Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.[Spaltenumbruch]
schen aus Konstantinopel, die hier eingetroffen sind, melden daß der fran- Dem in der seierlichen Sitzung der kais. Akademie in Wien am 30 Mai Die Ostd. Post vom 1 Jun. tadelt, angesichts der sich bestätigenden [^] Triest, 31 Mai. Die gestrige Generaloersammlung der Lloyd- Oesterreichische Monarchie. Pesth, 2 Jun. Das Protokoll des dirigirenden Ausschusses der Schweiz. .. Genf, 3 Jun. Die Kaiserin-Wittwe von Rußland ist gestern Großbritannien. London, 3 Jun. Das Haus der Lords wollte noch bis zum 4 Jun. Pfingstferien halten; [Spaltenumbruch]
ſchen aus Konſtantinopel, die hier eingetroffen ſind, melden daß der fran- Dem in der ſeierlichen Sitzung der kaiſ. Akademie in Wien am 30 Mai Die Oſtd. Poſt vom 1 Jun. tadelt, angeſichts der ſich beſtätigenden [△] Trieſt, 31 Mai. Die geſtrige Generaloerſammlung der Lloyd- Oeſterreichiſche Monarchie. Peſth, 2 Jun. Das Protokoll des dirigirenden Ausſchuſſes der Schweiz. .. Genf, 3 Jun. Die Kaiſerin-Wittwe von Rußland iſt geſtern Großbritannien. London, 3 Jun. Das Haus der Lords wollte noch bis zum 4 Jun. Pfingſtferien halten; <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0005" n="2633"/><cb/> ſchen aus Konſtantinopel, die hier eingetroffen ſind, melden daß der fran-<lb/> zöſiſche Geſandte Hr. v. Lavalette und der ruſſiſche Geſandte Fürſt v. Labanoff<lb/> in Konſtantinopel die officielle Erklärung abgegeben haben: daß ihre Regie-<lb/> rungen mit der von der Pforte aus eigener Initiative angeordneten ſelbſtän-<lb/> digen Enqu<hi rendition="#aq">ê</hi>te über die Lage der chriſtlichen Bewohner der Türkei ſich voll-<lb/> ſtändig einverſtanden erklären, und daß ſie ihre Beſriedigung darüber auszu-<lb/> drücken beauftragt ſind. Daß England, Oeſterreich und Preußen hiermit<lb/> ſich einverſtanden erklären werden, unterliegt der Natur der Sache nach<lb/> wohl keinem Zweifel. Wie wir hören, nimmt Hr. v. Lavalette das Ver-<lb/> dienſt für ſich in Anſpruch durch ſeine vermittelnden Bemühungen dieſen<lb/> verſöhnlichen Ausgang zu Stande gebracht zu haben, was um ſo bedeutungs-<lb/> voller iſt als (wie unſer Pariſer Correſpondent uns ſeiner Zeit gemeldet, und<lb/> was auch nirgends widerſprochen worden iſt) der franzöſiſche Geſandte in<lb/> St. Petersburg, der Herzog v. Montebello, ſich zum Schriftführer jener<lb/> vom Fürſten Gortſchakoff zuſammenberufenen Diplomatenconferenz gemacht<lb/> und den Vorſchlag einer von den Großmächten unter ihrer directen Mitbe-<lb/> theiligung zu fordernden Unterſuchung der Lage der orientaliſchen Chriſten-<lb/> heit ſelbſt redigirt hat. Auf die Interpellation Englands erklärte das fran-<lb/> zöſiſche Cabinet, wie bekannt, daß der Herzog v. Montebello keineswegs im<lb/> Auftrag gehandelt habe, ſondern ſeiner eigenen Inſpiration gefolgt ſey. Dieſe<lb/> Erklärung fand in der europäiſchen Preſſe wenig Glauben. Wie dem auch<lb/> ſey, die „Vermittlung“ welche nunmehr Hr. v. Lavalette ſich angelegen<lb/> ſeyn ließ, beweist daß man in Paris von dem Gedanken einer Unterſtützung<lb/> oder auch nur eines gefälligen Gewährenlaſſens des ruſſiſchen Projects zu-<lb/> rückgekommen iſt, und es für nöthig erachtet hat „den angeſponnenen Faden<lb/> raſch wieder abzuſchneiden.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Dem in der ſeierlichen Sitzung der kaiſ. Akademie in Wien am 30 Mai<lb/> vorgelegten Bericht über die Thätigkeit in der kaiſ. Akademie während des<lb/> letztabgelaufenen Jahres (vom 30 Mai 1859 an) entnehmen wir: Seit<lb/> ihrem Beſtehen, d. i. ſeit dem Jahr 1847, hat die Akademie eine Summe<lb/> von 272,110 fl. an Honoraren und Subventionen zu wiſſenſchaftlichen Ar-<lb/> beiten verausgabt. Der Verkehr mit den periodiſchen Schriften beider Claſ-<lb/> ſen umfaßt beinahe alle wiſſenſchaftlichen Inſtitute der Welt. Den am 31<lb/> Mai 1858 ausgeſchriebenen Preis für eine Abhandlung „über die Zeitfolge in<lb/> welcher Plato ſeine Dialoge abgefaßt,“ erhielt der Privatdocent <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Ueberweg in<lb/> Bonn. Ein neuer Preis von 125 Ducaten wurde für umfaſſende quellenmäßige<lb/> Sammlung und Bearbeitung des Vulgärlateins ausgeſchrieben, von welchem<lb/> in Autoren, bei Grammatikern, Gloſſographen und auf Inſchriften eine<lb/> beträchtliche Summe von Thatſachen erhalten iſt, deren ſich auch die Schrift-<lb/> ſprache bediente. (Was heißt das? Das ſcheint Vulgär deutſch.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Oſtd. Poſt</hi> vom 1 Jun. tadelt, angeſichts der ſich beſtätigenden<lb/> Erfolge Garibaldi’s, die neapolitaniſche Regierung aufs heftigſte daß ſie die<lb/> Welt durch Verbreitung unwahrer Depeſchen getäuſcht habe. „Zur theil-<lb/> weiſen Erklärung — ſchreibt die Oſtd. Poſt — wie es Garibaldi gelingen<lb/> konnte ſolche Erfolge zu erlangen, dient uns ein Brief aus Genua von einem<lb/> angeſehenen dortigen Handlungshauſe, den man ſo freundlich war uns heute<lb/> mitzutheilen. Der Chef jenes Hauſes, welcher Generalconſul eines großen<lb/> europäiſchen Staats iſt, ſchreibt: „„Faſt jeden Tag geht von hier ein Schiff<lb/> mit Mannſchaft, Waffen, Munition, Kleidungsſtücken und Geld an Garibaldi<lb/> ab. Wie können Sie denken daß dieß ohne Wiſſen der Regierung geſchieht?<lb/> Das Centralcomit<hi rendition="#aq">é</hi> handelt und bewegt ſich offen ohne die mindeſte Be-<lb/> einträchtigung. Die großen Municipien hier wie in den annexirten Ländern<lb/> votiren große Summen zur Unterſtützung Garibaldi’s in öffentlicher Sitzung;<lb/> überall wird geworben, geſammelt, ſubſcribirt, und das Geld ſtrömt reichlich<lb/> zu. Welcher Muth gehört von Seiten der Regierung dazu ihre Betheiligung<lb/> abläugnen zu wollen? Garibaldi ſteht in beſtimmter Beziehung zu dem König,<lb/> deſſen Privatcaſſe die Expedition nicht fremd iſt.““ Wir können die Zu-<lb/> verläſſigkeit dieſes Briefs verbürgen. Bei ſo bewandten Umſtänden kann man<lb/> ſich über nichts wundern als über die ſtupende Geſchicklichkeit der neapolita-<lb/> niſchen Flotte, die dieſe Schiffe vor ihrer Naſe vorüberziehen läßt ohne je ſo<lb/> glücklich zu ſeyn eines zu erhaſchen. Vielleicht iſt ſie durch die bekannten<lb/> Caraffa’ſchen Depeſchen beruhigt worden, und hält die Wachſamkeit nicht für<lb/> ſo nöthig.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><supplied>△</supplied><hi rendition="#b">Trieſt,</hi> 31 Mai.</dateline><lb/> <p>Die geſtrige Generaloerſammlung der Lloyd-<lb/> Actionäre enthielt in ihren Reſultaten und Beſchlüſſen die vollſtändigſte Recht-<lb/> fertigung des Verwaltungsraths, und beſtätigt alles was ich Ihnen von Zeit<lb/> zu Zeit über die Verhältniſſe der Anſtalt ſchrieb. Der Lloyd iſt factiſch in<lb/> den Kampf Mitteleuropa’s gegen den Oſten und Weſten verflochten — und<lb/> dieſer Kampf wird von den Gegnern nicht mit gewöhnlichen, ſondern mit<lb/> außerordentlichen Mitteln geführt, und folglich bedarf auch der Lloyd der<lb/> Unterſtützung ſeiner Regierung, oder vielmehr die Regierung muß dem Lloyd<lb/> für die Dienſte die er ihr leiſtet eine entſprechende Entſchädigung erthei-<lb/> len. Die Verſammlung hat einhellig anerkannt daß die Direction, unter den<lb/> gegebenen ſchwierigen Umſtänden alles mögliche gethan habe um die Inter-<lb/> eſſen der Geſellſchaft zu wahren und zu fördern — und den Dank derſelben<lb/><cb/> zu verdienen. Im neuen Director, Hrn. Karl Ritlmeyer — einem ſeines ehren-<lb/> haften und loyalen Charakters und ſeiner Umſicht als Geſchäftsmann wegen<lb/> allgemein geachteten Mann — erhielt der Verwaltungsrath eine ſehr erfreu-<lb/> liche Ergänzung. Von den fünf Directoren ſind nun vier Deutſche, und es<lb/> iſt nicht ohne Wichtigkeit daß das Haupt und die Seele dieſer bedeutenden mari-<lb/> timen Unternehmung weſentlich deutſch ſind. — Was auch für Gerüchte in<lb/> Bezug auf Truppenbewegungen nach Italien verbreitet ſeyn mögen, ſo kann<lb/> ich Ihnen verſichern daß ſich dieſe auf die Ihnen von mir bereits gemeldete<lb/> Vorſchiebung einer Brigade aus Laibach beſchränken. Geſtern hat ſich ein<lb/> Geniebataillon nach Venedig eingeſchifft, dieß hat aber nur normale Be-<lb/> feſtigungsarbeiten zum Zweck. Wir haben ſeit mehr als ſechs Wochen keinen<lb/> Marinetransportdampfer hier geſehen, und auch kein außerordentlicher Lloyd-<lb/> dampfer iſt zu militäriſchen Zwecken in Anſpruch genommen worden. Auch<lb/> in der Marine iſt alles ruhig und keinerlei Ausrüſtungen von Schiffen ſind an-<lb/> geordnet. Auf unvorhergeſehene Eventualitäten in Italien iſt man genügend<lb/> vorbereitet, aber nur in defenſiver Weiſe. — Fürſt Danilo von Montenegro<lb/> hat ſich einen Staatsſecretär beigethan in der Perſon eines jungen Serben,<lb/> Hrn. Polyth, der in Wien ſeine wiſſenſchaftliche Ausbildung erworben hat.<lb/> Derſelbe iſt mit dem letzten Dampfer über Cattaro nach Cetinje abgereist. —<lb/> Der Fregattencapitän Frhr. v. Bruck ſoll die Abſicht haben den activen<lb/> Dienſt zu verlaſſen, um die Verwaltung der Herrſchaft Klenownik in Sla-<lb/> vonien zu übernehmen. Die beiden andern Söhne des Frhrn. v. Bruck, der<lb/> Legationsrath und der Hauptmann im Generalſtab, verbleiben in ihrer Lauf-<lb/> bahn. Die Freifrau v. Bruck begibt ſich in nächſter Woche nach Klenownik, wo<lb/> ſich die übrigen Mitglieder der Familie verſammeln werden. — Der Herzog<lb/> von Braunſchweig verweilt noch immer hier.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſche Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Peſth,</hi> 2 Jun.</dateline><lb/> <p>Das Protokoll des dirigirenden Ausſchuſſes der<lb/> ungariſchen Akademie, in welchem die Errichtung des Szechenyi-Monuments<lb/> ausgeſprochen wurde, iſt höhern Orts — wohin es zur Beſtätigung vorgelegt<lb/> worden war — mit dem Bemerken herabgelangt: wienach die k. k. Regierung<lb/> nicht geſtatten könne daß an der Errichtung dieſes Monuments nur allein die<lb/> ungariſche Akademie ſich betheilige, ſondern es mögen die andern von<lb/> Szechenyi gegründeten Inſtitute ebenfalls dazu beitragen, namentlich die<lb/> Donau-Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft, die Kettenbrücke, der Landwirthſchafts-<lb/> verein, das Caſino, ja auch die Stadt Peſth ſelbſt ſollen Antheil daran<lb/> nehmen; in dieſem Sinn ſey die Angelegenheit wieder vorzulegen. (P. L.)</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schweiz.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>.. <hi rendition="#b">Genf,</hi> 3 Jun.</dateline><lb/> <p>Die Kaiſerin-Wittwe von Rußland iſt geſtern<lb/> Abends in Begleitung ihrer Enkelin, der Prinzeſſin Eugenie von Leuchten-<lb/> berg, hier eingetroffen, und mit großem Gefolge im H<hi rendition="#aq">ô</hi>tel des Bergues ab-<lb/> geſtiegen. — Der Uebergang der ſavoyiſchen Brigade aus piemonteſiſchen<lb/> in franzöſiſche Dienſte wird in den nächſten Tagen ſtattſinden. Die Trup-<lb/> pen werden ohne Aufenthalt in ihre Heimath nach Lyon dirigirt; die Ent-<lb/> laſſung findet nur nach Maßgabe der ſieben Dienſtjahre des franzöſiſchen<lb/> Geſetzes ſtatt, natürlich mit Abzug der bereits verlaufenen Dienſtzeit. In<lb/> Savoyen hatte das Volk irrthümlicherweiſe an eine vorläufige Beurlaubung<lb/> der geſammten Mannſchaft geglaubt, und ſcheint mit der neuen Anordnung<lb/> wenig zufrieden.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 3 Jun.</dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Haus der Lords</hi> wollte noch bis zum 4 Jun. Pfingſtferien halten;<lb/> das <hi rendition="#g">Haus der Gemeinen</hi> aber trat am 31 Mai wieder zuſammen. An der<lb/> Tagesordnung waren die Armeevoranſchläge. Die Motion daß das Haus<lb/> ſich in eine „Committee der Wege und Mittel“ verwandle, wurde zu einer<lb/> Reihe Interpellationen benutzt. General <hi rendition="#g">Peel,</hi> der nach den Abſichten der<lb/> Regierung in Bezug auf die Miliz fragt, kann nicht umhin anzuerkennen daß<lb/> die Freiwilligenbewegung ein prachtvolles Schützenheer ins Leben gerufen<lb/> habe, hofft aber die Regierung werde ſich darum nicht einfallen laſſen die alte<lb/> conſtitutionelle Reſerve des Reichs zu vernachläſſigen. Sir de Lacy <hi rendition="#g">Evans</hi><lb/> muß eine Ernennung zur Sprache bringen die in der Armee und im Publi-<lb/> cum peinliches Aufſehen gemacht habe: die Ernennung des Generals<lb/> C. Grey zur (einträglichen) Inhaberſchaft (<hi rendition="#aq">colonelcy</hi>) des dritten Re-<lb/> giments „Buffs.“ (Wahrſcheinlich von ſeinen ledergelben Aufſchlägen<lb/> ſo genannt.) Es möge unläugbar ſeyn daß General Grey als Pri-<lb/> vatſecretär des Prinzen-Gemahls ſchätzbare Dienſte geleiſtet habe, aber<lb/> keinesfalls ſeyen es militäriſche Dienſte geweſen. Der verſtorbene Lord Raglan<lb/> habe den Grundſatz aufgeſtellt daß militäriſche Pfründen dieſer Art nur als<lb/> Belohnung für ausgezeichnete Leiſtungen im Felde vergeben werden ſollten;<lb/> den nächſten Anſpruch darauf ſollten Dienſte in den Colonien verleihen, und<lb/> erſt in dritter Reihe, und in Abweſenheit anderer Veteranen, ſollte ein hei-<lb/> miſcher oder Hof- und Friedensſoldat mit einem Regiment belohnt werden.<lb/> Im vorliegenden Fall habe man dem General Grey den Vorzug vor vierzehn<lb/> viel ältern Generalen gegeben, die alle in der Krim commandirt, deren<lb/> mehrere im indiſchen Rebellionskrieg gefochten, und deren Mehrzahl mit<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2633/0005]
ſchen aus Konſtantinopel, die hier eingetroffen ſind, melden daß der fran-
zöſiſche Geſandte Hr. v. Lavalette und der ruſſiſche Geſandte Fürſt v. Labanoff
in Konſtantinopel die officielle Erklärung abgegeben haben: daß ihre Regie-
rungen mit der von der Pforte aus eigener Initiative angeordneten ſelbſtän-
digen Enquête über die Lage der chriſtlichen Bewohner der Türkei ſich voll-
ſtändig einverſtanden erklären, und daß ſie ihre Beſriedigung darüber auszu-
drücken beauftragt ſind. Daß England, Oeſterreich und Preußen hiermit
ſich einverſtanden erklären werden, unterliegt der Natur der Sache nach
wohl keinem Zweifel. Wie wir hören, nimmt Hr. v. Lavalette das Ver-
dienſt für ſich in Anſpruch durch ſeine vermittelnden Bemühungen dieſen
verſöhnlichen Ausgang zu Stande gebracht zu haben, was um ſo bedeutungs-
voller iſt als (wie unſer Pariſer Correſpondent uns ſeiner Zeit gemeldet, und
was auch nirgends widerſprochen worden iſt) der franzöſiſche Geſandte in
St. Petersburg, der Herzog v. Montebello, ſich zum Schriftführer jener
vom Fürſten Gortſchakoff zuſammenberufenen Diplomatenconferenz gemacht
und den Vorſchlag einer von den Großmächten unter ihrer directen Mitbe-
theiligung zu fordernden Unterſuchung der Lage der orientaliſchen Chriſten-
heit ſelbſt redigirt hat. Auf die Interpellation Englands erklärte das fran-
zöſiſche Cabinet, wie bekannt, daß der Herzog v. Montebello keineswegs im
Auftrag gehandelt habe, ſondern ſeiner eigenen Inſpiration gefolgt ſey. Dieſe
Erklärung fand in der europäiſchen Preſſe wenig Glauben. Wie dem auch
ſey, die „Vermittlung“ welche nunmehr Hr. v. Lavalette ſich angelegen
ſeyn ließ, beweist daß man in Paris von dem Gedanken einer Unterſtützung
oder auch nur eines gefälligen Gewährenlaſſens des ruſſiſchen Projects zu-
rückgekommen iſt, und es für nöthig erachtet hat „den angeſponnenen Faden
raſch wieder abzuſchneiden.“
Dem in der ſeierlichen Sitzung der kaiſ. Akademie in Wien am 30 Mai
vorgelegten Bericht über die Thätigkeit in der kaiſ. Akademie während des
letztabgelaufenen Jahres (vom 30 Mai 1859 an) entnehmen wir: Seit
ihrem Beſtehen, d. i. ſeit dem Jahr 1847, hat die Akademie eine Summe
von 272,110 fl. an Honoraren und Subventionen zu wiſſenſchaftlichen Ar-
beiten verausgabt. Der Verkehr mit den periodiſchen Schriften beider Claſ-
ſen umfaßt beinahe alle wiſſenſchaftlichen Inſtitute der Welt. Den am 31
Mai 1858 ausgeſchriebenen Preis für eine Abhandlung „über die Zeitfolge in
welcher Plato ſeine Dialoge abgefaßt,“ erhielt der Privatdocent Dr. Ueberweg in
Bonn. Ein neuer Preis von 125 Ducaten wurde für umfaſſende quellenmäßige
Sammlung und Bearbeitung des Vulgärlateins ausgeſchrieben, von welchem
in Autoren, bei Grammatikern, Gloſſographen und auf Inſchriften eine
beträchtliche Summe von Thatſachen erhalten iſt, deren ſich auch die Schrift-
ſprache bediente. (Was heißt das? Das ſcheint Vulgär deutſch.)
Die Oſtd. Poſt vom 1 Jun. tadelt, angeſichts der ſich beſtätigenden
Erfolge Garibaldi’s, die neapolitaniſche Regierung aufs heftigſte daß ſie die
Welt durch Verbreitung unwahrer Depeſchen getäuſcht habe. „Zur theil-
weiſen Erklärung — ſchreibt die Oſtd. Poſt — wie es Garibaldi gelingen
konnte ſolche Erfolge zu erlangen, dient uns ein Brief aus Genua von einem
angeſehenen dortigen Handlungshauſe, den man ſo freundlich war uns heute
mitzutheilen. Der Chef jenes Hauſes, welcher Generalconſul eines großen
europäiſchen Staats iſt, ſchreibt: „„Faſt jeden Tag geht von hier ein Schiff
mit Mannſchaft, Waffen, Munition, Kleidungsſtücken und Geld an Garibaldi
ab. Wie können Sie denken daß dieß ohne Wiſſen der Regierung geſchieht?
Das Centralcomité handelt und bewegt ſich offen ohne die mindeſte Be-
einträchtigung. Die großen Municipien hier wie in den annexirten Ländern
votiren große Summen zur Unterſtützung Garibaldi’s in öffentlicher Sitzung;
überall wird geworben, geſammelt, ſubſcribirt, und das Geld ſtrömt reichlich
zu. Welcher Muth gehört von Seiten der Regierung dazu ihre Betheiligung
abläugnen zu wollen? Garibaldi ſteht in beſtimmter Beziehung zu dem König,
deſſen Privatcaſſe die Expedition nicht fremd iſt.““ Wir können die Zu-
verläſſigkeit dieſes Briefs verbürgen. Bei ſo bewandten Umſtänden kann man
ſich über nichts wundern als über die ſtupende Geſchicklichkeit der neapolita-
niſchen Flotte, die dieſe Schiffe vor ihrer Naſe vorüberziehen läßt ohne je ſo
glücklich zu ſeyn eines zu erhaſchen. Vielleicht iſt ſie durch die bekannten
Caraffa’ſchen Depeſchen beruhigt worden, und hält die Wachſamkeit nicht für
ſo nöthig.“
△ Trieſt, 31 Mai.
Die geſtrige Generaloerſammlung der Lloyd-
Actionäre enthielt in ihren Reſultaten und Beſchlüſſen die vollſtändigſte Recht-
fertigung des Verwaltungsraths, und beſtätigt alles was ich Ihnen von Zeit
zu Zeit über die Verhältniſſe der Anſtalt ſchrieb. Der Lloyd iſt factiſch in
den Kampf Mitteleuropa’s gegen den Oſten und Weſten verflochten — und
dieſer Kampf wird von den Gegnern nicht mit gewöhnlichen, ſondern mit
außerordentlichen Mitteln geführt, und folglich bedarf auch der Lloyd der
Unterſtützung ſeiner Regierung, oder vielmehr die Regierung muß dem Lloyd
für die Dienſte die er ihr leiſtet eine entſprechende Entſchädigung erthei-
len. Die Verſammlung hat einhellig anerkannt daß die Direction, unter den
gegebenen ſchwierigen Umſtänden alles mögliche gethan habe um die Inter-
eſſen der Geſellſchaft zu wahren und zu fördern — und den Dank derſelben
zu verdienen. Im neuen Director, Hrn. Karl Ritlmeyer — einem ſeines ehren-
haften und loyalen Charakters und ſeiner Umſicht als Geſchäftsmann wegen
allgemein geachteten Mann — erhielt der Verwaltungsrath eine ſehr erfreu-
liche Ergänzung. Von den fünf Directoren ſind nun vier Deutſche, und es
iſt nicht ohne Wichtigkeit daß das Haupt und die Seele dieſer bedeutenden mari-
timen Unternehmung weſentlich deutſch ſind. — Was auch für Gerüchte in
Bezug auf Truppenbewegungen nach Italien verbreitet ſeyn mögen, ſo kann
ich Ihnen verſichern daß ſich dieſe auf die Ihnen von mir bereits gemeldete
Vorſchiebung einer Brigade aus Laibach beſchränken. Geſtern hat ſich ein
Geniebataillon nach Venedig eingeſchifft, dieß hat aber nur normale Be-
feſtigungsarbeiten zum Zweck. Wir haben ſeit mehr als ſechs Wochen keinen
Marinetransportdampfer hier geſehen, und auch kein außerordentlicher Lloyd-
dampfer iſt zu militäriſchen Zwecken in Anſpruch genommen worden. Auch
in der Marine iſt alles ruhig und keinerlei Ausrüſtungen von Schiffen ſind an-
geordnet. Auf unvorhergeſehene Eventualitäten in Italien iſt man genügend
vorbereitet, aber nur in defenſiver Weiſe. — Fürſt Danilo von Montenegro
hat ſich einen Staatsſecretär beigethan in der Perſon eines jungen Serben,
Hrn. Polyth, der in Wien ſeine wiſſenſchaftliche Ausbildung erworben hat.
Derſelbe iſt mit dem letzten Dampfer über Cattaro nach Cetinje abgereist. —
Der Fregattencapitän Frhr. v. Bruck ſoll die Abſicht haben den activen
Dienſt zu verlaſſen, um die Verwaltung der Herrſchaft Klenownik in Sla-
vonien zu übernehmen. Die beiden andern Söhne des Frhrn. v. Bruck, der
Legationsrath und der Hauptmann im Generalſtab, verbleiben in ihrer Lauf-
bahn. Die Freifrau v. Bruck begibt ſich in nächſter Woche nach Klenownik, wo
ſich die übrigen Mitglieder der Familie verſammeln werden. — Der Herzog
von Braunſchweig verweilt noch immer hier.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Peſth, 2 Jun.
Das Protokoll des dirigirenden Ausſchuſſes der
ungariſchen Akademie, in welchem die Errichtung des Szechenyi-Monuments
ausgeſprochen wurde, iſt höhern Orts — wohin es zur Beſtätigung vorgelegt
worden war — mit dem Bemerken herabgelangt: wienach die k. k. Regierung
nicht geſtatten könne daß an der Errichtung dieſes Monuments nur allein die
ungariſche Akademie ſich betheilige, ſondern es mögen die andern von
Szechenyi gegründeten Inſtitute ebenfalls dazu beitragen, namentlich die
Donau-Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft, die Kettenbrücke, der Landwirthſchafts-
verein, das Caſino, ja auch die Stadt Peſth ſelbſt ſollen Antheil daran
nehmen; in dieſem Sinn ſey die Angelegenheit wieder vorzulegen. (P. L.)
Schweiz.
.. Genf, 3 Jun.
Die Kaiſerin-Wittwe von Rußland iſt geſtern
Abends in Begleitung ihrer Enkelin, der Prinzeſſin Eugenie von Leuchten-
berg, hier eingetroffen, und mit großem Gefolge im Hôtel des Bergues ab-
geſtiegen. — Der Uebergang der ſavoyiſchen Brigade aus piemonteſiſchen
in franzöſiſche Dienſte wird in den nächſten Tagen ſtattſinden. Die Trup-
pen werden ohne Aufenthalt in ihre Heimath nach Lyon dirigirt; die Ent-
laſſung findet nur nach Maßgabe der ſieben Dienſtjahre des franzöſiſchen
Geſetzes ſtatt, natürlich mit Abzug der bereits verlaufenen Dienſtzeit. In
Savoyen hatte das Volk irrthümlicherweiſe an eine vorläufige Beurlaubung
der geſammten Mannſchaft geglaubt, und ſcheint mit der neuen Anordnung
wenig zufrieden.
Großbritannien.
London, 3 Jun.
Das Haus der Lords wollte noch bis zum 4 Jun. Pfingſtferien halten;
das Haus der Gemeinen aber trat am 31 Mai wieder zuſammen. An der
Tagesordnung waren die Armeevoranſchläge. Die Motion daß das Haus
ſich in eine „Committee der Wege und Mittel“ verwandle, wurde zu einer
Reihe Interpellationen benutzt. General Peel, der nach den Abſichten der
Regierung in Bezug auf die Miliz fragt, kann nicht umhin anzuerkennen daß
die Freiwilligenbewegung ein prachtvolles Schützenheer ins Leben gerufen
habe, hofft aber die Regierung werde ſich darum nicht einfallen laſſen die alte
conſtitutionelle Reſerve des Reichs zu vernachläſſigen. Sir de Lacy Evans
muß eine Ernennung zur Sprache bringen die in der Armee und im Publi-
cum peinliches Aufſehen gemacht habe: die Ernennung des Generals
C. Grey zur (einträglichen) Inhaberſchaft (colonelcy) des dritten Re-
giments „Buffs.“ (Wahrſcheinlich von ſeinen ledergelben Aufſchlägen
ſo genannt.) Es möge unläugbar ſeyn daß General Grey als Pri-
vatſecretär des Prinzen-Gemahls ſchätzbare Dienſte geleiſtet habe, aber
keinesfalls ſeyen es militäriſche Dienſte geweſen. Der verſtorbene Lord Raglan
habe den Grundſatz aufgeſtellt daß militäriſche Pfründen dieſer Art nur als
Belohnung für ausgezeichnete Leiſtungen im Felde vergeben werden ſollten;
den nächſten Anſpruch darauf ſollten Dienſte in den Colonien verleihen, und
erſt in dritter Reihe, und in Abweſenheit anderer Veteranen, ſollte ein hei-
miſcher oder Hof- und Friedensſoldat mit einem Regiment belohnt werden.
Im vorliegenden Fall habe man dem General Grey den Vorzug vor vierzehn
viel ältern Generalen gegeben, die alle in der Krim commandirt, deren
mehrere im indiſchen Rebellionskrieg gefochten, und deren Mehrzahl mit
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(2021-11-18T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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