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Allgemeine Zeitung, Nr. 76, 16. März 1848.

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Der hiesigen Reformbewegung ist die
Polizei zu Hülfe gekommen. In vergangener Nacht hatte Senator
Heintze auf wehrlose Studenten durch die Gendarmerie einhauen lassen.
Acht Personen sollen mehr oder weniger gefährlich verwundet seyn. Die
Studenten riefen den Schutz des akademischen Senats an, und während
derselbe diesen Morgen versammelt war, besetzten schon Cuirassiere den
Markt. Dieß brachte denn auch die Bürgerschaft auf. Der Magistrat
versammelte sich auf dem Rathhause, und mit ihm setzten es die Bürger
in aller Ordnung durch daß das Militär zurückgezogen und die Auf-
rechthaltung der Ordnung den Bürgerschützencompagnien die hier be-
stehen übertragen wurde. Zugleich wurde jetzt die Reformadresse, die
früher nicht die hinlängliche Unterstützung im Magistrat gefunden
hatte, beschlossen. Eine Deputation der Universität ist nach Hannover
unterwegs, eine andere der Stadt wird unverzüglich folgen. Alles ist
ruhig.

Preußen.

Bei den nächsten ge-
wöhnlichen Controlversammlungen der Landwehr wird ein Tagsbefehl
verlesen werden, daß der König die Reserve ausschließlich zur Sicher-
stellung der Rheinprovinz und der Festungen einberufen habe. Zu den
Waffen greifen wolle Se. Maj. nur dann wenn die Unabhängigkeit des
Vaterlandes durch einen Angriff von außen wirklich bedroht wird.
(Köln. Ztg.)


Der König hat sämmtliche verurtheilte Polen,
welche um Gnade eingekommen sind, begnadigt. Den zum Tode Verur-
theilten ist die Strafe in eine sechsjährige Festungshaft verwandelt wor-
den. Die begnadigten Gymnasiasten dürfen indessen erst, wie hinzuge-
fügt wird, mit ihrem 24sten Lebensjahre nach der Provinz Posen zurück-
kehren; bis zu diesem Zeitpunkte können sie sich, mit Ausnahme der ge-
dachten Provinz, aufhalten wo sie wollen. -- Wie Dr. Freyberg wurde
Hofrath v. Wedeke freigesprochen. (S. Ztg.)


Der Prinz von Preußen ist zum General-
gouverneur der Provinzen Rheinland und Westfalen ernannt worden,
und wird sich übermorgen mit seiner Gemahlin und seinen beiden Kin-
dern nach dem Rhein begeben um dort seinen Aufenthalt zu nehmen,
sowie zugleich den Oberbefehl über das 7te und 8te Armeecorps zu füh-
ren. Morgen will der Prinz von der Garde Abschied nehmen, weßhalb
er, wie es heißt, die verschiedenen Regimenter in ihren Casernen besuchen
wird. Man verspricht sich von dem Aufenthalte des präsumtiven Thron-
folgers am Rhein sehr viel Gutes, da der Prinz gewiß Gelegenheit ha-
ben wird die wahre Stimmung der Provinz kennen zu lernen und dieß
von manchem wohlthätigen Einfluß auf den weitern Gang unserer po-
litischen Reformen seyn dürfte. Kriegsreserven treffen hier von allen
Seiten ein, und die morgen von Magdeburg nach dem Rhein marschi-
renden Regimenter werden dort durch nachrückende Truppen aus der
Mark ersetzt. Jn Magdeburg ist der neuevangelischen Gemeinde, die
heute ihren Gottesdienst auf freiem Markte halten wollte, der Mitge-
brauch einer der ihr zu diesem Behuf von der betreffenden Parochie
angebotenen Kirche nunmehr verstattet worden. -- Die hier anwesende
Bürgerdeputation aus Breslau hat bis jetzt noch keine Audienz bei Sr.
Maj. erhalten, da der König keinerlei Adresse persönlich in Empfang
nehmen will. Der "Zeitungshalle", die in der Regel sehr detaillirte Be-
richte über die hiesigen Stadtverordneten-Verhandlungen enthält, ist
von der Censur nicht verstattet worden eine vollständige Relation über
die beiden letzten sehr aufgeregten Sitzungen zu liefern.

Oesterreich.

Unter den Vortragsgegenständen
für die Versammlung der niederösterreichischen drei oberen Stände am
15 März d. J. sind als die wichtigeren verzeichnet: 1) Erledigung über
die Vorstellung wegen Verweigerung der Robotleistung und der Zehent-
Entrichtung auf einigen niederösterreichischen Herrschaften. 2) Die be-
willigte Umlage einer Summe von 207,300 fl. C.-M. auf den Domesti-
calbeitrag für das Jahr 1848. 3) Die Regulirung des Schulwesens.
4) Gutachten über die nachgesuchte Errichtung einer niederösterreichisch
ständischen Creditanstalt, welche von den höchsten Behörden unter den
gegenwärtigen Umständen in der angetragenen Weise für unzulässig er-
klärt wurde. 5) Vortrag wegen gänzlicher Aufhebung der Octava. 6)
Gutachten über das Einschreiten mehrerer Landesmitglieder wegen Bei-
ziehung des vierten Standes zu allen ständischen Berathungen. 7) Gut-
achten über den Antrag des ständischen Comite zur Verewigung des
Andenkens an Se. kais. Hoh. den Erzherzog Karl. 8) Gutachten über
den Vorschlag wegen Erwirkung eines Preßgesetzes. 9) Gutachten in Be-
treff des unter der Steuer-Postulatsumme begriffenen Zuschusses. 10)
[Spaltenumbruch] Vortrag wegen Ermäßigung der Verzehrungssteuer und Stempeltaxen.
11) Vortrag wegen Verbesserung der Unterrichtsanstalten; 12) wegen
Verbesserung der Schullehrergehülfen auf dem Lande; 13) wegen Ab-
fassung einer Gemeindeordnung etc. Den Verhandlungen der nieder-
österreichischen Stände ist bei den gegenwärtigen erschütternden Ereig-
nissen die größte Aufmerksamkeit zugewendet, und allenthalben im Pu-
blicum erwartet man während der Dauer dieses Landtages die aller-
höchste Schlußfassung über viele wichtige Verwaltungsreformen, mit deren
Vorarbeiten sich die oberste Staatsverwaltung befassen soll. Jetzt, da
sich alles um uns energisch bewegt und dem vernünftigen Fortschritt mit
höchster Begeisterung huldigt, wo die Jnteressen des Tages die untersten
Volksclassen beschäftigen, ist ein Stillstehen unmöglich geworden; zu
mächtig haben die Pariser Ereignisse alles ergriffen; dabei ist der
Wunsch den Frieden zu erhalten immer vorwaltend. Das Mißtrauen
hat so sehr namentlich die mittlere Volksclasse ergriffen daß jeder sich
beeilt sich der Banknoten zu entledigen und dafür baare Münze zu ver-
langen. Um hierüber zu beruhigen, ist ein Rescript an sämmtliche Ge-
werbe welche sich mit dem Verkaufe von täglichen Lebensmitteln befas-
sen, ergangen daß sie beim Ankauf von Waaren Banknoten anzunehmen
und diese auf Verlangen gegen Silbergeld anzuwechseln haben, da ihnen
die kaiserl. privilegirte Nationalbank jede beliebige Menge baaren Sil-
bergeldes gegen Banknoten fortan verabfolgt. Zugleich wurde den Ge-
werbsgenossen bedeutet daß jeder sich mit der nothwendigen Baarschaft
zur Auswechslung der Banknoten zu versehen habe, und daß jede Art
vorkommende Beschwerde der Parteien streng geahndet werden wird.
(Allg. Preuß. Ztg.)


Die Aufregung der Gemüther ist noch
immer groß, und wie sollte sie auch anders! Die Wünsche von denen
man Besserung erwartet, sprechen sich im Augenblick der Gefahr die der
Welt droht, dringlicher aus, und es steht zu glauben daß die Staats-
verwaltung den von den Ständen und dem Volk angestrebten Aende-
rungen mit geeigneten, schon lange in Verhandlung begriffenen Vor-
lagen entgegenkommen werde. Es läßt sich nicht zweifeln daß dadurch
die nothwendige monarchische Einheit, die für Oesterreich eine Bedin-
gung der Existenz ist, mit der selbständigeren Bewegung der Stände
und der Communen am sichersten vermittelt werde. Man muß in Deutsch-
land nicht vergessen, und noch weniger in Oesterreich selbst, daß die
österreichische Monarchie mit ihren verbundenen heterogenen Nationa-
litäten sich in einer exceptionellen Stellung befindet, die ihr nicht ge-
stattet wie solche Staaten vorzugehen wo sich diese Rücksichten nicht ent-
gegenstellen. Wäre sie eine rein deutsche, so könnte und würde auch
unser Gang ein anderer seyn. Ruht auch die Grundwurzel der Monarchie
tief und unerschütterlich in deutschem Boden, so gehen doch eben so
mächtige Seitenwurzeln nach vielen Richtungen hin, die sich nicht los-
lösen lassen ohne dem Mittelpunkt das Leben zu entziehen. Wir
geben zu bedenken wieviel der österreichische Staatenverband in seiner
Gesammtheit zu den Zeiten der schwersten Kämpfe dem deutschen Volk
Hülse geleistet, welches Gewicht er in die Wagschale deutscher Geschicke
gelegt, wieviel Anstrengungen an Gut und Blut er gemacht hat
um die deutschen Gränzen wieder zu gewinnen. Wir fragen: wie oft
und wielange stand nicht Oesterreich allein zur Abwehr, und war fast
alles was von Deutschland übrig geblieben war? Das sollte im gegen-
wärtigen Augenblick nirgends vergessen werden. Dieselben Rücksichten
sind geblieben. Nie wird Oesterreich der deutschen Sache untreu
werden; aber man lasse es ruhig gewähren, und nach seiner Weise,
und nach seinen Bedürfnissen wird es die Fragen der Zeit in
seinem Jnnern lösen und, wie wir zuversichtlich hoffen, im Sinn des
wahren Fortschritts der die Kräfte zusammenhält, und nicht anarchisch
versplittert! Wir werden unsere häuslichen Zwiste austragen, wir
werden heischen und man wird gewähren; aber wir rufen mit den bel-
gischen Parteien: "Fort mit allem Streit, zu dem der Tag schon wieder
kommen wird! Fort damit in einem Augenblick wo Einheit allein den
Staat wie die Jndividuen retten kann!" Morgen versammeln sich die
niederösterreichischen Stände, und man erwartet ein zeitgemäßes Ein-
gehen der Regierung in ihre Wünsche. Wir glauben um so zuversicht-
licher es werde geschehen was noththut, denn die Mahnungen der Zeit
schlagen zu ernst an das Ohr jeder Regierung um sie überhören zu
können.

Jn Wiener Berichten des neuesten Hefts der Grenzboten liest
man: Wer jetzt nur einige Stunden Polizeipräsident in Wien wäre, um
eine Uebersicht über alle die Scenen, Aeußerungen, Wünsche und Be-

[Spaltenumbruch]

Der hieſigen Reformbewegung iſt die
Polizei zu Hülfe gekommen. In vergangener Nacht hatte Senator
Heintze auf wehrloſe Studenten durch die Gendarmerie einhauen laſſen.
Acht Perſonen ſollen mehr oder weniger gefährlich verwundet ſeyn. Die
Studenten riefen den Schutz des akademiſchen Senats an, und während
derſelbe dieſen Morgen verſammelt war, beſetzten ſchon Cuiraſſiere den
Markt. Dieß brachte denn auch die Bürgerſchaft auf. Der Magiſtrat
verſammelte ſich auf dem Rathhauſe, und mit ihm ſetzten es die Bürger
in aller Ordnung durch daß das Militär zurückgezogen und die Auf-
rechthaltung der Ordnung den Bürgerſchützencompagnien die hier be-
ſtehen übertragen wurde. Zugleich wurde jetzt die Reformadreſſe, die
früher nicht die hinlängliche Unterſtützung im Magiſtrat gefunden
hatte, beſchloſſen. Eine Deputation der Univerſität iſt nach Hannover
unterwegs, eine andere der Stadt wird unverzüglich folgen. Alles iſt
ruhig.

Preußen.

Bei den nächſten ge-
wöhnlichen Controlverſammlungen der Landwehr wird ein Tagsbefehl
verleſen werden, daß der König die Reſerve ausſchließlich zur Sicher-
ſtellung der Rheinprovinz und der Feſtungen einberufen habe. Zu den
Waffen greifen wolle Se. Maj. nur dann wenn die Unabhängigkeit des
Vaterlandes durch einen Angriff von außen wirklich bedroht wird.
(Köln. Ztg.)


Der König hat ſämmtliche verurtheilte Polen,
welche um Gnade eingekommen ſind, begnadigt. Den zum Tode Verur-
theilten iſt die Strafe in eine ſechsjährige Feſtungshaft verwandelt wor-
den. Die begnadigten Gymnaſiaſten dürfen indeſſen erſt, wie hinzuge-
fügt wird, mit ihrem 24ſten Lebensjahre nach der Provinz Poſen zurück-
kehren; bis zu dieſem Zeitpunkte können ſie ſich, mit Ausnahme der ge-
dachten Provinz, aufhalten wo ſie wollen. — Wie Dr. Freyberg wurde
Hofrath v. Wedeke freigeſprochen. (S. Ztg.)


Der Prinz von Preußen iſt zum General-
gouverneur der Provinzen Rheinland und Weſtfalen ernannt worden,
und wird ſich übermorgen mit ſeiner Gemahlin und ſeinen beiden Kin-
dern nach dem Rhein begeben um dort ſeinen Aufenthalt zu nehmen,
ſowie zugleich den Oberbefehl über das 7te und 8te Armeecorps zu füh-
ren. Morgen will der Prinz von der Garde Abſchied nehmen, weßhalb
er, wie es heißt, die verſchiedenen Regimenter in ihren Caſernen beſuchen
wird. Man verſpricht ſich von dem Aufenthalte des präſumtiven Thron-
folgers am Rhein ſehr viel Gutes, da der Prinz gewiß Gelegenheit ha-
ben wird die wahre Stimmung der Provinz kennen zu lernen und dieß
von manchem wohlthätigen Einfluß auf den weitern Gang unſerer po-
litiſchen Reformen ſeyn dürfte. Kriegsreſerven treffen hier von allen
Seiten ein, und die morgen von Magdeburg nach dem Rhein marſchi-
renden Regimenter werden dort durch nachrückende Truppen aus der
Mark erſetzt. Jn Magdeburg iſt der neuevangeliſchen Gemeinde, die
heute ihren Gottesdienſt auf freiem Markte halten wollte, der Mitge-
brauch einer der ihr zu dieſem Behuf von der betreffenden Parochie
angebotenen Kirche nunmehr verſtattet worden. — Die hier anweſende
Bürgerdeputation aus Breslau hat bis jetzt noch keine Audienz bei Sr.
Maj. erhalten, da der König keinerlei Adreſſe perſönlich in Empfang
nehmen will. Der „Zeitungshalle“, die in der Regel ſehr detaillirte Be-
richte über die hieſigen Stadtverordneten-Verhandlungen enthält, iſt
von der Cenſur nicht verſtattet worden eine vollſtändige Relation über
die beiden letzten ſehr aufgeregten Sitzungen zu liefern.

Oeſterreich.

Unter den Vortragsgegenſtänden
für die Verſammlung der niederöſterreichiſchen drei oberen Stände am
15 März d. J. ſind als die wichtigeren verzeichnet: 1) Erledigung über
die Vorſtellung wegen Verweigerung der Robotleiſtung und der Zehent-
Entrichtung auf einigen niederöſterreichiſchen Herrſchaften. 2) Die be-
willigte Umlage einer Summe von 207,300 fl. C.-M. auf den Domeſti-
calbeitrag für das Jahr 1848. 3) Die Regulirung des Schulweſens.
4) Gutachten über die nachgeſuchte Errichtung einer niederöſterreichiſch
ſtändiſchen Creditanſtalt, welche von den höchſten Behörden unter den
gegenwärtigen Umſtänden in der angetragenen Weiſe für unzuläſſig er-
klärt wúrde. 5) Vortrag wegen gänzlicher Aufhebung der Octava. 6)
Gutachten über das Einſchreiten mehrerer Landesmitglieder wegen Bei-
ziehung des vierten Standes zu allen ſtändiſchen Berathungen. 7) Gut-
achten über den Antrag des ſtändiſchen Comité zur Verewigung des
Andenkens an Se. kaiſ. Hoh. den Erzherzog Karl. 8) Gutachten über
den Vorſchlag wegen Erwirkung eines Preßgeſetzes. 9) Gutachten in Be-
treff des unter der Steuer-Poſtulatſumme begriffenen Zuſchuſſes. 10)
[Spaltenumbruch] Vortrag wegen Ermäßigung der Verzehrungsſteuer und Stempeltaxen.
11) Vortrag wegen Verbeſſerung der Unterrichtsanſtalten; 12) wegen
Verbeſſerung der Schullehrergehülfen auf dem Lande; 13) wegen Ab-
faſſung einer Gemeindeordnung ꝛc. Den Verhandlungen der nieder-
öſterreichiſchen Stände iſt bei den gegenwärtigen erſchütternden Ereig-
niſſen die größte Aufmerkſamkeit zugewendet, und allenthalben im Pu-
blicum erwartet man während der Dauer dieſes Landtages die aller-
höchſte Schlußfaſſung über viele wichtige Verwaltungsreformen, mit deren
Vorarbeiten ſich die oberſte Staatsverwaltung befaſſen ſoll. Jetzt, da
ſich alles um uns energiſch bewegt und dem vernünftigen Fortſchritt mit
höchſter Begeiſterung huldigt, wo die Jntereſſen des Tages die unterſten
Volksclaſſen beſchäftigen, iſt ein Stillſtehen unmöglich geworden; zu
mächtig haben die Pariſer Ereigniſſe alles ergriffen; dabei iſt der
Wunſch den Frieden zu erhalten immer vorwaltend. Das Mißtrauen
hat ſo ſehr namentlich die mittlere Volksclaſſe ergriffen daß jeder ſich
beeilt ſich der Banknoten zu entledigen und dafür baare Münze zu ver-
langen. Um hierüber zu beruhigen, iſt ein Reſcript an ſämmtliche Ge-
werbe welche ſich mit dem Verkaufe von täglichen Lebensmitteln befaſ-
ſen, ergangen daß ſie beim Ankauf von Waaren Banknoten anzunehmen
und dieſe auf Verlangen gegen Silbergeld anzuwechſeln haben, da ihnen
die kaiſerl. privilegirte Nationalbank jede beliebige Menge baaren Sil-
bergeldes gegen Banknoten fortan verabfolgt. Zugleich wurde den Ge-
werbsgenoſſen bedeutet daß jeder ſich mit der nothwendigen Baarſchaft
zur Auswechslung der Banknoten zu verſehen habe, und daß jede Art
vorkommende Beſchwerde der Parteien ſtreng geahndet werden wird.
(Allg. Preuß. Ztg.)


Die Aufregung der Gemüther iſt noch
immer groß, und wie ſollte ſie auch anders! Die Wünſche von denen
man Beſſerung erwartet, ſprechen ſich im Augenblick der Gefahr die der
Welt droht, dringlicher aus, und es ſteht zu glauben daß die Staats-
verwaltung den von den Ständen und dem Volk angeſtrebten Aende-
rungen mit geeigneten, ſchon lange in Verhandlung begriffenen Vor-
lagen entgegenkommen werde. Es läßt ſich nicht zweifeln daß dadurch
die nothwendige monarchiſche Einheit, die für Oeſterreich eine Bedin-
gung der Exiſtenz iſt, mit der ſelbſtändigeren Bewegung der Stände
und der Communen am ſicherſten vermittelt werde. Man muß in Deutſch-
land nicht vergeſſen, und noch weniger in Oeſterreich ſelbſt, daß die
öſterreichiſche Monarchie mit ihren verbundenen heterogenen Nationa-
litäten ſich in einer exceptionellen Stellung befindet, die ihr nicht ge-
ſtattet wie ſolche Staaten vorzugehen wo ſich dieſe Rückſichten nicht ent-
gegenſtellen. Wäre ſie eine rein deutſche, ſo könnte und würde auch
unſer Gang ein anderer ſeyn. Ruht auch die Grundwurzel der Monarchie
tief und unerſchütterlich in deutſchem Boden, ſo gehen doch eben ſo
mächtige Seitenwurzeln nach vielen Richtungen hin, die ſich nicht los-
löſen laſſen ohne dem Mittelpunkt das Leben zu entziehen. Wir
geben zu bedenken wieviel der öſterreichiſche Staatenverband in ſeiner
Geſammtheit zu den Zeiten der ſchwerſten Kämpfe dem deutſchen Volk
Hülſe geleiſtet, welches Gewicht er in die Wagſchale deutſcher Geſchicke
gelegt, wieviel Anſtrengungen an Gut und Blut er gemacht hat
um die deutſchen Gränzen wieder zu gewinnen. Wir fragen: wie oft
und wielange ſtand nicht Oeſterreich allein zur Abwehr, und war faſt
alles was von Deutſchland übrig geblieben war? Das ſollte im gegen-
wärtigen Augenblick nirgends vergeſſen werden. Dieſelben Rückſichten
ſind geblieben. Nie wird Oeſterreich der deutſchen Sache untreu
werden; aber man laſſe es ruhig gewähren, und nach ſeiner Weiſe,
und nach ſeinen Bedürfniſſen wird es die Fragen der Zeit in
ſeinem Jnnern löſen und, wie wir zuverſichtlich hoffen, im Sinn des
wahren Fortſchritts der die Kräfte zuſammenhält, und nicht anarchiſch
verſplittert! Wir werden unſere häuslichen Zwiſte austragen, wir
werden heiſchen und man wird gewähren; aber wir rufen mit den bel-
giſchen Parteien: „Fort mit allem Streit, zu dem der Tag ſchon wieder
kommen wird! Fort damit in einem Augenblick wo Einheit allein den
Staat wie die Jndividuen retten kann!“ Morgen verſammeln ſich die
niederöſterreichiſchen Stände, und man erwartet ein zeitgemäßes Ein-
gehen der Regierung in ihre Wünſche. Wir glauben um ſo zuverſicht-
licher es werde geſchehen was noththut, denn die Mahnungen der Zeit
ſchlagen zu ernſt an das Ohr jeder Regierung um ſie überhören zu
können.

Jn Wiener Berichten des neueſten Hefts der Grenzboten liest
man: Wer jetzt nur einige Stunden Polizeipräſident in Wien wäre, um
eine Ueberſicht über alle die Scenen, Aeußerungen, Wünſche und Be-

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[1205/0005] * Göttingen, 12 März. Der hieſigen Reformbewegung iſt die Polizei zu Hülfe gekommen. In vergangener Nacht hatte Senator Heintze auf wehrloſe Studenten durch die Gendarmerie einhauen laſſen. Acht Perſonen ſollen mehr oder weniger gefährlich verwundet ſeyn. Die Studenten riefen den Schutz des akademiſchen Senats an, und während derſelbe dieſen Morgen verſammelt war, beſetzten ſchon Cuiraſſiere den Markt. Dieß brachte denn auch die Bürgerſchaft auf. Der Magiſtrat verſammelte ſich auf dem Rathhauſe, und mit ihm ſetzten es die Bürger in aller Ordnung durch daß das Militär zurückgezogen und die Auf- rechthaltung der Ordnung den Bürgerſchützencompagnien die hier be- ſtehen übertragen wurde. Zugleich wurde jetzt die Reformadreſſe, die früher nicht die hinlängliche Unterſtützung im Magiſtrat gefunden hatte, beſchloſſen. Eine Deputation der Univerſität iſt nach Hannover unterwegs, eine andere der Stadt wird unverzüglich folgen. Alles iſt ruhig. Preußen. Koblenz, 14 März. Bei den nächſten ge- wöhnlichen Controlverſammlungen der Landwehr wird ein Tagsbefehl verleſen werden, daß der König die Reſerve ausſchließlich zur Sicher- ſtellung der Rheinprovinz und der Feſtungen einberufen habe. Zu den Waffen greifen wolle Se. Maj. nur dann wenn die Unabhängigkeit des Vaterlandes durch einen Angriff von außen wirklich bedroht wird. (Köln. Ztg.) Berlin, 8 März. Der König hat ſämmtliche verurtheilte Polen, welche um Gnade eingekommen ſind, begnadigt. Den zum Tode Verur- theilten iſt die Strafe in eine ſechsjährige Feſtungshaft verwandelt wor- den. Die begnadigten Gymnaſiaſten dürfen indeſſen erſt, wie hinzuge- fügt wird, mit ihrem 24ſten Lebensjahre nach der Provinz Poſen zurück- kehren; bis zu dieſem Zeitpunkte können ſie ſich, mit Ausnahme der ge- dachten Provinz, aufhalten wo ſie wollen. — Wie Dr. Freyberg wurde Hofrath v. Wedeke freigeſprochen. (S. Ztg.) &#x1D6E4; Berlin, 12 März. Der Prinz von Preußen iſt zum General- gouverneur der Provinzen Rheinland und Weſtfalen ernannt worden, und wird ſich übermorgen mit ſeiner Gemahlin und ſeinen beiden Kin- dern nach dem Rhein begeben um dort ſeinen Aufenthalt zu nehmen, ſowie zugleich den Oberbefehl über das 7te und 8te Armeecorps zu füh- ren. Morgen will der Prinz von der Garde Abſchied nehmen, weßhalb er, wie es heißt, die verſchiedenen Regimenter in ihren Caſernen beſuchen wird. Man verſpricht ſich von dem Aufenthalte des präſumtiven Thron- folgers am Rhein ſehr viel Gutes, da der Prinz gewiß Gelegenheit ha- ben wird die wahre Stimmung der Provinz kennen zu lernen und dieß von manchem wohlthätigen Einfluß auf den weitern Gang unſerer po- litiſchen Reformen ſeyn dürfte. Kriegsreſerven treffen hier von allen Seiten ein, und die morgen von Magdeburg nach dem Rhein marſchi- renden Regimenter werden dort durch nachrückende Truppen aus der Mark erſetzt. Jn Magdeburg iſt der neuevangeliſchen Gemeinde, die heute ihren Gottesdienſt auf freiem Markte halten wollte, der Mitge- brauch einer der ihr zu dieſem Behuf von der betreffenden Parochie angebotenen Kirche nunmehr verſtattet worden. — Die hier anweſende Bürgerdeputation aus Breslau hat bis jetzt noch keine Audienz bei Sr. Maj. erhalten, da der König keinerlei Adreſſe perſönlich in Empfang nehmen will. Der „Zeitungshalle“, die in der Regel ſehr detaillirte Be- richte über die hieſigen Stadtverordneten-Verhandlungen enthält, iſt von der Cenſur nicht verſtattet worden eine vollſtändige Relation über die beiden letzten ſehr aufgeregten Sitzungen zu liefern. Oeſterreich. Wien, 7 März. Unter den Vortragsgegenſtänden für die Verſammlung der niederöſterreichiſchen drei oberen Stände am 15 März d. J. ſind als die wichtigeren verzeichnet: 1) Erledigung über die Vorſtellung wegen Verweigerung der Robotleiſtung und der Zehent- Entrichtung auf einigen niederöſterreichiſchen Herrſchaften. 2) Die be- willigte Umlage einer Summe von 207,300 fl. C.-M. auf den Domeſti- calbeitrag für das Jahr 1848. 3) Die Regulirung des Schulweſens. 4) Gutachten über die nachgeſuchte Errichtung einer niederöſterreichiſch ſtändiſchen Creditanſtalt, welche von den höchſten Behörden unter den gegenwärtigen Umſtänden in der angetragenen Weiſe für unzuläſſig er- klärt wúrde. 5) Vortrag wegen gänzlicher Aufhebung der Octava. 6) Gutachten über das Einſchreiten mehrerer Landesmitglieder wegen Bei- ziehung des vierten Standes zu allen ſtändiſchen Berathungen. 7) Gut- achten über den Antrag des ſtändiſchen Comité zur Verewigung des Andenkens an Se. kaiſ. Hoh. den Erzherzog Karl. 8) Gutachten über den Vorſchlag wegen Erwirkung eines Preßgeſetzes. 9) Gutachten in Be- treff des unter der Steuer-Poſtulatſumme begriffenen Zuſchuſſes. 10) Vortrag wegen Ermäßigung der Verzehrungsſteuer und Stempeltaxen. 11) Vortrag wegen Verbeſſerung der Unterrichtsanſtalten; 12) wegen Verbeſſerung der Schullehrergehülfen auf dem Lande; 13) wegen Ab- faſſung einer Gemeindeordnung ꝛc. Den Verhandlungen der nieder- öſterreichiſchen Stände iſt bei den gegenwärtigen erſchütternden Ereig- niſſen die größte Aufmerkſamkeit zugewendet, und allenthalben im Pu- blicum erwartet man während der Dauer dieſes Landtages die aller- höchſte Schlußfaſſung über viele wichtige Verwaltungsreformen, mit deren Vorarbeiten ſich die oberſte Staatsverwaltung befaſſen ſoll. Jetzt, da ſich alles um uns energiſch bewegt und dem vernünftigen Fortſchritt mit höchſter Begeiſterung huldigt, wo die Jntereſſen des Tages die unterſten Volksclaſſen beſchäftigen, iſt ein Stillſtehen unmöglich geworden; zu mächtig haben die Pariſer Ereigniſſe alles ergriffen; dabei iſt der Wunſch den Frieden zu erhalten immer vorwaltend. Das Mißtrauen hat ſo ſehr namentlich die mittlere Volksclaſſe ergriffen daß jeder ſich beeilt ſich der Banknoten zu entledigen und dafür baare Münze zu ver- langen. Um hierüber zu beruhigen, iſt ein Reſcript an ſämmtliche Ge- werbe welche ſich mit dem Verkaufe von täglichen Lebensmitteln befaſ- ſen, ergangen daß ſie beim Ankauf von Waaren Banknoten anzunehmen und dieſe auf Verlangen gegen Silbergeld anzuwechſeln haben, da ihnen die kaiſerl. privilegirte Nationalbank jede beliebige Menge baaren Sil- bergeldes gegen Banknoten fortan verabfolgt. Zugleich wurde den Ge- werbsgenoſſen bedeutet daß jeder ſich mit der nothwendigen Baarſchaft zur Auswechslung der Banknoten zu verſehen habe, und daß jede Art vorkommende Beſchwerde der Parteien ſtreng geahndet werden wird. (Allg. Preuß. Ztg.) = Wien, 12 März. Die Aufregung der Gemüther iſt noch immer groß, und wie ſollte ſie auch anders! Die Wünſche von denen man Beſſerung erwartet, ſprechen ſich im Augenblick der Gefahr die der Welt droht, dringlicher aus, und es ſteht zu glauben daß die Staats- verwaltung den von den Ständen und dem Volk angeſtrebten Aende- rungen mit geeigneten, ſchon lange in Verhandlung begriffenen Vor- lagen entgegenkommen werde. Es läßt ſich nicht zweifeln daß dadurch die nothwendige monarchiſche Einheit, die für Oeſterreich eine Bedin- gung der Exiſtenz iſt, mit der ſelbſtändigeren Bewegung der Stände und der Communen am ſicherſten vermittelt werde. Man muß in Deutſch- land nicht vergeſſen, und noch weniger in Oeſterreich ſelbſt, daß die öſterreichiſche Monarchie mit ihren verbundenen heterogenen Nationa- litäten ſich in einer exceptionellen Stellung befindet, die ihr nicht ge- ſtattet wie ſolche Staaten vorzugehen wo ſich dieſe Rückſichten nicht ent- gegenſtellen. Wäre ſie eine rein deutſche, ſo könnte und würde auch unſer Gang ein anderer ſeyn. Ruht auch die Grundwurzel der Monarchie tief und unerſchütterlich in deutſchem Boden, ſo gehen doch eben ſo mächtige Seitenwurzeln nach vielen Richtungen hin, die ſich nicht los- löſen laſſen ohne dem Mittelpunkt das Leben zu entziehen. Wir geben zu bedenken wieviel der öſterreichiſche Staatenverband in ſeiner Geſammtheit zu den Zeiten der ſchwerſten Kämpfe dem deutſchen Volk Hülſe geleiſtet, welches Gewicht er in die Wagſchale deutſcher Geſchicke gelegt, wieviel Anſtrengungen an Gut und Blut er gemacht hat um die deutſchen Gränzen wieder zu gewinnen. Wir fragen: wie oft und wielange ſtand nicht Oeſterreich allein zur Abwehr, und war faſt alles was von Deutſchland übrig geblieben war? Das ſollte im gegen- wärtigen Augenblick nirgends vergeſſen werden. Dieſelben Rückſichten ſind geblieben. Nie wird Oeſterreich der deutſchen Sache untreu werden; aber man laſſe es ruhig gewähren, und nach ſeiner Weiſe, und nach ſeinen Bedürfniſſen wird es die Fragen der Zeit in ſeinem Jnnern löſen und, wie wir zuverſichtlich hoffen, im Sinn des wahren Fortſchritts der die Kräfte zuſammenhält, und nicht anarchiſch verſplittert! Wir werden unſere häuslichen Zwiſte austragen, wir werden heiſchen und man wird gewähren; aber wir rufen mit den bel- giſchen Parteien: „Fort mit allem Streit, zu dem der Tag ſchon wieder kommen wird! Fort damit in einem Augenblick wo Einheit allein den Staat wie die Jndividuen retten kann!“ Morgen verſammeln ſich die niederöſterreichiſchen Stände, und man erwartet ein zeitgemäßes Ein- gehen der Regierung in ihre Wünſche. Wir glauben um ſo zuverſicht- licher es werde geſchehen was noththut, denn die Mahnungen der Zeit ſchlagen zu ernſt an das Ohr jeder Regierung um ſie überhören zu können. Jn Wiener Berichten des neueſten Hefts der Grenzboten liest man: Wer jetzt nur einige Stunden Polizeipräſident in Wien wäre, um eine Ueberſicht über alle die Scenen, Aeußerungen, Wünſche und Be-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 76, 16. März 1848, S. 1205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine76_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.