Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 23. März 1848.
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Befriedigung geführt, und das Ende sey noch nicht ab- K. Hannover. * Hannover, 18 März. Wir haben hier ge- Preußen. Vom Rhein, 14 März. Da die alten deutschen Reichs- Die gestern mitgetheilte königliche Ansprache "An meine lieben Ber- "Ich habe be- Berlin, den 19 März 1848.Friedrich Wilhelm. Graf Arnim." + Berlin, 19 März Mittags. Notiren Sie Tag und Stunde:
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Befriedigung geführt, und das Ende ſey noch nicht ab- K. Hannover. * Hannover, 18 März. Wir haben hier ge- Preußen. Vom Rhein, 14 März. Da die alten deutſchen Reichs- Die geſtern mitgetheilte königliche Anſprache „An meine lieben Ber- „Ich habe be- Berlin, den 19 März 1848.Friedrich Wilhelm. Graf Arnim.“ ┴ Berlin, 19 März Mittags. Notiren Sie Tag und Stunde: <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <p> <hi rendition="#g"><pb facs="#f0004" n="1316"/><cb/> Befriedigung geführt, und das Ende ſey noch nicht ab-<lb/> zuſehen.</hi> </p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">K. Hannover.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Hannover,</hi> 18 März.</dateline> <p>Wir haben hier ge-<lb/> ſtern eine Reformbewegung gehabt die entſchieden genug gemeint war.<lb/> Der Urſprung derſelben geht auf die erſte Reformpetition des Magi-<lb/> ſtrats und Bürgervorſtehercollegiums vom 6 d. M. zurück. In der<lb/> Bürgerſchaft war man empört über das damalige Verhalten des Magi-<lb/> ſtrats, der bekanntlich jene Petition in größter Heimlichkeit Abends ins<lb/> königliche Schloß geſchickt hatte. Eine Anzahl der beſſeren Bürger trat<lb/> zuſammen und entwarf eine Adreſſe an den Magiſtrat worin dieſem<lb/> über ſeine „in den äußerſten Gränzen der Beſcheidenheit gehaltenen<lb/> Schritte“ gerechte Vorwürfe gemacht, und zugleich die Deſtderien aufge-<lb/> ſtellt wurden welche für eine nochmalige an den König zu richtende Pe-<lb/> tition dieſem zur Genehmigung vorgelegt werden ſollten. Die Procla-<lb/> mation des Königs vom 14 d. worin er ſich über die an ihn gerichteten<lb/> Reformpetitionen ausſpricht, änderte in jener Abſicht nichts. In größ-<lb/> ter Ruhe und Ordnung fand am 16 eine ſehr zahlreich beſuchte Bürger-<lb/> verſammlung auf dem Rathhauſe ſtatt, wo die Adreſſe an den Magiſtrat<lb/> vorgeleſen und mit zahlreichen Unterſchriften verſehen wurde. Der<lb/> Magiſtrat nahm dieſelbe dann entgegen, und verſprach ein entſchiedene-<lb/> res Auftreten. Die Adreſſe ſollte mit einer dieſelbe begleitenden und<lb/> auf ſie ſich ſtützenden Petition des Magiſtrats dem König übergeben<lb/> werden, und dießmal öffentlich und am hellen Tage, nämlich am andern<lb/> Tage den 17 Mittags 12 Uhr. Inzwiſchen hatte der Landdroſt v. Da-<lb/> chenhauſen von den beabſichtigten Schritten Kunde erhalten. Von die-<lb/> ſem war, wie es heißt, der Plan ausgegangen wie man die erſte Re-<lb/> formbewegung vom 6 zu beſeitigen wußte, und ſo verſuchte derſelbe denn<lb/> auch am Abend des 16 und Morgens des 17 aufs neue ſeine Künſte ſo-<lb/> wohl beim Magiſtrat als bei einigen Leitern der Bewegung in der Bür-<lb/> gerſchaft. Inwieweit dieſe Schritte gelungen, iſt noch nicht ganz klar<lb/> abzuſehen; gewiß iſt daß Leute welche noch am Tage zuvor einer Maſ-<lb/> ſendemonſtration das Wort geredet hatten, am 17 als die Bürgerſchaft<lb/> ſich in Maſſe vom Rathhauſe zum königl. Schloß verfügen wollte um<lb/> die Petition zu übergeben, von einer ſolchen Demonſtration dringend<lb/> abriethen. Indeſſen vergeblich. Denn die Maſſe war einmal im Fluß.<lb/> Man hörte keinerlei Vermahnungen und verfügte ſich in Maſſe vors k.<lb/> Schloß. Der König war krank und konnte die Deputation nicht em-<lb/> pfangen. Man beſtand aber darauf, und ſo wurde denn die Petition des<lb/> Magiſtrats und die Adreſſe der Bürgerſchaft an den Magiſtrat, dem König<lb/> von dem Cabinetsrath v. Münchhauſen vorgetragen. Es ſollte Beſcheid er-<lb/> folgen, hieß es. Man beſtand auf ſofortiger Antwort. Dieſe erfolgte<lb/> denn auch nach längerem Verhandeln dahin: daß diejenigen Deſiderien<lb/> über welche nur durch und nach Verhandlung mit den Ständen entſchie-<lb/> den werden könne, durch Vorlagen welche dieſen deßhalb gemacht wür-<lb/> den, erledigt werden ſollten. Folgende Punkte aber über welche der Kö-<lb/> nig allein und aus eigener Machtvollkommenheit entſcheiden könne, wur-<lb/> den ſofort bewilligt: 1) ſofortige Aufhebung der Cenſur, vorbehaltlich<lb/> eines den Ständen vorzulegenden Preßgeſetzes; 2) Anerkennung des<lb/> Rechtes zu Verſammlungen und Aſſociationen; 3) Amneſtirung und<lb/> Rehabilitation für alle wegen politiſcher Vergehen Verurtheilten; end-<lb/> lich 4) Oeffentlichkeit der Ständeverhandlungen. Als dieſe Bewilligun-<lb/> gen des Königs der draußen in großer Ruhe und Ordnung harrenden<lb/> Menge mitgetheilt worden waren, ging jeder ruhig nach Haus. Mili-<lb/> tär rückte erſt an als alles vorbei war, und zog darauf wieder ab. Der<lb/> Magiſtrat ließ die beiden Actenſtücke, die Adreſſe der Bürgerſchaft an<lb/> ihn und feine darauf geſtützte Petition an den König nebſt Angabe der<lb/> vom König bewilligten Punkte, ſofort drucken und Abends Haus bei<lb/> Haus vertheilen. Abends fanden mehrfache Auſläufe ſtatt: den Füh-<lb/> rern der Bewegung wurden Lebehoch gebracht, gegen das Hötel des ge-<lb/> heimen Cabinetsraths v. Falcke rückte eine große Menſchenmaſſe in<lb/> ſchlimmer Abſicht heran, fand dasſelbe aber bereits von Militär beſetzt,<lb/> da Demonſtrationen gegen den Hrn. v. Falcke zu erwarten waren. Der<lb/> Militärmacht ungeachtet wurden ſämmtliche Fenſter eingeworfen; der<lb/> Gräfin Grote war ein gleiches zugedacht, indeſſen war man über ihre<lb/> Wohnung ungewiß, und ſo erlitt ein benachbartes Haus den Schaden.<lb/> Auch bei zwei oder drei Polizeiofficianten wurden die Fenſter eingewor-<lb/> fen, und dem Hofmarſchall v. Malortie ſoll dem Vernehmen nach ein<lb/> gleiches geſchehen ſeyn. Vom Polizeiperſonal war kläglicherweiſe nichts<lb/> auf den Straßen zu ſehen, und das Militär benahm ſich den Exceſſen<lb/> gegenüber muſterhaft, indem dasſelbe ohne von der Waffe Gebrauch zu<lb/> machen nur die Haufen auseinander zu treiben ſuchte. Das k. Schloß<lb/><cb/> und Umgebung war durch größere Truppenmaſſen bewacht, auch im Hof<lb/> desſelben einige Cavallerie aufgeſtellt. Gegen 11 Uhr war alles ruhig.<lb/> Auch heute Morgen iſt alles ruhig, nur iſt man auf das ungeheuerſte<lb/> überraſcht in einem Beiblatt der Hannov. Ztg. die beiden ſchon geſtern<lb/> Abend vom Magiſtrat veröffentlichten Petitionen abgedruckt zu ſehen<lb/> (und zwar mit Benutzung desſelben Satzes), die Mittheilung aber über<lb/> die vom König geſtern bewilligten Punkte in ſo weſentlich von der<lb/> vom Magiſtrat veröffentlichten Nachricht abweichender Faſſung <hi rendition="#g">daß<lb/> das was man geſtern für bewilligt halten mußte, heute als<lb/> verweigert oder wenigſtens unbeſtimmt hinausgeſchoben<lb/> erſcheint.</hi> Man iſt geſpannt darauf wie der Magiſtrat dieſer Verſion<lb/> der Hannov. Ztg. gegenüber ſeine Mittheilung vertreten wird. Wie<lb/> man glaubt, ſind für den Abend wieder Ruheſtörungen zu erwarten, und<lb/> es ſind Vorkehrungen dieſerhalb angeordnet.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Preußen.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Vom Rhein,</hi> 14 März.</dateline> <p>Da die alten deutſchen Reichs-<lb/> farben endlich wieder zu Ehren gekommen ſind, ſo werden ſie wohl auch an<lb/> manchen Gegenſtänden angebracht werden, weßhalb es angemeſſen ſcheint<lb/> ſich über ihre richtige Aufeinanderfolge zu verſtändigen. Sie müſſen<lb/> geſchichtlich und heraldiſch aufeinander folgen: ſchwarz, gelb, roth,<lb/> jedenfalls gelb in der Mitte. Für deutſche Cocarden iſt alſo ſchwarz<lb/> im Mittelpunkt, gelb iſt der mittlere und roth der äußere Rand. Die<lb/> ſchwarze Farbe entſpricht dem Reichsadler, die gelbe dem goldenen<lb/> Schilde, und die rothe dem Zipfel oder Wimpel der Reichsfahne. Die<lb/> Franzoſen haben ebenfalls ihre Farben richtig geordnet: blau zuerſt,<lb/> weiß oder Silber in der Mitte, roth am Ende. (<hi rendition="#g">Karlsr. Ztg.</hi>)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <p>Die geſtern mitgetheilte königliche Anſprache „An meine lieben Ber-<lb/> liner“ war am 19 März früh 7 Uhr erſchienen. Gegen 2 Uhr Nach-<lb/> mittags wurde folgende Bekanntmachung angeſchlagen: <floatingText><body><div n="1"><p>„Ich habe be-<lb/> reits geſtern früh die von den bisherigen Miniſtern angebotene Entlaſ-<lb/> ſung angenommen und den Grafen <hi rendition="#g">Arnim</hi> mit der Bildung eines neuen<lb/> Miniſteriums beauftragt. Derſelbe übernimmt den Vorſitz im Staats-<lb/> miniſterium und vorläuſig die Verwaltung des Miniſteriums der aus-<lb/> wärtigen Angelegenheiten und der Verfaſſungsſachen. Dem Grafen<lb/><hi rendition="#g">Schwerin</hi> habe Ich das Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten<lb/> übertragen. Dem noch abweſenden Generallandſchaftsrath v. <hi rendition="#g">Auers-<lb/> wald</hi> ſoll das Miniſterium des Innern, mit Ausnahme des obenerwähn-<lb/> ten dem Grafen Arnim vorbehaltenen Theils deſſen Reſſorts, übertragen<lb/> werden, wenn, wie zu erwarten, derſelbe zu deſſen Uebernahme bereit<lb/> iſt. Die Juſtizminiſter, die Miniſter Graf <hi rendition="#g">Stolberg</hi> und v. <hi rendition="#g">Rohr</hi><lb/> bleiben einſtweilen bis zur weiteren Beſchlußnahme über die Beſetzung<lb/> ihrer Miniſterien auf ihren Poſten. 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Doch Sie müſſen<lb/> mir erlauben in gedrängter Ueberſicht die Vorgänge der ganzen abge-<lb/> laufenen Woche darzuſtellen. Montag der 13 war in vielen großen<lb/> Städten Zeuge von großen Volksbewegungen; in Berlin ſammelten<lb/> ſich große Haufen, meiſt aus Arbeitern beſtehend, und neckten das<lb/> Militär durch Worte und Steinwürſe. Jeden Abend wurde darauf in<lb/> einzelnen Straßen gekämpft, und es fielen Opfer da die Truppen ihre<lb/> anfängliche Mäßigung verließ, die Soldaten von der fortwährenden<lb/> Mühe und Beunruhigung erbittert und von manchem niedern Anführer<lb/> in Wuth gebracht wurden. Viele Officiere behaupteten nämlich es ſey<lb/> nur <hi rendition="#g">Canaille</hi> die man niederſchießen müſſe. Unſer Magiſtrat war<lb/> mehr geſchäftig als thätig, und erſt am Freitag brachte er es dahin<lb/> daß eine bürgerliche Schutzwache, ohne Waffen aber mit Attributen<lb/> ihres Amts bekleidet, zwiſchen den Zorn des Volks und die Wuth der<lb/> Soldaten trat. Auch die ſtudirende Jugend ſchloß ſich dieſer friedlichen<lb/> Wache an, und die Nacht vom Freitag verfloß, Dank dem Zureden dieſer<lb/> akademiſchen und Stadt-Bürger, friedlich. Auch der geſtrige Vormittag<lb/> ging ganz ruhig vorüber, beſonders als ſich die Nachricht verbreitete der<lb/> König bewillige alles. Da entſtand das oben gemeldete Unglück, ganz<lb/> in der Weiſe wie das Mißverſtändniß in Paris. Von jetzt an war dem<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1316/0004]
Befriedigung geführt, und das Ende ſey noch nicht ab-
zuſehen.
K. Hannover.
* Hannover, 18 März.Wir haben hier ge-
ſtern eine Reformbewegung gehabt die entſchieden genug gemeint war.
Der Urſprung derſelben geht auf die erſte Reformpetition des Magi-
ſtrats und Bürgervorſtehercollegiums vom 6 d. M. zurück. In der
Bürgerſchaft war man empört über das damalige Verhalten des Magi-
ſtrats, der bekanntlich jene Petition in größter Heimlichkeit Abends ins
königliche Schloß geſchickt hatte. Eine Anzahl der beſſeren Bürger trat
zuſammen und entwarf eine Adreſſe an den Magiſtrat worin dieſem
über ſeine „in den äußerſten Gränzen der Beſcheidenheit gehaltenen
Schritte“ gerechte Vorwürfe gemacht, und zugleich die Deſtderien aufge-
ſtellt wurden welche für eine nochmalige an den König zu richtende Pe-
tition dieſem zur Genehmigung vorgelegt werden ſollten. Die Procla-
mation des Königs vom 14 d. worin er ſich über die an ihn gerichteten
Reformpetitionen ausſpricht, änderte in jener Abſicht nichts. In größ-
ter Ruhe und Ordnung fand am 16 eine ſehr zahlreich beſuchte Bürger-
verſammlung auf dem Rathhauſe ſtatt, wo die Adreſſe an den Magiſtrat
vorgeleſen und mit zahlreichen Unterſchriften verſehen wurde. Der
Magiſtrat nahm dieſelbe dann entgegen, und verſprach ein entſchiedene-
res Auftreten. Die Adreſſe ſollte mit einer dieſelbe begleitenden und
auf ſie ſich ſtützenden Petition des Magiſtrats dem König übergeben
werden, und dießmal öffentlich und am hellen Tage, nämlich am andern
Tage den 17 Mittags 12 Uhr. Inzwiſchen hatte der Landdroſt v. Da-
chenhauſen von den beabſichtigten Schritten Kunde erhalten. Von die-
ſem war, wie es heißt, der Plan ausgegangen wie man die erſte Re-
formbewegung vom 6 zu beſeitigen wußte, und ſo verſuchte derſelbe denn
auch am Abend des 16 und Morgens des 17 aufs neue ſeine Künſte ſo-
wohl beim Magiſtrat als bei einigen Leitern der Bewegung in der Bür-
gerſchaft. Inwieweit dieſe Schritte gelungen, iſt noch nicht ganz klar
abzuſehen; gewiß iſt daß Leute welche noch am Tage zuvor einer Maſ-
ſendemonſtration das Wort geredet hatten, am 17 als die Bürgerſchaft
ſich in Maſſe vom Rathhauſe zum königl. Schloß verfügen wollte um
die Petition zu übergeben, von einer ſolchen Demonſtration dringend
abriethen. Indeſſen vergeblich. Denn die Maſſe war einmal im Fluß.
Man hörte keinerlei Vermahnungen und verfügte ſich in Maſſe vors k.
Schloß. Der König war krank und konnte die Deputation nicht em-
pfangen. Man beſtand aber darauf, und ſo wurde denn die Petition des
Magiſtrats und die Adreſſe der Bürgerſchaft an den Magiſtrat, dem König
von dem Cabinetsrath v. Münchhauſen vorgetragen. Es ſollte Beſcheid er-
folgen, hieß es. Man beſtand auf ſofortiger Antwort. Dieſe erfolgte
denn auch nach längerem Verhandeln dahin: daß diejenigen Deſiderien
über welche nur durch und nach Verhandlung mit den Ständen entſchie-
den werden könne, durch Vorlagen welche dieſen deßhalb gemacht wür-
den, erledigt werden ſollten. Folgende Punkte aber über welche der Kö-
nig allein und aus eigener Machtvollkommenheit entſcheiden könne, wur-
den ſofort bewilligt: 1) ſofortige Aufhebung der Cenſur, vorbehaltlich
eines den Ständen vorzulegenden Preßgeſetzes; 2) Anerkennung des
Rechtes zu Verſammlungen und Aſſociationen; 3) Amneſtirung und
Rehabilitation für alle wegen politiſcher Vergehen Verurtheilten; end-
lich 4) Oeffentlichkeit der Ständeverhandlungen. Als dieſe Bewilligun-
gen des Königs der draußen in großer Ruhe und Ordnung harrenden
Menge mitgetheilt worden waren, ging jeder ruhig nach Haus. Mili-
tär rückte erſt an als alles vorbei war, und zog darauf wieder ab. Der
Magiſtrat ließ die beiden Actenſtücke, die Adreſſe der Bürgerſchaft an
ihn und feine darauf geſtützte Petition an den König nebſt Angabe der
vom König bewilligten Punkte, ſofort drucken und Abends Haus bei
Haus vertheilen. Abends fanden mehrfache Auſläufe ſtatt: den Füh-
rern der Bewegung wurden Lebehoch gebracht, gegen das Hötel des ge-
heimen Cabinetsraths v. Falcke rückte eine große Menſchenmaſſe in
ſchlimmer Abſicht heran, fand dasſelbe aber bereits von Militär beſetzt,
da Demonſtrationen gegen den Hrn. v. Falcke zu erwarten waren. Der
Militärmacht ungeachtet wurden ſämmtliche Fenſter eingeworfen; der
Gräfin Grote war ein gleiches zugedacht, indeſſen war man über ihre
Wohnung ungewiß, und ſo erlitt ein benachbartes Haus den Schaden.
Auch bei zwei oder drei Polizeiofficianten wurden die Fenſter eingewor-
fen, und dem Hofmarſchall v. Malortie ſoll dem Vernehmen nach ein
gleiches geſchehen ſeyn. Vom Polizeiperſonal war kläglicherweiſe nichts
auf den Straßen zu ſehen, und das Militär benahm ſich den Exceſſen
gegenüber muſterhaft, indem dasſelbe ohne von der Waffe Gebrauch zu
machen nur die Haufen auseinander zu treiben ſuchte. Das k. Schloß
und Umgebung war durch größere Truppenmaſſen bewacht, auch im Hof
desſelben einige Cavallerie aufgeſtellt. Gegen 11 Uhr war alles ruhig.
Auch heute Morgen iſt alles ruhig, nur iſt man auf das ungeheuerſte
überraſcht in einem Beiblatt der Hannov. Ztg. die beiden ſchon geſtern
Abend vom Magiſtrat veröffentlichten Petitionen abgedruckt zu ſehen
(und zwar mit Benutzung desſelben Satzes), die Mittheilung aber über
die vom König geſtern bewilligten Punkte in ſo weſentlich von der
vom Magiſtrat veröffentlichten Nachricht abweichender Faſſung daß
das was man geſtern für bewilligt halten mußte, heute als
verweigert oder wenigſtens unbeſtimmt hinausgeſchoben
erſcheint. Man iſt geſpannt darauf wie der Magiſtrat dieſer Verſion
der Hannov. Ztg. gegenüber ſeine Mittheilung vertreten wird. Wie
man glaubt, ſind für den Abend wieder Ruheſtörungen zu erwarten, und
es ſind Vorkehrungen dieſerhalb angeordnet.
Preußen.
Vom Rhein, 14 März.Da die alten deutſchen Reichs-
farben endlich wieder zu Ehren gekommen ſind, ſo werden ſie wohl auch an
manchen Gegenſtänden angebracht werden, weßhalb es angemeſſen ſcheint
ſich über ihre richtige Aufeinanderfolge zu verſtändigen. Sie müſſen
geſchichtlich und heraldiſch aufeinander folgen: ſchwarz, gelb, roth,
jedenfalls gelb in der Mitte. Für deutſche Cocarden iſt alſo ſchwarz
im Mittelpunkt, gelb iſt der mittlere und roth der äußere Rand. Die
ſchwarze Farbe entſpricht dem Reichsadler, die gelbe dem goldenen
Schilde, und die rothe dem Zipfel oder Wimpel der Reichsfahne. Die
Franzoſen haben ebenfalls ihre Farben richtig geordnet: blau zuerſt,
weiß oder Silber in der Mitte, roth am Ende. (Karlsr. Ztg.)
Die geſtern mitgetheilte königliche Anſprache „An meine lieben Ber-
liner“ war am 19 März früh 7 Uhr erſchienen. Gegen 2 Uhr Nach-
mittags wurde folgende Bekanntmachung angeſchlagen: „Ich habe be-
reits geſtern früh die von den bisherigen Miniſtern angebotene Entlaſ-
ſung angenommen und den Grafen Arnim mit der Bildung eines neuen
Miniſteriums beauftragt. Derſelbe übernimmt den Vorſitz im Staats-
miniſterium und vorläuſig die Verwaltung des Miniſteriums der aus-
wärtigen Angelegenheiten und der Verfaſſungsſachen. Dem Grafen
Schwerin habe Ich das Miniſterium der geiſtlichen Angelegenheiten
übertragen. Dem noch abweſenden Generallandſchaftsrath v. Auers-
wald ſoll das Miniſterium des Innern, mit Ausnahme des obenerwähn-
ten dem Grafen Arnim vorbehaltenen Theils deſſen Reſſorts, übertragen
werden, wenn, wie zu erwarten, derſelbe zu deſſen Uebernahme bereit
iſt. Die Juſtizminiſter, die Miniſter Graf Stolberg und v. Rohr
bleiben einſtweilen bis zur weiteren Beſchlußnahme über die Beſetzung
ihrer Miniſterien auf ihren Poſten. Bis zur definitiven Beſetzung des
Finanzminiſteriums übernimmt der Generalſteuerdirector Kühne deſſen
interimiſtiſche Verwaltung.
Berlin, den 19 März 1848.Friedrich
Wilhelm. Graf Arnim.“
┴ Berlin, 19 März Mittags.Notiren Sie Tag und Stunde:
der 18 März wird eine verhängnißreiche Epoche für Preußen, Deutſch-
land und die Welt bilden! Geſtern zwiſchen 2 und 3 Uhr Nachmittags
ſtand der König auf dem Vorſprung des Schloſſes, das Volk anredend,
Preßfreiheit und die Zuſammenberufung des Landtags auf den 2 April
verkündend, und das Volk erfüllt den Platz mit Jubelruf — da entladen
ſich plötzlich einige Gewehre gegen die Maſſe, und die kaum entſtandene
Freude verwandelt ſich in Trauer und Rachegefühle! Doch Sie müſſen
mir erlauben in gedrängter Ueberſicht die Vorgänge der ganzen abge-
laufenen Woche darzuſtellen. Montag der 13 war in vielen großen
Städten Zeuge von großen Volksbewegungen; in Berlin ſammelten
ſich große Haufen, meiſt aus Arbeitern beſtehend, und neckten das
Militär durch Worte und Steinwürſe. Jeden Abend wurde darauf in
einzelnen Straßen gekämpft, und es fielen Opfer da die Truppen ihre
anfängliche Mäßigung verließ, die Soldaten von der fortwährenden
Mühe und Beunruhigung erbittert und von manchem niedern Anführer
in Wuth gebracht wurden. Viele Officiere behaupteten nämlich es ſey
nur Canaille die man niederſchießen müſſe. Unſer Magiſtrat war
mehr geſchäftig als thätig, und erſt am Freitag brachte er es dahin
daß eine bürgerliche Schutzwache, ohne Waffen aber mit Attributen
ihres Amts bekleidet, zwiſchen den Zorn des Volks und die Wuth der
Soldaten trat. Auch die ſtudirende Jugend ſchloß ſich dieſer friedlichen
Wache an, und die Nacht vom Freitag verfloß, Dank dem Zureden dieſer
akademiſchen und Stadt-Bürger, friedlich. Auch der geſtrige Vormittag
ging ganz ruhig vorüber, beſonders als ſich die Nachricht verbreitete der
König bewillige alles. Da entſtand das oben gemeldete Unglück, ganz
in der Weiſe wie das Mißverſtändniß in Paris. Von jetzt an war dem
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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