engeren Anschluß Kolumbiens an das Kabel und
Telegraphennetz der Welt, für Erbauung neuer oder Vollendung
hereits begonnener Eisenbahnstrecken, die geplante Verbesserung
des Schiffahrtsbetriebes auf der Hauptschlagader des Verkehrs,
dem Magdalenastrom, sind alles Zeichen und Beweise für das un-
ablässige Streben des Herrn Präsidenten. Nicht genug damit,
auch mit der Schöpfung einer neuen Stadt aus dem Nichts, im
Zentrum der neu ins Leben gerufenen Baumwollenkultur, be-
schäftigt sich der rege Geist des Herrn Präsidenten. Auf allen
Gebieten entdeckt man seine nimmer rastende Tätigkeit.
Alles in allem, ergibt sich ein in hohem Grade erfreuliches
und hoffnungsvolles Bild. Unter der Leitung des Herrn Präsi-
denten Reyes geht Kolumbien einer glänzenden Zukunft ent-
gegen, und muß jeder aufrichtige Freund des Landes wünschen,
daß dem Präsidenten noch eine lange, lange Regierung be-
schieden sei."

Die Aeußerung stammt aus dem Oktober 1907.



Hof und Gesellschaft.

-- Prinz Ludwig wohnte gestern abend 71/2 Uhr mit den
Prinzessinnen Adelgunde, Hildegard, Wiltrud und
Helmtrud der zweiten Aufführung der patriotischen Fest-
spiele "In Treue fest" -- von der Calderon-Gesellschaft -- im
Hotel Union an. -- Prinzessin Ludwig wohnte abends den
vom "Verein für Vogelschutz in Bayern" im alten Rathaus-
saale veranstalteten Vortrage des Herrn Friedrich Schwabe
[Spaltenumbruch] aus Eisenach über das Thema: "Zeitgemäßer Vogel-
schutz
" bei.

-- Oberstleutnant a. D. Franz v. Sicherer, zuletzt bis
1888 Bataillonskommandeur im 7. Infanterie-Regiment in Bay-
reuth, ist in Weißenburg im 70. Lebensjahre gestorben. 1859
zum Offizier ernannt, hat er im 10. Infanterie-Regiment den
Krieg 1866 und im 4. Infanterie-Regiment den Feldzug ,
insbesondere die Belagerung von Bitsch, mitgemacht.



Münchener Stadtanzeiger.

* Liberaler Kongreß in München.

Auf Anregung des
"Nationalvereins für das liberale Deutsch-
land
" wird vom 20. bis 23. Juni dieses Jahres in Mün-
chen ein liberaler Kongreß abgehalten werden. Es besteht
die Aussicht, daß der Besuch aus allen Teilen Deutschlands
und aus allen Lagern des Liberalsmus ein
recht reger wird. Die Münchener Liberalen werden sich be-
mühen, die Veranstaltung möglichst eingehend vorzube-
reiten, so daß an einem Erfolg nicht zu zweifeln ist.

t. Orientalische Gesellschaft.

In Gegenwart des Prinzen
Ludwig sprach in der Sitzung am Samstag Abend Prof. Dr.
Georg Steindorff. Der Vortrag des Leipziger Aegyptologen
"Auf alten und neuen Wegen durch Aegypten"
behandelte die Ergebnisse einer zweiten Reise, die im Jahre 1906
nach Aegypten unternommen wurde. Diesmal war es der eng-
lische Sudan, dem die Expedition galt. Noch in aller Er-
innerung sind die Kämpfe, die England um dies Land auszu-
fechten gehabt hat. In Karthum ist Gordon Pascha gefallen:
mit seiner Niederlage fiel der ganze Sudan in die Hände des
Kalifen und seines Nachfolgers, des Mahdis. Erst Kitchener
gelang es, den Sudan für England wieder zurückzuerobern. Aber
das ganze Land war verwüstet. Trotzdem haben die Engländer
in kaum 10 Jahren es verstanden, den Sudan zu patisizieren und
in ein fruchtbares Land umzugestalten. In erster Linie verdankt
England dieses Kulturwerk dem in letzter Zeit viel genannten
Lord Cromer. Schon in alter Zeit war der Sudan Kultur-
land. Um 2000 v. Chr. von ägyptischen Dynastien erobert,
bildete es um 900 v. Chr. ein eigenes Reich: Aethiopien,
von den alten Schriftstellern Meroe genannt. Mit der ägyp-
tischen Herrschaft faßte auch die ägyptische Kultur und der Kul-
tus Fuß, aber er vermengte sich mit der heimatlichen nubischen
zu einer Mischkultur. Auch die äthiopischen Herrscher haben, wie
die Pharaonen, Nekropolen errichtet und Pyramiden gebaut.
aber diese sind kleiner als die Originale, auch ist ihr Neigungs-
winkel ein anderer. Steindorff hat das Gebiet zwischen Nil und
Atbara durchreist und Naga und die alte Hauptstadt Meroe
aufgesucht. Für die Aegyptologie haben sich dabei viele inter-
essante Neuheiten ergeben. Der fesselnde Vortrag war von zahl-
reichen wohlgelungenen Lichtbildern begleitet.

* Gleitflugmodell-Wettbewerb anläßlich der Ausstellung
"München 1908".

Auf das Preisausschreiben, welches der Sport-
ausschuß der Ausstellung "München 1908" mit Unterstützung
durch Mitglieder des Münchener Vereins für Luftschiffahrt er-
lassen hat, sind im ganzen 22 Anmeldungen eingegangen. Unter
den Konkurrenten sind die verschiedensten Berufsarten vertreten:
Ingenieure, Maschinentechniker, Offiziere, Künstler, Aerzte,
Metallarbeiter usw.

* Einführungskurs in das Verständnis politischer Fragen.

Donnerstag, den 26. März, abends 81/2 Uhr, Vortrag des Herrn
Redakteurs Dr. Paul Busching über die Wohnungs-
frage und die politischen Parteien.
Danach findet
wie bisher Besprechung der jüngsten politischen Ereignisse statt.
Gäste, Damen und Herren, willkommen. Ort: Kleiner Saal der
Restauration zur Blüte, Ecke Barer- und Blütenstraße.

m. Erdbebenregistrierung.

Nachdem in den letzten
Tagen sich wieder eine allgemeine Bodenunruhe bemerk-
lich machte, deren Ursprung wohl meist in meteorologischen
Momenten zu suchen ist, wurde am 23. März gleichzeitig
von dem registrierenden Seismometer ein heftiges,
lang andauerndes Fernerdbeben
aufgezeich-
net. Durch dieses Zusammentreffen der beiden Boden-
bewegungen erscheinen die Registrierungen des Bodens be-
sonders am Anfange etwas gestört, weshalb dieser nicht
genau angegeben werden kann. Um 1 Uhr 50 Min. jedoch
zeigen bereits beide Komponenten deutliche Ausschläge,
doch bleiben die ostwestlichen Bewegungen stets stärker als
die nordsüdlichen. Bald werden die kurzen Erschütterungen
verdrängt und, der langsam dahinrollenden Brandung
vergleichbar, kommt Woge auf Woge, die so stark wurden,
[Spaltenumbruch] daß sie zur Zeit des Maximums zwischen 2 Uhr 25 Min.
und 2 Uhr 32 Min. Beträge erreichten, die über einen
Millimeter ausmachten. Wenn man bedenkt, daß der Herd
dieses Bebens in mehr als 16,000 Kilometer Entfernung
liegt, so muß die Erschütterung besonders heftig gewesen
sein, um noch bei uns Antipoden in diesem Maße gefühlt zu
werden. Das Schüttergebiet ist in den bekannten Beben-
gebieten des südlichen Stillen Ozeans zu suchen,
von dem die deutsche Erdbebenstation auf Samoa schon so
oft Nachrichten brachte und die gerade erst durch diese
Warte kennen gelernt wurden.

eh. Elektrische Beleuchtung der Billenkolonie Herzogpark.

Das Villenquartier wird nicht, wie früher beabsichtigt, von der
Unterstation am Prinzregententheater mit Gleichstrom, sondern
vom Transformatorenhaus in der Hirschau mit einem Drehstrom
von 5000 Volt Spannung versorgt werden. Der Strom, der von
dem Elektrizitätswerk in Moosburg mit 50,000 Volt Spannung
kommt, wird nach seiner Umwandlung in 5000 Volt über die
Isar geleitet und wird die neu entstehenden Villenbauten er-
heblich billiger mit elektrischem Licht versorgen, als dies vom
Prinzregententheater aus möglich wäre.

dr. Schließung einer öffentlichen Speisehalle.

Vom 1. April
ab wird die öffentliche Speisehalle II am Radlsteg und der
Küchelbäckerstraße ihren Betrieb einstellen. Der Grund ist darin
zu suchen, daß der Hausbesitzer einen früher gewährten Zins-
nachlaß zum Teil wieder zurückzog, wodurch der an und für sich
sehr beträchtliche Zuschuß für den Verein für öffentliche Speise-
hallen zu hoch geworden wäre. Auch die defekte Kücheneinrich-
tung hätte einer gänzlichen Erneuerung bedurft.

* Wenn der pfälzische Weinkontrolleur in München ist. ...

Wir haben vor einigen Tagen berichtet, daß der pfälzische Wein-
kontrolleur Weißer von der Staatsanwaltschaft nach München
berufen worden ist, um in einzelnen bestimmten Fällen seines
sauren Amtes zu walten. Was die Abwesenheit des Herrn
Weißer für unsere lieben pfälzischen Landsleute bedeutet, das
lehrt folgende Geschichte, die wir der Pfälzischen Presse ent-
nehmen: Es ist bekannt, daß der pfälzische Weinkontrolleur
Weißer ein äußerst findiger Herr ist, und es sind in den Zei-
tungen schon öfter mehr oder minder gelungene Stückchen von
der Furcht erzählt worden, die dieser im Lande umherreisende,
heute da und morgen dort an die Fässer pochende Beamte unter
denen verbreitet, die sich in der Nachahmung des Wunders zu
Kanaan üben. Das folgende Geschichtchen hat außer dem Vorzug
der Originellität den weiteren, buchstäblich wahr zu sein, und
stammt aus einer pfälzischen Weingegend, die der Ehre des Be-
suches des gestrengen Weinkontrolleurs besonders oft teilhaftig
werden soll. Ein ländlicher Ratsherr kommt dieser Tage in die
freundliche Trinkstube des Löwenwirtes und bestellt sich einen
Schoppen "Vierziger". Der Löwenwirt erhebt sich, um den Wein
zu holen, legt die Zeitung, in der er gelesen hat, beiseite und
meint: Hoscht's schunn gelese, Hannes, de Weißer hann sie nüwer
uff Minche kumme losse, sor die dortige Keller zu revediere!"
"Was de Henker," erwidert das also angeredete Mitglied des
hohen Rates, das im Geruche steht, besonders spitzfindig zu sein,
"des kann nix schade -- awer, was ich sage wollt, loß des mit
'm Wei', bring mer liewer 'n Schoppe Bier!"

* Deutsche Kolonialgesellschast, Abteilung München.

Der
Vortrag des Herrn Major a. D. Baumann am 27. d. M. findet
nicht im zoologischen Hörsaal, sondern im Kunstgewerbehaus,
Pfandhausstr. , statt.

* Der Zweigverein München des großen Deutschen Bank-
beamten-Vereins, c. V.,
hat Herrn Dr. K. Weigt, Hannover,
zu einem Vortrag über das Thema: Marokko, Land und
Leute, gewonnen. Der Vortrag findet Freitag, 27. d. M., abends
81/2 Uhr, im großen Saale des Evangelischen Vereinshauses
statt, und wird durch zahlreiche Lichtbilder unterstützt. Ein-
ladungen zu diesem Vortrag sind durch die Vorstandschast, sowie
durch die Mitglieder erhältlich; Nichtmitglieder haben pro
Person 1 Mark Eintritt zu zahlen.

b. Im Polytechnischen Verein sprach letzten Montag im
Kunstgewerbehause Diplomingenieur C. M. Lewin über
Moderne Fabrikorganisation. Unter Fabrikorganisation versteht
man die übersichtliche und zweckmäßige Gestaltung der mit dem
Geschäftsgange im Fabrikbetriebe zusammenhängenden technischen
und kaufmännischen Arbeiten in der Form, daß es einer einzigen
Person möglich gemacht wird, von einer Zentralstelle aus das
ganze Geschäft zu übersehen und zu leiten. Es ist klar, daß eine
Dißiplin, die so weiten Umfang hat, sich in viele einzelne Zweige
gliedert; so gibt es eine Organisation des Ein- und Verkaufs,
der Lohn-, Lager-, Fabrikbuchführung, Selbstkostenabrechnung usf.,
die mit der wachsenden Konkurrenz und dem Umfange des Be-



[Spaltenumbruch]

auf, während er, alles Leid vergessend, in beseligter Freude
stammelte:

"Hanna! Du, mein Weib! Mein über alles geliebtes,
gesegnetes Weib! ... Was gelten uns noch die Menschen
und ihr lächerliches, törichtes Urteil in dieser Stunde. ...
Wir sind ja nicht mehr allein ... nicht mehr verurteilt
und gerichtet! ... Ich, du, wir beide sind ja gesegnet. ..
Wir können nun nicht mehr zugrunde gehen -- wir dürfen
ja nicht. ... Das Schicksal, von dem wir glaubten, daß es
uns vernichten wollte, es hat uns gesegnet, das es für uns
auf der Welt gibt. ... Nein -- weine nicht, Hanna ...
oder sage, daß du es vor lauter Glück tust ... daß es
Freudentränen sind, die du weinst! Ich wage ja kaum, dich
anzusehen oder deinen Mund zu küssen, weil ich fühle, daß
ich dich nur anbeten darf." ...

Er sprang wieder auf.

"Nun mag ich an gar nichts anderes mehr denken ...
oder doch: in den nächsten Tagen, morgen ... am liebsten
schon heute muß ich es tun." ...

"Was mußt du tun, Georg?"

Sie hatte die Verlegenheit und Scham überwunden
und sah ihm zärtlich ins Gesicht.

"Hinfahren zu den Leuten, zum alten Halbach, auch
zu den Kramsdorffs und zu allen, die ich durch meine
Worte beleidigt habe." ...

"Aber du kannst doch nicht" ....

Sie erschrak förmlich.

"Nein, das ist ja wahr" -- er besann sich -- "ich meine
ja auch nicht, daß ich ihnen das sagen soll. Aber sie um
Verzeihung bitten, mich aussprechen mit ihnen ... alles
zurücknehmen ... Klarheit schaffen überall ... und --
den Weg ebnen für den Erben auf Helldorf ... O, wenn
ich ihnen doch auch das sagen könnte!" ...

Nun endlich wagte er es, sich seiner Frau wieder zu
nähern. Scheu und beinahe zaghaft küßte er sie und zog
sie zärtlich an seine Brust.

Hanna erwiderte seine Liebkosung; aber sie blieb ernst
und nachdenklich.

Seine starke Freude fand keinen Widerhall in ihrem
Herzen. Sie dachte an die Szene des vergangenen Abends,
und sie sagte sich, daß es ihm nie mehr gelingen würde, den
Weg zu ebnen. Sie wollte seine Hoffnungen nicht schon im
Keime ersticken und schwieg deshalb.

[Spaltenumbruch]

Georg aber vergaß Gegenwart und Vergangenheit und
dachte nur an die Zukunft, die dem Erben auf Helldorf ge-
hören sollte.
(Fortsetzung folgt.)



Theater und Musik.
D. Kgl. Hoftheater.

Herrn Max Montor vom Deutschen
Schauspielhause in Hamburg geht der Ruf eines hervorragenden
Künstlers voraus und so durfte der Gast von vornherein als ein
ernsthafter Bewerber um das durch den Abgang des Herrn Heine
zur Erledigung kommende Fach der ersten Charakterrollen an
unserer Hofbühne gelten. Herrn Montors gestriges erstes Auf-
treten als König Philipp in Schillers Don Carlos hat
diese Annahme durchaus gerechtfertigt. Der vollen Wirkung
seiner künstlerischen Leistung stand allerdings im Wege, daß der
Gast, an bequemere akustische Verhältnisse gewöhnt, für unser
Riesenhaus im allgemeinen viel zu wenig Stimme gab -- wir
wissen zufällig, daß dies nicht etwa auf einem natürlichen Mangel
beruht, daß Herr Montor vielmehr über ein ausgezeichnetes
volles und sonores Organ verfügt. Wenn man sodann seinem
Philipp zu Anfang und zu Ende auch geistig einige "Zoll" König
mehr hätte wünschen können, etwas mehr Schärfe in der Sprache,
etwas mehr sichere Abgemessenheit in den Bewegungen, so mag
das daher rühren, daß die Rolle wohl kaum zu dem bisherigen
ständigen Repertoire des Künstlers gehört, so daß man es nicht
mit einer in allen Einzelheiten feststehenden künstlerischen Leistung
zu tun hatte, die auch im fremden und nicht immer günstigen
Milieu mit der Sicherheit eines höheren Mechanismus sich ab-
spielt. Was wir zu sehen bekamen, war mehr die lebendige künst-
lerische Auseinandersetzung eines hochbegabten Schauspielers mit
einer der größten und in gewissem Sinne auch schönsten und dank-
barsten Aufgaben, die unsere Bühne kennt. Aber diese Ausein-
andersetzung bot einen hohen, zuweilen ganz vollkommenen Ge-
nuß. Daß man den König Philipp nicht als Bösewicht und
Wüterich spielt, versteht sich für einen Schauspieler von der In-
telligenz und dem künstlerischen Instinkt Montors, der zudem von
der Bühne Alfred v. Bergers kommt, von selbst. Es ist keine
leere Schmeichelei, wenn Posa dem König sagt: "Sie waren gut,"
und es ist wunderbar ergreifend zu sehen, wie sich dieses von
dreifach harter Schale verschlossene Königsherz dem ungewohnten
Strahle einer reinen freien und schönen Menschlichkeit öffnet,
freilich nur, um sich, furchtbar enttäuscht, mit zehnfacher Härte
wieder zu schließen. Und in dem großen dritten Akt, der den
Despoten, den König, den "Gott" von der einsamen eiskalten
Höhe seines Thrones in die Gefilde der Menschlichkeit herab-
[Spaltenumbruch] steigen sieht, stand denn auch Montor vollauf auf der Höhe seiner
Aufgabe und erwies sich als ein Schauspieler, der unserer Hof-
bühne sicherlich zu Nutzen und Ehre gereichen würde und dessen
Mephisto wir mit lebhaftem Interesse entgegensehen dürfen.
-- Von der übrigen Aufführung ist leider nicht durchweg Günstiges
zu sagen. Ausgezeichnet aber war Frl. Berndl als Königin und
auch Frl. v. Hagen hat der Unnatur der großen Eboli-Szene
soviel schöne Natürlichkeit gegeben, als sich ihr eben geben läßt.

W. 10. Kaim-Konzert. Herr Hofrat Kaim hat selbst in einer
seiner Erklärungen zum Falle Cor de Las ausgesprochen, daß
es verfrüht und ungerecht sei, heute schon ein abschließendes
Urteil über sein neues Orchester zu fällen. Er erkennt damit
wohl an, daß die Leistungen der Gesamtheit seiner Musiker noch
nicht den Anforderungen entsprechen, die man an ein großes
Orchester stellen muß: vor allem die Hörner erschienen diesmal
wieder wenig gut, besser zum Beispiel der erste Flötist, der recht
gewandt und mit weichem Ton blies. Der Streichkörper hat sich
von neuem verstärkt: er musiziert einwandfreier wie die Bläser;
die rhythmische Festigung dürfte jedoch auch da noch etwas größer
sein. Haydns interessante Symphonie "le midi", zu einem
Tageszeiten-Zyklus gehörig (Programmsymvhonien schrieb Haydn
ja eine ziemliche Anzahl) und 1761 in Eisenstadt komponiert,
bildete das symphonische Hauptstück des Programms (die Pro-
gramm-Zusammenstellung war offensichtlich von den Ausfüh-
rungsmöglichkeiten unlieb beschränkt); auffällig ist in ihr das
stark konzertierende Element, das der Solovioline (Konzert-
meister Hende) und dem Solovioloncello (Konzertmeister van
Vliet) im Adagio und Finale breiten Raum gibt. In diesem
Werk wie in Mozarts Serenade "Eine kleine Nachtmusik" (vor
kurzem im Volks-Symphoniekonzert aufgeführt) und Beethovens
Prometheus-Ouvertüre holte der wieder einmal an die Stätte
seiner früheren Wirksamkeit zurückgekehrte Weimaraner Hof-
kapellmeister Peter Raabe mit ebenso energischer und um-
sichtiger als feinnuancierter Direktion alles nur Mögliche aus
seinen Musikern heraus, so daß die Darbietungen im allgemeinen
einen recht freundlichen Eindruck machten. Als Solistin trug
Frau Hirzel-Langenhan Chopins F-moll-Klavierkonzert
vor. Die Begleitung durch das Orchester war leider teilweise
verschwommen und unklar, und darunter schien im ersten und
letzten Satz. die nicht ganz mit der bei ihr sonst gewohnten
Verve und Kraft zu Gehör kamen, sogar die gefeierte Künstlerin
selbst einigermaßen zu leiden: sehr poetisch und klangschön geriet
dafür das Larghetto. Frau Langenhan wie der Dirigent fanden
reichsten und herzlichsten Beifall und wurden mit Blumen- und
Lorbeersyenden geehrt.

tz. Konzerte.

Der Klavierabend von Alice Ripper hat
in mir gewisse historische Reminiszenzen wachgerufen, nicht etwa

Nr. 142. München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Ueber die Verhältniſſe der Republik
Kolumbien,

wie ſie unter ihrem gegenwärtigen Präſidenten, General
Kafael Reyes, ſich geſtaltet haben, haben die frem-
den Diplomaten in Bogotà
Aeußerungen abge-
geben, die nun in einer Zuſammenſtellung erſchienen ſind.
Wir entnehmen ihr die nachſtehenden Bemerkungen des
deutſchen Geſandten Frhrn. v. d. Goltz. Nachdem der
Geſandte die perſönliche Liebenswürdigkeit des Präſiden-
ten und ſeinen Eifer um die guten Beziehungen beſonders
auch zu Deutſchland gerühmt, fährt er fort:

„Die in Kolumbien wohnenden deutſchen Reichs-
angehörigen
erfreuen ſich des wohlwollenden und wirk-
ſamen Schutzes des Herrn Präſidenten, was ihrerſeits dankbar
anerkannt wird. Der Handel zwiſchen Kolumbien und Deutſch-
land iſt in einem erfreulichen Aufblühen begriffen. Wie ſehr
die kaiſerlich deutſche Regierung auf die Stetigkeit in der fort-
ſchreitenden Entwicklung des Handelsverkehrs zwiſchen den beiden
Ländern rechnet, iſt daraus zu erſehen, daß deutſcherſeits neuer-
dings zwei neue Konſulate, in Orocué und in Santa
Marta, ins Leben gerufen worden ſind. Dieſe hocherfreuliche
Lage iſt dem ſegensreichen Walten des Herrn Präſidenten Reyes
zu verdanken, dem es gelungen iſt, den Kredit und das
Anſehen Kolumbiens im Ausland zu heben.

Der Name Kolumbiens wird heute in der ganzen Welt mit Hoch-
achtung genannt, für ſeinen Präſidenten. Herrn General Reyes,
herrſcht ungeteilte Bewunderung.
Dieſe günſtige Beurteilung durch das Ausland erſcheint als
völlig berechtigt, wenn ein Blick auf die Art und Weiſe geworfen
wird, wie Herr Präſident Reyes die Regierung führt. Seiner
unnachahmlichen Geſchicklichkeit iſt es gelungen, die Gegen-
ſätze zwiſchen den politiſchen Parteien auszu-
gleichen,
ſo daß dieſe, anſtatt ſich wie früher in blutigen
Bürgerkriegen gegenſeitig zu zerfleiſchen, jetzt gemeinſam unter
der Leitung des Präſidenten an der Förderung des allgemeinen
Wohles arbeiten. Der innere Friede des Landes kann als ge-
ſichert angeſehen werden, und die Hoffnung iſt nicht unverechtigt,
daß die Ruhe und Ordnung für abſehbare Zeit nicht mehr geſtört
werden wird. Iſt ſchon dies ein glänzendes Verdienſt des Herrn
Präſidenten, ſo muß auch ſeine von begeiſterter Vaterlandsliebe
durchglühte unermüdliche Tätigkeit, ſeine mit zäher Ausdauer
und gänzlicher Hingabe an ſein Werk fortgeführte Arbeit, die
für die kolumbianiſche Ration eine Aera des Wohlſtandes her-
beizuführen bezweckt, hervorgehoben werden. Die induſtrielle
Entwicklung, die Hebung der Landwirtſchaft und des Verkehrs-
weſens, die Schaffung einer modernen Armee und Flotte, die
Regelung der Finanzen, ſind die großen Ziele, die der Präſident
ſich geſteckt hat, denen er unaufhaltſam zuſtrebt. Faſt jeder
Tag fördert neue, vom Chef der Regierung angeordnete oder
inſpirierte Fortſchritte zutage. Heute wird eine Telegraphen-
linie vollendet, morgen eine Brücke eingeweiht, dann eine
Eiſenbahnſtrecke in Dienſt geſtellt, oder eine Fahrſtraße zur Ver-
bindung bis dahin von einander getrennter Landesteile er-
öffnet. Der Abſchluß von Kontrakten für Legung von See-
kabeln zum engeren Anſchluß Kolumbiens an das Kabel und
Telegraphennetz der Welt, für Erbauung neuer oder Vollendung
hereits begonnener Eiſenbahnſtrecken, die geplante Verbeſſerung
des Schiffahrtsbetriebes auf der Hauptſchlagader des Verkehrs,
dem Magdalenaſtrom, ſind alles Zeichen und Beweiſe für das un-
abläſſige Streben des Herrn Präſidenten. Nicht genug damit,
auch mit der Schöpfung einer neuen Stadt aus dem Nichts, im
Zentrum der neu ins Leben gerufenen Baumwollenkultur, be-
ſchäftigt ſich der rege Geiſt des Herrn Präſidenten. Auf allen
Gebieten entdeckt man ſeine nimmer raſtende Tätigkeit.
Alles in allem, ergibt ſich ein in hohem Grade erfreuliches
und hoffnungsvolles Bild. Unter der Leitung des Herrn Präſi-
denten Reyes geht Kolumbien einer glänzenden Zukunft ent-
gegen, und muß jeder aufrichtige Freund des Landes wünſchen,
daß dem Präſidenten noch eine lange, lange Regierung be-
ſchieden ſei.“

Die Aeußerung ſtammt aus dem Oktober 1907.



Hof und Geſellſchaft.

— Prinz Ludwig wohnte geſtern abend 7½ Uhr mit den
Prinzeſſinnen Adelgunde, Hildegard, Wiltrud und
Helmtrud der zweiten Aufführung der patriotiſchen Feſt-
ſpiele „In Treue feſt“ — von der Calderon-Geſellſchaft — im
Hotel Union an. — Prinzeſſin Ludwig wohnte abends den
vom „Verein für Vogelſchutz in Bayern“ im alten Rathaus-
ſaale veranſtalteten Vortrage des Herrn Friedrich Schwabe
[Spaltenumbruch] aus Eiſenach über das Thema: „Zeitgemäßer Vogel-
ſchutz
“ bei.

— Oberſtleutnant a. D. Franz v. Sicherer, zuletzt bis
1888 Bataillonskommandeur im 7. Infanterie-Regiment in Bay-
reuth, iſt in Weißenburg im 70. Lebensjahre geſtorben. 1859
zum Offizier ernannt, hat er im 10. Infanterie-Regiment den
Krieg 1866 und im 4. Infanterie-Regiment den Feldzug ,
insbeſondere die Belagerung von Bitſch, mitgemacht.



Münchener Stadtanzeiger.

* Liberaler Kongreß in München.

Auf Anregung des
Nationalvereins für das liberale Deutſch-
land
“ wird vom 20. bis 23. Juni dieſes Jahres in Mün-
chen ein liberaler Kongreß abgehalten werden. Es beſteht
die Ausſicht, daß der Beſuch aus allen Teilen Deutſchlands
und aus allen Lagern des Liberalsmus ein
recht reger wird. Die Münchener Liberalen werden ſich be-
mühen, die Veranſtaltung möglichſt eingehend vorzube-
reiten, ſo daß an einem Erfolg nicht zu zweifeln iſt.

t. Orientaliſche Geſellſchaft.

In Gegenwart des Prinzen
Ludwig ſprach in der Sitzung am Samstag Abend Prof. Dr.
Georg Steindorff. Der Vortrag des Leipziger Aegyptologen
Auf alten und neuen Wegen durch Aegypten
behandelte die Ergebniſſe einer zweiten Reiſe, die im Jahre 1906
nach Aegypten unternommen wurde. Diesmal war es der eng-
liſche Sudan, dem die Expedition galt. Noch in aller Er-
innerung ſind die Kämpfe, die England um dies Land auszu-
fechten gehabt hat. In Karthum iſt Gordon Paſcha gefallen:
mit ſeiner Niederlage fiel der ganze Sudan in die Hände des
Kalifen und ſeines Nachfolgers, des Mahdis. Erſt Kitchener
gelang es, den Sudan für England wieder zurückzuerobern. Aber
das ganze Land war verwüſtet. Trotzdem haben die Engländer
in kaum 10 Jahren es verſtanden, den Sudan zu patiſizieren und
in ein fruchtbares Land umzugeſtalten. In erſter Linie verdankt
England dieſes Kulturwerk dem in letzter Zeit viel genannten
Lord Cromer. Schon in alter Zeit war der Sudan Kultur-
land. Um 2000 v. Chr. von ägyptiſchen Dynaſtien erobert,
bildete es um 900 v. Chr. ein eigenes Reich: Aethiopien,
von den alten Schriftſtellern Meroe genannt. Mit der ägyp-
tiſchen Herrſchaft faßte auch die ägyptiſche Kultur und der Kul-
tus Fuß, aber er vermengte ſich mit der heimatlichen nubiſchen
zu einer Miſchkultur. Auch die äthiopiſchen Herrſcher haben, wie
die Pharaonen, Nekropolen errichtet und Pyramiden gebaut.
aber dieſe ſind kleiner als die Originale, auch iſt ihr Neigungs-
winkel ein anderer. Steindorff hat das Gebiet zwiſchen Nil und
Atbara durchreiſt und Naga und die alte Hauptſtadt Meroe
aufgeſucht. Für die Aegyptologie haben ſich dabei viele inter-
eſſante Neuheiten ergeben. Der feſſelnde Vortrag war von zahl-
reichen wohlgelungenen Lichtbildern begleitet.

* Gleitflugmodell-Wettbewerb anläßlich der Ausſtellung
„München 1908“.

Auf das Preisausſchreiben, welches der Sport-
ausſchuß der Ausſtellung „München 1908“ mit Unterſtützung
durch Mitglieder des Münchener Vereins für Luftſchiffahrt er-
laſſen hat, ſind im ganzen 22 Anmeldungen eingegangen. Unter
den Konkurrenten ſind die verſchiedenſten Berufsarten vertreten:
Ingenieure, Maſchinentechniker, Offiziere, Künſtler, Aerzte,
Metallarbeiter uſw.

* Einführungskurs in das Verſtändnis politiſcher Fragen.

Donnerstag, den 26. März, abends 8½ Uhr, Vortrag des Herrn
Redakteurs Dr. Paul Buſching über die Wohnungs-
frage und die politiſchen Parteien.
Danach findet
wie bisher Beſprechung der jüngſten politiſchen Ereigniſſe ſtatt.
Gäſte, Damen und Herren, willkommen. Ort: Kleiner Saal der
Reſtauration zur Blüte, Ecke Barer- und Blütenſtraße.

m. Erdbebenregiſtrierung.

Nachdem in den letzten
Tagen ſich wieder eine allgemeine Bodenunruhe bemerk-
lich machte, deren Urſprung wohl meiſt in meteorologiſchen
Momenten zu ſuchen iſt, wurde am 23. März gleichzeitig
von dem regiſtrierenden Seismometer ein heftiges,
lang andauerndes Fernerdbeben
aufgezeich-
net. Durch dieſes Zuſammentreffen der beiden Boden-
bewegungen erſcheinen die Regiſtrierungen des Bodens be-
ſonders am Anfange etwas geſtört, weshalb dieſer nicht
genau angegeben werden kann. Um 1 Uhr 50 Min. jedoch
zeigen bereits beide Komponenten deutliche Ausſchläge,
doch bleiben die oſtweſtlichen Bewegungen ſtets ſtärker als
die nordſüdlichen. Bald werden die kurzen Erſchütterungen
verdrängt und, der langſam dahinrollenden Brandung
vergleichbar, kommt Woge auf Woge, die ſo ſtark wurden,
[Spaltenumbruch] daß ſie zur Zeit des Maximums zwiſchen 2 Uhr 25 Min.
und 2 Uhr 32 Min. Beträge erreichten, die über einen
Millimeter ausmachten. Wenn man bedenkt, daß der Herd
dieſes Bebens in mehr als 16,000 Kilometer Entfernung
liegt, ſo muß die Erſchütterung beſonders heftig geweſen
ſein, um noch bei uns Antipoden in dieſem Maße gefühlt zu
werden. Das Schüttergebiet iſt in den bekannten Beben-
gebieten des ſüdlichen Stillen Ozeans zu ſuchen,
von dem die deutſche Erdbebenſtation auf Samoa ſchon ſo
oft Nachrichten brachte und die gerade erſt durch dieſe
Warte kennen gelernt wurden.

eh. Elektriſche Beleuchtung der Billenkolonie Herzogpark.

Das Villenquartier wird nicht, wie früher beabſichtigt, von der
Unterſtation am Prinzregententheater mit Gleichſtrom, ſondern
vom Transformatorenhaus in der Hirſchau mit einem Drehſtrom
von 5000 Volt Spannung verſorgt werden. Der Strom, der von
dem Elektrizitätswerk in Moosburg mit 50,000 Volt Spannung
kommt, wird nach ſeiner Umwandlung in 5000 Volt über die
Iſar geleitet und wird die neu entſtehenden Villenbauten er-
heblich billiger mit elektriſchem Licht verſorgen, als dies vom
Prinzregententheater aus möglich wäre.

dr. Schließung einer öffentlichen Speiſehalle.

Vom 1. April
ab wird die öffentliche Speiſehalle II am Radlſteg und der
Küchelbäckerſtraße ihren Betrieb einſtellen. Der Grund iſt darin
zu ſuchen, daß der Hausbeſitzer einen früher gewährten Zins-
nachlaß zum Teil wieder zurückzog, wodurch der an und für ſich
ſehr beträchtliche Zuſchuß für den Verein für öffentliche Speiſe-
hallen zu hoch geworden wäre. Auch die defekte Kücheneinrich-
tung hätte einer gänzlichen Erneuerung bedurft.

* Wenn der pfälziſche Weinkontrolleur in München iſt. ...

Wir haben vor einigen Tagen berichtet, daß der pfälziſche Wein-
kontrolleur Weißer von der Staatsanwaltſchaft nach München
berufen worden iſt, um in einzelnen beſtimmten Fällen ſeines
ſauren Amtes zu walten. Was die Abweſenheit des Herrn
Weißer für unſere lieben pfälziſchen Landsleute bedeutet, das
lehrt folgende Geſchichte, die wir der Pfälziſchen Preſſe ent-
nehmen: Es iſt bekannt, daß der pfälziſche Weinkontrolleur
Weißer ein äußerſt findiger Herr iſt, und es ſind in den Zei-
tungen ſchon öfter mehr oder minder gelungene Stückchen von
der Furcht erzählt worden, die dieſer im Lande umherreiſende,
heute da und morgen dort an die Fäſſer pochende Beamte unter
denen verbreitet, die ſich in der Nachahmung des Wunders zu
Kanaan üben. Das folgende Geſchichtchen hat außer dem Vorzug
der Originellität den weiteren, buchſtäblich wahr zu ſein, und
ſtammt aus einer pfälziſchen Weingegend, die der Ehre des Be-
ſuches des geſtrengen Weinkontrolleurs beſonders oft teilhaftig
werden ſoll. Ein ländlicher Ratsherr kommt dieſer Tage in die
freundliche Trinkſtube des Löwenwirtes und beſtellt ſich einen
Schoppen „Vierziger“. Der Löwenwirt erhebt ſich, um den Wein
zu holen, legt die Zeitung, in der er geleſen hat, beiſeite und
meint: Hoſcht’s ſchunn geleſe, Hannes, de Weißer hann ſie nüwer
uff Minche kumme loſſe, ſor die dortige Keller zu revediere!“
„Was de Henker,“ erwidert das alſo angeredete Mitglied des
hohen Rates, das im Geruche ſteht, beſonders ſpitzfindig zu ſein,
„des kann nix ſchade — awer, was ich ſage wollt, loß des mit
‘m Wei’, bring mer liewer ’n Schoppe Bier!

* Deutſche Kolonialgeſellſchaſt, Abteilung München.

Der
Vortrag des Herrn Major a. D. Baumann am 27. d. M. findet
nicht im zoologiſchen Hörſaal, ſondern im Kunſtgewerbehaus,
Pfandhausſtr. , ſtatt.

* Der Zweigverein München des großen Deutſchen Bank-
beamten-Vereins, c. V.,
hat Herrn Dr. K. Weigt, Hannover,
zu einem Vortrag über das Thema: Marokko, Land und
Leute, gewonnen. Der Vortrag findet Freitag, 27. d. M., abends
8½ Uhr, im großen Saale des Evangeliſchen Vereinshauſes
ſtatt, und wird durch zahlreiche Lichtbilder unterſtützt. Ein-
ladungen zu dieſem Vortrag ſind durch die Vorſtandſchaſt, ſowie
durch die Mitglieder erhältlich; Nichtmitglieder haben pro
Perſon 1 Mark Eintritt zu zahlen.

b. Im Polytechniſchen Verein ſprach letzten Montag im
Kunſtgewerbehauſe Diplomingenieur C. M. Lewin über
Moderne Fabrikorganiſation. Unter Fabrikorganiſation verſteht
man die überſichtliche und zweckmäßige Geſtaltung der mit dem
Geſchäftsgange im Fabrikbetriebe zuſammenhängenden techniſchen
und kaufmänniſchen Arbeiten in der Form, daß es einer einzigen
Perſon möglich gemacht wird, von einer Zentralſtelle aus das
ganze Geſchäft zu überſehen und zu leiten. Es iſt klar, daß eine
Diſziplin, die ſo weiten Umfang hat, ſich in viele einzelne Zweige
gliedert; ſo gibt es eine Organiſation des Ein- und Verkaufs,
der Lohn-, Lager-, Fabrikbuchführung, Selbſtkoſtenabrechnung uſf.,
die mit der wachſenden Konkurrenz und dem Umfange des Be-



[Spaltenumbruch]

auf, während er, alles Leid vergeſſend, in beſeligter Freude
ſtammelte:

„Hanna! Du, mein Weib! Mein über alles geliebtes,
geſegnetes Weib! ... Was gelten uns noch die Menſchen
und ihr lächerliches, törichtes Urteil in dieſer Stunde. ...
Wir ſind ja nicht mehr allein ... nicht mehr verurteilt
und gerichtet! ... Ich, du, wir beide ſind ja geſegnet. ..
Wir können nun nicht mehr zugrunde gehen — wir dürfen
ja nicht. ... Das Schickſal, von dem wir glaubten, daß es
uns vernichten wollte, es hat uns geſegnet, das es für uns
auf der Welt gibt. ... Nein — weine nicht, Hanna ...
oder ſage, daß du es vor lauter Glück tuſt ... daß es
Freudentränen ſind, die du weinſt! Ich wage ja kaum, dich
anzuſehen oder deinen Mund zu küſſen, weil ich fühle, daß
ich dich nur anbeten darf.“ ...

Er ſprang wieder auf.

„Nun mag ich an gar nichts anderes mehr denken ...
oder doch: in den nächſten Tagen, morgen ... am liebſten
ſchon heute muß ich es tun.“ ...

„Was mußt du tun, Georg?“

Sie hatte die Verlegenheit und Scham überwunden
und ſah ihm zärtlich ins Geſicht.

„Hinfahren zu den Leuten, zum alten Halbach, auch
zu den Kramsdorffs und zu allen, die ich durch meine
Worte beleidigt habe.“ ...

„Aber du kannſt doch nicht“ ....

Sie erſchrak förmlich.

„Nein, das iſt ja wahr“ — er beſann ſich — „ich meine
ja auch nicht, daß ich ihnen das ſagen ſoll. Aber ſie um
Verzeihung bitten, mich ausſprechen mit ihnen ... alles
zurücknehmen ... Klarheit ſchaffen überall ... und —
den Weg ebnen für den Erben auf Helldorf ... O, wenn
ich ihnen doch auch das ſagen könnte!“ ...

Nun endlich wagte er es, ſich ſeiner Frau wieder zu
nähern. Scheu und beinahe zaghaft küßte er ſie und zog
ſie zärtlich an ſeine Bruſt.

Hanna erwiderte ſeine Liebkoſung; aber ſie blieb ernſt
und nachdenklich.

Seine ſtarke Freude fand keinen Widerhall in ihrem
Herzen. Sie dachte an die Szene des vergangenen Abends,
und ſie ſagte ſich, daß es ihm nie mehr gelingen würde, den
Weg zu ebnen. Sie wollte ſeine Hoffnungen nicht ſchon im
Keime erſticken und ſchwieg deshalb.

[Spaltenumbruch]

Georg aber vergaß Gegenwart und Vergangenheit und
dachte nur an die Zukunft, die dem Erben auf Helldorf ge-
hören ſollte.
(Fortſetzung folgt.)



Theater und Muſik.
D. Kgl. Hoftheater.

Herrn Max Montor vom Deutſchen
Schauſpielhauſe in Hamburg geht der Ruf eines hervorragenden
Künſtlers voraus und ſo durfte der Gaſt von vornherein als ein
ernſthafter Bewerber um das durch den Abgang des Herrn Heine
zur Erledigung kommende Fach der erſten Charakterrollen an
unſerer Hofbühne gelten. Herrn Montors geſtriges erſtes Auf-
treten als König Philipp in Schillers Don Carlos hat
dieſe Annahme durchaus gerechtfertigt. Der vollen Wirkung
ſeiner künſtleriſchen Leiſtung ſtand allerdings im Wege, daß der
Gaſt, an bequemere akuſtiſche Verhältniſſe gewöhnt, für unſer
Rieſenhaus im allgemeinen viel zu wenig Stimme gab — wir
wiſſen zufällig, daß dies nicht etwa auf einem natürlichen Mangel
beruht, daß Herr Montor vielmehr über ein ausgezeichnetes
volles und ſonores Organ verfügt. Wenn man ſodann ſeinem
Philipp zu Anfang und zu Ende auch geiſtig einige „Zoll“ König
mehr hätte wünſchen können, etwas mehr Schärfe in der Sprache,
etwas mehr ſichere Abgemeſſenheit in den Bewegungen, ſo mag
das daher rühren, daß die Rolle wohl kaum zu dem bisherigen
ſtändigen Repertoire des Künſtlers gehört, ſo daß man es nicht
mit einer in allen Einzelheiten feſtſtehenden künſtleriſchen Leiſtung
zu tun hatte, die auch im fremden und nicht immer günſtigen
Milieu mit der Sicherheit eines höheren Mechanismus ſich ab-
ſpielt. Was wir zu ſehen bekamen, war mehr die lebendige künſt-
leriſche Auseinanderſetzung eines hochbegabten Schauſpielers mit
einer der größten und in gewiſſem Sinne auch ſchönſten und dank-
barſten Aufgaben, die unſere Bühne kennt. Aber dieſe Ausein-
anderſetzung bot einen hohen, zuweilen ganz vollkommenen Ge-
nuß. Daß man den König Philipp nicht als Böſewicht und
Wüterich ſpielt, verſteht ſich für einen Schauſpieler von der In-
telligenz und dem künſtleriſchen Inſtinkt Montors, der zudem von
der Bühne Alfred v. Bergers kommt, von ſelbſt. Es iſt keine
leere Schmeichelei, wenn Poſa dem König ſagt: „Sie waren gut,“
und es iſt wunderbar ergreifend zu ſehen, wie ſich dieſes von
dreifach harter Schale verſchloſſene Königsherz dem ungewohnten
Strahle einer reinen freien und ſchönen Menſchlichkeit öffnet,
freilich nur, um ſich, furchtbar enttäuſcht, mit zehnfacher Härte
wieder zu ſchließen. Und in dem großen dritten Akt, der den
Deſpoten, den König, den „Gott“ von der einſamen eiskalten
Höhe ſeines Thrones in die Gefilde der Menſchlichkeit herab-
[Spaltenumbruch] ſteigen ſieht, ſtand denn auch Montor vollauf auf der Höhe ſeiner
Aufgabe und erwies ſich als ein Schauſpieler, der unſerer Hof-
bühne ſicherlich zu Nutzen und Ehre gereichen würde und deſſen
Mephiſto wir mit lebhaftem Intereſſe entgegenſehen dürfen.
— Von der übrigen Aufführung iſt leider nicht durchweg Günſtiges
zu ſagen. Ausgezeichnet aber war Frl. Berndl als Königin und
auch Frl. v. Hagen hat der Unnatur der großen Eboli-Szene
ſoviel ſchöne Natürlichkeit gegeben, als ſich ihr eben geben läßt.

W. 10. Kaim-Konzert. Herr Hofrat Kaim hat ſelbſt in einer
ſeiner Erklärungen zum Falle Cor de Las ausgeſprochen, daß
es verfrüht und ungerecht ſei, heute ſchon ein abſchließendes
Urteil über ſein neues Orcheſter zu fällen. Er erkennt damit
wohl an, daß die Leiſtungen der Geſamtheit ſeiner Muſiker noch
nicht den Anforderungen entſprechen, die man an ein großes
Orcheſter ſtellen muß: vor allem die Hörner erſchienen diesmal
wieder wenig gut, beſſer zum Beiſpiel der erſte Flötiſt, der recht
gewandt und mit weichem Ton blies. Der Streichkörper hat ſich
von neuem verſtärkt: er muſiziert einwandfreier wie die Bläſer;
die rhythmiſche Feſtigung dürfte jedoch auch da noch etwas größer
ſein. Haydns intereſſante Symphonie „le midi“, zu einem
Tageszeiten-Zyklus gehörig (Programmſymvhonien ſchrieb Haydn
ja eine ziemliche Anzahl) und 1761 in Eiſenſtadt komponiert,
bildete das ſymphoniſche Hauptſtück des Programms (die Pro-
gramm-Zuſammenſtellung war offenſichtlich von den Ausfüh-
rungsmöglichkeiten unlieb beſchränkt); auffällig iſt in ihr das
ſtark konzertierende Element, das der Solovioline (Konzert-
meiſter Hende) und dem Solovioloncello (Konzertmeiſter van
Vliet) im Adagio und Finale breiten Raum gibt. In dieſem
Werk wie in Mozarts Serenade „Eine kleine Nachtmuſik“ (vor
kurzem im Volks-Symphoniekonzert aufgeführt) und Beethovens
Prometheus-Ouvertüre holte der wieder einmal an die Stätte
ſeiner früheren Wirkſamkeit zurückgekehrte Weimaraner Hof-
kapellmeiſter Peter Raabe mit ebenſo energiſcher und um-
ſichtiger als feinnuancierter Direktion alles nur Mögliche aus
ſeinen Muſikern heraus, ſo daß die Darbietungen im allgemeinen
einen recht freundlichen Eindruck machten. Als Soliſtin trug
Frau Hirzel-Langenhan Chopins F-moll-Klavierkonzert
vor. Die Begleitung durch das Orcheſter war leider teilweiſe
verſchwommen und unklar, und darunter ſchien im erſten und
letzten Satz. die nicht ganz mit der bei ihr ſonſt gewohnten
Verve und Kraft zu Gehör kamen, ſogar die gefeierte Künſtlerin
ſelbſt einigermaßen zu leiden: ſehr poetiſch und klangſchön geriet
dafür das Larghetto. Frau Langenhan wie der Dirigent fanden
reichſten und herzlichſten Beifall und wurden mit Blumen- und
Lorbeerſyenden geehrt.

tz. Konzerte.

Der Klavierabend von Alice Ripper hat
in mir gewiſſe hiſtoriſche Reminiszenzen wachgerufen, nicht etwa

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[3/0003] Nr. 142. München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908. Ueber die Verhältniſſe der Republik Kolumbien, wie ſie unter ihrem gegenwärtigen Präſidenten, General Kafael Reyes, ſich geſtaltet haben, haben die frem- den Diplomaten in Bogotà Aeußerungen abge- geben, die nun in einer Zuſammenſtellung erſchienen ſind. Wir entnehmen ihr die nachſtehenden Bemerkungen des deutſchen Geſandten Frhrn. v. d. Goltz. Nachdem der Geſandte die perſönliche Liebenswürdigkeit des Präſiden- ten und ſeinen Eifer um die guten Beziehungen beſonders auch zu Deutſchland gerühmt, fährt er fort: „Die in Kolumbien wohnenden deutſchen Reichs- angehörigen erfreuen ſich des wohlwollenden und wirk- ſamen Schutzes des Herrn Präſidenten, was ihrerſeits dankbar anerkannt wird. Der Handel zwiſchen Kolumbien und Deutſch- land iſt in einem erfreulichen Aufblühen begriffen. Wie ſehr die kaiſerlich deutſche Regierung auf die Stetigkeit in der fort- ſchreitenden Entwicklung des Handelsverkehrs zwiſchen den beiden Ländern rechnet, iſt daraus zu erſehen, daß deutſcherſeits neuer- dings zwei neue Konſulate, in Orocué und in Santa Marta, ins Leben gerufen worden ſind. Dieſe hocherfreuliche Lage iſt dem ſegensreichen Walten des Herrn Präſidenten Reyes zu verdanken, dem es gelungen iſt, den Kredit und das Anſehen Kolumbiens im Ausland zu heben. Der Name Kolumbiens wird heute in der ganzen Welt mit Hoch- achtung genannt, für ſeinen Präſidenten. Herrn General Reyes, herrſcht ungeteilte Bewunderung. Dieſe günſtige Beurteilung durch das Ausland erſcheint als völlig berechtigt, wenn ein Blick auf die Art und Weiſe geworfen wird, wie Herr Präſident Reyes die Regierung führt. Seiner unnachahmlichen Geſchicklichkeit iſt es gelungen, die Gegen- ſätze zwiſchen den politiſchen Parteien auszu- gleichen, ſo daß dieſe, anſtatt ſich wie früher in blutigen Bürgerkriegen gegenſeitig zu zerfleiſchen, jetzt gemeinſam unter der Leitung des Präſidenten an der Förderung des allgemeinen Wohles arbeiten. Der innere Friede des Landes kann als ge- ſichert angeſehen werden, und die Hoffnung iſt nicht unverechtigt, daß die Ruhe und Ordnung für abſehbare Zeit nicht mehr geſtört werden wird. Iſt ſchon dies ein glänzendes Verdienſt des Herrn Präſidenten, ſo muß auch ſeine von begeiſterter Vaterlandsliebe durchglühte unermüdliche Tätigkeit, ſeine mit zäher Ausdauer und gänzlicher Hingabe an ſein Werk fortgeführte Arbeit, die für die kolumbianiſche Ration eine Aera des Wohlſtandes her- beizuführen bezweckt, hervorgehoben werden. Die induſtrielle Entwicklung, die Hebung der Landwirtſchaft und des Verkehrs- weſens, die Schaffung einer modernen Armee und Flotte, die Regelung der Finanzen, ſind die großen Ziele, die der Präſident ſich geſteckt hat, denen er unaufhaltſam zuſtrebt. Faſt jeder Tag fördert neue, vom Chef der Regierung angeordnete oder inſpirierte Fortſchritte zutage. Heute wird eine Telegraphen- linie vollendet, morgen eine Brücke eingeweiht, dann eine Eiſenbahnſtrecke in Dienſt geſtellt, oder eine Fahrſtraße zur Ver- bindung bis dahin von einander getrennter Landesteile er- öffnet. Der Abſchluß von Kontrakten für Legung von See- kabeln zum engeren Anſchluß Kolumbiens an das Kabel und Telegraphennetz der Welt, für Erbauung neuer oder Vollendung hereits begonnener Eiſenbahnſtrecken, die geplante Verbeſſerung des Schiffahrtsbetriebes auf der Hauptſchlagader des Verkehrs, dem Magdalenaſtrom, ſind alles Zeichen und Beweiſe für das un- abläſſige Streben des Herrn Präſidenten. Nicht genug damit, auch mit der Schöpfung einer neuen Stadt aus dem Nichts, im Zentrum der neu ins Leben gerufenen Baumwollenkultur, be- ſchäftigt ſich der rege Geiſt des Herrn Präſidenten. Auf allen Gebieten entdeckt man ſeine nimmer raſtende Tätigkeit. Alles in allem, ergibt ſich ein in hohem Grade erfreuliches und hoffnungsvolles Bild. Unter der Leitung des Herrn Präſi- denten Reyes geht Kolumbien einer glänzenden Zukunft ent- gegen, und muß jeder aufrichtige Freund des Landes wünſchen, daß dem Präſidenten noch eine lange, lange Regierung be- ſchieden ſei.“ Die Aeußerung ſtammt aus dem Oktober 1907. Hof und Geſellſchaft. München, 25. März. — Prinz Ludwig wohnte geſtern abend 7½ Uhr mit den Prinzeſſinnen Adelgunde, Hildegard, Wiltrud und Helmtrud der zweiten Aufführung der patriotiſchen Feſt- ſpiele „In Treue feſt“ — von der Calderon-Geſellſchaft — im Hotel Union an. — Prinzeſſin Ludwig wohnte abends den vom „Verein für Vogelſchutz in Bayern“ im alten Rathaus- ſaale veranſtalteten Vortrage des Herrn Friedrich Schwabe aus Eiſenach über das Thema: „Zeitgemäßer Vogel- ſchutz“ bei. — Oberſtleutnant a. D. Franz v. Sicherer, zuletzt bis 1888 Bataillonskommandeur im 7. Infanterie-Regiment in Bay- reuth, iſt in Weißenburg im 70. Lebensjahre geſtorben. 1859 zum Offizier ernannt, hat er im 10. Infanterie-Regiment den Krieg 1866 und im 4. Infanterie-Regiment den Feldzug [FORMEL], insbeſondere die Belagerung von Bitſch, mitgemacht. Münchener Stadtanzeiger. München, 25. März. * Liberaler Kongreß in München. Auf Anregung des „Nationalvereins für das liberale Deutſch- land“ wird vom 20. bis 23. Juni dieſes Jahres in Mün- chen ein liberaler Kongreß abgehalten werden. Es beſteht die Ausſicht, daß der Beſuch aus allen Teilen Deutſchlands und aus allen Lagern des Liberalsmus ein recht reger wird. Die Münchener Liberalen werden ſich be- mühen, die Veranſtaltung möglichſt eingehend vorzube- reiten, ſo daß an einem Erfolg nicht zu zweifeln iſt. t. Orientaliſche Geſellſchaft. In Gegenwart des Prinzen Ludwig ſprach in der Sitzung am Samstag Abend Prof. Dr. Georg Steindorff. Der Vortrag des Leipziger Aegyptologen „Auf alten und neuen Wegen durch Aegypten“ behandelte die Ergebniſſe einer zweiten Reiſe, die im Jahre 1906 nach Aegypten unternommen wurde. Diesmal war es der eng- liſche Sudan, dem die Expedition galt. Noch in aller Er- innerung ſind die Kämpfe, die England um dies Land auszu- fechten gehabt hat. In Karthum iſt Gordon Paſcha gefallen: mit ſeiner Niederlage fiel der ganze Sudan in die Hände des Kalifen und ſeines Nachfolgers, des Mahdis. Erſt Kitchener gelang es, den Sudan für England wieder zurückzuerobern. Aber das ganze Land war verwüſtet. Trotzdem haben die Engländer in kaum 10 Jahren es verſtanden, den Sudan zu patiſizieren und in ein fruchtbares Land umzugeſtalten. In erſter Linie verdankt England dieſes Kulturwerk dem in letzter Zeit viel genannten Lord Cromer. Schon in alter Zeit war der Sudan Kultur- land. Um 2000 v. Chr. von ägyptiſchen Dynaſtien erobert, bildete es um 900 v. Chr. ein eigenes Reich: Aethiopien, von den alten Schriftſtellern Meroe genannt. Mit der ägyp- tiſchen Herrſchaft faßte auch die ägyptiſche Kultur und der Kul- tus Fuß, aber er vermengte ſich mit der heimatlichen nubiſchen zu einer Miſchkultur. Auch die äthiopiſchen Herrſcher haben, wie die Pharaonen, Nekropolen errichtet und Pyramiden gebaut. aber dieſe ſind kleiner als die Originale, auch iſt ihr Neigungs- winkel ein anderer. Steindorff hat das Gebiet zwiſchen Nil und Atbara durchreiſt und Naga und die alte Hauptſtadt Meroe aufgeſucht. Für die Aegyptologie haben ſich dabei viele inter- eſſante Neuheiten ergeben. Der feſſelnde Vortrag war von zahl- reichen wohlgelungenen Lichtbildern begleitet. * Gleitflugmodell-Wettbewerb anläßlich der Ausſtellung „München 1908“. Auf das Preisausſchreiben, welches der Sport- ausſchuß der Ausſtellung „München 1908“ mit Unterſtützung durch Mitglieder des Münchener Vereins für Luftſchiffahrt er- laſſen hat, ſind im ganzen 22 Anmeldungen eingegangen. Unter den Konkurrenten ſind die verſchiedenſten Berufsarten vertreten: Ingenieure, Maſchinentechniker, Offiziere, Künſtler, Aerzte, Metallarbeiter uſw. * Einführungskurs in das Verſtändnis politiſcher Fragen. Donnerstag, den 26. März, abends 8½ Uhr, Vortrag des Herrn Redakteurs Dr. Paul Buſching über die Wohnungs- frage und die politiſchen Parteien. Danach findet wie bisher Beſprechung der jüngſten politiſchen Ereigniſſe ſtatt. Gäſte, Damen und Herren, willkommen. Ort: Kleiner Saal der Reſtauration zur Blüte, Ecke Barer- und Blütenſtraße. m. Erdbebenregiſtrierung. Nachdem in den letzten Tagen ſich wieder eine allgemeine Bodenunruhe bemerk- lich machte, deren Urſprung wohl meiſt in meteorologiſchen Momenten zu ſuchen iſt, wurde am 23. März gleichzeitig von dem regiſtrierenden Seismometer ein heftiges, lang andauerndes Fernerdbeben aufgezeich- net. Durch dieſes Zuſammentreffen der beiden Boden- bewegungen erſcheinen die Regiſtrierungen des Bodens be- ſonders am Anfange etwas geſtört, weshalb dieſer nicht genau angegeben werden kann. Um 1 Uhr 50 Min. jedoch zeigen bereits beide Komponenten deutliche Ausſchläge, doch bleiben die oſtweſtlichen Bewegungen ſtets ſtärker als die nordſüdlichen. Bald werden die kurzen Erſchütterungen verdrängt und, der langſam dahinrollenden Brandung vergleichbar, kommt Woge auf Woge, die ſo ſtark wurden, daß ſie zur Zeit des Maximums zwiſchen 2 Uhr 25 Min. und 2 Uhr 32 Min. Beträge erreichten, die über einen Millimeter ausmachten. Wenn man bedenkt, daß der Herd dieſes Bebens in mehr als 16,000 Kilometer Entfernung liegt, ſo muß die Erſchütterung beſonders heftig geweſen ſein, um noch bei uns Antipoden in dieſem Maße gefühlt zu werden. Das Schüttergebiet iſt in den bekannten Beben- gebieten des ſüdlichen Stillen Ozeans zu ſuchen, von dem die deutſche Erdbebenſtation auf Samoa ſchon ſo oft Nachrichten brachte und die gerade erſt durch dieſe Warte kennen gelernt wurden. eh. Elektriſche Beleuchtung der Billenkolonie Herzogpark. Das Villenquartier wird nicht, wie früher beabſichtigt, von der Unterſtation am Prinzregententheater mit Gleichſtrom, ſondern vom Transformatorenhaus in der Hirſchau mit einem Drehſtrom von 5000 Volt Spannung verſorgt werden. Der Strom, der von dem Elektrizitätswerk in Moosburg mit 50,000 Volt Spannung kommt, wird nach ſeiner Umwandlung in 5000 Volt über die Iſar geleitet und wird die neu entſtehenden Villenbauten er- heblich billiger mit elektriſchem Licht verſorgen, als dies vom Prinzregententheater aus möglich wäre. dr. Schließung einer öffentlichen Speiſehalle. Vom 1. April ab wird die öffentliche Speiſehalle II am Radlſteg und der Küchelbäckerſtraße ihren Betrieb einſtellen. Der Grund iſt darin zu ſuchen, daß der Hausbeſitzer einen früher gewährten Zins- nachlaß zum Teil wieder zurückzog, wodurch der an und für ſich ſehr beträchtliche Zuſchuß für den Verein für öffentliche Speiſe- hallen zu hoch geworden wäre. Auch die defekte Kücheneinrich- tung hätte einer gänzlichen Erneuerung bedurft. * Wenn der pfälziſche Weinkontrolleur in München iſt. ... Wir haben vor einigen Tagen berichtet, daß der pfälziſche Wein- kontrolleur Weißer von der Staatsanwaltſchaft nach München berufen worden iſt, um in einzelnen beſtimmten Fällen ſeines ſauren Amtes zu walten. Was die Abweſenheit des Herrn Weißer für unſere lieben pfälziſchen Landsleute bedeutet, das lehrt folgende Geſchichte, die wir der Pfälziſchen Preſſe ent- nehmen: Es iſt bekannt, daß der pfälziſche Weinkontrolleur Weißer ein äußerſt findiger Herr iſt, und es ſind in den Zei- tungen ſchon öfter mehr oder minder gelungene Stückchen von der Furcht erzählt worden, die dieſer im Lande umherreiſende, heute da und morgen dort an die Fäſſer pochende Beamte unter denen verbreitet, die ſich in der Nachahmung des Wunders zu Kanaan üben. Das folgende Geſchichtchen hat außer dem Vorzug der Originellität den weiteren, buchſtäblich wahr zu ſein, und ſtammt aus einer pfälziſchen Weingegend, die der Ehre des Be- ſuches des geſtrengen Weinkontrolleurs beſonders oft teilhaftig werden ſoll. Ein ländlicher Ratsherr kommt dieſer Tage in die freundliche Trinkſtube des Löwenwirtes und beſtellt ſich einen Schoppen „Vierziger“. Der Löwenwirt erhebt ſich, um den Wein zu holen, legt die Zeitung, in der er geleſen hat, beiſeite und meint: Hoſcht’s ſchunn geleſe, Hannes, de Weißer hann ſie nüwer uff Minche kumme loſſe, ſor die dortige Keller zu revediere!“ „Was de Henker,“ erwidert das alſo angeredete Mitglied des hohen Rates, das im Geruche ſteht, beſonders ſpitzfindig zu ſein, „des kann nix ſchade — awer, was ich ſage wollt, loß des mit ‘m Wei’, bring mer liewer ’n Schoppe Bier!“ * Deutſche Kolonialgeſellſchaſt, Abteilung München. Der Vortrag des Herrn Major a. D. Baumann am 27. d. M. findet nicht im zoologiſchen Hörſaal, ſondern im Kunſtgewerbehaus, Pfandhausſtr. [FORMEL], ſtatt. * Der Zweigverein München des großen Deutſchen Bank- beamten-Vereins, c. V., hat Herrn Dr. K. Weigt, Hannover, zu einem Vortrag über das Thema: Marokko, Land und Leute, gewonnen. Der Vortrag findet Freitag, 27. d. M., abends 8½ Uhr, im großen Saale des Evangeliſchen Vereinshauſes ſtatt, und wird durch zahlreiche Lichtbilder unterſtützt. Ein- ladungen zu dieſem Vortrag ſind durch die Vorſtandſchaſt, ſowie durch die Mitglieder erhältlich; Nichtmitglieder haben pro Perſon 1 Mark Eintritt zu zahlen. b. Im Polytechniſchen Verein ſprach letzten Montag im Kunſtgewerbehauſe Diplomingenieur C. M. Lewin über Moderne Fabrikorganiſation. Unter Fabrikorganiſation verſteht man die überſichtliche und zweckmäßige Geſtaltung der mit dem Geſchäftsgange im Fabrikbetriebe zuſammenhängenden techniſchen und kaufmänniſchen Arbeiten in der Form, daß es einer einzigen Perſon möglich gemacht wird, von einer Zentralſtelle aus das ganze Geſchäft zu überſehen und zu leiten. Es iſt klar, daß eine Diſziplin, die ſo weiten Umfang hat, ſich in viele einzelne Zweige gliedert; ſo gibt es eine Organiſation des Ein- und Verkaufs, der Lohn-, Lager-, Fabrikbuchführung, Selbſtkoſtenabrechnung uſf., die mit der wachſenden Konkurrenz und dem Umfange des Be- auf, während er, alles Leid vergeſſend, in beſeligter Freude ſtammelte: „Hanna! Du, mein Weib! Mein über alles geliebtes, geſegnetes Weib! ... Was gelten uns noch die Menſchen und ihr lächerliches, törichtes Urteil in dieſer Stunde. ... Wir ſind ja nicht mehr allein ... nicht mehr verurteilt und gerichtet! ... Ich, du, wir beide ſind ja geſegnet. .. Wir können nun nicht mehr zugrunde gehen — wir dürfen ja nicht. ... Das Schickſal, von dem wir glaubten, daß es uns vernichten wollte, es hat uns geſegnet, das es für uns auf der Welt gibt. ... Nein — weine nicht, Hanna ... oder ſage, daß du es vor lauter Glück tuſt ... daß es Freudentränen ſind, die du weinſt! Ich wage ja kaum, dich anzuſehen oder deinen Mund zu küſſen, weil ich fühle, daß ich dich nur anbeten darf.“ ... Er ſprang wieder auf. „Nun mag ich an gar nichts anderes mehr denken ... oder doch: in den nächſten Tagen, morgen ... am liebſten ſchon heute muß ich es tun.“ ... „Was mußt du tun, Georg?“ Sie hatte die Verlegenheit und Scham überwunden und ſah ihm zärtlich ins Geſicht. „Hinfahren zu den Leuten, zum alten Halbach, auch zu den Kramsdorffs und zu allen, die ich durch meine Worte beleidigt habe.“ ... „Aber du kannſt doch nicht“ .... Sie erſchrak förmlich. „Nein, das iſt ja wahr“ — er beſann ſich — „ich meine ja auch nicht, daß ich ihnen das ſagen ſoll. Aber ſie um Verzeihung bitten, mich ausſprechen mit ihnen ... alles zurücknehmen ... Klarheit ſchaffen überall ... und — den Weg ebnen für den Erben auf Helldorf ... O, wenn ich ihnen doch auch das ſagen könnte!“ ... Nun endlich wagte er es, ſich ſeiner Frau wieder zu nähern. Scheu und beinahe zaghaft küßte er ſie und zog ſie zärtlich an ſeine Bruſt. Hanna erwiderte ſeine Liebkoſung; aber ſie blieb ernſt und nachdenklich. Seine ſtarke Freude fand keinen Widerhall in ihrem Herzen. Sie dachte an die Szene des vergangenen Abends, und ſie ſagte ſich, daß es ihm nie mehr gelingen würde, den Weg zu ebnen. Sie wollte ſeine Hoffnungen nicht ſchon im Keime erſticken und ſchwieg deshalb. Georg aber vergaß Gegenwart und Vergangenheit und dachte nur an die Zukunft, die dem Erben auf Helldorf ge- hören ſollte. (Fortſetzung folgt.) Theater und Muſik. D. Kgl. Hoftheater. Herrn Max Montor vom Deutſchen Schauſpielhauſe in Hamburg geht der Ruf eines hervorragenden Künſtlers voraus und ſo durfte der Gaſt von vornherein als ein ernſthafter Bewerber um das durch den Abgang des Herrn Heine zur Erledigung kommende Fach der erſten Charakterrollen an unſerer Hofbühne gelten. Herrn Montors geſtriges erſtes Auf- treten als König Philipp in Schillers Don Carlos hat dieſe Annahme durchaus gerechtfertigt. Der vollen Wirkung ſeiner künſtleriſchen Leiſtung ſtand allerdings im Wege, daß der Gaſt, an bequemere akuſtiſche Verhältniſſe gewöhnt, für unſer Rieſenhaus im allgemeinen viel zu wenig Stimme gab — wir wiſſen zufällig, daß dies nicht etwa auf einem natürlichen Mangel beruht, daß Herr Montor vielmehr über ein ausgezeichnetes volles und ſonores Organ verfügt. Wenn man ſodann ſeinem Philipp zu Anfang und zu Ende auch geiſtig einige „Zoll“ König mehr hätte wünſchen können, etwas mehr Schärfe in der Sprache, etwas mehr ſichere Abgemeſſenheit in den Bewegungen, ſo mag das daher rühren, daß die Rolle wohl kaum zu dem bisherigen ſtändigen Repertoire des Künſtlers gehört, ſo daß man es nicht mit einer in allen Einzelheiten feſtſtehenden künſtleriſchen Leiſtung zu tun hatte, die auch im fremden und nicht immer günſtigen Milieu mit der Sicherheit eines höheren Mechanismus ſich ab- ſpielt. Was wir zu ſehen bekamen, war mehr die lebendige künſt- leriſche Auseinanderſetzung eines hochbegabten Schauſpielers mit einer der größten und in gewiſſem Sinne auch ſchönſten und dank- barſten Aufgaben, die unſere Bühne kennt. Aber dieſe Ausein- anderſetzung bot einen hohen, zuweilen ganz vollkommenen Ge- nuß. Daß man den König Philipp nicht als Böſewicht und Wüterich ſpielt, verſteht ſich für einen Schauſpieler von der In- telligenz und dem künſtleriſchen Inſtinkt Montors, der zudem von der Bühne Alfred v. Bergers kommt, von ſelbſt. Es iſt keine leere Schmeichelei, wenn Poſa dem König ſagt: „Sie waren gut,“ und es iſt wunderbar ergreifend zu ſehen, wie ſich dieſes von dreifach harter Schale verſchloſſene Königsherz dem ungewohnten Strahle einer reinen freien und ſchönen Menſchlichkeit öffnet, freilich nur, um ſich, furchtbar enttäuſcht, mit zehnfacher Härte wieder zu ſchließen. Und in dem großen dritten Akt, der den Deſpoten, den König, den „Gott“ von der einſamen eiskalten Höhe ſeines Thrones in die Gefilde der Menſchlichkeit herab- ſteigen ſieht, ſtand denn auch Montor vollauf auf der Höhe ſeiner Aufgabe und erwies ſich als ein Schauſpieler, der unſerer Hof- bühne ſicherlich zu Nutzen und Ehre gereichen würde und deſſen Mephiſto wir mit lebhaftem Intereſſe entgegenſehen dürfen. — Von der übrigen Aufführung iſt leider nicht durchweg Günſtiges zu ſagen. Ausgezeichnet aber war Frl. Berndl als Königin und auch Frl. v. Hagen hat der Unnatur der großen Eboli-Szene ſoviel ſchöne Natürlichkeit gegeben, als ſich ihr eben geben läßt. W. 10. Kaim-Konzert. Herr Hofrat Kaim hat ſelbſt in einer ſeiner Erklärungen zum Falle Cor de Las ausgeſprochen, daß es verfrüht und ungerecht ſei, heute ſchon ein abſchließendes Urteil über ſein neues Orcheſter zu fällen. Er erkennt damit wohl an, daß die Leiſtungen der Geſamtheit ſeiner Muſiker noch nicht den Anforderungen entſprechen, die man an ein großes Orcheſter ſtellen muß: vor allem die Hörner erſchienen diesmal wieder wenig gut, beſſer zum Beiſpiel der erſte Flötiſt, der recht gewandt und mit weichem Ton blies. Der Streichkörper hat ſich von neuem verſtärkt: er muſiziert einwandfreier wie die Bläſer; die rhythmiſche Feſtigung dürfte jedoch auch da noch etwas größer ſein. Haydns intereſſante Symphonie „le midi“, zu einem Tageszeiten-Zyklus gehörig (Programmſymvhonien ſchrieb Haydn ja eine ziemliche Anzahl) und 1761 in Eiſenſtadt komponiert, bildete das ſymphoniſche Hauptſtück des Programms (die Pro- gramm-Zuſammenſtellung war offenſichtlich von den Ausfüh- rungsmöglichkeiten unlieb beſchränkt); auffällig iſt in ihr das ſtark konzertierende Element, das der Solovioline (Konzert- meiſter Hende) und dem Solovioloncello (Konzertmeiſter van Vliet) im Adagio und Finale breiten Raum gibt. In dieſem Werk wie in Mozarts Serenade „Eine kleine Nachtmuſik“ (vor kurzem im Volks-Symphoniekonzert aufgeführt) und Beethovens Prometheus-Ouvertüre holte der wieder einmal an die Stätte ſeiner früheren Wirkſamkeit zurückgekehrte Weimaraner Hof- kapellmeiſter Peter Raabe mit ebenſo energiſcher und um- ſichtiger als feinnuancierter Direktion alles nur Mögliche aus ſeinen Muſikern heraus, ſo daß die Darbietungen im allgemeinen einen recht freundlichen Eindruck machten. Als Soliſtin trug Frau Hirzel-Langenhan Chopins F-moll-Klavierkonzert vor. Die Begleitung durch das Orcheſter war leider teilweiſe verſchwommen und unklar, und darunter ſchien im erſten und letzten Satz. die nicht ganz mit der bei ihr ſonſt gewohnten Verve und Kraft zu Gehör kamen, ſogar die gefeierte Künſtlerin ſelbſt einigermaßen zu leiden: ſehr poetiſch und klangſchön geriet dafür das Larghetto. Frau Langenhan wie der Dirigent fanden reichſten und herzlichſten Beifall und wurden mit Blumen- und Lorbeerſyenden geehrt. tz. Konzerte. Der Klavierabend von Alice Ripper hat in mir gewiſſe hiſtoriſche Reminiszenzen wachgerufen, nicht etwa

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 142, 26. März 1908, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine142_1908/3>, abgerufen am 24.11.2024.