Allgemeine Zeitung, Nr. 19, 23. Januar 1929.Mittwoch, den 23. Januae "AZ am Abend" Nr. 19 Durch deutsche Kontrolle festgestellt: Neuer Sachlieferungsschwindel in Frankreich Zuckerschiebungen * Verhaftung und Haftbefehle Nach den Meldungen Nun ist der Vorsitzende des Verwaltungs- Die Geschäftsräume der Societe Fermiere Wie die Agence Havas berichtet, war der 18 Zimmerleute in Leipzig Berlin, 23. Januar.verhaftet Erfolgreiche Razzia Wegen schwerer Aus- Professor Silex + [Abbildung]
[Spaltenumbruch]
Der Berliner Augenarzt Geheimer Medizinalrat Polizei im Stadtviertel Nauendörfchen eine Das erste, Ganzmetall-Luftschiff,
[Abbildung]
die dampfgetriebene "City of Glendale" hat von seiner Halle in Glendale (A.S.A.) Wechselfälschungen einer Berliner Bank Ausländische Banken klagen * Inhaber der Firma verschwunden Die Bankfirma G. Im Auftrage der Staatsanwaltschaft 1 Bisher sind gefälschte Wechsel in Höhe Zu dem Zusammenbruch des Bankhauses worden und hat das Vorliegen einer Wech- Herr Lewin, der das Geschäft vor etwa Berlin, 23. Januar. Die Summe der Die verratene Denkschrift Die Ermittlungsergebnisse des Reichswehrmini- Autobus gegen Straßenbahn Bellva (Ohio), 23. Januar.20 Tote Es fuhr ein Von den Passagieren des Wagens der Erneute Prüfung Tunnel unter dem Aermelkanal Frankreich befürwortet stark die neuen Bestrebungen In Beantwortung umgestoßen werde. Er ersuchte deshalb Paris, 23. Januar. Das französische Ko- Der Ueberfall im Reichsentschädigungsamt Das Hauptverfahren gegen Langkopp Die Strafkammer des Gegen Los ist das Verfahren eröffnet Riesenbrand in Konstantinopel In dem dichtbevölkerten griechischen Viertel [irrelevantes Material] Nathan der Weise Neu einstudiert im Prinzregententheater Diese von Fritz Holl besorgte Neueinstudie- Prachtvoll war Ulmers Nathan, eine der Kurz, im ganzen eine ausgezeichnete Dar- Mittwoch, den 23. Januae „AZ am Abend“ Nr. 19 Durch deutsche Kontrolle festgestellt: Neuer Sachlieferungsſchwindel in Frankreich Zuckerſchiebungen * Verhaftung und Haftbefehle Nach den Meldungen Nun iſt der Vorſitzende des Verwaltungs- Die Geſchäftsräume der Société Fermière Wie die Agence Havas berichtet, war der 18 Zimmerleute in Leipzig Berlin, 23. Januar.verhaftet Erfolgreiche Razzia Wegen ſchwerer Aus- Profeſſor Silex † [Abbildung]
[Spaltenumbruch]
Der Berliner Augenarzt Geheimer Medizinalrat Polizei im Stadtviertel Nauendörfchen eine Das erſte, Ganzmetall-Luftſchiff,
[Abbildung]
die dampfgetriebene „City of Glendale“ hat von ſeiner Halle in Glendale (A.S.A.) Wechſelfälſchungen einer Berliner Bank Ausländiſche Banken klagen * Inhaber der Firma verſchwunden Die Bankfirma G. Im Auftrage der Staatsanwaltſchaft 1 Bisher ſind gefälſchte Wechſel in Höhe Zu dem Zuſammenbruch des Bankhauſes worden und hat das Vorliegen einer Wech- Herr Lewin, der das Geſchäft vor etwa Berlin, 23. Januar. Die Summe der Die verratene Denkſchrift Die Ermittlungsergebniſſe des Reichswehrmini- Autobus gegen Straßenbahn Bellva (Ohio), 23. Januar.20 Tote Es fuhr ein Von den Paſſagieren des Wagens der Erneute Prüfung Tunnel unter dem Aermelkanal Frankreich befürwortet ſtark die neuen Beſtrebungen In Beantwortung umgeſtoßen werde. Er erſuchte deshalb Paris, 23. Januar. Das franzöſiſche Ko- Der Ueberfall im Reichsentſchädigungsamt Das Hauptverfahren gegen Langkopp Die Strafkammer des Gegen Los iſt das Verfahren eröffnet Rieſenbrand in Konſtantinopel In dem dichtbevölkerten griechiſchen Viertel [irrelevantes Material] Nathan der Weiſe Neu einſtudiert im Prinzregententheater Dieſe von Fritz Holl beſorgte Neueinſtudie- Prachtvoll war Ulmers Nathan, eine der Kurz, im ganzen eine ausgezeichnete Dar- <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <pb facs="#f0003" n="Seite 3[3]"/> <fw place="top" type="header">Mittwoch, den 23. Januae „AZ am Abend“ Nr. 19</fw><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Durch deutsche Kontrolle festgestellt:</hi><lb/> Neuer Sachlieferungsſchwindel<lb/> in Frankreich</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Zuckerſchiebungen * Verhaftung und Haftbefehle</hi> </p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Nach den Meldungen<lb/> der geſtrigen Abendblätter beſchäftigen ſich<lb/> die franzöſiſchen Gerichte mit der Aufdeckung<lb/> eines neuen Sachlieferungsſchwindels. Er<lb/> betrifft eine Lieferung von Zucker an die<lb/> Société Fermière de Sucrerie, die inzwiſchen<lb/> in Konkurs geraten iſt. Nach den eingezoge-<lb/> nen Auskünften handelt es ſich offenbar um<lb/> einen<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Reparationsbetrug.</hi></hi><lb/> Der fragliche Reparationsvertrag über Zucker<lb/> im Werte von rund 166 000 engliſchen Pfund<lb/> gab bei der Vorlegung bei den Reparations-<lb/> inſtanzen zu keinerlei Beanſtandungen An-<lb/> laß. Dagegen iſt im Wege der deutſchen Kon-<lb/> trolle feſtgeſtellt worden, daß die fragliche<lb/> Zuckerſendung unter Verletzung der Beſtim-<lb/> mungen des Vertrags des Vallenberg-<lb/> Reglements nach England geleitet worden<lb/> iſt. Das deutſche Sachlieferungsbüro iſt da-<lb/> her beim Sachlieferungsbüro der Repara-<lb/> tionskommiſſion bereits im Oktober 1927<lb/> vorſtellig geworden.</p><lb/> <p>Nun iſt der Vorſitzende des Verwaltungs-<lb/> rates der Société Fermière de Sucrerie,<lb/><hi rendition="#g">Pollier,</hi> unter der Anklage des Betruges<lb/> und des Vertrauensmißbrauches zum Scha-<lb/> den des Staates<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">verhaftet</hi></hi><lb/> worden. Gegen zwei weitere Mitglieder des<lb/> Verwaltungsrates ſind Haftbefehle erlaſſen<lb/> worden, doch hat ſich der Belgier <hi rendition="#g">Robiano</hi><lb/> rechtzeitig nach Belgien in Sicherheit brin-<lb/> gen können. Der Zweite, der Ruſſe Nontſky,<lb/> hält ſich in England auf.</p><lb/> <p>Die Geſchäftsräume der Société Fermière<lb/> haben ſich „Ami du Peuple“ zufolge, in dem<lb/> Hauſe befunden, in dem die „Gazette du<lb/> Franc“ ihren Sitz hatte. Das Blatt frägt<lb/> deshalb, ob es ſich bei dieſer Gelegenheit<lb/> etwa um eine der Unternehmungen der Frau<lb/> Hanau handle.</p><lb/> <p>Wie die Agence Havas berichtet, war der<lb/> wegen Beteiligung an dem Reparations-<lb/> ſchwindel wegen Zuckerlieferungen verhaf-<lb/> tete Franzoſe Pollier<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">der Strohmann zweier Ausländer</hi></hi><lb/> namens Wolfſon und des Ruſſen Babutſch-<lb/> kin. Die beiden hatten eine Schiffahrts-<lb/> geſellſchaft gegründet und, damit ſie die<lb/> franzöſiſche Flagge führen durften, Pollier<lb/> als Franzoſen zum Geſchäftsführer beſtellt.<lb/> Die Schiffahrtsgeſellſchaft beſaß kein Schiff,<lb/> ſondern ſollte nur dazu dienen, einen Sach-<lb/> lieferungsvertrag zu erhalten. Da dies nicht<lb/> gelang, hat Pollier durch Vermittlung einer<lb/> Zuckerfirma einen Reparationslieferungs-<lb/> vertrag über 30 000 Tonnen Zucker durch-<lb/> geſetzt. Die betreffende Zuckerfirma hat nun,<lb/> als der Vertrag wegen Nichtzahlung der<lb/> fälligen Gelder beanſtandet wurde, eine<lb/> Klage gegen Pollier eingereicht, da dieſer<lb/> ſehr wohl die Gelder erhalten, aber für ſich<lb/> perſönlich verausgabt haben ſoll.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">18 Zimmerleute in Leipzig<lb/> verhaftet<lb/> Erfolgreiche Razzia</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Wegen ſchwerer Aus-<lb/> ſchreitungen, die in Leipzig von Hamburger<lb/> Zimmerleuten begangen wurden, hielt die</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Profeſſor Silex †</hi> </head><lb/> <figure> <p>Der Berliner Augenarzt Geheimer Medizinalrat<lb/> Profeſſor Dr. Paul Silex iſt am 20. Januar im<lb/> Alter von 70 Jahren an einem Herzleiden ge-<lb/> ſtorben. Der Gelehrte, der internationalen Ruf<lb/> genoß, hat ſich ganz beſondere Verdienſte auf<lb/> dem Gebiet der Fürſorge für die Kriegsblinden<lb/> erworben.</p> </figure><lb/> <cb/> <p>Polizei im Stadtviertel Nauendörfchen eine<lb/> große Razzia ab. Während der Durchſuchung<lb/> wurden 18 Hamburger Zimmerleute ver-<lb/> haftet. Sie waren zum größten Teil polizei-<lb/> lich nicht gemeldet. Der Grund zum Ein-<lb/> ſchreiten war folgendes Ereignis: Vorgeſtern<lb/> nacht drangen einige Zimmerleute in eine<lb/> Gaſtwirtſchaft ein und ſchlugen auf die<lb/> Gäſte ein. Die Ueberfallenen hatten kaum<lb/> Gelegenheit, ſich zur Wehr zu ſetzen, wäh-<lb/> rend die Eindringlinge faſt die geſamte Ein-<lb/> richtung des Lokals demolierten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das erſte, Ganzmetall-Luftſchiff,</hi> </head><lb/> <figure> <p>die dampfgetriebene „City of Glendale“ hat von ſeiner Halle in Glendale (A.S.A.)<lb/> ſeine erſte Probefahrt erfolgreich ausgeführt.</p> </figure> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wechſelfälſchungen einer Berliner Bank</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Ausländiſche Banken klagen * Inhaber der Firma verſchwunden</hi> </p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Die Bankfirma G.<lb/><hi rendition="#g">Löwenberg & Co.</hi> in Berlin, hat ihre<lb/> Zahlungen eingeſtellt. Für das Börſen-<lb/> geſchäft hatte die Firma keine Bedeutung<lb/> mehr und unterhielt auch keine nennens-<lb/> werten Engagements an der Börſe.</p><lb/> <p>Im Auftrage der Staatsanwaltſchaft 1<lb/> Berlin hat geſtern vormittag die Berliner<lb/> Kriminalpolizei Ermittlungen zur Aufklä-<lb/> rung ſchwerer Beſchuldigungen eingeleitet,<lb/> die gegen den Inhaber des Bankhauſes G.<lb/> Löwenberg & Co., Unter den Linden 42,<lb/> Dr. Lewin, erhoben werden. Dr. Lewin wird<lb/> beſchuldigt,<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Wechſelfälſchungen in außerordentlicher<lb/> Höhe</hi></hi><lb/> begangen zu haben, durch die nicht nur Ber-<lb/> liner Bankinſtitute, ſondern vor allem aus-<lb/> wärtige Banken geſchädigt worden ſind.</p><lb/> <p>Bisher ſind gefälſchte Wechſel in Höhe<lb/> von einigen 100 000 Mark aufgetaucht. Man<lb/> wird aber in der Vermutung nicht fehl<lb/> gehen, daß ſich dieſer Betrag<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">um ein Vielfaches erhöhen</hi></hi><lb/> wird. Dr. Lewin, der heute von Kriminal-<lb/> kommiſſar Seifferth vernommen werden<lb/> ſollte, iſt ſeit zehn Tagen aus Berlin ver-<lb/> ſchwunden. Ebenſo forſcht man nach dem<lb/> Aufenthalt der beiden Mitinhaber. Ein Ge-<lb/> rücht will wiſſen, daß der Selbſtmord des<lb/> Rennſtallbeſitzers Ernſt Gottſchalk in Zu-<lb/> ſammenhang mit dieſer Affäre ſteht</p><lb/> <p>Zu dem Zuſammenbruch des Bankhauſes<lb/> Löwenberg & Co., Unter den Linden, das im<lb/> Jahre 1848 gegründet worden iſt und mit zu<lb/> den älteſten Banken Berlins gehörte, teilt<lb/> eine Berliner Korreſpondenz in Ergänzung<lb/> der bereits bekannt gewordenen Tatſachen<lb/> mit, daß die Unterſuchung durch eine Reihe<lb/> ausländiſcher Banken veranlaßt worden iſt,<lb/> die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">bei der Berliner Staatsanwaltſchaft<lb/> Anzeige wegen Wechſelfälſchung</hi></hi><lb/> erſtattet haben. Der jetzige Beſitzer des Bank-<lb/> hauſes, Dr. Iſaak Lewin, iſt nach den An-<lb/> gaben der Korreſpondenz im Jahre 1887 in<lb/> Kiew geboren und beſitzt das amerikaniſche<lb/> Bürgerrecht. Er wurde in der Geſchäfts-<lb/> führung unterſtützt von dem Prokuriſten<lb/> Leonhard <hi rendition="#g">Rappeport,</hi> der 1895 in<lb/> Moskau geboren und ruſſiſcher Nationalität<lb/> iſt. Der Prokuriſt iſt bereits vor einigen<lb/> Tagen von der Kriminalpolizei vernommen</p><lb/> <cb/> <p>worden und hat das Vorliegen einer Wech-<lb/> ſelfälſchung entſchieden beſtritten. Er ſoll ſich<lb/> zurzeit in einem Sanatorium befinden.</p><lb/> <p>Herr Lewin, der das Geſchäft vor etwa<lb/> drei Jahren übernommen hat, iſt im Ja-<lb/> nuar nach Paris gereiſt und hat am ver-<lb/> gangenen Donnerstag ſeine Frau telephoniſch<lb/> veranlaßt, ihm dorthin zu folgen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Berlin,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Die Summe der<lb/> bis jetzt feſtgeſtellten gefälſchten Wechſel be-<lb/> trägt laut „Berliner Tageblatt“ <hi rendition="#g">drei<lb/> Millionen Mark,</hi> jedoch iſt zu befürch-<lb/> ten, daß die wirkliche Schadenſumme weit<lb/> höher iſt. Man vermutet, daß noch weitere<lb/> große Mengen gefälſchter Wechſel im Um-<lb/> lauf ſind. Zu den Geſchädigten gehört eine<lb/> Reihe der bekannteſten Berliner und Ham-<lb/> burgen Bankhäuſer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die verratene Denkſchrift</hi> </head><lb/> <p>Die Ermittlungsergebniſſe des Reichswehrmini-<lb/> ſteriums über die verratene Panzerſchiffdenk-<lb/> ſchrift ſind laut „D.A.Z.“ nunmehr dem <hi rendition="#g">Ober-<lb/> reichsanwalt übergeben</hi> worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Autobus gegen Straßenbahn<lb/> 20 Tote</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Bellva</hi> (Ohio), 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Es fuhr ein<lb/> elektriſcher Straßenwagen der Lake Shore-<lb/> Vorortbahn an einer Straßenkreuzung in<lb/> einen Paſſagierautobus hinein, der ſich auf<lb/> der Fahrt von Pittsburg nach Chikago be-<lb/> fand. Nach den bisher vorliegenden Berich-<lb/> ten ſind dabei 20 Paſſagiere des Omnibuſſes<lb/> getötet worden. Der Zuſammenſtoß erfolgte<lb/> mit ſolcher Wucht, daß der Autobus in einen<lb/> Graben geſchleudert und völlig zertrümmert<lb/> wurde, während der Straßenbahnwagen<lb/> entgleiſte und auf den Autobus ſtürzte. Die<lb/> Trümmer des Autobuſſes hatten ſich derart<lb/> in die Vorderachſe des Straßenbahnwagens<lb/> eingekeilt, daß es zwei Stunden dauerte, ehe<lb/> die Rettungsarbeiten ſoweit vorgeſchritten<lb/> waren, daß die erſten Leichen befreit wer-<lb/> den konnten.</p><lb/> <p>Von den Paſſagieren des Wagens der<lb/> Straßenbahn wurde niemand ernſtlich ver-<lb/> letzt, doch befürchtet man, daß ſich noch wei-<lb/> tere Leichen unter den Trümmern des<lb/> Autobuſſes befinden. Der Führer des Autos<lb/> blieb unverletzt und erklärte, er ſei durch den<lb/> Schnee geblendet worden, und habe den<lb/> nahenden Straßenbahnwagen nicht geſehen.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Erneute Prüfung</hi><lb/> Tunnel unter dem Aermelkanal</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Frankreich befürwortet ſtark die neuen Beſtrebungen</hi> </p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>In Beantwortung<lb/> einer Anfrage ſagte Premierminiſter <hi rendition="#g">Bald-<lb/> win:</hi> Angeſichts des weitgehenden öffent-<lb/> lichen Intereſſes an dem Plan eines Tunnels<lb/> unter dem Aermelkanal iſt die Regierung zu<lb/> der Ueberzeugung gelangt, daß die Zeit ge-<lb/> kommen iſt, die Frage einer erneuten gründ-<lb/> lichen Prüfung zu unterziehen. Der Premier-<lb/> miniſter erklärte, daß die wirtſchaftliche<lb/> Seite der Frage gemeinſam mit der Frage<lb/> der Reichsverteidigung unterſucht werden<lb/> müßte, und daß es notwendig ſei, eine über-<lb/> parteiliche Unterſuchung zu veranſtalten, da-<lb/> mit die ſchließliche Entſcheidung einer Re-<lb/> gierung nicht durch eine ſpätere Regierung</p><lb/> <cb/> <p>umgeſtoßen werde. Er erſuchte deshalb<lb/> Macdonald und Lloyd George, als Führer<lb/> der Oppoſitionsparteien bei der kommenden<lb/> Unterſuchung mit der Regierung zuſammen-<lb/> zuarbeiten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Das franzöſiſche Ko-<lb/> mitee für den Bau eines Tunnels unter<lb/> dem Aermelkanal hat eine Entſchließung an-<lb/> genommen, die mit Befriedigung von der<lb/> günſtigen Einſtellung der engliſchen Regie-<lb/> rung zu dem Plan eines Tunnelbaus Kennt-<lb/> nis nimmt und betont, daß das Komitee,<lb/> falls die engliſche Regierung die Inangriff-<lb/> nahme dieſes Tunnelbaus genehmigen<lb/> werde, dieſen Beſchluß als das wertvollſte<lb/> Werkzeug der Annäherung zwiſchen Frank-<lb/> reich und England und als die endgültige<lb/> Garantie des Friedens in Europa begrüßen<lb/> werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Ueberfall<lb/> im Reichsentſchädigungsamt</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Das Hauptverfahren gegen Langkopp<lb/> eröffnet</hi> </p> </argument><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 23. Januar.</dateline><lb/> <p>Die Strafkammer des<lb/> Landgerichts <hi rendition="#aq">II</hi> unter Vorſitz des Land-<lb/> gerichtsdirektors <hi rendition="#g">Hartmann</hi> hat das<lb/> Hauptverfahren in dem Strafprozeß gegen<lb/> den Farmer Heinrich Langkopp und gegen<lb/> den Kaufmann Fritz Los eröffnet. Nach die-<lb/> ſem Beſchluß wird Langkopp unter Anklage<lb/> geſtellt wegen räuberiſcher Erpreſſung, Ver-<lb/> gehens gegen das Sprengſtoffgeſetz, unbe-<lb/> fugten Waffenbeſitzes und in zwei Fällen<lb/> wegen Nötigung mit Totſchlagsbedrohung<lb/> gegenüber dem Präſidenten Karpinſki vom<lb/> Reichsentſchädigungsamt und dem ſtellver-<lb/> tretenden Präſidenten Geheimrat Bach, denen<lb/> er mit Erſchießen gedroht hatte.</p><lb/> <p>Gegen Los iſt das Verfahren eröffnet<lb/> worden wegen Beihilfe zur räuberiſchen Er-<lb/> preſſung und Sprengſtoffvergehens.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Rieſenbrand in Konſtantinopel</hi> </head><lb/> <p>In dem dichtbevölkerten griechiſchen Viertel<lb/> Talavala brach ein Brand aus, der infolge des<lb/> herrſchenden Schneeſturmes ſich raſch ausbreitete<lb/> und ungefähr 1000 Häuſer in Aſche legte. Etwa<lb/> 5000 Perſonen ſind ohne Obdach. Die Zahl der<lb/> Verunglückten ſteht noch nicht feſt.</p> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Nathan der Weiſe<lb/> Neu einſtudiert<lb/> im Prinzregententheater</hi> </head><lb/> <p>Dieſe von Fritz <hi rendition="#g">Holl</hi> beſorgte Neueinſtudie-<lb/> rung des „Nathan“ zur 200. Wiederkehr von<lb/> Leſſings Geburtstag iſt eine hocherfreuliche Lei-<lb/> ſtung des Staatstheaters, eine Aufführung, die<lb/> zu den beſten Darbietungen der Staatsbühne<lb/> gehört. Mögen auch Einzelheiten in der In-<lb/> ſzenierung nicht immer ganz befriedigend geweſen<lb/> ſein, man ſah und ſpürte doch den großen, reinen<lb/> Zug, der durch das Ganze ging; und wenn die<lb/> Bühnenbilder vor und in Nathans Haus vielleicht<lb/> etwas kahl anmuteten, ſo entſchädigten wieder<lb/> dafür die ſchöne Ausgeſtaltung der Szenen in<lb/> des Sultans Palaſt und in Sittahs Harem.</p><lb/> <p>Prachtvoll war <hi rendition="#g">Ulmers</hi> Nathan, eine der<lb/> beſten Gaben ſeiner Kunſt. Ton und Gebärde,<lb/> jede kleinſte Bewegung war von wunderbarer<lb/> Wahrheit und Ausdrucksfähigkeit, ob er ſelbſt<lb/> ſprach oder ob er den andern zuhörte und nur<lb/> die Regungen ſeines Innern auf ſeinem Geſicht,<lb/> in der Bewegung ſeiner Züge widerſpiegeln ließ.<lb/> Bei all ſeiner Weisheit und Abgeklärtheit war<lb/> dieſer Nathan von ergreifendſter Menſchlichkeit,<lb/> und die Erzählung der Ringfabel in ihrem<lb/> ſchlicht einſetzenden Anfang und ihrer von jeder<lb/> Deklamation ſo gänzlich abgekehrten Durchfüh-<lb/> rung ein Meiſterſtück. Neben Nathan verdient<lb/> der Tempelherr Albert <hi rendition="#g">Lipperts</hi> in ſeiner<lb/> trotzigen, ſtolzen Männlichkeit hohes Lob, ebenſo<lb/><hi rendition="#g">Vaſils</hi> Kloſterbruder, das Muſterbild frommer<lb/> Einfalt, <hi rendition="#g">Graumanns</hi> Saladin, deſſen heiterer<lb/> Ueberlegenheit doch auch die edle Größe nicht<lb/> fehlte, Kaethe <hi rendition="#g">Bierkowſkis</hi> Sittah und Anna<lb/><hi rendition="#g">Dandlers</hi> köſtliche Daja. Die Recha ſpielte<lb/> Midi <hi rendition="#g">Scheinpflug,</hi> vielleicht etwas mehr<lb/> als nötig ans Kindliche und harmlos Oberfläch-<lb/> liche gehalten, aber doch voll natürlichem Reiz.<lb/><hi rendition="#g">Zäpfels</hi> beweglicher Derwiſch und Georg<lb/><hi rendition="#g">Henrichs</hi> eifernder Kloſterbruder waren eben-<lb/> falls von guter Wirkung.</p><lb/> <p>Kurz, im ganzen eine ausgezeichnete Dar-<lb/> ſtellung, die die Schönheiten des erhabenen,<lb/> ewigen Werkes aufs neue offenbarten.</p><lb/> <byline>H.</byline> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [Seite 3[3]/0003]
Mittwoch, den 23. Januae „AZ am Abend“ Nr. 19
Durch deutsche Kontrolle festgestellt:
Neuer Sachlieferungsſchwindel
in Frankreich
Zuckerſchiebungen * Verhaftung und Haftbefehle
Paris, 23. Januar.
Nach den Meldungen
der geſtrigen Abendblätter beſchäftigen ſich
die franzöſiſchen Gerichte mit der Aufdeckung
eines neuen Sachlieferungsſchwindels. Er
betrifft eine Lieferung von Zucker an die
Société Fermière de Sucrerie, die inzwiſchen
in Konkurs geraten iſt. Nach den eingezoge-
nen Auskünften handelt es ſich offenbar um
einen
Reparationsbetrug.
Der fragliche Reparationsvertrag über Zucker
im Werte von rund 166 000 engliſchen Pfund
gab bei der Vorlegung bei den Reparations-
inſtanzen zu keinerlei Beanſtandungen An-
laß. Dagegen iſt im Wege der deutſchen Kon-
trolle feſtgeſtellt worden, daß die fragliche
Zuckerſendung unter Verletzung der Beſtim-
mungen des Vertrags des Vallenberg-
Reglements nach England geleitet worden
iſt. Das deutſche Sachlieferungsbüro iſt da-
her beim Sachlieferungsbüro der Repara-
tionskommiſſion bereits im Oktober 1927
vorſtellig geworden.
Nun iſt der Vorſitzende des Verwaltungs-
rates der Société Fermière de Sucrerie,
Pollier, unter der Anklage des Betruges
und des Vertrauensmißbrauches zum Scha-
den des Staates
verhaftet
worden. Gegen zwei weitere Mitglieder des
Verwaltungsrates ſind Haftbefehle erlaſſen
worden, doch hat ſich der Belgier Robiano
rechtzeitig nach Belgien in Sicherheit brin-
gen können. Der Zweite, der Ruſſe Nontſky,
hält ſich in England auf.
Die Geſchäftsräume der Société Fermière
haben ſich „Ami du Peuple“ zufolge, in dem
Hauſe befunden, in dem die „Gazette du
Franc“ ihren Sitz hatte. Das Blatt frägt
deshalb, ob es ſich bei dieſer Gelegenheit
etwa um eine der Unternehmungen der Frau
Hanau handle.
Wie die Agence Havas berichtet, war der
wegen Beteiligung an dem Reparations-
ſchwindel wegen Zuckerlieferungen verhaf-
tete Franzoſe Pollier
der Strohmann zweier Ausländer
namens Wolfſon und des Ruſſen Babutſch-
kin. Die beiden hatten eine Schiffahrts-
geſellſchaft gegründet und, damit ſie die
franzöſiſche Flagge führen durften, Pollier
als Franzoſen zum Geſchäftsführer beſtellt.
Die Schiffahrtsgeſellſchaft beſaß kein Schiff,
ſondern ſollte nur dazu dienen, einen Sach-
lieferungsvertrag zu erhalten. Da dies nicht
gelang, hat Pollier durch Vermittlung einer
Zuckerfirma einen Reparationslieferungs-
vertrag über 30 000 Tonnen Zucker durch-
geſetzt. Die betreffende Zuckerfirma hat nun,
als der Vertrag wegen Nichtzahlung der
fälligen Gelder beanſtandet wurde, eine
Klage gegen Pollier eingereicht, da dieſer
ſehr wohl die Gelder erhalten, aber für ſich
perſönlich verausgabt haben ſoll.
18 Zimmerleute in Leipzig
verhaftet
Erfolgreiche Razzia
Berlin, 23. Januar.
Wegen ſchwerer Aus-
ſchreitungen, die in Leipzig von Hamburger
Zimmerleuten begangen wurden, hielt die
Profeſſor Silex †
[Abbildung Der Berliner Augenarzt Geheimer Medizinalrat
Profeſſor Dr. Paul Silex iſt am 20. Januar im
Alter von 70 Jahren an einem Herzleiden ge-
ſtorben. Der Gelehrte, der internationalen Ruf
genoß, hat ſich ganz beſondere Verdienſte auf
dem Gebiet der Fürſorge für die Kriegsblinden
erworben.]
Polizei im Stadtviertel Nauendörfchen eine
große Razzia ab. Während der Durchſuchung
wurden 18 Hamburger Zimmerleute ver-
haftet. Sie waren zum größten Teil polizei-
lich nicht gemeldet. Der Grund zum Ein-
ſchreiten war folgendes Ereignis: Vorgeſtern
nacht drangen einige Zimmerleute in eine
Gaſtwirtſchaft ein und ſchlugen auf die
Gäſte ein. Die Ueberfallenen hatten kaum
Gelegenheit, ſich zur Wehr zu ſetzen, wäh-
rend die Eindringlinge faſt die geſamte Ein-
richtung des Lokals demolierten.
Das erſte, Ganzmetall-Luftſchiff,
[Abbildung die dampfgetriebene „City of Glendale“ hat von ſeiner Halle in Glendale (A.S.A.)
ſeine erſte Probefahrt erfolgreich ausgeführt.]
Wechſelfälſchungen einer Berliner Bank
Ausländiſche Banken klagen * Inhaber der Firma verſchwunden
Berlin, 23. Januar.
Die Bankfirma G.
Löwenberg & Co. in Berlin, hat ihre
Zahlungen eingeſtellt. Für das Börſen-
geſchäft hatte die Firma keine Bedeutung
mehr und unterhielt auch keine nennens-
werten Engagements an der Börſe.
Im Auftrage der Staatsanwaltſchaft 1
Berlin hat geſtern vormittag die Berliner
Kriminalpolizei Ermittlungen zur Aufklä-
rung ſchwerer Beſchuldigungen eingeleitet,
die gegen den Inhaber des Bankhauſes G.
Löwenberg & Co., Unter den Linden 42,
Dr. Lewin, erhoben werden. Dr. Lewin wird
beſchuldigt,
Wechſelfälſchungen in außerordentlicher
Höhe
begangen zu haben, durch die nicht nur Ber-
liner Bankinſtitute, ſondern vor allem aus-
wärtige Banken geſchädigt worden ſind.
Bisher ſind gefälſchte Wechſel in Höhe
von einigen 100 000 Mark aufgetaucht. Man
wird aber in der Vermutung nicht fehl
gehen, daß ſich dieſer Betrag
um ein Vielfaches erhöhen
wird. Dr. Lewin, der heute von Kriminal-
kommiſſar Seifferth vernommen werden
ſollte, iſt ſeit zehn Tagen aus Berlin ver-
ſchwunden. Ebenſo forſcht man nach dem
Aufenthalt der beiden Mitinhaber. Ein Ge-
rücht will wiſſen, daß der Selbſtmord des
Rennſtallbeſitzers Ernſt Gottſchalk in Zu-
ſammenhang mit dieſer Affäre ſteht
Zu dem Zuſammenbruch des Bankhauſes
Löwenberg & Co., Unter den Linden, das im
Jahre 1848 gegründet worden iſt und mit zu
den älteſten Banken Berlins gehörte, teilt
eine Berliner Korreſpondenz in Ergänzung
der bereits bekannt gewordenen Tatſachen
mit, daß die Unterſuchung durch eine Reihe
ausländiſcher Banken veranlaßt worden iſt,
die
bei der Berliner Staatsanwaltſchaft
Anzeige wegen Wechſelfälſchung
erſtattet haben. Der jetzige Beſitzer des Bank-
hauſes, Dr. Iſaak Lewin, iſt nach den An-
gaben der Korreſpondenz im Jahre 1887 in
Kiew geboren und beſitzt das amerikaniſche
Bürgerrecht. Er wurde in der Geſchäfts-
führung unterſtützt von dem Prokuriſten
Leonhard Rappeport, der 1895 in
Moskau geboren und ruſſiſcher Nationalität
iſt. Der Prokuriſt iſt bereits vor einigen
Tagen von der Kriminalpolizei vernommen
worden und hat das Vorliegen einer Wech-
ſelfälſchung entſchieden beſtritten. Er ſoll ſich
zurzeit in einem Sanatorium befinden.
Herr Lewin, der das Geſchäft vor etwa
drei Jahren übernommen hat, iſt im Ja-
nuar nach Paris gereiſt und hat am ver-
gangenen Donnerstag ſeine Frau telephoniſch
veranlaßt, ihm dorthin zu folgen.
Berlin, 23. Januar.
Die Summe der
bis jetzt feſtgeſtellten gefälſchten Wechſel be-
trägt laut „Berliner Tageblatt“ drei
Millionen Mark, jedoch iſt zu befürch-
ten, daß die wirkliche Schadenſumme weit
höher iſt. Man vermutet, daß noch weitere
große Mengen gefälſchter Wechſel im Um-
lauf ſind. Zu den Geſchädigten gehört eine
Reihe der bekannteſten Berliner und Ham-
burgen Bankhäuſer.
Die verratene Denkſchrift
Die Ermittlungsergebniſſe des Reichswehrmini-
ſteriums über die verratene Panzerſchiffdenk-
ſchrift ſind laut „D.A.Z.“ nunmehr dem Ober-
reichsanwalt übergeben worden.
Autobus gegen Straßenbahn
20 Tote
Bellva (Ohio), 23. Januar.
Es fuhr ein
elektriſcher Straßenwagen der Lake Shore-
Vorortbahn an einer Straßenkreuzung in
einen Paſſagierautobus hinein, der ſich auf
der Fahrt von Pittsburg nach Chikago be-
fand. Nach den bisher vorliegenden Berich-
ten ſind dabei 20 Paſſagiere des Omnibuſſes
getötet worden. Der Zuſammenſtoß erfolgte
mit ſolcher Wucht, daß der Autobus in einen
Graben geſchleudert und völlig zertrümmert
wurde, während der Straßenbahnwagen
entgleiſte und auf den Autobus ſtürzte. Die
Trümmer des Autobuſſes hatten ſich derart
in die Vorderachſe des Straßenbahnwagens
eingekeilt, daß es zwei Stunden dauerte, ehe
die Rettungsarbeiten ſoweit vorgeſchritten
waren, daß die erſten Leichen befreit wer-
den konnten.
Von den Paſſagieren des Wagens der
Straßenbahn wurde niemand ernſtlich ver-
letzt, doch befürchtet man, daß ſich noch wei-
tere Leichen unter den Trümmern des
Autobuſſes befinden. Der Führer des Autos
blieb unverletzt und erklärte, er ſei durch den
Schnee geblendet worden, und habe den
nahenden Straßenbahnwagen nicht geſehen.
Erneute Prüfung
Tunnel unter dem Aermelkanal
Frankreich befürwortet ſtark die neuen Beſtrebungen
London, 23. Januar.
In Beantwortung
einer Anfrage ſagte Premierminiſter Bald-
win: Angeſichts des weitgehenden öffent-
lichen Intereſſes an dem Plan eines Tunnels
unter dem Aermelkanal iſt die Regierung zu
der Ueberzeugung gelangt, daß die Zeit ge-
kommen iſt, die Frage einer erneuten gründ-
lichen Prüfung zu unterziehen. Der Premier-
miniſter erklärte, daß die wirtſchaftliche
Seite der Frage gemeinſam mit der Frage
der Reichsverteidigung unterſucht werden
müßte, und daß es notwendig ſei, eine über-
parteiliche Unterſuchung zu veranſtalten, da-
mit die ſchließliche Entſcheidung einer Re-
gierung nicht durch eine ſpätere Regierung
umgeſtoßen werde. Er erſuchte deshalb
Macdonald und Lloyd George, als Führer
der Oppoſitionsparteien bei der kommenden
Unterſuchung mit der Regierung zuſammen-
zuarbeiten.
Paris, 23. Januar.
Das franzöſiſche Ko-
mitee für den Bau eines Tunnels unter
dem Aermelkanal hat eine Entſchließung an-
genommen, die mit Befriedigung von der
günſtigen Einſtellung der engliſchen Regie-
rung zu dem Plan eines Tunnelbaus Kennt-
nis nimmt und betont, daß das Komitee,
falls die engliſche Regierung die Inangriff-
nahme dieſes Tunnelbaus genehmigen
werde, dieſen Beſchluß als das wertvollſte
Werkzeug der Annäherung zwiſchen Frank-
reich und England und als die endgültige
Garantie des Friedens in Europa begrüßen
werde.
Der Ueberfall
im Reichsentſchädigungsamt
Das Hauptverfahren gegen Langkopp
eröffnet
Berlin, 23. Januar.
Die Strafkammer des
Landgerichts II unter Vorſitz des Land-
gerichtsdirektors Hartmann hat das
Hauptverfahren in dem Strafprozeß gegen
den Farmer Heinrich Langkopp und gegen
den Kaufmann Fritz Los eröffnet. Nach die-
ſem Beſchluß wird Langkopp unter Anklage
geſtellt wegen räuberiſcher Erpreſſung, Ver-
gehens gegen das Sprengſtoffgeſetz, unbe-
fugten Waffenbeſitzes und in zwei Fällen
wegen Nötigung mit Totſchlagsbedrohung
gegenüber dem Präſidenten Karpinſki vom
Reichsentſchädigungsamt und dem ſtellver-
tretenden Präſidenten Geheimrat Bach, denen
er mit Erſchießen gedroht hatte.
Gegen Los iſt das Verfahren eröffnet
worden wegen Beihilfe zur räuberiſchen Er-
preſſung und Sprengſtoffvergehens.
Rieſenbrand in Konſtantinopel
In dem dichtbevölkerten griechiſchen Viertel
Talavala brach ein Brand aus, der infolge des
herrſchenden Schneeſturmes ſich raſch ausbreitete
und ungefähr 1000 Häuſer in Aſche legte. Etwa
5000 Perſonen ſind ohne Obdach. Die Zahl der
Verunglückten ſteht noch nicht feſt.
_ Nathan der Weiſe
Neu einſtudiert
im Prinzregententheater
Dieſe von Fritz Holl beſorgte Neueinſtudie-
rung des „Nathan“ zur 200. Wiederkehr von
Leſſings Geburtstag iſt eine hocherfreuliche Lei-
ſtung des Staatstheaters, eine Aufführung, die
zu den beſten Darbietungen der Staatsbühne
gehört. Mögen auch Einzelheiten in der In-
ſzenierung nicht immer ganz befriedigend geweſen
ſein, man ſah und ſpürte doch den großen, reinen
Zug, der durch das Ganze ging; und wenn die
Bühnenbilder vor und in Nathans Haus vielleicht
etwas kahl anmuteten, ſo entſchädigten wieder
dafür die ſchöne Ausgeſtaltung der Szenen in
des Sultans Palaſt und in Sittahs Harem.
Prachtvoll war Ulmers Nathan, eine der
beſten Gaben ſeiner Kunſt. Ton und Gebärde,
jede kleinſte Bewegung war von wunderbarer
Wahrheit und Ausdrucksfähigkeit, ob er ſelbſt
ſprach oder ob er den andern zuhörte und nur
die Regungen ſeines Innern auf ſeinem Geſicht,
in der Bewegung ſeiner Züge widerſpiegeln ließ.
Bei all ſeiner Weisheit und Abgeklärtheit war
dieſer Nathan von ergreifendſter Menſchlichkeit,
und die Erzählung der Ringfabel in ihrem
ſchlicht einſetzenden Anfang und ihrer von jeder
Deklamation ſo gänzlich abgekehrten Durchfüh-
rung ein Meiſterſtück. Neben Nathan verdient
der Tempelherr Albert Lipperts in ſeiner
trotzigen, ſtolzen Männlichkeit hohes Lob, ebenſo
Vaſils Kloſterbruder, das Muſterbild frommer
Einfalt, Graumanns Saladin, deſſen heiterer
Ueberlegenheit doch auch die edle Größe nicht
fehlte, Kaethe Bierkowſkis Sittah und Anna
Dandlers köſtliche Daja. Die Recha ſpielte
Midi Scheinpflug, vielleicht etwas mehr
als nötig ans Kindliche und harmlos Oberfläch-
liche gehalten, aber doch voll natürlichem Reiz.
Zäpfels beweglicher Derwiſch und Georg
Henrichs eifernder Kloſterbruder waren eben-
falls von guter Wirkung.
Kurz, im ganzen eine ausgezeichnete Dar-
ſtellung, die die Schönheiten des erhabenen,
ewigen Werkes aufs neue offenbarten.
H.
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(2023-01-02T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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