Allgemeine Zeitung, Nr. 345, 13. Dezember 1890.München, Samstag Allgemeine Zeitung 13. December 1890.Morgenblatt Nr. 345. [Spaltenumbruch]
selbstverständlich nichts zu erreichen, hier muß vielmehr das Deutsches Reich. * Berlin, 12. Dec. Telegramm. In der heutigen Sitzung * Berlin, 11. Dec. Das Reichsversicherungsamt hat unterm Die sehr stark besuchte allgemeine Versammlung Eine Berliner Correspondenz der "Post", welche eine Anzahl "Bei l. Meiningen, 11. Dec. Die Wahl des Abg. Dr. Witte Luxemburg. * Luxemburg, 11. Dec. Wie die "Luxemb. Ztg." meldet, den Schaden haftbar, den ihnen eine verlorene Sache brachte. Ueberdies zeigte es sich, daß Pierino's Vater seinen Ein- Es kam indessen nicht so weit. Durch die Fürsprache Trotzdem daß die Stadt, in welche ihn sein Dienst geführt Der Titel eines Marchese trug in dem Städtchen, in So weit war Alles für den jungen Herrn ganz gut und Wenn es nach ihm ging, so hatten ihn seine Gönner, Mit der kühlen Berechnung, welche ihn niemals verließ, Indessen lehnte man hier seine Dienste ab. Nachdem Zukunft miteinbegriffen habe; seine Familie sei allezeit seine Freude Belgien. # Brüssel, 10. Dec. Am heutigen Tage begeht Belgien Asien. * Dem "Standard" wird aus Bangkok, 4. November, ge- Afrika. * Der italienische Capitän Hugo Ferrandi, der bereits München, Samſtag Allgemeine Zeitung 13. December 1890.Morgenblatt Nr. 345. [Spaltenumbruch]
ſelbſtverſtändlich nichts zu erreichen, hier muß vielmehr das Deutſches Reich. * Berlin, 12. Dec. Telegramm. In der heutigen Sitzung * Berlin, 11. Dec. Das Reichsverſicherungsamt hat unterm Die ſehr ſtark beſuchte allgemeine Verſammlung Eine Berliner Correſpondenz der „Poſt“, welche eine Anzahl „Bei λ. Meiningen, 11. Dec. Die Wahl des Abg. Dr. Witte Luxemburg. * Luxemburg, 11. Dec. Wie die „Luxemb. Ztg.“ meldet, den Schaden haftbar, den ihnen eine verlorene Sache brachte. Ueberdies zeigte es ſich, daß Pierino’s Vater ſeinen Ein- Es kam indeſſen nicht ſo weit. Durch die Fürſprache Trotzdem daß die Stadt, in welche ihn ſein Dienſt geführt Der Titel eines Marcheſe trug in dem Städtchen, in So weit war Alles für den jungen Herrn ganz gut und Wenn es nach ihm ging, ſo hatten ihn ſeine Gönner, Mit der kühlen Berechnung, welche ihn niemals verließ, Indeſſen lehnte man hier ſeine Dienſte ab. Nachdem Zukunft miteinbegriffen habe; ſeine Familie ſei allezeit ſeine Freude Belgien. □ Brüſſel, 10. Dec. Am heutigen Tage begeht Belgien Aſien. * Dem „Standard“ wird aus Bangkok, 4. November, ge- Afrika. * Der italieniſche Capitän Hugo Ferrandi, der bereits <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2a" next="#a2b" type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">München, Samſtag Allgemeine Zeitung 13. December 1890.Morgenblatt Nr. 345.</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="a1b" prev="#a1a" type="jComment" n="2"> <p>ſelbſtverſtändlich nichts zu erreichen, hier muß vielmehr das<lb/> materielle Recht geändert werden in der Art, daß <hi rendition="#g">beiden</hi> Con-<lb/> trahenten des Vertrags die Möglichkeit eröffnet wird, zum<lb/> voraus eine Caution für den Fall des verwirkten Schaden-<lb/> erſatzes zu erlangen. In dieſer Hinſicht ſind zur Zeit nament-<lb/> lich die Arbeitgeber ſo gut wie rechtlos, zumal dem ſocialdemo-<lb/> kratiſchen Arbeiter gegenüber, der dem Beweis der Wahrheit<lb/> des „ehernen Lohngeſetzes“ mit Erfolg dadurch zu Hülfe kommt,<lb/> daß er grundſätzlich nichts erſpart. Sein Vermögen beſteht<lb/> lediglich im Ertrag ſeiner Arbeit, und an dieſen kann ſich der<lb/> Arbeitgeber behufs Beſchaffung der Caution gegen Vertrags-<lb/> bruch zufolge des Geſetzes über die Beſchlagnahme des Ar-<lb/> beitslohnes nicht halten. <hi rendition="#g">Dieſes</hi> Geſetz begründet ein <hi rendition="#g">Aus-<lb/> nahmerecht,</hi> ein Privilegium zu Gunſten der Arbeiter; es<lb/> wurzelt in der Billigkeit, und Niemand wird daran denken, es<lb/> zu beſeitigen. Aber wie es jetzt ſchon aus höheren Rückſichten<lb/> gewiſſen Beſchränkungen unterliegt, ſo erſcheint auch eine Be-<lb/> ſchränkung in der hier beſprochenen Richtung ſtatthaft und an-<lb/> gezeigt, zumal ja hier dem redlichen Arbeiter materiell nichts<lb/> entzogen wird, wenn ein kleiner Theil des Lohnes zum Zweck<lb/> der Cautionsleiſtung zurückbehalten wird; eine Einbuße erleidet<lb/> er nur, wenn er („böslich“ würden wir ſagen, wenn das Bös-<lb/> liche, bewußt Rechtswidrige, nicht ſchon im Wort „Vertrags-<lb/><hi rendition="#g">bruch</hi>“ läge) den Vertrag bricht und dadurch die Buße ver-<lb/> wirkt. — Die Gleichheit vor dem Geſetz erfordert es, daß wie<lb/> vom Arbeiter ſo auch vom Arbeitgeber die <hi rendition="#g">Leiſtung der<lb/> Sicherheit für etwaige Anſprüche aus Vertrags-<lb/> bruch</hi> verlangt wird. Geſchieht dies, dann liegt für die<lb/> Socialdemokratie auch nicht der Schatten eines Grundes vor,<lb/> über Ausnahmegeſetzgebung zu klagen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Deutſches Reich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 12. Dec.</dateline> <p><hi rendition="#g">Telegramm.</hi> In der heutigen Sitzung<lb/> des <hi rendition="#g">Reichstages</hi> kam die Vorlage über die <hi rendition="#g">Zuckerſteuer</hi><lb/> zur erſten Berathung. Staatsſecretär Frhr. v. <hi rendition="#g">Maltzahn</hi><lb/> empfiehlt die Vorlage. Abg. <hi rendition="#g">Witte</hi> ſtimmt derſelben zu.<lb/> Graf <hi rendition="#g">Stolberg</hi>-Wernigerode erklärt, die Abſchaffung der<lb/> Materialſteuer ſei für die Landwirthſchaft nicht gleichgültig.<lb/> Abg. <hi rendition="#g">Oechelhäuſer</hi> kann der Abſchaffung des Prämien-<lb/> ſyſtems nicht zuſtimmen. Abg. v. <hi rendition="#g">Kardorff</hi> verlangt Aufrecht-<lb/> haltung der Materialſteuer. Staatsſecretär v. <hi rendition="#g">Maltzahn</hi> er-<lb/> klärt die Vorlage durch den zwingenden Druck der Verhältniſſe.<lb/> Abg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Buhl</hi> ſpricht im Namen eines Theiles der National-<lb/> liberalen deren Zuſtimmung aus. Abg. <hi rendition="#g">Barth</hi> verlangt raſche<lb/> Aufhebung der Prämien. Die Vorlage wird ſchließlich an eine<lb/> Commiſſion verwieſen. Eine zweite Sitzung fand Nach-<lb/> mittags 4 Uhr ſtatt; in derſelben ward der <hi rendition="#g">türkiſche Handels-<lb/> vertrag</hi> in dritter Leſung angenommen. Die nächſte Sitzung<lb/> wird auf den 13. Januar anberaumt; auf die Tagesordnung<lb/> derſelben werden die Anträge betreffend die Lebensmittelzölle geſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 11. Dec.</dateline> <p>Das Reichsverſicherungsamt hat unterm<lb/> 31. v. M. eine <hi rendition="#g">Anleitung, betreffend den Kreis der nach dem<lb/> Invaliditäts- und Altersverſicherungsgeſetz verſicher-<lb/> ten Perſonen,</hi> herausgegeben, welche zunächſt den Vorſtänden der<lb/> Verſicherungsanſtalten als Hülfsmittel für die oft ſchwierige Frage<lb/> der Verſicherungspflichtigkeit dienen ſoll. In nicht zu langer Zeit<lb/> wird das Reichsverſicherungsamt auch in die Lage kommen, über<lb/> die Verſicherungspflichtigkeit einzelner Perſonen, ſoweit von den-<lb/> ſelben auf Grund der Uebergangsbeſtimmungen (§§. 156 bis 160<lb/> des Geſetzes) Rentenſprüche erhoben werden, in der Reviſionsinſtanz<lb/> endgültige Entſcheidungen zu treffen. In Bezug auf die in die<lb/> Verſicherung neu eintretenden Perſonen hat das Geſetz in §. 122<lb/> zunächſt den unteren und in der Beſchwerdeinſtanz den höheren<lb/> Verwaltungsbehörden die Entſcheidung der Frage übertragen, ob<lb/> und zu welcher Verſicherungsanſtalt die betreffenden Perſonen ge-<lb/> hören. Um hiernach eine gleichmäßige Praxis bei den einzelnen<lb/> Verwaltungsbehörden zu erzielen, hat das Reichsverſicherungsamt<lb/> die ſämmtlichen Landescentralbehörden erſucht, die vorerwähnte An-<lb/> leitung den unterſtellten Verwaltungsbehörden zur Kenntnißnahme<lb/> und thunlichſten Beachtung mitzutheilen. Dem entſprechend haben<lb/> nunmehr die Landescentralbehörden ſowohl die mit der Ausſtellung<lb/> der Quittungskarten betrauten Amtsſtellen, ſowie die zur Entſchei-<lb/> dung von Streitigkeiten berufenen Verwaltungsbehörden angewieſen,<lb/> die Anleitung ſich als Anhalt dienen zu laſſen. Insbeſondere ſind<lb/> die preußiſchen in Betracht kommenden Behörden durch Erlaß der<lb/> Miniſter des Innern und für Handel und Gewerbe vom 14. No-<lb/> vember d. J. in dieſem Sinne mit Anweiſung verſehen worden.<lb/> Die in der Anleitung des Reichsverſicherungsamts niedergelegten<lb/> Grundſätze, welche übrigens aus wiederholten Berathungen mit<lb/> den Vertretern der Landescentralbehörden und Verſicherungs-<lb/> anſtalten hervorgegangen ſind, werden demnach bis auf weiteres<lb/><cb/> für die Frage der Verſicherungspflichtigkeit eine grundlegende Be-<lb/> deutung haben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Die ſehr ſtark beſuchte allgemeine <hi rendition="#g">Verſammlung<lb/> deutſcher Zuckerfabricanten und Landwirthe,</hi> welche<lb/> am Mittwoch in Berlin ſtattfand, hat einſtimmig folgende Reſolu-<lb/> tion angenommen: <cit><quote>„Durch die hohen Prämien, welche von einigen<lb/> Nachbarländern bei der Ausfuhr von Zucker gewährt werden, durch<lb/> die auch in den außereuropäiſchen Ländern ſchnell fortſchreitende<lb/> Technik und durch die ſtaatlichen Begünſtigungen, welche auch dort<lb/> in ſteigendem Maße gewährt werden, iſt die Concurrenz, gegen<lb/> welche die deutſche Zuckerinduſtrie auf dem Weltmarkte ankämpfen<lb/> muß, ſchon unter den gegenwärtigen Verhältniſſen eine ſo über-<lb/> mächtige, daß ſie nur mit äußerſter Mühe ihre Stellung aufrecht-<lb/> erhalten kann. Ihre Lage wird noch weſentlich verſchlechtert durch<lb/> die großartige Förderung, welche in den Vereinigten Staaten von<lb/> Nordamerika die heimiſche Induſtrie durch die in der Mac-Kinley-<lb/> Bill beſchloſſene hohe Prämie erfahren muß und durch die bevor-<lb/> zugte Stellung, welche man in den Vereinigten Staaten einigen<lb/> anderen amerikaniſchen Staaten für die Zuckereinfuhr ſcheint ein-<lb/> räumen zu wollen, ſowie durch den hohen Einfuhrzoll, welcher<lb/> neuerdings auf Melaſſe in Frankreich gelegt iſt. Unter dieſen<lb/> Umſtänden iſt der Zeitpunkt für eine abermalige Aenderung der<lb/> Zuckerbeſteuerung, welche die deutſche Induſtrie gegenüber der durch<lb/> ſtaatliche Vergünſtigung jeder Art geförderten Concurrenz anderer<lb/> Länder auf dem Weltmarkt wehrlos macht, ſo unglücklich wie<lb/> möglich gewählt und widerſpricht der von der deutſchen Reichs-<lb/> regierung durch ihre Theilnahme an der Londoner Convention<lb/> früher bethätigten Meinung, daß die der deutſchen Induſtrie aus<lb/> der beſtehenden Geſetzgebung erwachſende mäßige Ausfuhrprämie<lb/> nur aufgehoben werden ſollte, wenn auch die concurrirenden In-<lb/> duſtrien des Auslandes die ihnen gewährten viel höheren Prämien<lb/> einbüßen. Die Annahme des dem Reichstage vorgelegten Geſetz-<lb/> entwurfs betreffend die Beſteuerung des Zuckers ohne gleichzeitige<lb/> Aenderung der Steuerverhältniſſe in den concurrirenden Ländern<lb/> würde die Concurrenz der deutſchen Zuckerinduſtrie auf dem Welt-<lb/> markt faſt unmöglich machen, die Ausfuhr deutſchen Zuckers nach<lb/> dem Auslande auf das äußerſte beſchränken und einen Niedergang<lb/> der deutſchen Zuckerinduſtrie zur Folge haben, welcher den natio-<lb/> nalen Wohlſtand erheblich ſchwächen, der deutſchen Landwirthſchaft<lb/> und dem deutſchen Gewerbefleiß ſchwere Wunden ſchlagen und die<lb/> geſammte volkswirthſchaftliche Entwicklung unſres Vaterlandes em-<lb/> pfindlich ſchädigen müßte.“</quote></cit></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>Eine Berliner Correſpondenz der „Poſt“, welche eine Anzahl<lb/><hi rendition="#g">irriger Hofnachrichten</hi> berichtigt, bemerkt außerdem:</p> <cit> <quote>„Bei<lb/> dieſer Gelegenheit ſei auch das Gerücht von dem angeblich bevor-<lb/> ſtehenden Uebertritte J. kgl. Hoheit der <hi rendition="#g">Prinzeſſin Sophie,</hi><lb/> Kronprinzeſſin von Griechenland, <hi rendition="#g">zur griechiſchen Kirche</hi> er-<lb/> wähnt. Das Gerücht hat aus der „Nowoje Wremja“ einerſeits,<lb/> andrerſeits aus griechiſchen Blättern ſeinen Weg in einige deutſche<lb/> Zeitungen gefunden. Wie es ſcheint, hat es den einzigen Anhalt<lb/> darin, daß die Prinzeſſin hin und wieder, ſo auch letzthin in<lb/> Berlin, mit ihrem hohen Gemahl dem Gottesdienſt nach griechi-<lb/> ſchem Ritus beigewohnt hat. Sie folgte damit der Landesſitte<lb/> Griechenlands, die ſolche Kirchgänge bei beſtimmten Gelegenheiten<lb/> fordert, vielleicht daneben auch einem Geſühl, das Jedermann be-<lb/> greifen wird, ohne es mit der Abſicht eines Uebertritts zuſammen-<lb/> zubringen. Im übrigen möge daran erinnert werden, daß die<lb/> Ehepacten J. kgl. Hoheit einen Punkt enthalten, wonach die Prin-<lb/> zeſſin bei ihrer väterlichen Confeſſion verbleibt — gerade ſo wie<lb/> Se. Majeſtät der König Georg bei der lutheriſchen Confeſſion ver-<lb/> blieben iſt.“</quote> </cit> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>λ. <hi rendition="#b">Meiningen,</hi> 11. Dec.</dateline> <p>Die Wahl des Abg. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Witte</hi><lb/> im <hi rendition="#aq">II.</hi> Meininger Wahlkreis am 20. Februar d. J. iſt ſo be-<lb/> gründet angefochten, daß deren Ungültigkeitserklärung ſelbſt den<lb/> Parteigenoſſen des Gewählten nicht zweifelhaft iſt. Eine Neuwahl<lb/> wird ſchon im nächſten Frühjahr erwartet. Für eine ſolche ſind<lb/> die Socialdemokraten bereits ſtark in vorbereitender Thätigkeit.<lb/> Der Candidat <hi rendition="#g">Reißaus</hi>-Erfurt bereist ſchon den Wahlkreis und<lb/> hält in verſchiedenen Orten Wahlreden. Der Wahlkreis zählt eine<lb/> ſtarke Arbeiterbevölkerung. — Als <hi rendition="#g">Zählungsergebniſſe</hi> im<lb/> Meininger Lande ſind zu verzeichnen: Meiningen 12,140 (+ 700),<lb/> Hildburghauſen 6017 (+ 517), Sonneberg 11,376 (+ 1229),<lb/> Salzungen 4128 (+ 172), Pößneck 8949 (+ 1296).</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Luxemburg.</hi> </head><lb/> <div xml:id="a3a" next="#a3b" type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Luxemburg,</hi> 11. Dec.</dateline> <p>Wie die „Luxemb. Ztg.“ meldet,<lb/> hat der <hi rendition="#g">Großherzog</hi> die mit der Ueberreichung der <hi rendition="#g">Adreſſe</hi><lb/> betraute Kammerdeputation noch geſtern Abend empfangen und der-<lb/> ſelben, nachdem Hr. <hi rendition="#g">de Wacquant</hi> das Schriftſtück verleſen hatte,<lb/> Folgendes erwidert: Er ſei glücklich, abermals die Uebereinſtimmung<lb/> der Anſichten und Gefühle der Volksvertretung mit denjenigen des<lb/> Staatsoberhauptes zu conſtatiren. Er danke dafür, daß man<lb/> die Frau Großherzogin und ſeinen Sohn in die Wünſche für ſeine</p><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2b" prev="#a2a" type="jComment" n="2"> <p>den Schaden haftbar, den ihnen eine verlorene Sache brachte.<lb/> Nicht Alle konnten Hülſe finden. Die Mittel des Hofes ſelbſt<lb/> waren von allen Seiten her in Anſpruch genommen.</p><lb/> <p>Ueberdies zeigte es ſich, daß Pierino’s Vater ſeinen Ein-<lb/> fluß überſchätzt hatte. Derſelbe mochte wohl einmal, wie es<lb/> nach verſchiedenen Anzeichen ſchien, ein nicht unerheblicher ge-<lb/> weſen ſein. Aber auch hier mochte das Gerücht über die<lb/> Familienverhältniſſe ungünſtig einwirken. Genug, wenn es<lb/> auf den alten Herrn allein angekommen wäre, ſo würde Pierino<lb/> wahrſcheinlich gleich einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von<lb/> anderen Bittſtellern unverrichteter Sache von Rom wieder ab-<lb/> gezogen ſein.</p><lb/> <p>Es kam indeſſen nicht ſo weit. Durch die Fürſprache<lb/> einer Dame wurde Pierino hochgeſtellten Perſonen des Kaiſer-<lb/> ſtaates empfohlen und nach einem Jahr ſehen wir ihn als<lb/> ſchmucken Cadetten eines k. k. Infanterieregimentes inmitten<lb/> ſeiner neuen Cameraden die Wache beziehen.</p><lb/> <p>Trotzdem daß die Stadt, in welche ihn ſein Dienſt geführt<lb/> hatte, von einer Bevölkerung bewohnt war, die ſeine Mutter-<lb/> ſprache redete, und ſich auch im Regimente mehrere Landsleute<lb/> und außerdem auch noch andere Officiere befanden, die in der-<lb/> ſelben mit ihm verkehrten, ſo machte er ſich doch die deutſche<lb/> Sprache mit einer Schnelligkeit zu eigen, wie ſie wohl bei<lb/> einem Calabreſen noch niemals erlebt wurde. Dabei wurde<lb/> eine Eigenthümlichkeit bemerkt, die bei Menſchen ſeiner Art<lb/> nicht ſelten vorkommt. Eine erſtaunliche Menge von Dingen,<lb/> die ihm nach ſeinem bisherigen Lebensgange ganz und gar<lb/> fremd waren, beherrſchte er in der kürzeſten Zeit. Dabei hätte<lb/> aber ſein beſter Bekannter nicht zu ſagen vermocht, wann und<lb/> wo er ſtudirte. Man ſah ihn an allen Ecken und Enden,<lb/> Jeder hätte geglaubt, er führe, ſobald er des Dienſtes ledig<lb/> wäre, das Leben eines der zahlloſen Müßiggänger ſeiner Hei-<lb/> math. Er ſchien allgegenwärtig. Je nach den Gewohnheiten,<lb/> die Einer ſelbſt hatte, glaubte dieſer, Pierino ſei nur auf dem<lb/> Corſo zu ſehen, ein Zweiter, er habe ſeine Wohnung im Kaffee-<lb/> haus aufgeſchlagen, und die eine und andere jugendliche Schön-<lb/> heit der Stadt war überzeugt, daß derſelbe ſeine Zeit damit<lb/> hinbringe, den Damen den Hof zu machen.</p><lb/> <cb/> <p>Der Titel eines Marcheſe trug in dem Städtchen, in<lb/> welchem es nicht vielen Adel gab, nicht wenig dazu bei, Pierino<lb/> zu einer allgemein bewunderten Geſtalt zu machen. Bald<lb/> empfand er das Bedürfniß, durch einen entſprechenden Auf-<lb/> wand die glänzende Meinung zu rechtfertigen, die man von<lb/> ſeiner Perſönlichkeit hatte. Obwohl ſeine Familie ihn aus<lb/> irgendwelchem Grunde nicht unterſtützte und ſeine Revenuen als<lb/> Cadett keinerlei Verſchwendung geſtatteten, ſo mochte er doch<lb/> irgendwelche Quellen entdeckt haben, aus denen er das für ſeine<lb/> Vergnügungen nöthige Metall gewann. Er betheiligte ſich an<lb/> Ausflügen und Gondelfahrten, gehörte zu den ſtändigen Be-<lb/> ſuchern einer Theaterloge und blieb auch nicht zurück, wenn es<lb/> ſich um ein Spiel oder um eine Gaſterei handelte.</p><lb/> <p>So weit war Alles für den jungen Herrn ganz gut und<lb/> angenehm beſtellt, als er plötzlich zur Verwunderung ſeiner<lb/> Cameraden denſelben ankündigte, daß er ſich einen Urlaub er-<lb/> bitten wolle, um ſeine Angehörigen in Italien zu beſuchen.</p><lb/> <p>Wenn es nach ihm ging, ſo hatten ihn ſeine Gönner,<lb/> Bekannten und Freunde das letzte Mal geſehen.</p><lb/> <p>Mit der kühlen Berechnung, welche ihn niemals verließ,<lb/> glaubte er herausgefunden zu haben, daß ihm der Dienſt unter<lb/> des Kaiſers Fahnen nicht jene günſtigen Ausſichten in die<lb/> Zukunft eröffnete, welche ihm der Eintritt in das Heer des<lb/> neugeſchaffenen Königreichs auf der Halbinſel gewähren konnte.<lb/> Denn dort war eine Großmacht, welche ſich erſt einrichtete, die<lb/> durch die Lage gezwungen war, den inneren und äußeren<lb/> Gefahren durch die Herſtellung von Streitkräften zu begegnen.</p><lb/> <p>Indeſſen lehnte man hier ſeine Dienſte ab. Nachdem<lb/> weder unter dem ſechsſtrahligen Stern Italiens, noch unter<lb/> den blauen und goldenen Lilien des verſchwundenen König-<lb/> reiches beider Sicilien die Glücksblume des kleinen Pierino<lb/> gedeihen wollte, ſo mußte er ſich daran erinnern, daß ſein Ur-<lb/> laub noch nicht abgelaufen war. Dagegen war der geringe<lb/> Baarſchatz, den er auf ſeine Fahrt nach dem Glück mitgenom-<lb/> men hatte, längſt erſchöpft, und es quälte ihn nunmehr die<lb/> Verlegenheit, auf welche Weiſe er in den Schatten der kaiſer-<lb/> lichen Fahnen, wo man ihn ſo wohlwollend aufgenommen<lb/> hatte, zurückzukommen vermöchte. (Schluß folgt.)</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <head> <note type="editorial">[Luxemburg]</note> </head> <div xml:id="a3b" prev="#a3a" type="jArticle" n="3"> <p>Zukunft miteinbegriffen habe; ſeine Familie ſei allezeit ſeine Freude<lb/> und ſein Troſt geweſen. Seit er Luxemburger geworden, habe ſich<lb/> dieſe Familie vergrößert. Der von ihm vor der Kammer geleiſtete<lb/> Eid enthalte eine patriarchaliſche Formel: er habe geſchworen, ſo<lb/> zu regieren, wie es einem guten Fürſten gezieme; man hätte faſt<lb/> ſagen können: wie es die Pflicht eines guten Familienvaters ſei.<lb/> In dieſem Sinne wenigſtens faſſe er die Tragweite jenes Satzes auf.<lb/> Der Großherzog zog die Mitglieder der Deputation zur Taſel, bei<lb/> welcher die Großherzogin zwiſchen dem Kammerpräſidenten und<lb/> dem Staatsminiſter ſaß, während der Großherzog die Hofdamen<lb/> Frl. v. Preen und Frl. v. Apor zu Nachbarinnen hatte. Nach der<lb/> Tafel wurde noch einſtündiger Cercle abgehalten. Die „Luxemburger<lb/> Zeitung“ hebt hervor, daß ſich die Großherzogin in der Unter-<lb/> haltung der franzöſiſchen Sprache bediente. Heute Vormittag<lb/> empfing der Großherzog in feierlicher Audienz den Abgeſandten<lb/> des Kaiſers von Oeſterreich, General Frhrn. v. <hi rendition="#g">Bechtholsheim,</hi><lb/> welcher ein Glückwunſchſchreiben ſeines Souveräns überbrachte.<lb/> Der franzöſiſche Miniſterreſident, Hr. <hi rendition="#g">Raindre,</hi> wird morgen<lb/> empfangen werden. Der Erbgroßherzog wird morgen ſeine Reiſe<lb/> nach Berlin antreten.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Belgien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>□ <hi rendition="#b">Brüſſel,</hi> 10. Dec.</dateline> <p>Am heutigen Tage begeht Belgien<lb/> den 25. Jahrestag der Thronbeſteigung <hi rendition="#g">König Leopolds</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> Bei<lb/> dem Rückblicke auf die Regierung des Monarchen, den ſein Land<lb/> als Muſter eines conſtitutionellen Fürſten verehrt, wollen wir<lb/> heute nur einige Punkte hervorheben, in welchen ſich ſeine ſtreng<lb/> rechtliche Geſinnung und ſeine Weisheit in Fragen bewährten, die<lb/> auch das Ausland, insbeſondere auch das Deutſche Reich näher be-<lb/> rührten. Kurz nach dem Beſuche, welchen im Jahre 1867 König<lb/> Wilhelm <hi rendition="#aq">I.</hi> von Preußen und Graf Bismarck am Brüſſeler Hofe<lb/> abſtatteten, bedrohte die luxemburgiſche Frage den Frieden Europa’s.<lb/> Als das Großherzogthum, welches König Wilhelm <hi rendition="#aq">III.</hi> der Nieder-<lb/> lande dem franzöſiſchen Kaiſer zum Kaufe angeboten hatte, dem<lb/> König der Belgier angetragen wurde, lehnte der letztere in<lb/> Vorausſicht möglicher Verwicklungen das Danaer-Geſchenk ab, ſo<lb/> ſehr ſich auch im belgiſchen Volke Sympathie für den Anſchluß der<lb/> Luxemburger kundgab. Auch in der Frage der belgiſchen Eiſen-<lb/> bahnen, welche Frankreich unter dem Deckmantel wirthſchaftlicher<lb/> Intereſſen, in Wahrheit aber zur Vorbereitung ſeiner ſpäteren<lb/> kriegeriſchen Action gegen Deutſchland unter ſeinen Einfluß zu<lb/> bringen ſuchte, bewies König Leopold Scharffinn und Klugheit,<lb/> Ausdauer und Standhaftigkeit nicht allein im wohlverſtandenen<lb/> Intereſſe ſeines Landes, ſondern auch in demjenigen des inter-<lb/> nationalen Friedens. Bei ſeinen inneren Reformen, namentlich<lb/> auf dem Gebiete der Heeresverfaſſung und auf demjenigen der<lb/> ſocialen Frage, hat König Leopold große Einſicht und die beſten<lb/> Intentionen bewährt, und zwar im Kampfe gegen mächtige Hinder-<lb/> niſſe, die ihm aus den Reihen der belgiſchen Politiker und Indu-<lb/> ſtriellen entgegentraten. Wo ſich aber der Scharfblick des Königs<lb/> der Belgier am glänzendſten zeigt, wo der Monarch, deſſen Jubel-<lb/> feſt wir heute freudig begehen, als der größte Bahnbrecher der<lb/> europäiſchen Civiliſation betrachtet werden muß, das iſt das Werk<lb/> der afrikaniſchen Coloniſation, das <hi rendition="#g">Congo-Unternehmen.</hi> Als<lb/> König Leopold <hi rendition="#aq">II.</hi> im Jahre 1874 mit eigenen Mitteln die<lb/> „Internationale Afrika-Geſellſchaft“ gründete, wurde er lediglich<lb/> als ein Gönner der geographiſchen Wiſſenſchaft gefeiert. Denn<lb/> damals dachte noch Niemand daran, daß einſt die Großmächte<lb/> Europa’s im ſchwarzen Erdtheile Colonien gründen würden. Nur<lb/> im Königspalaſte zu Brüſſel ſaß ein erlauchter Fürſt, der über die<lb/> Mittel nachſann, ſeinem im Reichthum förmlich erſtickenden Volke<lb/> ein Abſatzgebiet zu verſchaffen. Der Herrſcher blickte auf das kleine<lb/> Holland, welches jährlich Hunderte von Millionen aus ſeinen<lb/> Colonien zieht, auf das ſchwache Spanien, welches die reichen<lb/> Antillen beherrſcht, auf das arme Portugal, welches ſein Banner<lb/> auf allen Meeren flattern läßt. Und das reiche Belgien, das einſt<lb/> die Nordſee beherrſchte, ſollte kein Land finden, in dem es den<lb/> Ueberſchuß ſeines Reichthums abſetzen konnte? Der König kannte<lb/> wohl den geringen Unternehmungsgeiſt ſeiner Landsleute. Er<lb/> wußte, daß die kalt berechnenden Belgier bereit ſein würden, eine<lb/> ſchon blühende Colonie zu übernehmen, aber ſich auf große<lb/> Forſchungsreiſen nicht hinauswagen würden. Da gründete der<lb/> Monarch den Congo-Staat auf eigene Koſten. Fünfzehn Jahre<lb/> lang leiſtete der König, was vor ihm kein einzelner Menſch ge-<lb/> leiſtet: er gab nicht bloß ſein ganzes Privatvermögen, ſondern die<lb/> Hälfte ſeiner jährlichen Civilliſte für die Gründung und ſtaatliche<lb/> Organiſirung des Congo-Reiches aus, und nachdem das junge<lb/> afrikaniſche Staatsweſen aufzublühen begann, vermachte er es als<lb/> Erbtheil ſeinem geliebten Volke. Dank ſeinem König tritt Belgien<lb/> mit einem Schlage und ohne ſonderliche Opfer in den Beſitz einer<lb/> Colonie, um die andere Völker vielleicht ſchwere Schlachten hätten<lb/> ſchlagen und blutige Feldzüge hätten unternehmen müſſen. Lange<lb/> Zeit haben die Belgier die großmüthige That des Königs mit<lb/> Undank und Gleichgültigkeit gelohnt. Aber heute iſt das Eis ge-<lb/> brochen. Wir hoffen, daß der Wunſch des hochherzigen Monarchen,<lb/> der gern noch ſelbſt die reichen Früchte des Congo-Werkes für<lb/> Belgien geſehen hätte, in Erfüllung gehen wird. In ſeinem<lb/><hi rendition="#g">Privatleben</hi> iſt König Leopold <hi rendition="#aq">II.</hi> leider nicht ſo glücklich ge-<lb/> weſen, wie in ſeinen politiſchen Beſtrebungen. Er hat an ſich die<lb/> Bitterkeiten des menſchlichen Schickſals, das die Großen der Erde<lb/> nicht verſchont, erfahren, und man kann von dieſem edlen Fürſten<lb/> ſagen, daß er den Kelch des Leidens bis zur Neige geleert hat.<lb/> Schon in den erſten Jahren ſeiner Regierung brach die Kataſtrophe<lb/> von Queretaro herein, und die einzige Schweſter des Königs, die<lb/> Prinzeſſin Charlotte, verfiel in jenen Schreckenstagen, wo auf ſernem<lb/> Boden Kaiſer Maximilian den Heldentod ſtarb, dem unheilbaren<lb/> Wahnſinn. Zwei Jahre darauf verſchied der einzige Sohn des<lb/> Königs, der hoffnungsvolle Herzog von Brabant, und ſeither gibt<lb/> ſich der König der politiſchen Erziehung ſeines Neffen, des Prinzen<lb/> Balduin hin, der ihm einſt auf dem Throne nachfolgen ſoll. Die<lb/> letzte erſchütternde Kataſtrophe zu Meyerling iſt noch in Aller Er-<lb/> innerung. Mit ſtoiſcher Feſtigkeit hat König Leopold <hi rendition="#aq">II.</hi> alle<lb/> Schickſalsſchläge ertragen. Denn er lebt nicht ſich und ſeiner<lb/> Familie, ſondern nur ſeinem Volke. „Das Glück eines Fürſten“,<lb/> ſo ſagt er in ſeinem letzten Schreiben an den Miniſterpräſidenten,<lb/> „liegt in dem Glücke des Volkes.“ Dieſem Grundſatze treu hat<lb/> König Leopold <hi rendition="#aq">II.</hi> ſtets gehandelt und deßhalb grüßt ihn an ſeinem<lb/> Ehrentage ein dankbares Volk und feiert ihn die aufrichtige Anerken-<lb/> nung der Mitwelt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aſien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>* Dem „Standard“ wird aus <hi rendition="#g">Bangkok,</hi> 4. November, ge-<lb/> ſchrieben, dort gehe das Gerücht, daß <hi rendition="#g">Deutſchland</hi> wegen Er-<lb/> werbung eines Streifens <hi rendition="#g">ſiameſiſchen Gebiets</hi> nördlich von<lb/> Penang verhandle. Das Stück Land ſoll als Koblenſtation und<lb/> Entrep<hi rendition="#aq">ô</hi>t für den ſtets wachſenden deutſchen Handel nach Siam<lb/> und anderen Ländern im Oſten dienen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Afrika.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>* Der italieniſche Capitän Hugo <hi rendition="#g">Ferrandi,</hi> der bereits<lb/> wiederholt Reiſen in Afrika unternommen hat und ſich zuletzt einige<lb/> Zeit in Harrar aufhielt, wird ſich nach dem Gebiete des Juba be-<lb/> geben. Er beabſichtigt, bis zum Galla-Lande zu ziehen und durch<lb/> ſeine Forſchungen zur Aufhellung des Juba-Gebietes beizutragen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Samſtag Allgemeine Zeitung 13. December 1890.Morgenblatt Nr. 345.
ſelbſtverſtändlich nichts zu erreichen, hier muß vielmehr das
materielle Recht geändert werden in der Art, daß beiden Con-
trahenten des Vertrags die Möglichkeit eröffnet wird, zum
voraus eine Caution für den Fall des verwirkten Schaden-
erſatzes zu erlangen. In dieſer Hinſicht ſind zur Zeit nament-
lich die Arbeitgeber ſo gut wie rechtlos, zumal dem ſocialdemo-
kratiſchen Arbeiter gegenüber, der dem Beweis der Wahrheit
des „ehernen Lohngeſetzes“ mit Erfolg dadurch zu Hülfe kommt,
daß er grundſätzlich nichts erſpart. Sein Vermögen beſteht
lediglich im Ertrag ſeiner Arbeit, und an dieſen kann ſich der
Arbeitgeber behufs Beſchaffung der Caution gegen Vertrags-
bruch zufolge des Geſetzes über die Beſchlagnahme des Ar-
beitslohnes nicht halten. Dieſes Geſetz begründet ein Aus-
nahmerecht, ein Privilegium zu Gunſten der Arbeiter; es
wurzelt in der Billigkeit, und Niemand wird daran denken, es
zu beſeitigen. Aber wie es jetzt ſchon aus höheren Rückſichten
gewiſſen Beſchränkungen unterliegt, ſo erſcheint auch eine Be-
ſchränkung in der hier beſprochenen Richtung ſtatthaft und an-
gezeigt, zumal ja hier dem redlichen Arbeiter materiell nichts
entzogen wird, wenn ein kleiner Theil des Lohnes zum Zweck
der Cautionsleiſtung zurückbehalten wird; eine Einbuße erleidet
er nur, wenn er („böslich“ würden wir ſagen, wenn das Bös-
liche, bewußt Rechtswidrige, nicht ſchon im Wort „Vertrags-
bruch“ läge) den Vertrag bricht und dadurch die Buße ver-
wirkt. — Die Gleichheit vor dem Geſetz erfordert es, daß wie
vom Arbeiter ſo auch vom Arbeitgeber die Leiſtung der
Sicherheit für etwaige Anſprüche aus Vertrags-
bruch verlangt wird. Geſchieht dies, dann liegt für die
Socialdemokratie auch nicht der Schatten eines Grundes vor,
über Ausnahmegeſetzgebung zu klagen.
Deutſches Reich.
* Berlin, 12. Dec. Telegramm. In der heutigen Sitzung
des Reichstages kam die Vorlage über die Zuckerſteuer
zur erſten Berathung. Staatsſecretär Frhr. v. Maltzahn
empfiehlt die Vorlage. Abg. Witte ſtimmt derſelben zu.
Graf Stolberg-Wernigerode erklärt, die Abſchaffung der
Materialſteuer ſei für die Landwirthſchaft nicht gleichgültig.
Abg. Oechelhäuſer kann der Abſchaffung des Prämien-
ſyſtems nicht zuſtimmen. Abg. v. Kardorff verlangt Aufrecht-
haltung der Materialſteuer. Staatsſecretär v. Maltzahn er-
klärt die Vorlage durch den zwingenden Druck der Verhältniſſe.
Abg. Dr. Buhl ſpricht im Namen eines Theiles der National-
liberalen deren Zuſtimmung aus. Abg. Barth verlangt raſche
Aufhebung der Prämien. Die Vorlage wird ſchließlich an eine
Commiſſion verwieſen. Eine zweite Sitzung fand Nach-
mittags 4 Uhr ſtatt; in derſelben ward der türkiſche Handels-
vertrag in dritter Leſung angenommen. Die nächſte Sitzung
wird auf den 13. Januar anberaumt; auf die Tagesordnung
derſelben werden die Anträge betreffend die Lebensmittelzölle geſetzt.
* Berlin, 11. Dec. Das Reichsverſicherungsamt hat unterm
31. v. M. eine Anleitung, betreffend den Kreis der nach dem
Invaliditäts- und Altersverſicherungsgeſetz verſicher-
ten Perſonen, herausgegeben, welche zunächſt den Vorſtänden der
Verſicherungsanſtalten als Hülfsmittel für die oft ſchwierige Frage
der Verſicherungspflichtigkeit dienen ſoll. In nicht zu langer Zeit
wird das Reichsverſicherungsamt auch in die Lage kommen, über
die Verſicherungspflichtigkeit einzelner Perſonen, ſoweit von den-
ſelben auf Grund der Uebergangsbeſtimmungen (§§. 156 bis 160
des Geſetzes) Rentenſprüche erhoben werden, in der Reviſionsinſtanz
endgültige Entſcheidungen zu treffen. In Bezug auf die in die
Verſicherung neu eintretenden Perſonen hat das Geſetz in §. 122
zunächſt den unteren und in der Beſchwerdeinſtanz den höheren
Verwaltungsbehörden die Entſcheidung der Frage übertragen, ob
und zu welcher Verſicherungsanſtalt die betreffenden Perſonen ge-
hören. Um hiernach eine gleichmäßige Praxis bei den einzelnen
Verwaltungsbehörden zu erzielen, hat das Reichsverſicherungsamt
die ſämmtlichen Landescentralbehörden erſucht, die vorerwähnte An-
leitung den unterſtellten Verwaltungsbehörden zur Kenntnißnahme
und thunlichſten Beachtung mitzutheilen. Dem entſprechend haben
nunmehr die Landescentralbehörden ſowohl die mit der Ausſtellung
der Quittungskarten betrauten Amtsſtellen, ſowie die zur Entſchei-
dung von Streitigkeiten berufenen Verwaltungsbehörden angewieſen,
die Anleitung ſich als Anhalt dienen zu laſſen. Insbeſondere ſind
die preußiſchen in Betracht kommenden Behörden durch Erlaß der
Miniſter des Innern und für Handel und Gewerbe vom 14. No-
vember d. J. in dieſem Sinne mit Anweiſung verſehen worden.
Die in der Anleitung des Reichsverſicherungsamts niedergelegten
Grundſätze, welche übrigens aus wiederholten Berathungen mit
den Vertretern der Landescentralbehörden und Verſicherungs-
anſtalten hervorgegangen ſind, werden demnach bis auf weiteres
für die Frage der Verſicherungspflichtigkeit eine grundlegende Be-
deutung haben.
Die ſehr ſtark beſuchte allgemeine Verſammlung
deutſcher Zuckerfabricanten und Landwirthe, welche
am Mittwoch in Berlin ſtattfand, hat einſtimmig folgende Reſolu-
tion angenommen: „Durch die hohen Prämien, welche von einigen
Nachbarländern bei der Ausfuhr von Zucker gewährt werden, durch
die auch in den außereuropäiſchen Ländern ſchnell fortſchreitende
Technik und durch die ſtaatlichen Begünſtigungen, welche auch dort
in ſteigendem Maße gewährt werden, iſt die Concurrenz, gegen
welche die deutſche Zuckerinduſtrie auf dem Weltmarkte ankämpfen
muß, ſchon unter den gegenwärtigen Verhältniſſen eine ſo über-
mächtige, daß ſie nur mit äußerſter Mühe ihre Stellung aufrecht-
erhalten kann. Ihre Lage wird noch weſentlich verſchlechtert durch
die großartige Förderung, welche in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika die heimiſche Induſtrie durch die in der Mac-Kinley-
Bill beſchloſſene hohe Prämie erfahren muß und durch die bevor-
zugte Stellung, welche man in den Vereinigten Staaten einigen
anderen amerikaniſchen Staaten für die Zuckereinfuhr ſcheint ein-
räumen zu wollen, ſowie durch den hohen Einfuhrzoll, welcher
neuerdings auf Melaſſe in Frankreich gelegt iſt. Unter dieſen
Umſtänden iſt der Zeitpunkt für eine abermalige Aenderung der
Zuckerbeſteuerung, welche die deutſche Induſtrie gegenüber der durch
ſtaatliche Vergünſtigung jeder Art geförderten Concurrenz anderer
Länder auf dem Weltmarkt wehrlos macht, ſo unglücklich wie
möglich gewählt und widerſpricht der von der deutſchen Reichs-
regierung durch ihre Theilnahme an der Londoner Convention
früher bethätigten Meinung, daß die der deutſchen Induſtrie aus
der beſtehenden Geſetzgebung erwachſende mäßige Ausfuhrprämie
nur aufgehoben werden ſollte, wenn auch die concurrirenden In-
duſtrien des Auslandes die ihnen gewährten viel höheren Prämien
einbüßen. Die Annahme des dem Reichstage vorgelegten Geſetz-
entwurfs betreffend die Beſteuerung des Zuckers ohne gleichzeitige
Aenderung der Steuerverhältniſſe in den concurrirenden Ländern
würde die Concurrenz der deutſchen Zuckerinduſtrie auf dem Welt-
markt faſt unmöglich machen, die Ausfuhr deutſchen Zuckers nach
dem Auslande auf das äußerſte beſchränken und einen Niedergang
der deutſchen Zuckerinduſtrie zur Folge haben, welcher den natio-
nalen Wohlſtand erheblich ſchwächen, der deutſchen Landwirthſchaft
und dem deutſchen Gewerbefleiß ſchwere Wunden ſchlagen und die
geſammte volkswirthſchaftliche Entwicklung unſres Vaterlandes em-
pfindlich ſchädigen müßte.“
Eine Berliner Correſpondenz der „Poſt“, welche eine Anzahl
irriger Hofnachrichten berichtigt, bemerkt außerdem:
„Bei
dieſer Gelegenheit ſei auch das Gerücht von dem angeblich bevor-
ſtehenden Uebertritte J. kgl. Hoheit der Prinzeſſin Sophie,
Kronprinzeſſin von Griechenland, zur griechiſchen Kirche er-
wähnt. Das Gerücht hat aus der „Nowoje Wremja“ einerſeits,
andrerſeits aus griechiſchen Blättern ſeinen Weg in einige deutſche
Zeitungen gefunden. Wie es ſcheint, hat es den einzigen Anhalt
darin, daß die Prinzeſſin hin und wieder, ſo auch letzthin in
Berlin, mit ihrem hohen Gemahl dem Gottesdienſt nach griechi-
ſchem Ritus beigewohnt hat. Sie folgte damit der Landesſitte
Griechenlands, die ſolche Kirchgänge bei beſtimmten Gelegenheiten
fordert, vielleicht daneben auch einem Geſühl, das Jedermann be-
greifen wird, ohne es mit der Abſicht eines Uebertritts zuſammen-
zubringen. Im übrigen möge daran erinnert werden, daß die
Ehepacten J. kgl. Hoheit einen Punkt enthalten, wonach die Prin-
zeſſin bei ihrer väterlichen Confeſſion verbleibt — gerade ſo wie
Se. Majeſtät der König Georg bei der lutheriſchen Confeſſion ver-
blieben iſt.“
λ. Meiningen, 11. Dec. Die Wahl des Abg. Dr. Witte
im II. Meininger Wahlkreis am 20. Februar d. J. iſt ſo be-
gründet angefochten, daß deren Ungültigkeitserklärung ſelbſt den
Parteigenoſſen des Gewählten nicht zweifelhaft iſt. Eine Neuwahl
wird ſchon im nächſten Frühjahr erwartet. Für eine ſolche ſind
die Socialdemokraten bereits ſtark in vorbereitender Thätigkeit.
Der Candidat Reißaus-Erfurt bereist ſchon den Wahlkreis und
hält in verſchiedenen Orten Wahlreden. Der Wahlkreis zählt eine
ſtarke Arbeiterbevölkerung. — Als Zählungsergebniſſe im
Meininger Lande ſind zu verzeichnen: Meiningen 12,140 (+ 700),
Hildburghauſen 6017 (+ 517), Sonneberg 11,376 (+ 1229),
Salzungen 4128 (+ 172), Pößneck 8949 (+ 1296).
Luxemburg.
* Luxemburg, 11. Dec. Wie die „Luxemb. Ztg.“ meldet,
hat der Großherzog die mit der Ueberreichung der Adreſſe
betraute Kammerdeputation noch geſtern Abend empfangen und der-
ſelben, nachdem Hr. de Wacquant das Schriftſtück verleſen hatte,
Folgendes erwidert: Er ſei glücklich, abermals die Uebereinſtimmung
der Anſichten und Gefühle der Volksvertretung mit denjenigen des
Staatsoberhauptes zu conſtatiren. Er danke dafür, daß man
die Frau Großherzogin und ſeinen Sohn in die Wünſche für ſeine
den Schaden haftbar, den ihnen eine verlorene Sache brachte.
Nicht Alle konnten Hülſe finden. Die Mittel des Hofes ſelbſt
waren von allen Seiten her in Anſpruch genommen.
Ueberdies zeigte es ſich, daß Pierino’s Vater ſeinen Ein-
fluß überſchätzt hatte. Derſelbe mochte wohl einmal, wie es
nach verſchiedenen Anzeichen ſchien, ein nicht unerheblicher ge-
weſen ſein. Aber auch hier mochte das Gerücht über die
Familienverhältniſſe ungünſtig einwirken. Genug, wenn es
auf den alten Herrn allein angekommen wäre, ſo würde Pierino
wahrſcheinlich gleich einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von
anderen Bittſtellern unverrichteter Sache von Rom wieder ab-
gezogen ſein.
Es kam indeſſen nicht ſo weit. Durch die Fürſprache
einer Dame wurde Pierino hochgeſtellten Perſonen des Kaiſer-
ſtaates empfohlen und nach einem Jahr ſehen wir ihn als
ſchmucken Cadetten eines k. k. Infanterieregimentes inmitten
ſeiner neuen Cameraden die Wache beziehen.
Trotzdem daß die Stadt, in welche ihn ſein Dienſt geführt
hatte, von einer Bevölkerung bewohnt war, die ſeine Mutter-
ſprache redete, und ſich auch im Regimente mehrere Landsleute
und außerdem auch noch andere Officiere befanden, die in der-
ſelben mit ihm verkehrten, ſo machte er ſich doch die deutſche
Sprache mit einer Schnelligkeit zu eigen, wie ſie wohl bei
einem Calabreſen noch niemals erlebt wurde. Dabei wurde
eine Eigenthümlichkeit bemerkt, die bei Menſchen ſeiner Art
nicht ſelten vorkommt. Eine erſtaunliche Menge von Dingen,
die ihm nach ſeinem bisherigen Lebensgange ganz und gar
fremd waren, beherrſchte er in der kürzeſten Zeit. Dabei hätte
aber ſein beſter Bekannter nicht zu ſagen vermocht, wann und
wo er ſtudirte. Man ſah ihn an allen Ecken und Enden,
Jeder hätte geglaubt, er führe, ſobald er des Dienſtes ledig
wäre, das Leben eines der zahlloſen Müßiggänger ſeiner Hei-
math. Er ſchien allgegenwärtig. Je nach den Gewohnheiten,
die Einer ſelbſt hatte, glaubte dieſer, Pierino ſei nur auf dem
Corſo zu ſehen, ein Zweiter, er habe ſeine Wohnung im Kaffee-
haus aufgeſchlagen, und die eine und andere jugendliche Schön-
heit der Stadt war überzeugt, daß derſelbe ſeine Zeit damit
hinbringe, den Damen den Hof zu machen.
Der Titel eines Marcheſe trug in dem Städtchen, in
welchem es nicht vielen Adel gab, nicht wenig dazu bei, Pierino
zu einer allgemein bewunderten Geſtalt zu machen. Bald
empfand er das Bedürfniß, durch einen entſprechenden Auf-
wand die glänzende Meinung zu rechtfertigen, die man von
ſeiner Perſönlichkeit hatte. Obwohl ſeine Familie ihn aus
irgendwelchem Grunde nicht unterſtützte und ſeine Revenuen als
Cadett keinerlei Verſchwendung geſtatteten, ſo mochte er doch
irgendwelche Quellen entdeckt haben, aus denen er das für ſeine
Vergnügungen nöthige Metall gewann. Er betheiligte ſich an
Ausflügen und Gondelfahrten, gehörte zu den ſtändigen Be-
ſuchern einer Theaterloge und blieb auch nicht zurück, wenn es
ſich um ein Spiel oder um eine Gaſterei handelte.
So weit war Alles für den jungen Herrn ganz gut und
angenehm beſtellt, als er plötzlich zur Verwunderung ſeiner
Cameraden denſelben ankündigte, daß er ſich einen Urlaub er-
bitten wolle, um ſeine Angehörigen in Italien zu beſuchen.
Wenn es nach ihm ging, ſo hatten ihn ſeine Gönner,
Bekannten und Freunde das letzte Mal geſehen.
Mit der kühlen Berechnung, welche ihn niemals verließ,
glaubte er herausgefunden zu haben, daß ihm der Dienſt unter
des Kaiſers Fahnen nicht jene günſtigen Ausſichten in die
Zukunft eröffnete, welche ihm der Eintritt in das Heer des
neugeſchaffenen Königreichs auf der Halbinſel gewähren konnte.
Denn dort war eine Großmacht, welche ſich erſt einrichtete, die
durch die Lage gezwungen war, den inneren und äußeren
Gefahren durch die Herſtellung von Streitkräften zu begegnen.
Indeſſen lehnte man hier ſeine Dienſte ab. Nachdem
weder unter dem ſechsſtrahligen Stern Italiens, noch unter
den blauen und goldenen Lilien des verſchwundenen König-
reiches beider Sicilien die Glücksblume des kleinen Pierino
gedeihen wollte, ſo mußte er ſich daran erinnern, daß ſein Ur-
laub noch nicht abgelaufen war. Dagegen war der geringe
Baarſchatz, den er auf ſeine Fahrt nach dem Glück mitgenom-
men hatte, längſt erſchöpft, und es quälte ihn nunmehr die
Verlegenheit, auf welche Weiſe er in den Schatten der kaiſer-
lichen Fahnen, wo man ihn ſo wohlwollend aufgenommen
hatte, zurückzukommen vermöchte. (Schluß folgt.)
Zukunft miteinbegriffen habe; ſeine Familie ſei allezeit ſeine Freude
und ſein Troſt geweſen. Seit er Luxemburger geworden, habe ſich
dieſe Familie vergrößert. Der von ihm vor der Kammer geleiſtete
Eid enthalte eine patriarchaliſche Formel: er habe geſchworen, ſo
zu regieren, wie es einem guten Fürſten gezieme; man hätte faſt
ſagen können: wie es die Pflicht eines guten Familienvaters ſei.
In dieſem Sinne wenigſtens faſſe er die Tragweite jenes Satzes auf.
Der Großherzog zog die Mitglieder der Deputation zur Taſel, bei
welcher die Großherzogin zwiſchen dem Kammerpräſidenten und
dem Staatsminiſter ſaß, während der Großherzog die Hofdamen
Frl. v. Preen und Frl. v. Apor zu Nachbarinnen hatte. Nach der
Tafel wurde noch einſtündiger Cercle abgehalten. Die „Luxemburger
Zeitung“ hebt hervor, daß ſich die Großherzogin in der Unter-
haltung der franzöſiſchen Sprache bediente. Heute Vormittag
empfing der Großherzog in feierlicher Audienz den Abgeſandten
des Kaiſers von Oeſterreich, General Frhrn. v. Bechtholsheim,
welcher ein Glückwunſchſchreiben ſeines Souveräns überbrachte.
Der franzöſiſche Miniſterreſident, Hr. Raindre, wird morgen
empfangen werden. Der Erbgroßherzog wird morgen ſeine Reiſe
nach Berlin antreten.
Belgien.
□ Brüſſel, 10. Dec. Am heutigen Tage begeht Belgien
den 25. Jahrestag der Thronbeſteigung König Leopolds II. Bei
dem Rückblicke auf die Regierung des Monarchen, den ſein Land
als Muſter eines conſtitutionellen Fürſten verehrt, wollen wir
heute nur einige Punkte hervorheben, in welchen ſich ſeine ſtreng
rechtliche Geſinnung und ſeine Weisheit in Fragen bewährten, die
auch das Ausland, insbeſondere auch das Deutſche Reich näher be-
rührten. Kurz nach dem Beſuche, welchen im Jahre 1867 König
Wilhelm I. von Preußen und Graf Bismarck am Brüſſeler Hofe
abſtatteten, bedrohte die luxemburgiſche Frage den Frieden Europa’s.
Als das Großherzogthum, welches König Wilhelm III. der Nieder-
lande dem franzöſiſchen Kaiſer zum Kaufe angeboten hatte, dem
König der Belgier angetragen wurde, lehnte der letztere in
Vorausſicht möglicher Verwicklungen das Danaer-Geſchenk ab, ſo
ſehr ſich auch im belgiſchen Volke Sympathie für den Anſchluß der
Luxemburger kundgab. Auch in der Frage der belgiſchen Eiſen-
bahnen, welche Frankreich unter dem Deckmantel wirthſchaftlicher
Intereſſen, in Wahrheit aber zur Vorbereitung ſeiner ſpäteren
kriegeriſchen Action gegen Deutſchland unter ſeinen Einfluß zu
bringen ſuchte, bewies König Leopold Scharffinn und Klugheit,
Ausdauer und Standhaftigkeit nicht allein im wohlverſtandenen
Intereſſe ſeines Landes, ſondern auch in demjenigen des inter-
nationalen Friedens. Bei ſeinen inneren Reformen, namentlich
auf dem Gebiete der Heeresverfaſſung und auf demjenigen der
ſocialen Frage, hat König Leopold große Einſicht und die beſten
Intentionen bewährt, und zwar im Kampfe gegen mächtige Hinder-
niſſe, die ihm aus den Reihen der belgiſchen Politiker und Indu-
ſtriellen entgegentraten. Wo ſich aber der Scharfblick des Königs
der Belgier am glänzendſten zeigt, wo der Monarch, deſſen Jubel-
feſt wir heute freudig begehen, als der größte Bahnbrecher der
europäiſchen Civiliſation betrachtet werden muß, das iſt das Werk
der afrikaniſchen Coloniſation, das Congo-Unternehmen. Als
König Leopold II. im Jahre 1874 mit eigenen Mitteln die
„Internationale Afrika-Geſellſchaft“ gründete, wurde er lediglich
als ein Gönner der geographiſchen Wiſſenſchaft gefeiert. Denn
damals dachte noch Niemand daran, daß einſt die Großmächte
Europa’s im ſchwarzen Erdtheile Colonien gründen würden. Nur
im Königspalaſte zu Brüſſel ſaß ein erlauchter Fürſt, der über die
Mittel nachſann, ſeinem im Reichthum förmlich erſtickenden Volke
ein Abſatzgebiet zu verſchaffen. Der Herrſcher blickte auf das kleine
Holland, welches jährlich Hunderte von Millionen aus ſeinen
Colonien zieht, auf das ſchwache Spanien, welches die reichen
Antillen beherrſcht, auf das arme Portugal, welches ſein Banner
auf allen Meeren flattern läßt. Und das reiche Belgien, das einſt
die Nordſee beherrſchte, ſollte kein Land finden, in dem es den
Ueberſchuß ſeines Reichthums abſetzen konnte? Der König kannte
wohl den geringen Unternehmungsgeiſt ſeiner Landsleute. Er
wußte, daß die kalt berechnenden Belgier bereit ſein würden, eine
ſchon blühende Colonie zu übernehmen, aber ſich auf große
Forſchungsreiſen nicht hinauswagen würden. Da gründete der
Monarch den Congo-Staat auf eigene Koſten. Fünfzehn Jahre
lang leiſtete der König, was vor ihm kein einzelner Menſch ge-
leiſtet: er gab nicht bloß ſein ganzes Privatvermögen, ſondern die
Hälfte ſeiner jährlichen Civilliſte für die Gründung und ſtaatliche
Organiſirung des Congo-Reiches aus, und nachdem das junge
afrikaniſche Staatsweſen aufzublühen begann, vermachte er es als
Erbtheil ſeinem geliebten Volke. Dank ſeinem König tritt Belgien
mit einem Schlage und ohne ſonderliche Opfer in den Beſitz einer
Colonie, um die andere Völker vielleicht ſchwere Schlachten hätten
ſchlagen und blutige Feldzüge hätten unternehmen müſſen. Lange
Zeit haben die Belgier die großmüthige That des Königs mit
Undank und Gleichgültigkeit gelohnt. Aber heute iſt das Eis ge-
brochen. Wir hoffen, daß der Wunſch des hochherzigen Monarchen,
der gern noch ſelbſt die reichen Früchte des Congo-Werkes für
Belgien geſehen hätte, in Erfüllung gehen wird. In ſeinem
Privatleben iſt König Leopold II. leider nicht ſo glücklich ge-
weſen, wie in ſeinen politiſchen Beſtrebungen. Er hat an ſich die
Bitterkeiten des menſchlichen Schickſals, das die Großen der Erde
nicht verſchont, erfahren, und man kann von dieſem edlen Fürſten
ſagen, daß er den Kelch des Leidens bis zur Neige geleert hat.
Schon in den erſten Jahren ſeiner Regierung brach die Kataſtrophe
von Queretaro herein, und die einzige Schweſter des Königs, die
Prinzeſſin Charlotte, verfiel in jenen Schreckenstagen, wo auf ſernem
Boden Kaiſer Maximilian den Heldentod ſtarb, dem unheilbaren
Wahnſinn. Zwei Jahre darauf verſchied der einzige Sohn des
Königs, der hoffnungsvolle Herzog von Brabant, und ſeither gibt
ſich der König der politiſchen Erziehung ſeines Neffen, des Prinzen
Balduin hin, der ihm einſt auf dem Throne nachfolgen ſoll. Die
letzte erſchütternde Kataſtrophe zu Meyerling iſt noch in Aller Er-
innerung. Mit ſtoiſcher Feſtigkeit hat König Leopold II. alle
Schickſalsſchläge ertragen. Denn er lebt nicht ſich und ſeiner
Familie, ſondern nur ſeinem Volke. „Das Glück eines Fürſten“,
ſo ſagt er in ſeinem letzten Schreiben an den Miniſterpräſidenten,
„liegt in dem Glücke des Volkes.“ Dieſem Grundſatze treu hat
König Leopold II. ſtets gehandelt und deßhalb grüßt ihn an ſeinem
Ehrentage ein dankbares Volk und feiert ihn die aufrichtige Anerken-
nung der Mitwelt.
Aſien.
* Dem „Standard“ wird aus Bangkok, 4. November, ge-
ſchrieben, dort gehe das Gerücht, daß Deutſchland wegen Er-
werbung eines Streifens ſiameſiſchen Gebiets nördlich von
Penang verhandle. Das Stück Land ſoll als Koblenſtation und
Entrepôt für den ſtets wachſenden deutſchen Handel nach Siam
und anderen Ländern im Oſten dienen.
Afrika.
* Der italieniſche Capitän Hugo Ferrandi, der bereits
wiederholt Reiſen in Afrika unternommen hat und ſich zuletzt einige
Zeit in Harrar aufhielt, wird ſich nach dem Gebiete des Juba be-
geben. Er beabſichtigt, bis zum Galla-Lande zu ziehen und durch
ſeine Forſchungen zur Aufhellung des Juba-Gebietes beizutragen.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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