Allgemeine Zeitung, Nr. 76, 16. März 1848.[Spaltenumbruch]
Vaterlandes. Statt der stehenden Heere führe das Volk selbst die * Nürnberg, 14 März. Die Nachrichten aus Oberfranken Württemberg. * Stuttgart, 14 März. Heute Morgen 10 Uhr *+ Stuttgart, 15 März. Dem Vernehmen nach wird in Folge Gr. Baden. ( Heidelberg, 13 März. Das förmliche Ausschreiben Karlsruhe, 13 März. Der bisherige Bundestagsgesandte Vom Bodensee, 12 März. Die Aufregung in Konstanz *) Wird widerrufen durch eine spätere Correspondenz.
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Vaterlandes. Statt der ſtehenden Heere führe das Volk ſelbſt die * Nürnberg, 14 März. Die Nachrichten aus Oberfranken Württemberg. * Stuttgart, 14 März. Heute Morgen 10 Uhr *† Stuttgart, 15 März. Dem Vernehmen nach wird in Folge Gr. Baden. ( Heidelberg, 13 März. Das förmliche Ausſchreiben Karlsruhe, 13 März. Der bisherige Bundestagsgeſandte ♂ Vom Bodenſee, 12 März. Die Aufregung in Konſtanz *) Wird widerrufen durch eine ſpätere Correſpondenz.
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Sicherlich, es iſt<lb/> nicht nöthig daß wir die Commiſſion daran erinnern daß Poſen eine<lb/> deutſche Bevölkerung von mehr als einer halben Million Menſchen hat,<lb/> daß Poſen geographiſch einen ergänzenden Beſtandtheil des deutſchen Ge-<lb/> ſammtſtaats bildet, der aus der gegenwärtigen Kriſis hervorgehen ſoll<lb/> und wird; es iſt nicht nöthig daß wir ſie darauf aufmerkſam machen<lb/> welche gebieteriſche Rückſichten verlangen daß Preußen mit ſeinem gan-<lb/> zen Ländergebiet in den neuen deutſchen Bundesſtaat eintrete. Dieſe<lb/> Nothwendigkeit iſt ſogar in der Zöpfl’ſchen Schrift über die Reorga-<lb/> niſtrung des deutſchen Bundes anerkannt, welche in allen andern Stücken<lb/> ſo weit hinter den Anforderungen des Augenblicks zurückbleibt daß wir<lb/> nur mit Bedauern hören können daß ſie den am Bundestage gepfloge-<lb/> nenen Berathungen zum Grunde gelegt iſt. 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Die halben Maßregeln ſind es welche wir über<lb/> alles fürchten, im Namen Deutſchlands überhaupt, und im Namen<lb/> Preußens ganz insbeſondere, denn halbe Maßregeln — die Erfahrung der<lb/> jüngſten Tage hat dieß zwanzigmal bewieſen — ſind auf die Dauer eben<lb/> ſo unausführbar als ganzer Widerſtand, ſie retten nichts, und ſetzen<lb/> alles aufs Spiel.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 13 März.</dateline><lb/> <p>Der bisherige Bundestagsgeſandte<lb/> und Geſandte an den Höfen von Brüſſel und Haag, Frhr. v. Blit-<lb/> tersdorff, iſt in den Ruheſtand verſetzt. Jn der heutigen Sitzung der<lb/> Kammer eröſſnete der Präſident daß die körperliche Züchtigung beim<lb/> Militär ganz abgeſchafft ſey. Auf geſchehene Anfrage, ob von Seite<lb/> des Bundes wegen Beſetzung der Rheingränzen ſchon Anordnungen<lb/> und welche getroffen worden, wurde von der Regierungsbank aus erklärt:<lb/> daß die dießfälligen Berathungen, und insbeſondere auch jene wegen<lb/> Beſetzung der Bundesfeſtung Raſtadt noch im Laufe ſeyen. Letztere<lb/> Bemerkung gab mehreren Kammermitgliedern Anlaß feierlich gegen<lb/> eine ſolche Beſetzung durch preußiſche oder öſterreichiſche Truppen zu<lb/> proteſtiren. Das thörichte Gerücht als müßten die badiſchen Trup-<lb/> pen das Land verlaſſen und andern Truppen Platz geben, wird vom<lb/> Staatsminiſter Duſch und Kriegsrath Vogelmann für durchaus falſch<lb/> erklärt. Bekk ſprach die Hoffnung aus, die Standes- und Grundher-<lb/> ren könnten veranlaßt werden freiwillig auf ihre Hoheitsrechte zu ver-<lb/> zichten. 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Vaterlandes. Statt der ſtehenden Heere führe das Volk ſelbſt die
Waffen zu Schutz und Trutz gegen innere und äußere Feinde. Ver-
ſchaffen Sie ſofort die vollſte Anerkennung den Grundſätzen der höch-
ſten Freiheit in der Preſſe, dem Glauben, der Lehre, dem Rechte ge-
ſellſchaftlichen Zuſammentritts und unbeſchränkter Meinungsäußerung.
Verſchaffen Sie Geltung den Grundſätzen der Gleichheit vor dem Ge-
ſetze ohne Unterſchied von Ständen oder Religionsparteien, der Selbſt-
verwaltung der Gemeinden durch freigewählte Organe, beſonderer Re-
präſentation des Kreiſes, ſowie einer freiern Stellung des Kreiſes
und ſeines Landraths; aber laſſen Sie ſich nicht durch Verſprechun-
gen täuſchen, denn die Erfahrung zeigte ſie uns wandelbar. Allen po-
litiſch Verurtheilten werden die Kerker geöffnet, den Flüchtlingen die
Heimath wieder gegeben, denn alle ſind ſie Opfer einer frühern volks-
feindlichen Politik, und das Vaterland zählt unter ihnen die edelſten
ſeiner Söhne. Haben Sie dieſe Aufgabe gelöst, ſo berathen Sie ohne
Verzug ein Wahlgeſetz welches ohne Rückſicht auf Stände und Claſ-
ſen dem Talente oder der Vaterlandsliebe den Weg zur Kammer er-
öffnet, nicht aber das höchſte Recht der Volksvertretung von Beſitz
und Vermögen abhängig macht, oder gar der Krone die Befugniß
ertheilt durch Urlaubsverweigerung die beſten Männer auszuſchlie-
ßen. Eine andere Kammer, nach dem neuen Geſetz gewählt, baue
dann fort auf dem Freiheitsgrunde den Sie gelegt haben, damit
die Verfaſſung eine Wahrheit werde, befreit von den hemmenden
Feſſeln der Edicte und ſonſtigen Beiwerks. Die bewährten Freunde der
Freiheit ſelbſt werden, getragen von der Liebe und dem Vertrauen des
Volks, wiederkehren in dieſe neue Kammer und dann in deren Mitte die
Unterſtützung finden welche ſie jetzt nur, in der Macht der öffentlichen
Meinung, der Verhältniſſe der Gegenwart und ſittlichen Kraft der guten
Sache zu ſuchen haben. Wirken Sie in dieſem Geiſte, ſo wird Jhnen die
Zuſtimmung aller Jhrer Committenten gewiß ſeyn, und wie Sie jetzt
unſer Vertrauen nach München begleitet, ſo werden wir Sie bei Jhrer
Rückkehr aus dem Kampfe für Freiheit und Vaterland wieder mit Stolz
als die Unſern begrüßen. Mit Hochachtung Jhre Mitbürger. (Deutſche
conſt. Ztg.)
* Nürnberg, 14 März.
Die Nachrichten aus Oberfranken
lauten immer erſchreckender, alle Bande der Ordnung ſcheinen gelöst.
Heute Morgen ſchon ging ein ſtarkes Detaſchement des hiefigen Linien-
infanterieregiments mit einem Extrazuge nach Lichtenfels ab, in deſſen
Umgegend die verabſcheuungswürdigſten Exceſſe von Leuten in der Nacht
vom 12 auf den 13 verübt wurden. Mehrere Edelleute wurden arg miß-
handelt, Baron Künsberg liegt dem Tode nahe, Baron Redwitz rettete
mit Mühe ſein Leben, er erhielt mehrere Stichwunden. Jn Kronach,
wo eben Markt gehalten wurde, packten die Krämer ihre Waaren ein
und flohen. Von Unterlengenfeld, wo Menſchen mit geſchwärzten Ge-
ſichtern eindrangen, wurden die meiſten Häuſer der dortigen jüdiſchen
Kaufleute ausgeplündert. Geſtern Abend wanderten alle aus, der Eiſen-
bahnzug den ſie zu ihrer Flucht benützten, wurde dadurch um eine
Stunde aufgehalten. Reiſende die aus der Gegend kommen, erzählen
von Bränden. Eben geht ein Extrazug mit dem noch disponibeln Mi-
litär ab nach Forchheim, wo heute Morgen das Landgerichtsgebäude er-
ſtürmt *), alle Acten ꝛc. vernichtet und der Landrichter verjagt wurde. Hier
übernimmt die Landwehr welche ſchon ſeit einigen Tagen in Abtheilun-
gen patrouillirt, den Wachtdienſt. — Es geht das Gerücht daß in Ka-
dolzburg das Rentamtsgebäude brenne, doch fehlen darüber noch beſtä-
tigende Nachrichten.
Württemberg.
* Stuttgart, 14 März.
Heute Morgen 10 Uhr
wurde die Kammer der Abgeordneten durch eine zum Feſthalten an Thron
und Bund, zur Unterſtützung der Miniſter auffordernde Rede des Prä-
ſidenten eröffnet. Der Chef des Departements des Jnnern legte einen
Geſetzentwurf über die Bewaffnung des Volkes vor. Es wurde der Kam-
mer mitgetheilt daß ihre Auflöſung in kurzem erfolgen werde. Viele
Abgeordnete, beſonders Wieſt, ſprachen das Verlangen aus daß noch
vor der Auflöſung eine Vorlage über Befreiung des Grundes und Bodens
gemacht werde. Morgen wird die Feudalcommiſſion hierüber berichten.
(Wir entlehnen dieß dem Schwäb. Merkur, und tragen einen ausführli-
cheren Bericht nach.)
*† Stuttgart, 15 März.
Dem Vernehmen nach wird in Folge
eines von der hieſigen Regierung abgeſendeten Couriers das bei Bre-
genz ꝛc. ſtehende öſterreichiſche Bundescorps die württembergiſchen
Gränzen nicht überſchreiten, ſondern ſich nur zum Vorrücken bereit
halten, wenn Bundeszwecke, durch die auswärtige politiſche Lage
Deutſchlands bedingt, dieß fordern ſollten, was weitern Verhandlungen
vorbehalten iſt.
Gr. Baden.
( Heidelberg, 13 März.
Das förmliche Ausſchreiben
einer allgemeinen Verſammlung der Abgeordneten aller deutſchen Staa-
ten hat lange auf ſich warten laſſen; doch es iſt jetzt endlichergangen, und
wir vergeſſen die während der letzten acht Tage erlittene Ungeduld. Wir
bemerken indeſſen in dem Ausſchreiben eine Lücke welche die peinlichſten
Empfindungen in uns rege machen würde wenn wir ſie nicht als die
Folge eines bloßen Vergeſſens betrachteten. Die Abgeordneten von Oſt-
und Weſtpreußen ſind neben denen von Schleswig-Holſtein namentlich
zu der Frankfurter Verſammlung geladen, die Abgeordneten von Poſen
dagegen mit Stillſchweigen übergangen. Nochmals, wir können in die-
ſer Auslaſſung nichts anderes ſehen als ein Vergeſſen, welches die Com-
miſſion ohne Zweifel unverzüglich gutmachen wird. Sicherlich, es iſt
nicht nöthig daß wir die Commiſſion daran erinnern daß Poſen eine
deutſche Bevölkerung von mehr als einer halben Million Menſchen hat,
daß Poſen geographiſch einen ergänzenden Beſtandtheil des deutſchen Ge-
ſammtſtaats bildet, der aus der gegenwärtigen Kriſis hervorgehen ſoll
und wird; es iſt nicht nöthig daß wir ſie darauf aufmerkſam machen
welche gebieteriſche Rückſichten verlangen daß Preußen mit ſeinem gan-
zen Ländergebiet in den neuen deutſchen Bundesſtaat eintrete. Dieſe
Nothwendigkeit iſt ſogar in der Zöpfl’ſchen Schrift über die Reorga-
niſtrung des deutſchen Bundes anerkannt, welche in allen andern Stücken
ſo weit hinter den Anforderungen des Augenblicks zurückbleibt daß wir
nur mit Bedauern hören können daß ſie den am Bundestage gepfloge-
nenen Berathungen zum Grunde gelegt iſt. Wenn der Bundestag
auf dieſe Unterlage hin ſeinen Entwurf der neuen deutſchen Verfaſ-
ſung ausarbeitet, ſo können wir ihm ohne Prophetengabe vor-
ausſagen daß er damit wenig Glück machen wird. Vor vierzehn
Tagen wäre vielleicht eine auf das gegenwärtige Stimmenverhält-
niß der Bundesglieder gebaute „Vertretung des Volks am Bundestage“
mit Zuſtimmung und Dank aufgenommen worden, jetzt fordert Deutſch-
land ein „Nationalparlament“ und kein Vorſchlag der dem großen Be-
griffe dieſes Wortes nicht vollſtändig entſpricht, kann irgend eine ernſt-
liche Berückſichtigung erwarten. Auf Preußen ſind jetzt alle Blicke ge-
richtet. Daß ſich Preußen von der deutſchen Bewegung aus- und ab-
ſchließe, iſt gar nicht denkbar, iſt moraliſch und materiell unmöglich.
Aber gerade darum begreift man um ſo weniger daß man da zögert wo
die entſchiedenſte und raſcheſte Jnitiative ſchon das Gebot des handgreif-
lichen Vortheils iſt. Die halben Maßregeln ſind es welche wir über
alles fürchten, im Namen Deutſchlands überhaupt, und im Namen
Preußens ganz insbeſondere, denn halbe Maßregeln — die Erfahrung der
jüngſten Tage hat dieß zwanzigmal bewieſen — ſind auf die Dauer eben
ſo unausführbar als ganzer Widerſtand, ſie retten nichts, und ſetzen
alles aufs Spiel.
Karlsruhe, 13 März.
Der bisherige Bundestagsgeſandte
und Geſandte an den Höfen von Brüſſel und Haag, Frhr. v. Blit-
tersdorff, iſt in den Ruheſtand verſetzt. Jn der heutigen Sitzung der
Kammer eröſſnete der Präſident daß die körperliche Züchtigung beim
Militär ganz abgeſchafft ſey. Auf geſchehene Anfrage, ob von Seite
des Bundes wegen Beſetzung der Rheingränzen ſchon Anordnungen
und welche getroffen worden, wurde von der Regierungsbank aus erklärt:
daß die dießfälligen Berathungen, und insbeſondere auch jene wegen
Beſetzung der Bundesfeſtung Raſtadt noch im Laufe ſeyen. Letztere
Bemerkung gab mehreren Kammermitgliedern Anlaß feierlich gegen
eine ſolche Beſetzung durch preußiſche oder öſterreichiſche Truppen zu
proteſtiren. Das thörichte Gerücht als müßten die badiſchen Trup-
pen das Land verlaſſen und andern Truppen Platz geben, wird vom
Staatsminiſter Duſch und Kriegsrath Vogelmann für durchaus falſch
erklärt. Bekk ſprach die Hoffnung aus, die Standes- und Grundher-
ren könnten veranlaßt werden freiwillig auf ihre Hoheitsrechte zu ver-
zichten. Die Frage: ob die Regierung ſich ſchon wegen Einführung einer
allgemeinen Preßfreiheit und wegen der übrigen die Bundeseinrich-
tungen betreffenden Wünſche der Kammer beim Bunde verwendet habe,
wurde von der Regierungsbank aus in Bezug auf die Preßfreiheit
bejaht. Angenommen wurde der Commiſſionsantrag den Hrn. v.
Blittersdorff zum Erſatz einer Budgetsüberſchreitung von 208 fl. 20 kr.
auf geeignetem Wege anzuhalten. (Schwäb. M.)
♂ Vom Bodenſee, 12 März.
Die Aufregung in Konſtanz
nimmt von Stunde zu Stunde zu, und wie ſie jetzt geleitet wird, iſt
kein Segen zu erwarten. Es herrſcht halbe Anarchie. Jn dem nahen
Radolfszell war die Aufregung in Folge einer Bürgerverſammlung ſo
groß daß der großherzogliche Amtmann Klein die Flucht ergreifen
*) Wird widerrufen durch eine ſpätere Correſpondenz.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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