Allgemeine Zeitung, Nr. 156, 4. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
mehr aber ist es die Pslicht des Staats einem Institut unter die Arme zu Oesterreichische Monarchie. Ein neues Hofer-Monument wurde zu Mautua kürzlich errichtet, und Schweiz. @ Bern, 1 Juni. Daß Louis Napoleon heute nach Lyon geht um Großbritannien. London, 1 Jun. Die königl. Familie ist gestern Abend von der Insel Wight wohlbehalten Einer der ältesten Diplomaten des Landes ist gestern gestorben: William Die Rede worin der französische Finanz-Achilles -- die Homeri- [Spaltenumbruch]
mehr aber iſt es die Pſlicht des Staats einem Inſtitut unter die Arme zu Oeſterreichiſche Monarchie. Ein neues Hofer-Monument wurde zu Mautua kürzlich errichtet, und Schweiz.  Bern, 1 Juni. Daß Louis Napoleon heute nach Lyon geht um Großbritannien. London, 1 Jun. Die königl. Familie iſt geſtern Abend von der Inſel Wight wohlbehalten Einer der älteſten Diplomaten des Landes iſt geſtern geſtorben: William Die Rede worin der franzöſiſche Finanz-Achilles — die Homeri- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <p><pb facs="#f0005" n="2601"/><cb/> mehr aber iſt es die Pſlicht des Staats einem Inſtitut unter die Arme zu<lb/> greifen welches der Hauptträger der öſterreichiſchen und deutſchen Intereſſen<lb/> in der Adria und im mittelländiſchen Meer iſt! Ferner muß man berück-<lb/> ſichtigen daß der Lloyd im Jahr 1854 während der günſtigen Epoche des<lb/> orientaliſchen Kriegs liquidiren wollte, jedoch von der Regierung nicht die Be-<lb/> willigung dazu erhielt, und daß er vertragsmäßig verpflichtet iſt ſo viele<lb/> paſſive Linien regelmäßig als Poſtanſtalt zu befahren. Den Rutzen davon<lb/> hat der Staat und das Publicum, den Schaden trägt der Lloyd. — Mit<lb/> dem heutigen Dampfer nach Ancona gehen wieder 150 Freiwillige nach<lb/> Ancona ab, darunter 91 Irländer, auch nach Molfetta werden mit dieſer Ge-<lb/> legenheit 120 Freiwillige befördert.</p> </div> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſche Monarchie.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Ein neues Hofer-Monument wurde zu <hi rendition="#b">Mautua</hi> kürzlich errichtet, und<lb/> zwar an jener Stelle wo Hofer vor 50 Jahren ſtand um erſt von 13 Flinten-<lb/> kugeln getroffen zu ſterben. Zwar war die Stelle auch früher ſchon durch die<lb/> Sorgfalt des Oberſten Maretiſch, der als Geniedirector zu Mantua ſtarb, mit<lb/> einer am Boden liegenden Steintafel gekennzeichnet worden. Doch enthielt<lb/> dieſe nichts als die Anfangsbuchſtaben des Namens und den Todestag. So<lb/> ſtand dieſes beſcheidene Denkmal viele Jahre, gepflegt und gehütet von mancher<lb/> biederen Soldatenhand; doch der Zahn der Zeit, beſonders die letzten Kriegs-<lb/> ereigniſſe hatten es ſehr beſchädigt, in neueſter Zeit (April l. J.) aber<lb/> ungeſchickte Hände auch den Stein zertrümmert. Das Officiercorps eines<lb/> eben in Mantua garniſonirenden Bataillons des Tiroler Kaiſerregiments, da-<lb/> von kaum in Kenntniß geſetzt, beſchloß ſogleich einſtimmig die Renovirung die-<lb/> ſes Denkmals, und zwar in einer Art die des alten theuern Landsmannes<lb/> würdig ſey, aber auch der ſchnellen Zerſtörung der Zeit und frevelnden Hän-<lb/> den Tretz biete. Die deßhalb geſtellte Bitte wurde von dem gegenwärtigen<lb/> Feſtungscommandanten von Mantua, FML. v. Habermann, nicht bloß zu-<lb/> vorkommend gewährt, ſondern derſelbe betheiligte ſich auch ſelbſt an der Aus-<lb/> führung in hervorragender Weiſe. Und ſo erhebt ſich nun ſeit dem 12 Mai,<lb/> an der Stelle wo Andreas Hofer während der Vollſtreckung des Urtheils ſtand,<lb/> auf einem acht Zoll hohen Steinſockel eine abgeſtutzte, ungefähr vier Schuh<lb/> hohe Pyramide aus weißem venetianiſchen Marmor, deren Vorderſeite capellen-<lb/> artig ausgearbeitet und geſchliffen die wenigen Worte enthält: Andreas Hofer,<lb/> am 21 Februar 1810; darunter in Relief ein ſchlichtes Kreuz und 13 pyra-<lb/> midenförmig geordnete Gewehrkugeln. Ein Kranz von heranſproſſendem<lb/> immergrünen Bux umgibt die Pyramide, und einige junge Eſchen werfen<lb/> darauf ihren Schatten. Akazien durchduſten die Luft, und üppiges Gras um-<lb/> grünt die ſtille Stätte.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b"> Bern,</hi> 1 Juni.</dateline> <p>Daß Louis Napoleon heute nach Lyon geht um<lb/> dort die von Nizza zurückkehrende Kaiſerin-Mutter von Rußland zu begrüßen,<lb/> hat uns geſtern Abend ein Telegramm aus Paris beſtätigt. In Paris,<lb/> wo man ſich, nebenbei geſagt, ſeit einigen Tagen in der Verbreitung der aben-<lb/> teuerlichſten Gerüchte ganz beſonders gefällt, was ſicher nicht ohne Bedeutung<lb/> iſt, behauptet man auch: Louis Napoleon werde die Wittwe des Kaiſers<lb/> Nikolaus bis an die deutſche Gränze begleiten, wo dann die vielbeſprochene<lb/> Zuſammenkunft mit dem Prinz-Regenten von Preußen ſtattfinden würde.<lb/> „Nichts dürfte natürlicher ſcheinen,“ ſchreibt man dem „Journal de Gen<hi rendition="#aq">è</hi>ve“<lb/> aus Paris, „als ein ſolch zufälliges Rencontre zwiſchen dem Kaiſer der Fran-<lb/> zoſen, dem höflichen Begleiter der Kaiſerin-Mutter von Rußland, und dem<lb/> ſeiner erlauchten Schweſter bis an die Gränzen ſeines Reichs entgegeneilenden<lb/> Prinz-Regenten von Preußen.“ (Bekanntlich blieben dieß nur Gerüchte.<lb/> Der Prinz-Regent gieng nach Berlin, vielleicht eben um jeder Möglichkeit<lb/> einer Zuſammenkunſt vorzubeugen, und wird erſt am 9 wieder in Baden er-<lb/> wartet.) Auch das andere Pariſer <hi rendition="#aq">on dit,</hi> von ſeiner Zuſammenkunft mit<lb/> dem Kaiſer Franz Joſeph und dem König der Belgier in Spaa, ſey einſtweilen<lb/> noch der Kategorie der höchſt zweifelvollen Gerüchte eingereiht. Möchte doch<lb/> recht bald die Nachricht: „Preußen und Oeſterreich ſind einig und das ge-<lb/> ſammte Deutſchland mit ihnen“ dieſer Pariſer Depeſchenfabrik ein Ende<lb/> machen. — John Perrier, der Anſtiſter und Leiter des tollen Savoyer Put-<lb/> ſches, iſt jedenfalls ein curioſer Burſche. Erſt will er ſeine Zelle in Brand<lb/> ſtecken um das edle Gut der Freiheit zu erringen, und jetzt da man einem<lb/> Geſuch ſeiner Freunde, ihn gegen Caution proviſoriſch freizulaſſen, entſprechen<lb/> will, weigert er ſich ſein Gefängniß vor dem definitiven Urtheil der Richter<lb/> zu verlaſſen. Will er die Martyrerkrone erringen? oder denkt er vielleicht<lb/> daß, wenn er jetzt die Freiheit annimmt, die 25,000 Francs welche er, wie es<lb/> heißt, als Entſchädigung beanſpruchen will, bedeutend geſchmälert werden wür-<lb/> den falls das Urtheil ihm günſtig lauten ſollte? — Im Kanton Teſſin iſt der<lb/> Berſuch die Liberalen und Conſervativen zu verſöhnen leider geſcheitert. Gleich<lb/> am Tage darauf hat der große Rath eine Amneſtie für alle politiſchen Ver-<lb/> gehen älteren und neueren Datums ertheilt — ein Beweis daß es den Libe-<lb/> ralen mit der Verſöhnung ernſt iſt. — Vor einigen Tagen war Graf Buol,<lb/> der ehemalige öſterreichiſche Miniſter, in Chur. Graf Buol, zu der Bündner<lb/> Familie Buol-Schauenſtein gehörend, beſuchte dem „Bündner Tagblatt“ zu-<lb/><cb/> folge die Punkte welche für ihn ein geſchichtliches und Familienintereſſe haben:<lb/> am Pfingſtmontag Churwalden, an deſſen Eingang die Ruine Straßberg ſich<lb/> befindet; am Pfingſtdienſtag, in Begleitung des Hrn. Oberſten Buol v. Realta,<lb/> Reichenau, wo ſein Großvater wohnte, Rhäzüns und das Domleſchg, wo<lb/> Rietberg, Ehrenfels und Schauenſtein, noch wohnlich und bewohnt, ſtehen.<lb/> Obſchon das Wetter nicht ſehr günſtig war, ſoll es ihm recht wohl in ſeiner<lb/> alten Heimath gefallen haben.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 1 Jun.</dateline> <p>Die königl. 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Außerdem hatte er als Belohnung für ſeine diplomatiſchen Dienſte<lb/> das Großkreuz des Bath-Ordens und eine Penſion von 1700 Pf. St. er-<lb/> halten. Der Erbe des Titels iſt ſein einziger Sohn, der gegenwärtig 51<lb/> Jahre alt iſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die Rede worin der franzöſiſche Finanz-Achilles — die Homeri-<lb/> ſchen Heldennamen finden heutzutage hin und wieder eine gar ironiſche<lb/> Anwendung — zu Tarbes Vertrauen zur Friedenspolitik des Kaiſers<lb/> Napoleon predigte, wird in England wenig berückſichtigt. Bloß zwei<lb/> Blätter machen einiges Aufheben davon. In der Palmerſton’ſchen<lb/> M. <hi rendition="#g">Poſt</hi> wird die Rede pflichtſchuldig, aber ſchwächlich ſecundirt, in der<lb/><hi rendition="#g">Times</hi> gelinde perſiflirt. <cit><quote>„Sehr gütig vom Kaiſer,“</quote></cit> beißt es in dieſem<lb/> leitenden Blatt,<cit><quote>„uns durch ſeinen Achilles verſichern zu laſſen daß nichts zu<lb/> fürchten ſey. Wir ſollten ihm lieber Bertrauen ſchenken. Seine Mäßigung<lb/> in der Vergangenheit iſt eine Bürgſchaft für die Zukunft. Warum ſollte<lb/> Preußen nuruhig werden, und Belgien ſich Sorgen machen? Warum will<lb/> England ſich durchaus in der Stille, und, ſetzen wir nur hinzu mit Leidweſen,<lb/> zu einer furchtbaren Kraftanſtrengung vorbereiten? Man höre nur was Hr.<lb/> Fould ſagt, und beruhige ſich. Wenn auch ein Habicht in den Lüften ſchwebt<lb/> — er denkt an nichts böſes. Niſtet nur behaglich ihr fetten Rebhühnchen; er<lb/> iſt noch nicht hungrig, er hat ſein letztes Mahl noch nicht verdaut; wenn er in<lb/> weiten Kreiſen ſchweift und dann und wann niederſchießt, ſo will er ſich nur<lb/> einige Bewegung machen und ſeine Schwingen üben. Und fordert den Ge-<lb/> waltigen nicht durch euern Unglauben heraus. Hr. Fould erinnert euch daß<lb/> der Kaiſer ſchon mehrmals verkündet hat: er wünſche nur Frankreich „den<lb/> ihm gebührenden Rang zu ſichern.“ Was ſagt ihr dazu, Belgien und<lb/> Preußen? Noch nicht zufrieden? Vielleicht verſteht ihr nicht die Tragweite<lb/> dieſes „gebührenden Ranges,“ den rechten Umfang eines Napoleoniſchen Kaiſer-<lb/> thums zu bemeſſen? Ja, hätte der Kaiſer jemals eine Gier nach anderer<lb/> Leute Landen gezeigt; hätte er jemals ſeine Armee zu andern Gängen als<lb/> denen des Wohlwollens und der Liebe gebraucht, je einen großen Staat ge-<lb/> ſprengt, oder einen kleinen eingeſchüchtert, oder einem unterthänigen Freund<lb/> eine Provinz weggenommen, dann dürſtet ihr von einigem Vorwand zu eurem<lb/> unſinnigen Argwohn ſprechen. Jemand hat euch wohl die ſchändliche Ver-<lb/> leumdung ins Ohr geraunt „daß der Kaiſer wie ein Verſchwörer Krieg führe.“<lb/> Und durch eine unlogiſche Methode des Denkens kommt ihr zu dem Schluß<lb/> daß euch dasſelbe widerfahren könne was andern widerfahren iſt. Die Deut-<lb/> ſchen neigen von Natur zur Pedanterie, und denken daher vielleicht, wenn<lb/> des Nachbars Haus brennt, gleich ins Zeug gehen zu müſſen weil ein lateini-<lb/> ſcher Autor dieß von Aeneas fingt ... Ja die Verleumder des Kaiſers ſprengen<lb/> aus daß er in den Niederlanden jene präliminären Zetteleien anſtifte die der<lb/> Losreißung der Lombardei und der Theilung Piemonts vorhergiengen; daß<lb/> es in Paris ein beſonderes Regierungsbüreau gebe zur Fabricirung von<lb/> Zeitungsartikeln die dann in auswärtige Blätter geſchmuggelt werden. Sie<lb/> thun dieſem großen Potentaten das Unrecht an zu behaupten daß er ein<lb/> unſeren kleinen Buchhändlern und „puffenden“ Krämern bekanntes Syſtem<lb/> befolge, welches darin beſteht unſchuldige Zeitungsherausgeber mit angeblichen<lb/> Neuigkeiten zu myſtiſiciren, hinter denen ſich immer ein geſchäftlicher Zweck<lb/> verbirgt. Man hat uns von Zeit zu Zeit ſolche Sächelchen ausgeſchnitten<lb/> und zugeſandt, nebſt einer Geſchichte von der Verfaſſerſchaft, dem Urſprung<lb/> und dem geheimen Mechanismus der Mausfalle. Wir hatten, natürlich,<lb/> ſtets ein zu feſtes Vertrauen zur Loyalität des Kaiſers um ein Wort davon<lb/> zu glauben. Dieſelben Leute behaupten daß ſeine Agenten jetzt die Fabrikſtädte<lb/> Belgiens bereiſen, um den Arbeitern und Herren zu erklären: wie viel beſſer ſie<lb/></quote></cit></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2601/0005]
mehr aber iſt es die Pſlicht des Staats einem Inſtitut unter die Arme zu
greifen welches der Hauptträger der öſterreichiſchen und deutſchen Intereſſen
in der Adria und im mittelländiſchen Meer iſt! Ferner muß man berück-
ſichtigen daß der Lloyd im Jahr 1854 während der günſtigen Epoche des
orientaliſchen Kriegs liquidiren wollte, jedoch von der Regierung nicht die Be-
willigung dazu erhielt, und daß er vertragsmäßig verpflichtet iſt ſo viele
paſſive Linien regelmäßig als Poſtanſtalt zu befahren. Den Rutzen davon
hat der Staat und das Publicum, den Schaden trägt der Lloyd. — Mit
dem heutigen Dampfer nach Ancona gehen wieder 150 Freiwillige nach
Ancona ab, darunter 91 Irländer, auch nach Molfetta werden mit dieſer Ge-
legenheit 120 Freiwillige befördert.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Ein neues Hofer-Monument wurde zu Mautua kürzlich errichtet, und
zwar an jener Stelle wo Hofer vor 50 Jahren ſtand um erſt von 13 Flinten-
kugeln getroffen zu ſterben. Zwar war die Stelle auch früher ſchon durch die
Sorgfalt des Oberſten Maretiſch, der als Geniedirector zu Mantua ſtarb, mit
einer am Boden liegenden Steintafel gekennzeichnet worden. Doch enthielt
dieſe nichts als die Anfangsbuchſtaben des Namens und den Todestag. So
ſtand dieſes beſcheidene Denkmal viele Jahre, gepflegt und gehütet von mancher
biederen Soldatenhand; doch der Zahn der Zeit, beſonders die letzten Kriegs-
ereigniſſe hatten es ſehr beſchädigt, in neueſter Zeit (April l. J.) aber
ungeſchickte Hände auch den Stein zertrümmert. Das Officiercorps eines
eben in Mantua garniſonirenden Bataillons des Tiroler Kaiſerregiments, da-
von kaum in Kenntniß geſetzt, beſchloß ſogleich einſtimmig die Renovirung die-
ſes Denkmals, und zwar in einer Art die des alten theuern Landsmannes
würdig ſey, aber auch der ſchnellen Zerſtörung der Zeit und frevelnden Hän-
den Tretz biete. Die deßhalb geſtellte Bitte wurde von dem gegenwärtigen
Feſtungscommandanten von Mantua, FML. v. Habermann, nicht bloß zu-
vorkommend gewährt, ſondern derſelbe betheiligte ſich auch ſelbſt an der Aus-
führung in hervorragender Weiſe. Und ſo erhebt ſich nun ſeit dem 12 Mai,
an der Stelle wo Andreas Hofer während der Vollſtreckung des Urtheils ſtand,
auf einem acht Zoll hohen Steinſockel eine abgeſtutzte, ungefähr vier Schuh
hohe Pyramide aus weißem venetianiſchen Marmor, deren Vorderſeite capellen-
artig ausgearbeitet und geſchliffen die wenigen Worte enthält: Andreas Hofer,
am 21 Februar 1810; darunter in Relief ein ſchlichtes Kreuz und 13 pyra-
midenförmig geordnete Gewehrkugeln. Ein Kranz von heranſproſſendem
immergrünen Bux umgibt die Pyramide, und einige junge Eſchen werfen
darauf ihren Schatten. Akazien durchduſten die Luft, und üppiges Gras um-
grünt die ſtille Stätte.
Schweiz.
 Bern, 1 Juni. Daß Louis Napoleon heute nach Lyon geht um
dort die von Nizza zurückkehrende Kaiſerin-Mutter von Rußland zu begrüßen,
hat uns geſtern Abend ein Telegramm aus Paris beſtätigt. In Paris,
wo man ſich, nebenbei geſagt, ſeit einigen Tagen in der Verbreitung der aben-
teuerlichſten Gerüchte ganz beſonders gefällt, was ſicher nicht ohne Bedeutung
iſt, behauptet man auch: Louis Napoleon werde die Wittwe des Kaiſers
Nikolaus bis an die deutſche Gränze begleiten, wo dann die vielbeſprochene
Zuſammenkunft mit dem Prinz-Regenten von Preußen ſtattfinden würde.
„Nichts dürfte natürlicher ſcheinen,“ ſchreibt man dem „Journal de Genève“
aus Paris, „als ein ſolch zufälliges Rencontre zwiſchen dem Kaiſer der Fran-
zoſen, dem höflichen Begleiter der Kaiſerin-Mutter von Rußland, und dem
ſeiner erlauchten Schweſter bis an die Gränzen ſeines Reichs entgegeneilenden
Prinz-Regenten von Preußen.“ (Bekanntlich blieben dieß nur Gerüchte.
Der Prinz-Regent gieng nach Berlin, vielleicht eben um jeder Möglichkeit
einer Zuſammenkunſt vorzubeugen, und wird erſt am 9 wieder in Baden er-
wartet.) Auch das andere Pariſer on dit, von ſeiner Zuſammenkunft mit
dem Kaiſer Franz Joſeph und dem König der Belgier in Spaa, ſey einſtweilen
noch der Kategorie der höchſt zweifelvollen Gerüchte eingereiht. Möchte doch
recht bald die Nachricht: „Preußen und Oeſterreich ſind einig und das ge-
ſammte Deutſchland mit ihnen“ dieſer Pariſer Depeſchenfabrik ein Ende
machen. — John Perrier, der Anſtiſter und Leiter des tollen Savoyer Put-
ſches, iſt jedenfalls ein curioſer Burſche. Erſt will er ſeine Zelle in Brand
ſtecken um das edle Gut der Freiheit zu erringen, und jetzt da man einem
Geſuch ſeiner Freunde, ihn gegen Caution proviſoriſch freizulaſſen, entſprechen
will, weigert er ſich ſein Gefängniß vor dem definitiven Urtheil der Richter
zu verlaſſen. Will er die Martyrerkrone erringen? oder denkt er vielleicht
daß, wenn er jetzt die Freiheit annimmt, die 25,000 Francs welche er, wie es
heißt, als Entſchädigung beanſpruchen will, bedeutend geſchmälert werden wür-
den falls das Urtheil ihm günſtig lauten ſollte? — Im Kanton Teſſin iſt der
Berſuch die Liberalen und Conſervativen zu verſöhnen leider geſcheitert. Gleich
am Tage darauf hat der große Rath eine Amneſtie für alle politiſchen Ver-
gehen älteren und neueren Datums ertheilt — ein Beweis daß es den Libe-
ralen mit der Verſöhnung ernſt iſt. — Vor einigen Tagen war Graf Buol,
der ehemalige öſterreichiſche Miniſter, in Chur. Graf Buol, zu der Bündner
Familie Buol-Schauenſtein gehörend, beſuchte dem „Bündner Tagblatt“ zu-
folge die Punkte welche für ihn ein geſchichtliches und Familienintereſſe haben:
am Pfingſtmontag Churwalden, an deſſen Eingang die Ruine Straßberg ſich
befindet; am Pfingſtdienſtag, in Begleitung des Hrn. Oberſten Buol v. Realta,
Reichenau, wo ſein Großvater wohnte, Rhäzüns und das Domleſchg, wo
Rietberg, Ehrenfels und Schauenſtein, noch wohnlich und bewohnt, ſtehen.
Obſchon das Wetter nicht ſehr günſtig war, ſoll es ihm recht wohl in ſeiner
alten Heimath gefallen haben.
Großbritannien.
London, 1 Jun. Die königl. Familie iſt geſtern Abend von der Inſel Wight wohlbehalten
in der Hauptſtadt eingetroffen.
Einer der älteſten Diplomaten des Landes iſt geſtern geſtorben: William
Acourt Baron Heytesbury of Heytesbury, Peer des vereinigten Königreichs
ſeit dem Jahr 1828. Geboren am 11 Jul. 1779, erhielt er ſchon im Jahr
1801 unter Lord Hawkesbury, dem ſpätern Lord Liverpool, die Stelle als
Geſandtſchaftsſecretär in Neapel, war im Jahr 1807 Secretär bei der ſpe-
ciellen Miſſion nach Wien, 1812 erſter Commiſſarius für die Angelegenheiten
Malta’s, 1813 Geſandter in der Berberei, ſpäter Geſandter in Neapel und
in Madrid und Liſſabon, endlich vom April 1828 bis Aug. 1832 Geſandter
in St. Petersburg. Damit war ſeine diplomatiſche Laufbahn geſchloſſen;
doch bekleidete er ſeitdem mehrere hohe Civilpoſten, war unter anderm von
1844 bis 1846 Vicekönig von Irland und bis 1857 Gouverneur der Inſel
Wight. Außerdem hatte er als Belohnung für ſeine diplomatiſchen Dienſte
das Großkreuz des Bath-Ordens und eine Penſion von 1700 Pf. St. er-
halten. Der Erbe des Titels iſt ſein einziger Sohn, der gegenwärtig 51
Jahre alt iſt.
Die Rede worin der franzöſiſche Finanz-Achilles — die Homeri-
ſchen Heldennamen finden heutzutage hin und wieder eine gar ironiſche
Anwendung — zu Tarbes Vertrauen zur Friedenspolitik des Kaiſers
Napoleon predigte, wird in England wenig berückſichtigt. Bloß zwei
Blätter machen einiges Aufheben davon. In der Palmerſton’ſchen
M. Poſt wird die Rede pflichtſchuldig, aber ſchwächlich ſecundirt, in der
Times gelinde perſiflirt. „Sehr gütig vom Kaiſer,“ beißt es in dieſem
leitenden Blatt,„uns durch ſeinen Achilles verſichern zu laſſen daß nichts zu
fürchten ſey. Wir ſollten ihm lieber Bertrauen ſchenken. Seine Mäßigung
in der Vergangenheit iſt eine Bürgſchaft für die Zukunft. Warum ſollte
Preußen nuruhig werden, und Belgien ſich Sorgen machen? Warum will
England ſich durchaus in der Stille, und, ſetzen wir nur hinzu mit Leidweſen,
zu einer furchtbaren Kraftanſtrengung vorbereiten? Man höre nur was Hr.
Fould ſagt, und beruhige ſich. Wenn auch ein Habicht in den Lüften ſchwebt
— er denkt an nichts böſes. Niſtet nur behaglich ihr fetten Rebhühnchen; er
iſt noch nicht hungrig, er hat ſein letztes Mahl noch nicht verdaut; wenn er in
weiten Kreiſen ſchweift und dann und wann niederſchießt, ſo will er ſich nur
einige Bewegung machen und ſeine Schwingen üben. Und fordert den Ge-
waltigen nicht durch euern Unglauben heraus. Hr. Fould erinnert euch daß
der Kaiſer ſchon mehrmals verkündet hat: er wünſche nur Frankreich „den
ihm gebührenden Rang zu ſichern.“ Was ſagt ihr dazu, Belgien und
Preußen? Noch nicht zufrieden? Vielleicht verſteht ihr nicht die Tragweite
dieſes „gebührenden Ranges,“ den rechten Umfang eines Napoleoniſchen Kaiſer-
thums zu bemeſſen? Ja, hätte der Kaiſer jemals eine Gier nach anderer
Leute Landen gezeigt; hätte er jemals ſeine Armee zu andern Gängen als
denen des Wohlwollens und der Liebe gebraucht, je einen großen Staat ge-
ſprengt, oder einen kleinen eingeſchüchtert, oder einem unterthänigen Freund
eine Provinz weggenommen, dann dürſtet ihr von einigem Vorwand zu eurem
unſinnigen Argwohn ſprechen. Jemand hat euch wohl die ſchändliche Ver-
leumdung ins Ohr geraunt „daß der Kaiſer wie ein Verſchwörer Krieg führe.“
Und durch eine unlogiſche Methode des Denkens kommt ihr zu dem Schluß
daß euch dasſelbe widerfahren könne was andern widerfahren iſt. Die Deut-
ſchen neigen von Natur zur Pedanterie, und denken daher vielleicht, wenn
des Nachbars Haus brennt, gleich ins Zeug gehen zu müſſen weil ein lateini-
ſcher Autor dieß von Aeneas fingt ... Ja die Verleumder des Kaiſers ſprengen
aus daß er in den Niederlanden jene präliminären Zetteleien anſtifte die der
Losreißung der Lombardei und der Theilung Piemonts vorhergiengen; daß
es in Paris ein beſonderes Regierungsbüreau gebe zur Fabricirung von
Zeitungsartikeln die dann in auswärtige Blätter geſchmuggelt werden. Sie
thun dieſem großen Potentaten das Unrecht an zu behaupten daß er ein
unſeren kleinen Buchhändlern und „puffenden“ Krämern bekanntes Syſtem
befolge, welches darin beſteht unſchuldige Zeitungsherausgeber mit angeblichen
Neuigkeiten zu myſtiſiciren, hinter denen ſich immer ein geſchäftlicher Zweck
verbirgt. Man hat uns von Zeit zu Zeit ſolche Sächelchen ausgeſchnitten
und zugeſandt, nebſt einer Geſchichte von der Verfaſſerſchaft, dem Urſprung
und dem geheimen Mechanismus der Mausfalle. Wir hatten, natürlich,
ſtets ein zu feſtes Vertrauen zur Loyalität des Kaiſers um ein Wort davon
zu glauben. Dieſelben Leute behaupten daß ſeine Agenten jetzt die Fabrikſtädte
Belgiens bereiſen, um den Arbeitern und Herren zu erklären: wie viel beſſer ſie
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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