Allgemeine Zeitung, Nr. 75, 15. März 1848.[Spaltenumbruch]
Gr. Hessen. Darmstadt. Aus dem Odenwald, 13 März. Nach Kurhessen. Lengsfeld, 9 März. Hier im Fuldathal setzten die Orts- Freie Städte. || Frankfurt a. M., 13 März. Morgens. Wir erhalten so eben die vom 11 d. datirte Proclamation des Kurfür- * Hamburg, 10 März. Als gestern um 1 Uhr Nachmittags * Bremen, 10 März. Jn diesem Augenblick erscheint eine Be- K. Sachsen. Leipzig, 11 März Nachmittags. Hier ist fol- Eine Anzahl hiesiger Ein- Preußen. 0 Köln, 11 März. Heute ist wieder eine Versamm- [Spaltenumbruch]
Gr. Heſſen. Darmſtadt. Aus dem Odenwald, 13 März. Nach Kurheſſen. Lengsfeld, 9 März. Hier im Fuldathal ſetzten die Orts- Freie Städte. || Frankfurt a. M., 13 März. Morgens. Wir erhalten ſo eben die vom 11 d. datirte Proclamation des Kurfür- * Hamburg, 10 März. Als geſtern um 1 Uhr Nachmittags * Bremen, 10 März. Jn dieſem Augenblick erſcheint eine Be- K. Sachſen. Leipzig, 11 März Nachmittags. Hier iſt fol- Eine Anzahl hieſiger Ein- Preußen. 0 Köln, 11 März. Heute iſt wieder eine Verſamm- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <pb facs="#f0004" n="1188"/> <cb/> </div> </div> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Gr. Heſſen</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Darmſtadt.</hi> </dateline><lb/> <p>Aus dem Odenwald, 13 März. Nach<lb/> einem Bericht des Frankfurter Journals haben die Bauern im Oden-<lb/> wald den Grafen Erbach, Fürſtenau und Schönberg, von denen<lb/> der letztere ein ſehr humaner Mann iſt, durch drohendes Auftreten in<lb/> Haufen von 2000 Mann ihre Forderungen geſtellt. Der Graf Eber-<lb/> hard ſtellte den Fordernden einen Revers aus, in welchem er förmlich<lb/> verzichtete auf das Präſentationsrecht bei Beſetzung geiſtlicher und welt-<lb/> licher Stellen in der Grafſchaft Erbach-Erbach, auf alle Jagden, die ſchon<lb/> in vier Wochen gänzlich freigegeben werden ſollen, auf Zehnten, Grund-<lb/> renten ꝛc., ſo daß dem Grafen, wenn dieſe ihm abgedrungene Verzicht-<lb/> leiſtung gerichtliche Gültigkeit haben könnte, von ſeinem Vermögen<lb/> weiter nichts übrig bleiben würde als ſein Jmmobiliarbeſitz an Feldern,<lb/> Wäldern ꝛc. Der Graf Albert zu Erbach-Fürſtenau ſollte eine Urkunde<lb/> ausſtellen, wonach er bei Ablöſung der Grundrenten mit dem ſechsfachen<lb/> Betrage des Werthes zuf rieden ſey, während das vor etwa zwölf Jah-<lb/> ren erlaſſene Geſetz in Betreff der Ablöſung der Grundrenten den 18-<lb/> fachen Betrag des Werthes der Grundrente als Ablöſungsſumme für<lb/> die Pflichtigen beſtimmt. Der Graf verweigerte dieſes Anſinnen und<lb/> erklärte daß er lieber gar nichts für die Ablöſung nehmen wolle. Von<lb/> dem Grafen zu Erbach-Schönberg ſollen ſie unter andern verlangt haben<lb/> daß derſelbe ihnen den Kaufwerth für die ihnen zur Zeit der vorjährigen<lb/> Theurung zu einem ungewöhnlich billigen Preis von dem gräflichen<lb/> Rentſpeicher abgelaffenen Früchte gänzlich erlaſſe.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Kurheſſen</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Lengsfeld,</hi> 9 März.</dateline><lb/> <p>Hier im Fuldathal ſetzten die Orts-<lb/> vorſteher der drei Orte Lengsfeld, Weilar und Gehaus eine Petition auf<lb/> und erſuchten die Freiherren v. Boineburg um Abgabe des Patrimonial-<lb/> gerichts, um billige Ablöſung der Lehens- und Feudalabgaben, um nie-<lb/> drige Holzpreiſe, um Jagd- und Fiſchereiberechtigung auf und an den<lb/> Grundſtücken der Beſitzer, um freies Haideſammeln im Walde. Sie<lb/> überreichten die Petition durch eine Deputation, welche in die einzelnen<lb/> Schlöſſer zog und eine große Schaar Nachzügler bei ſich hatte, die<lb/> ſich vor den Schloßhöfen aufſtellte. Die Gerichtsherren genügten ſogleich<lb/> den ſo vorgebrachten Bitten.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Freie Städte</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>|| <hi rendition="#b">Frankfurt a. M.,</hi> 13 März. Morgens.</dateline><lb/> <p>Wir erhalten ſo eben die vom 11 d. datirte Proclamation des Kurfür-<lb/> ſten durch welche er (wie ſchon geſtern kurz gemeldet) alle Forderungen<lb/> der Hanauer (mit Ausnahme der Ständeauflöſung) genehmigt und dem-<lb/> nach 1) verſpricht, bei Beſetzung aller Miniſterien, ſoweit dieß nicht<lb/> neuerdings bereits geſchehen iſt, Männer zu berufen die das Volksver-<lb/> trauen genießen; 2) und 3) vollſtändige Preßfreiheit, vollſtändige Reli-<lb/> gions- und Gewiſſensfreiheit und deren Ausübung, 4) vollſtändige<lb/> Amneſtie für alle ſeit 1830 begangenen politiſchen Vergehen, ſoweit ſie<lb/> nicht verfaſſungsmäßig von ſeinem Begnadigungsrecht ausgenommen<lb/> ſind, ſogleich gewährt, hinſichtlich der andern alsbaldige Geſetzvorlage<lb/> an die <hi rendition="#g">dermaligen</hi> Stände verſpricht, 5) alle Beſchränkungen des Pe-<lb/> titions-, Einigungs- und Verſammlungsrechts aufhebt, 6) die weiter<lb/> erforderlichen Geſetzentwürfe der <hi rendition="#g">dermaligen</hi> Ständeverſammlung<lb/> vorzulegen, und 7) auf Nationalvertretung beim Bundestage hinzuwir-<lb/> ken verſpricht. Bürgermeiſter <hi rendition="#g">Eberhard</hi> in Hanau erhielt geſtern<lb/> Nachmittag das Decret als Miniſter des Jnnern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">* Hamburg,</hi> 10 März.</dateline><lb/> <p>Als geſtern um 1 Uhr Nachmittags<lb/> die Senatsanträge zum Convent vom 13 d. bekannt wurden, herrſchte<lb/> allgemeine Unzufriedenheit damit an der Börſe ſowohl als in der Stadt,<lb/> beſonders weil zur Ausarbeitung eines Preßgeſetzes vier Wochen und zu<lb/> den übrigen Reformen ſechs Monate Zeit gegeben wird, was unter jetzi-<lb/> gen Umſtänden viel zu lange ſcheint. Die Aufregung ſteigert ſich im-<lb/> mer mehr. Da nun aus der von Bremen angekommenen Nachricht her-<lb/> vorging wie der dortige Senat den Bürgern alle ihm geſtellten Anfor-<lb/> derungen bewilligt und die Preſſe bereits freigegeben, ſo verlangte man<lb/> hier dasſelbe. Es traten daher mehrere intelligente Männer des Fort-<lb/> ſchritts zu einer Beſprechung um 3 Uhr zuſammen, und kamen überein:<lb/> daß man auch hier dem Senat Vorſtellungen machen müſſe, er ſolle<lb/> ähnliche Zugeſtändniſſe machen, damit Unruhen vermieden werden.<lb/> Dieſe Beſprechung dauerte bis 5 Uhr, und es ward darin beſchloſſen den<lb/> Grundeigenthümerverein, deſſen Vorſtand zum Abend eine Verſamm-<lb/> lung anberaumt hatte um über die Senatsanträge zu berathen, zu einer<lb/> Demonſtration in dieſem Sinne zu veranlaſſen. Jn dieſer Verſamm-<lb/> lung ging es ſehr ſtürmiſch her. Man zankte ſich über das Princip der<lb/> Erbgeſeſſenheit, welches der eine Theil bekämpfte, der andere mit großer<lb/> Zähigkeit vertheidigte, ließ indeß dieſen Zwiſt fürs erſte ruhen, und ei-<lb/><cb/> nigte ſich über den Vorſchlag des Hrn. Ami de Chapeaurouge (das bekannte<lb/> conſervative Mitglied). Dieſer Vorſchlag ging dahin: eine Deputation an<lb/> den Senator Goßler (ſeinen Schwager) den Polizeiherrn abzuſchicken,<lb/> um auf ſofortige Aufhebung der Cenſur zu bitten. Dem Antragſteller<lb/> wurde Hr. Eichhoff (Vorſitzender) und Hr. Wer beigeſellt. Es war<lb/> gegen 9 Uhr Abends als ſich dieſe Deputation nach dem Stadthauſe be-<lb/> gab. Senator Goßler ſagte: er wolle ſogleich nach dem Rathhauſe ge-<lb/> hen, wo der Senat eben verſammelt ſey, und die Wünſche der Deputation<lb/> vortragen. Sie möchte ihrerſeits die Vereinsverſammlung erſuchen laſ-<lb/> ſen nicht auseinanderzugehen. Dieſes geſchah und Senator G. kam nach<lb/> etwa ¾ Stunden zurück, und kündigte der Deputation die Gewährung<lb/> der Wünſche des Grundeigenthümervereins an. Es war gegen 10 Uhr<lb/> als die Deputation zurückkam. Jhre Mittheilung verurſachte außer-<lb/> ordentliche Freude. Das Hurrah mit welchem ſie empfangen ward,<lb/> klang wie Donnerſchläge. Auch in der Börſenhalle ſo wie in den<lb/> Clubs und Kaffeehäuſern verbreite ſich dieſe fröhliche Kunde ſogleich, und<lb/> iſt heute früh in der Form eines Mandats des Senats an allen Ecken<lb/> und öffentlichen Plätzen zu leſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">* Bremen,</hi> 10 März.</dateline><lb/> <p>Jn dieſem Augenblick erſcheint eine Be-<lb/> kanntmachung unſers Senats, welche der Umgeſtaltung unſerer Verfaſ-<lb/> ſung die ſchleunigſte Ausführung verheißt. Der Senat, welcher alle<lb/> Forderungen der Bürgerſchaft rückhaltlos bewilligt und dadurch als ge-<lb/> rechte und nothwendige anerkannt hat, macht bekannt daß er eine Ver-<lb/> ſammlung von Bürgern (den Convent) mit Zuziehung von wenigſtens<lb/> 100 neuen Mitgliedern aus der Zahl der Antragſteller ſchon in den er-<lb/> ſten Tagen der nächſten Woche berufen werde, um über die ſpäteſtens<lb/> Ende des laufenden Monats in den Kirchſpielen vorzunehmenden Wah-<lb/> len die nöthigen Einleitungen zu treffen. Jn unſerer Stadt herrſcht ein<lb/> bisher nie geahntes politiſches Leben, und ſelbſt die Handelsgeſchäfte tre-<lb/> ten dagegen einen Augenblick völlig in den Hintergrund. Nirgends hört<lb/> man daß „Geſchäfte gemacht“ werden. Die politiſche Discuſſion, die Hoffnun-<lb/> gen der einen, die Befürchtungen der andern, nehmen alles Jntereſſe in<lb/> Anſpruch. Darin iſt jedoch die überwiegende Mehrzahl einig daß dieſer neue<lb/> Umſchwung der Dinge ein großer und ſelbſt für Deutſchland nicht bedeu-<lb/> tungsloſer Fortſchritt ſey. Schon dadurch daß man die Forderung aller Deut-<lb/> ſchen, die Forderung eines <hi rendition="#g">deutſchen National parlaments</hi> an die bre-<lb/> miſchen <hi rendition="#g">Reformforderungen</hi> knüpft, erhob ſich die hieſige locale Re-<lb/> formbewegung zu der Höhe einer <hi rendition="#g">nationalen</hi> deutſchen Bewegung. Die<lb/> Weſer Zeitung, welche noch vor drei Tagen einen Artikel brachte der ſich<lb/> gegen jede „<hi rendition="#g">weſentliche Umgeſtaltung</hi>“ der bremiſchen Verfaſſung<lb/> und namentlich gegen eine Repräſentativverfaſſung ausſprach, ſtellt jetzt<lb/> in einem leitenden Artikel die Einführung einer Repräſentativverfaſſung<lb/> in einer Republik als einen principiellen „Rückſchritt“ dar, weil der<lb/> Bürger einer Republik als ſolcher Anſpruch habe ſich <hi rendition="#g">ſelbſt zu reprä-<lb/> ſentiren</hi>, alſo indem er ſich repräſentiren laſſe, etwas verliere — eine<lb/> Behauptung zu welcher manche Leſer unſerer republicaniſchen Staats-<lb/> zeitung denn doch den Kopf ſchütteln werden.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head>K. <hi rendition="#g">Sachſen</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Leipzig,</hi> 11 März Nachmittags.</dateline><lb/> <p>Hier iſt fol-<lb/> gende Bekanntmachung angeſchlagen worden: <floatingText><body><div n="1"><p>Eine Anzahl hieſiger Ein-<lb/> wohner beabſichtigt in den nächſten Tagen von hier nach Dresden ſich zu<lb/> begeben, um dort die allgemeine Theilnahme an den von hier abge-<lb/> gangenen Petitionen und Adreſſen an den Tag zu legen und durch ver-<lb/> eintes Erſcheinen die Erreichung ihrer Wünſche zu unterſtützen. Jm Jn-<lb/> tereſſe ſowohl der einzelnen dabei Betheiligten, als ganz beſonders der<lb/> guten Sache, halten wir es für eine dringende Pflicht von der Ausfüh-<lb/> rung jener Abſicht hiermit inſtändigſt abzumahnen. Leipzig, den 11<lb/> März 1848. Der Rath der Stadt Leipzig. (<hi rendition="#g">Leipz. Ztg</hi>.)</p></div></body></floatingText></p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Preußen</hi>.</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>0 <hi rendition="#b">Köln,</hi> 11 März.</dateline><lb/> <p>Heute iſt wieder eine Verſamm-<lb/> lung rheiniſcher Abgeordneten und Stellvertreter in Bonn. Sie wird<lb/> wahrſcheinlich zahlreicher beſucht werden als eine der frühern: Han-<lb/> ſemann, Camphauſen, Meviſſen, v. Beckerath, Aldenhoven, Stedtmann,<lb/> Flemming ꝛc. werden nicht fehlen. Die Zeit gebietet es dem König<lb/> entſchiedene Schritte dringend anzurathen und laut zu ſagen was man<lb/> erwarte. Die Abgeordneten der Provinz Preußen mit v. Brünneck an<lb/> der Spitze verließen Berlin nicht ohne ihre Meinung dem König vor-<lb/> getragen zu haben. Das conſtitutionelle Syſtem muß Anerkennung<lb/> und Geltung erhalten, wenn Deutſchland einig bleiben ſoll. Die ſo-<lb/> fortige Einberufung des Allgemeinen Landtags wird mit Zuverſicht er-<lb/> wartet, und es iſt Thatſache daß unſere höchſten Provincialbehörden<lb/> ſich wiederholt dafür ausgeſprochen haben. Die Aufregung des Volks<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1188/0004]
Gr. Heſſen.
Darmſtadt.
Aus dem Odenwald, 13 März. Nach
einem Bericht des Frankfurter Journals haben die Bauern im Oden-
wald den Grafen Erbach, Fürſtenau und Schönberg, von denen
der letztere ein ſehr humaner Mann iſt, durch drohendes Auftreten in
Haufen von 2000 Mann ihre Forderungen geſtellt. Der Graf Eber-
hard ſtellte den Fordernden einen Revers aus, in welchem er förmlich
verzichtete auf das Präſentationsrecht bei Beſetzung geiſtlicher und welt-
licher Stellen in der Grafſchaft Erbach-Erbach, auf alle Jagden, die ſchon
in vier Wochen gänzlich freigegeben werden ſollen, auf Zehnten, Grund-
renten ꝛc., ſo daß dem Grafen, wenn dieſe ihm abgedrungene Verzicht-
leiſtung gerichtliche Gültigkeit haben könnte, von ſeinem Vermögen
weiter nichts übrig bleiben würde als ſein Jmmobiliarbeſitz an Feldern,
Wäldern ꝛc. Der Graf Albert zu Erbach-Fürſtenau ſollte eine Urkunde
ausſtellen, wonach er bei Ablöſung der Grundrenten mit dem ſechsfachen
Betrage des Werthes zuf rieden ſey, während das vor etwa zwölf Jah-
ren erlaſſene Geſetz in Betreff der Ablöſung der Grundrenten den 18-
fachen Betrag des Werthes der Grundrente als Ablöſungsſumme für
die Pflichtigen beſtimmt. Der Graf verweigerte dieſes Anſinnen und
erklärte daß er lieber gar nichts für die Ablöſung nehmen wolle. Von
dem Grafen zu Erbach-Schönberg ſollen ſie unter andern verlangt haben
daß derſelbe ihnen den Kaufwerth für die ihnen zur Zeit der vorjährigen
Theurung zu einem ungewöhnlich billigen Preis von dem gräflichen
Rentſpeicher abgelaffenen Früchte gänzlich erlaſſe.
Kurheſſen.
Lengsfeld, 9 März.
Hier im Fuldathal ſetzten die Orts-
vorſteher der drei Orte Lengsfeld, Weilar und Gehaus eine Petition auf
und erſuchten die Freiherren v. Boineburg um Abgabe des Patrimonial-
gerichts, um billige Ablöſung der Lehens- und Feudalabgaben, um nie-
drige Holzpreiſe, um Jagd- und Fiſchereiberechtigung auf und an den
Grundſtücken der Beſitzer, um freies Haideſammeln im Walde. Sie
überreichten die Petition durch eine Deputation, welche in die einzelnen
Schlöſſer zog und eine große Schaar Nachzügler bei ſich hatte, die
ſich vor den Schloßhöfen aufſtellte. Die Gerichtsherren genügten ſogleich
den ſo vorgebrachten Bitten.
Freie Städte.
|| Frankfurt a. M., 13 März. Morgens.
Wir erhalten ſo eben die vom 11 d. datirte Proclamation des Kurfür-
ſten durch welche er (wie ſchon geſtern kurz gemeldet) alle Forderungen
der Hanauer (mit Ausnahme der Ständeauflöſung) genehmigt und dem-
nach 1) verſpricht, bei Beſetzung aller Miniſterien, ſoweit dieß nicht
neuerdings bereits geſchehen iſt, Männer zu berufen die das Volksver-
trauen genießen; 2) und 3) vollſtändige Preßfreiheit, vollſtändige Reli-
gions- und Gewiſſensfreiheit und deren Ausübung, 4) vollſtändige
Amneſtie für alle ſeit 1830 begangenen politiſchen Vergehen, ſoweit ſie
nicht verfaſſungsmäßig von ſeinem Begnadigungsrecht ausgenommen
ſind, ſogleich gewährt, hinſichtlich der andern alsbaldige Geſetzvorlage
an die dermaligen Stände verſpricht, 5) alle Beſchränkungen des Pe-
titions-, Einigungs- und Verſammlungsrechts aufhebt, 6) die weiter
erforderlichen Geſetzentwürfe der dermaligen Ständeverſammlung
vorzulegen, und 7) auf Nationalvertretung beim Bundestage hinzuwir-
ken verſpricht. Bürgermeiſter Eberhard in Hanau erhielt geſtern
Nachmittag das Decret als Miniſter des Jnnern.
* Hamburg, 10 März.
Als geſtern um 1 Uhr Nachmittags
die Senatsanträge zum Convent vom 13 d. bekannt wurden, herrſchte
allgemeine Unzufriedenheit damit an der Börſe ſowohl als in der Stadt,
beſonders weil zur Ausarbeitung eines Preßgeſetzes vier Wochen und zu
den übrigen Reformen ſechs Monate Zeit gegeben wird, was unter jetzi-
gen Umſtänden viel zu lange ſcheint. Die Aufregung ſteigert ſich im-
mer mehr. Da nun aus der von Bremen angekommenen Nachricht her-
vorging wie der dortige Senat den Bürgern alle ihm geſtellten Anfor-
derungen bewilligt und die Preſſe bereits freigegeben, ſo verlangte man
hier dasſelbe. Es traten daher mehrere intelligente Männer des Fort-
ſchritts zu einer Beſprechung um 3 Uhr zuſammen, und kamen überein:
daß man auch hier dem Senat Vorſtellungen machen müſſe, er ſolle
ähnliche Zugeſtändniſſe machen, damit Unruhen vermieden werden.
Dieſe Beſprechung dauerte bis 5 Uhr, und es ward darin beſchloſſen den
Grundeigenthümerverein, deſſen Vorſtand zum Abend eine Verſamm-
lung anberaumt hatte um über die Senatsanträge zu berathen, zu einer
Demonſtration in dieſem Sinne zu veranlaſſen. Jn dieſer Verſamm-
lung ging es ſehr ſtürmiſch her. Man zankte ſich über das Princip der
Erbgeſeſſenheit, welches der eine Theil bekämpfte, der andere mit großer
Zähigkeit vertheidigte, ließ indeß dieſen Zwiſt fürs erſte ruhen, und ei-
nigte ſich über den Vorſchlag des Hrn. Ami de Chapeaurouge (das bekannte
conſervative Mitglied). Dieſer Vorſchlag ging dahin: eine Deputation an
den Senator Goßler (ſeinen Schwager) den Polizeiherrn abzuſchicken,
um auf ſofortige Aufhebung der Cenſur zu bitten. Dem Antragſteller
wurde Hr. Eichhoff (Vorſitzender) und Hr. Wer beigeſellt. Es war
gegen 9 Uhr Abends als ſich dieſe Deputation nach dem Stadthauſe be-
gab. Senator Goßler ſagte: er wolle ſogleich nach dem Rathhauſe ge-
hen, wo der Senat eben verſammelt ſey, und die Wünſche der Deputation
vortragen. Sie möchte ihrerſeits die Vereinsverſammlung erſuchen laſ-
ſen nicht auseinanderzugehen. Dieſes geſchah und Senator G. kam nach
etwa ¾ Stunden zurück, und kündigte der Deputation die Gewährung
der Wünſche des Grundeigenthümervereins an. Es war gegen 10 Uhr
als die Deputation zurückkam. Jhre Mittheilung verurſachte außer-
ordentliche Freude. Das Hurrah mit welchem ſie empfangen ward,
klang wie Donnerſchläge. Auch in der Börſenhalle ſo wie in den
Clubs und Kaffeehäuſern verbreite ſich dieſe fröhliche Kunde ſogleich, und
iſt heute früh in der Form eines Mandats des Senats an allen Ecken
und öffentlichen Plätzen zu leſen.
* Bremen, 10 März.
Jn dieſem Augenblick erſcheint eine Be-
kanntmachung unſers Senats, welche der Umgeſtaltung unſerer Verfaſ-
ſung die ſchleunigſte Ausführung verheißt. Der Senat, welcher alle
Forderungen der Bürgerſchaft rückhaltlos bewilligt und dadurch als ge-
rechte und nothwendige anerkannt hat, macht bekannt daß er eine Ver-
ſammlung von Bürgern (den Convent) mit Zuziehung von wenigſtens
100 neuen Mitgliedern aus der Zahl der Antragſteller ſchon in den er-
ſten Tagen der nächſten Woche berufen werde, um über die ſpäteſtens
Ende des laufenden Monats in den Kirchſpielen vorzunehmenden Wah-
len die nöthigen Einleitungen zu treffen. Jn unſerer Stadt herrſcht ein
bisher nie geahntes politiſches Leben, und ſelbſt die Handelsgeſchäfte tre-
ten dagegen einen Augenblick völlig in den Hintergrund. Nirgends hört
man daß „Geſchäfte gemacht“ werden. Die politiſche Discuſſion, die Hoffnun-
gen der einen, die Befürchtungen der andern, nehmen alles Jntereſſe in
Anſpruch. Darin iſt jedoch die überwiegende Mehrzahl einig daß dieſer neue
Umſchwung der Dinge ein großer und ſelbſt für Deutſchland nicht bedeu-
tungsloſer Fortſchritt ſey. Schon dadurch daß man die Forderung aller Deut-
ſchen, die Forderung eines deutſchen National parlaments an die bre-
miſchen Reformforderungen knüpft, erhob ſich die hieſige locale Re-
formbewegung zu der Höhe einer nationalen deutſchen Bewegung. Die
Weſer Zeitung, welche noch vor drei Tagen einen Artikel brachte der ſich
gegen jede „weſentliche Umgeſtaltung“ der bremiſchen Verfaſſung
und namentlich gegen eine Repräſentativverfaſſung ausſprach, ſtellt jetzt
in einem leitenden Artikel die Einführung einer Repräſentativverfaſſung
in einer Republik als einen principiellen „Rückſchritt“ dar, weil der
Bürger einer Republik als ſolcher Anſpruch habe ſich ſelbſt zu reprä-
ſentiren, alſo indem er ſich repräſentiren laſſe, etwas verliere — eine
Behauptung zu welcher manche Leſer unſerer republicaniſchen Staats-
zeitung denn doch den Kopf ſchütteln werden.
K. Sachſen.
Leipzig, 11 März Nachmittags.
Hier iſt fol-
gende Bekanntmachung angeſchlagen worden: Eine Anzahl hieſiger Ein-
wohner beabſichtigt in den nächſten Tagen von hier nach Dresden ſich zu
begeben, um dort die allgemeine Theilnahme an den von hier abge-
gangenen Petitionen und Adreſſen an den Tag zu legen und durch ver-
eintes Erſcheinen die Erreichung ihrer Wünſche zu unterſtützen. Jm Jn-
tereſſe ſowohl der einzelnen dabei Betheiligten, als ganz beſonders der
guten Sache, halten wir es für eine dringende Pflicht von der Ausfüh-
rung jener Abſicht hiermit inſtändigſt abzumahnen. Leipzig, den 11
März 1848. Der Rath der Stadt Leipzig. (Leipz. Ztg.)
Preußen.
0 Köln, 11 März.
Heute iſt wieder eine Verſamm-
lung rheiniſcher Abgeordneten und Stellvertreter in Bonn. Sie wird
wahrſcheinlich zahlreicher beſucht werden als eine der frühern: Han-
ſemann, Camphauſen, Meviſſen, v. Beckerath, Aldenhoven, Stedtmann,
Flemming ꝛc. werden nicht fehlen. Die Zeit gebietet es dem König
entſchiedene Schritte dringend anzurathen und laut zu ſagen was man
erwarte. Die Abgeordneten der Provinz Preußen mit v. Brünneck an
der Spitze verließen Berlin nicht ohne ihre Meinung dem König vor-
getragen zu haben. Das conſtitutionelle Syſtem muß Anerkennung
und Geltung erhalten, wenn Deutſchland einig bleiben ſoll. Die ſo-
fortige Einberufung des Allgemeinen Landtags wird mit Zuverſicht er-
wartet, und es iſt Thatſache daß unſere höchſten Provincialbehörden
ſich wiederholt dafür ausgeſprochen haben. Die Aufregung des Volks
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |