Allgemeine Zeitung, Nr. 83, 26. März 1900.München, Montag Allgemeine Zeitung. 26. März 1900. Nr. 83. [Spaltenumbruch]
nehmungsgeistes in Kleinasien erreicht wurde, wesentlich Beilänsig sei bemerkt, daß diejenigen zu weit gehen, Vom Tage. * Berlin, 26. März. Tel. Prinz Heinrich von Die Erbgroßherzogin von Oldenburg wurde Im hiesigen Nathhaussaale tagte gestern eine vom Komitee Die endgültige Beilegung des Tischlerstriles wurde Der "Nat. Korr." zufolge wird der Hochwasser- und Parlamentarisches. * Berlin, 25. März. Aus der für die morgen im Oesterreich-Ungarn. Adel und Klerns in Böhmen. F. Wien, 25. März. Der Schlüssel zur böhmischen Der deutsche Kronprinz in Ungarn? F. Eine interessante Meldung kommt aus Ungarn, die Großbritannien. Die Dum-Dums im Parlament. # London, 25. März. Im Parlament fragte Abgeord- Die Beziehungen zu Frankreich. * London, 26. März. Tel. In seiner gestrigen Rede [Spaltenumbruch] des Geliebten. Aber sie geht sachte aus der Welt, fast heim- x. Der Lehrergesang-Verein brachte am vergangenen infinity Wien, 25. März. Der alte Holtei weiß in seinen v. V. Wien, 24. März. Nikolaus Dumba +. Nicht München, Montag Allgemeine Zeitung. 26. März 1900. Nr. 83. [Spaltenumbruch]
nehmungsgeiſtes in Kleinaſien erreicht wurde, weſentlich Beilänſig ſei bemerkt, daß diejenigen zu weit gehen, Vom Tage. * Berlin, 26. März. Tel. Prinz Heinrich von Die Erbgroßherzogin von Oldenburg wurde Im hieſigen Nathhausſaale tagte geſtern eine vom Komitee Die endgültige Beilegung des Tiſchlerſtriles wurde Der „Nat. Korr.“ zufolge wird der Hochwaſſer- und Parlamentariſches. * Berlin, 25. März. Aus der für die morgen im Oeſterreich-Ungarn. Adel und Klerns in Böhmen. F. Wien, 25. März. Der Schlüſſel zur böhmiſchen Der deutſche Kronprinz in Ungarn? F. Eine intereſſante Meldung kommt aus Ungarn, die Großbritannien. Die Dum-Dums im Parlament. # London, 25. März. Im Parlament fragte Abgeord- Die Beziehungen zu Frankreich. * London, 26. März. Tel. In ſeiner geſtrigen Rede [Spaltenumbruch] des Geliebten. Aber ſie geht ſachte aus der Welt, faſt heim- x. Der Lehrergeſang-Verein brachte am vergangenen ∞ Wien, 25. März. Der alte Holtei weiß in ſeinen v. V. Wien, 24. März. Nikolaus Dumba †. Nicht <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">München, Montag Allgemeine Zeitung.</hi> 26. März 1900. Nr. 83.</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div xml:id="a1b" prev="#a1a" type="jComment" n="3"> <p>nehmungsgeiſtes in Kleinaſien erreicht wurde, weſentlich<lb/> auf die ebenſo liebenswürdige wie beſtimmte Energie der<lb/> deutſchen Diplomatie zurückzuführen iſt. Im übrigen weiß<lb/> man ſpeziell auch in den deutſchfeindlichen Lagern in Eng-<lb/> land, daß die Gelegenheit einer finanziellen Betheiligung<lb/> an den deutſchen Bahnunternehmungen auch dem eng-<lb/> liſchen Kapital gegeben iſt.</p><lb/> <p>Beilänſig ſei bemerkt, daß diejenigen zu weit gehen,<lb/> welche von einer Geneigtheit des <hi rendition="#g">Sultans</hi> ſprechen, der<lb/> deutſchen Koloniſation von Kleinaſien Vorſchub zu leiſten.<lb/> Wie wenig Kleinaſien für eine deutſche Koloniſation in<lb/> Betracht kommen kann, iſt erſt vor kurzem von ſachver-<lb/> ſtändiger Seite in der Allg. Ztg. dargelegt worden. Jeden-<lb/> falls kann ſich keine befreundete Macht, und ſpeziell auch<lb/> Rußland nicht beſchweren, daß die Gewinnung von Stütz-<lb/> punkten und Garantien für die Bethätigung des wirth-<lb/> ſchaftlichen Unternehmungsgeiſtes in Kleinaſien von deut-<lb/> ſcher Seite erſtrebt worden iſt oder erſtrebt werde auf<lb/> Koſten des Einfluſſes oder der Rechte Anderer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Vom Tage.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 26. März.</dateline> <p><hi rendition="#g">Tel.</hi> Prinz <hi rendition="#g">Heinrich von<lb/> Preußen</hi> traf geſtern Vormittag in Begleitung des Hof-<lb/> marſchalls v. <hi rendition="#g">Seckendorff</hi> in <hi rendition="#g">Bremerhaven</hi> ein und be-<lb/> ſuchte das Kaiſerdock, die Modellverſuchsſtation, den Nord-<lb/> deutſchen Lloyd und den Dampfer „Kaiſer Wilhelm der<lb/> Große“. Der Präſident des Verwaltungsraths des Nord-<lb/> deutſchen Lloyd, Geo <hi rendition="#g">Plate,</hi> daukte in ſeinem Toaſt dem<lb/> Prinzen für das hohe Intereſſe, welches er dem Norddeutſchen<lb/> Lloyd entgegenbringe. Dem perſönlichen Auftreten des<lb/> Prinzen Heinrich in Oſtaſien ſei der <hi rendition="#g">gewaltige Auf-<lb/> ſchwung des deutſchen Handels dort mitzu-<lb/> verdanken.</hi> Binnen Jahresfriſt werde der Lloyd dort<lb/> 40 Küſtendampfer in Betrieb haben. Prinz Heinrich ant-<lb/> wortete mit einem Hoch auf den Norddeutſchen Lloyd und<lb/> verſicherte dieſen ſeiner dauernden Sympathie. Um 2½ Uhr<lb/> trat Prinz Heinrich die Nückreiſe nach Bremen an.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Erbgroßherzogin von Oldenburg</hi> wurde<lb/> geſtern von einem <hi rendition="#g">Prinzen und einer Prinzeſſin</hi><lb/> glücklich entbunden. Beide Kinder ſind bald nach der Geburt<lb/><hi rendition="#g">geſtorben.</hi></p><lb/> <p>Im hieſigen Nathhausſaale tagte geſtern eine vom Komitee<lb/><hi rendition="#g">gegen die kunſt- und literaturfeindlichen Be-<lb/> ſtrebungen der <hi rendition="#aq">lex</hi> Heinze</hi> einberufene Verſammlung.<lb/> Es waren nur Herren geladen. Unter Anderen ſprachen Pro-<lb/> feſſor <hi rendition="#g">Eberlein, Engelhorn,</hi> Vorſitzender des Börſenvereins<lb/> deutſcher Buchhändler, Direktor <hi rendition="#g">Brahm</hi> vom Deutſchen<lb/> Theater und zum Schluß Hermann <hi rendition="#g">Sudermann,</hi> der die<lb/> Gründung eines <hi rendition="#g">Goethe-Bundes</hi> empfahl.</p><lb/> <p>Die endgültige <hi rendition="#g">Beilegung des Tiſchlerſtriles</hi> wurde<lb/> geſtern in einer von mehr als 5000 Tiſchlergeſellen beſuchten,<lb/> ſehr ſtürmiſch verlaufenen Generalverſammlung <hi rendition="#g">beſchloſſen.</hi></p><lb/> <p>Der „Nat. Korr.“ zufolge wird der <hi rendition="#g">Hochwaſſer-</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Ueberſchwemmungsſchaden</hi> in <hi rendition="#g">Preußen</hi> pro 1899 auf<lb/> einer Fläche von 275,443 Hektar auf 21,384,650 M. geſchätzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Parlamentariſches.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 25. März.</dateline> <p>Aus der für die morgen im<lb/> Reichstag ſtattſindende <hi rendition="#g">dritte Etatsberathung</hi> vor-<lb/> liegenden Zuſammenſtellung der Beſchlüſſe zweiter Leſung<lb/> ergibt ſich, daß in der letzteren der Etat nur nuweſentliche<lb/> Aenderungen erfahren hat. Während der Etat nach der<lb/> Regierungsvorlage mit 2,058,333,551 M. balanzirte, balanzirt<lb/> er nach den Beſchlüſſen der zweiten Leſung mit 2,059,825,412<lb/> Mark; neu hinzugefügt iſt im Etatsgeſetz die Ermächtigung<lb/> an den Reichskanzler, zur Beſtreitung einmaliger außer-<lb/> ordentlicher Ausgaben der Verwaltungen des Reichsheeres,<lb/> der Marine und der Reichseiſenbahn 72,620,029 M. im Wege<lb/> des Kredits flüſſig zu machen. Als § 6 ſind dem Etatsgeſetz<lb/> die bekannten Grundſätze über die proviſoriſche Regelung des<lb/> Poſtſcheckverkehrs hinzugefügt worden mit der Schlußklauſel,<lb/> daß das Poſtſcheckweſen ſpäteſtens bis zum 1. April 1905<lb/> auf dem Weg der Geſetzgebung geregelt werden ſoll. Rück-<lb/> ſtändig ſind aus der zweiten Leſung des Etats ſieben Reſo-<lb/> lutionen geblieben; die Abſtimmung darüber iſt infolge der<lb/> jedesmaligen Beſchlußunfähigkeit bis zur dritten Berathung<lb/> ausgeſetzt worden. Dieſe Reſolutionen betreffen folgende<lb/><cb/> Materien: die für die Ausrüſtungsgegenſtände von Schiffen<lb/> beſtehende Zollfreiheit aufzuheben; den Verkauf der künſt-<lb/> lichen Süßſtoffe an die Apotheken zu verweiſen mit<lb/> der Maßgabe, daß ſie nur auf ärztliche Anordnung<lb/> ausgegeben werden dürfen; die Erhöhung des Stempelſteuer-<lb/> ſatzes für Looſe öffentlicher Lotterien von 10 auf 20 Proz.;<lb/> die Herabſetzung der Patentgebühren; die Gleichſtellung der<lb/> Roßärzte in der Armee mit den entſprechenden Klaſſen der<lb/> Veterinärärzte der bayeriſchen Armee; die Forderung der<lb/> Maturitätsprüfung für die militärärztliche Laufbahn und die<lb/> Feſtſetzung des thierärztlichen Studiums auf neun Semeſter.<lb/> Eine Reſolution zum Heeresetat geht dahin, jedem Heeres-<lb/> pflichtigen mindeſtens einmal während der Ableiſtung der<lb/> aktiven Dienſtzeit einen Heimathsurlaub mit unentgeltlicher<lb/> Eiſenbahnbeförderung zu gewähren. Schließlich ſollen durch<lb/> einen Nachtragsetat die Gehälter der Bureau-Aſſiſtenten und<lb/> Kanzliſten der Reichspoſt- und Telegraphenverwaltung und<lb/> der Poſt- und Telegraphenaſſiſtenten und Poſtverwalter in<lb/> der Weiſe normirt werden, daß ſie von 1500 auf 3000 M.<lb/> ſteigen, und zwar in der <hi rendition="#g">erſten</hi> Stufe um 300 M. und in<lb/> den folgenden um je 200 M., während zur Zeit die 300 M.-<lb/> Stufe die letzte iſt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreich-Ungarn.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Adel und Klerns in Böhmen.</hi> </head><lb/> <dateline>F. <hi rendition="#b">Wien,</hi> 25. März.</dateline> <p>Der Schlüſſel zur böhmiſchen<lb/> Frage liegt, wie zum Verſtändniß der Sache nicht ſcharf<lb/> genug hervorgehoben werden kann, in der Hand des <hi rendition="#g">hohen<lb/> Adels</hi> dieſes Landes, insbeſondere der <hi rendition="#g">feudalen</hi> Gruppe,<lb/> welcher durch geſchickt gelegte Fäden thatſächlich die Führung<lb/> der tſchechiſchen Abgeordneten zugefallen iſt. In dieſem Kreiſe<lb/> nun ſcheint ein gewiſſer Umſchwung eingetreten zu ſein. Der<lb/><hi rendition="#g">feudale Großgrund beſitz,</hi> der dem Ausgleich der beiden<lb/> Volksſtämme längere Zeit große Schwierigkeiten in den Weg<lb/> legte, <hi rendition="#g">befreundet ſich allgemach mit dem Gedanken<lb/> einer Veilegung des Streites;</hi> bisher war gerade für<lb/> die hervorragendſten Mitglieder dieſer Gruppe der Gedanke<lb/> maßgebend, daß der Gegenſatz der Nationalitäten ihre Macht<lb/> im Lande verſtärke; doch bricht nunmehr die Einſicht durch,<lb/> daß dem hohen Adel die Macht aus den Händen gleiten<lb/> müßte, wenn die Gegenſätze ſich noch mehr verſchärfen und<lb/> die <hi rendition="#g">Radikalen</hi> in beiden nationalen Lagern die Führung<lb/> an ſich reißen und damit den ſtaatlichen Organismus be-<lb/> drohen. So iſt die mildere Stimmung zu erklären, die in<lb/> den letzten Wochen in Vöhmen platzgriff. Gerüchte ſind auf-<lb/> getaucht des Inhalts, daß der <hi rendition="#g">fendale Adel endlich den<lb/> Widerſtand gegen ein Kompromiß mit der deut-<lb/> ſchen verfaſſungstreuen Gruppe aufgeben wolle</hi><lb/> und bereit ſei, von den 70 Laudtagsmandaten, die er inne-<lb/> hat, eine Anzahl, etwa 20, der deutſchen Minorität zu über-<lb/> laſſen. Hoffentlich eilt hier nicht der Wunſch den Thatſachen<lb/> voraus. Das Verhalten des feudalen Adels, insbeſondere<lb/> ſeines Führers, des Fürſten Georg <hi rendition="#g">Lobkowitz,</hi> in dieſer<lb/> Frage wird der Prüfſtein dafür ſein, ob auf dieſer Seite<lb/> ernſtlich an die Herſtellung des inneren Friedens gedacht wird.<lb/> Auch nach einer anderen Richtung zeigt ſich das Unhaltbare<lb/> in der ſchroffen Haltung, welche ein Theil des hohen Adels<lb/> und des Klerus in Böhmen gegenüber allen Rathſchlägen der<lb/> Mäßigung einnahm. Der unverſöhnlichſte unter allen böhmi-<lb/> ſchen Biſchöfen iſt <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Brynych</hi> von Königgrätz, ein Heiß-<lb/> ſporu, der ſich auch mit ſeinen kirchlichen Vorgeſehten übel<lb/> verträgt. Es fiel ſchon auf, daß er unmittelbar nach der<lb/> Inthroniſation des neuen Erzbiſchofs von Prag, Baron<lb/> Skrbensky, Prag verließ, an der Feſttafel nicht theilnahm,<lb/> daß er ſich ebenſo des Beſuchs in Rom enthielt, zu welchem<lb/> dem Brauche nach jeder Biſchof nach ſeiner Einſetzung ver-<lb/> pflichtet iſt. Schließlich mußte er von der Kurie <hi rendition="#aq">ad audiendum<lb/> verbum</hi> <hi rendition="#g">nach Rom berufen</hi> werden. Indeſſen folgte er,<lb/> wie die „Narodni Liſty“ melden, dieſer Aufforderung nicht,<lb/> mit dem Hinweiſe darauf, daß die Aerzte ihm die Reiſe nach<lb/> Rom verbieten. Es iſt ganz unwahrſcheinlich, daß die Mah-<lb/> nung der Kurie von der öſterreichiſchen Regierung veranlaßt<lb/> wurde, da das Miniſterium Koerber die Anzahl der Konflikte<lb/> im Lande gewiß nicht vergrößern will. Es zeigt ſich eben,<lb/> daß Naturen wie Biſchof Brynych nicht bloß in nationalen,<lb/> ſondern auch in kirchlichen Angelegenheiten dazu nicht zu ver-<lb/><cb/> halten find, die Wege des Friedens und der Verſöhnung zu<lb/> gehen. Die tſchechiſchen Blätter nehmen natürlich ſeine Partei,<lb/> da er der Tſchechiſirung im Visthum Königgrätz mit allen<lb/> Kräften Vorſchub leiſtet. Die Ernennung eines ſolchen Heiß-<lb/> ſporns zum Viſchof war nur zu einer Zeit möglich geweſen,<lb/> da es als Grundſatz galt, über das deutſche Element in Oeſter-<lb/> reich hinwegzuſchreiten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Der deutſche Kronprinz in Ungarn?</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#aq">F.</hi> Eine intereſſante Meldung kommt aus Ungarn, die<lb/> an den Beſuch anknüpft, den der preußiſche Hauptmann<lb/> v. <hi rendition="#g">Bülow,</hi> ein Bruder des Staatsſekretärs, und Major<lb/><hi rendition="#g">Greziczky</hi> im Auftrage des Deutſchen Kaiſers dem 7. Huſaren-<lb/> regiment in <hi rendition="#g">Debrezin</hi> abſtatteten, deſſen Inhaber Kaiſer<lb/> Wilhelm iſt. Wie Debreziner Blätter melden, machten die<lb/> deutſchen Gäſte bei einem vom Offizierkorps ihnen zu Ehren<lb/> veranſtalteten Banket die Mittheilung, der <hi rendition="#g">deutſche Kron-<lb/> prinz Friedrich Wilhelm</hi> beabſichtige, im Herbſt d. J.<lb/> zum Beſuche des Regiments, deſſen Leutnant er iſt, <hi rendition="#g">nach<lb/> Debrezin zu kommen.</hi></p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Die Dum-Dums im Parlament.</hi> </head><lb/> <dateline># <hi rendition="#b">London,</hi> 25. März.</dateline> <p>Im Parlament fragte Abgeord-<lb/> neter Middlemore, „ob <hi rendition="#g">Dum-Dum-Kugeln</hi> in dieſem<lb/> Krieg von den engliſchen Soldaten verwendet wurden“.<lb/> Darauf kam es zu folgendem, recht intereſſanten Zwiegeſpräch<lb/> zwiſchen Unterſtaatsſekretär <hi rendition="#g">Wyndham</hi> und dem iriſchen<lb/> Abg. <hi rendition="#g">Dillon:</hi> Unterſtaatsſekretär <hi rendition="#g">Wyndham:</hi> „Die Kugel,<lb/> die in Südafrika für die Gewehre benutzt wird, iſt Marke <hi rendition="#aq">II,</hi><lb/> ein feſtes Geſchoß, Kugeln der <hi rendition="#g">Marke</hi> <hi rendition="#aq">V</hi> wurden zurück-<lb/> beordert und ſind niemals von den Truppen verwendet<lb/> worden. Auch Dum-Dum-Kugeln ſind von den Truppen<lb/> nicht benutzt worden.“ Abg. <hi rendition="#g">Dillon:</hi> „Iſt es nicht <hi rendition="#g">That-<lb/> ſache,</hi> daß eine ungeheure Auzahl Kugeln <hi rendition="#g">Marke</hi> <hi rendition="#aq">IV,</hi><lb/> expanſive Hohlſpitzkugeln, an die Truppen nach Südaſrika<lb/> geſchickt wurden?“ <hi rendition="#g">Wyndham:</hi> „<hi rendition="#g">Nein,</hi> das <hi rendition="#g">kann</hi> nicht<lb/> Thatſache ſein; ich denke, der Abgeordnete kennt die That-<lb/> ſache. Die Kugel <hi rendition="#g">Marke</hi> <hi rendition="#aq">IV</hi> war das <hi rendition="#g">vorſchrifts-<lb/> mäßige Geſchoß</hi> und die urſprüngliche Garniſon in Süd-<lb/> afrika hatte dieſelbe, aber die Kugeln ſind zurückbeordert und<lb/> ſind <hi rendition="#g">niemals</hi> in dieſem Krieg gebraucht worden.“ Ab-<lb/> geordneter <hi rendition="#g">Dillon:</hi> „Ich frage nur, ob thatſächlich viele<lb/> Millionen Kugeln der Marke <hi rendition="#aq">IV</hi> in den Händen der Truppen<lb/> in Südafrika waren oder nicht.“ <hi rendition="#g">Wyndham:</hi> „Sie wurden<lb/><hi rendition="#g">zurückbeordert,</hi> ohne gebraucht zu ſein. Sie wurden in<lb/> Magazine gelegt.“ Abg. <hi rendition="#g">Dillon:</hi> „Aber ſie wurden <hi rendition="#g">nicht</hi> nach<lb/><hi rendition="#g">England</hi> zurückgebracht?“ Wyndham: „<hi rendition="#g">Das weiß ich nicht.</hi>“<lb/> Der Abg. <hi rendition="#g">Jeffrey’s</hi> fragt, ob die <hi rendition="#g">Buren</hi> in dieſem Kriege<lb/> Exploſivkugeln benntzt haben, erhält indeſſen <hi rendition="#g">keine</hi> Antwort.<lb/> Es iſt alſo nach den Erklärungen des Unterſtaatsſekretärs<lb/> für Krieg Thatſache, daß die ſüdafrikaniſchen Garniſonen die<lb/> berüchtigten Expanſivkugeln, die ſich hinter der unſchuldigen<lb/> Bezeichnung Marke <hi rendition="#aq">IV</hi> verbergen, gehabt haben. Es iſt der<lb/> Auftrag gegeben, ſie zurückzuſenden, aber der Unterſtaats-<lb/> ſekretär <hi rendition="#g">weiß</hi> nicht, ob das geſchehen iſt, und ſagt ins-<lb/> beſondere auch nicht, wann ſie zurückbeordert worden ſind.<lb/> Die Buren behaupten, gerade von der berüchtigten Marke <hi rendition="#aq">IV</hi> große<lb/> Mengen gefunden zu haben, und da ſie nach letzten Depeſchen<lb/> mehrere Kiſten dieſer Geſchoſſe, die ſie in Natal erbentet<lb/> haben, an das Kriegsminiſterium nach London als Beweis-<lb/> material eingeſchickt haben, ſo läßt ſich doch wohl annehmen,<lb/> daß Lord Roberts ſich auch in ſeiner geharniſchten Erklärung<lb/> betreffend die Nichtverwendung expanſiver Kugeln getänſcht<lb/> hat. Seine eigenen und die ſpäterhin von England ab-<lb/> geſandten Truppen mögen feſte Kugeln führen, aber die Zu-<lb/> rückbeorderung der expanſiven Kugeln von den Truppen in<lb/> Natal, die die erſte Garniſon bildeten, ſcheint zu ſpät erfolgt<lb/> oder nicht beachtet worden zu ſein. Das Gravirendſte an<lb/> der Sache iſt, daß der Kriegsſekretär „<hi rendition="#g">nicht weiß</hi>“, was in<lb/> ſeinem Reſſort vorgeht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c">Die Beziehungen zu Frankreich.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">London,</hi> 26. März.</dateline> <p><hi rendition="#g">Tel.</hi> In ſeiner geſtrigen Rede<lb/> bei dem Feſtmahl der Stadtverbände beſprach der Handels-<lb/> miniſter <hi rendition="#g">Ritchie</hi> die Behauptung der franzöſiſchen Blätter,<lb/> daß England Frankreich nach einer glücklichen Beendigung</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2b" prev="#a2a" type="jComment" n="2"> <p>des Geliebten. Aber ſie geht ſachte aus der Welt, faſt heim-<lb/> lich, wie auf den Zehenſpitzen ſchleicht ſie ſich durch die dunkle<lb/> Thür des Todes, das liebe Geſchöpf; ihre letzte Bitte, daß<lb/> der ſoeben mit der „Andern“ vermählte Geliebte ſich ihres<lb/> Kindes, <hi rendition="#g">ſeines</hi> Kindes, annehme, daß die Andere das ſelt-<lb/> ſame Brautgeſchenk mit gütiger Seele und ſanſten Armen<lb/> empfange, wer vermöchte ſie ihr abzuſchlagen? Laßt die äugſt-<lb/> lichen, dicken Spießbürger immerhin über den unerhörten Fall<lb/> ihren hochweiſen Familienrath halten, zwei wackere junge<lb/> Herzen finden ſich doch zufammen; ſowie Gilberte Gewißheit<lb/> erlangt hat, daß ſie keinen Grund habe, auf die Todte eifer-<lb/> ſüchtig zu ſein, jubelt ſie ihrem kleinen Maler entgegen: „Da<lb/> bin ich, da haſt du mich, nimm mich!“ Aber das Kind?<lb/> „Ich will nicht kleiner ſein als ſie! Wo iſt das Kind?“ Auf-<lb/> regung und Verwirrung löſen ſich ſo mit zarter und an-<lb/> muthiger Menſchlichkeit. — „Muſotte“ wurde bisher in<lb/> Deutſchland gewöhnlich in der dreiaktigen Bearbeitung ge-<lb/> geben, in der die pſychologiſche Feinheit und epiſche Anſchau-<lb/> lichkeit auf Koſten der dramatiſchen Technik hervortreten.<lb/> Geſtern im Schauſpielhaus wurde leider nur der zweite Akt<lb/> geſpielt, der am Sterbebett Muſotte’s, und dadurch die feine<lb/> pſychologiſche Studie Maupaſſants zur rührenden Soloſcene<lb/> für die Darſtellerin der Titelrolle, während doch der Schwer-<lb/> punkt in der ausgezeichneten Milieuſchilderung und vor allem<lb/> im Charakter der Gilberte liegt. Regie und Darſtellung<lb/> machten gut, was durch die Streichung der zwei Akte ge-<lb/> ſündigt war. Frl. <hi rendition="#g">Rauch</hi> als Muſotte war von rührender<lb/> Lieblichkeit. Auf die beiden anderen Einakter einzugehen,<lb/> liegt kein Grund vor, da ſie Repertoireſtücke ſind.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="2"> <p>x. Der <hi rendition="#b">Lehrergeſang-Verein</hi> brachte am vergangenen<lb/> Samſtag im Kaimſaal die „Antigone“ von Sophokles (in<lb/> der Douner’ſchen Uebertragung) mit Mendelsſohns Muſik für<lb/> Chor, Doppelchor und Orcheſter zur Aufführung. Mendels-<lb/> ſohn ſchrieb die Kompoſition im Jahre 1840 auf Veranlaſſung<lb/> des Königs Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">IV.</hi> Er hatte großen Erfolg<lb/> damit. Der bedeutendere Theil der zeitgenöſſiſchen Kritik erſah<lb/> in der Arbeit ein Wunder von Stiltreue, und die verſchie-<lb/> denen Männerchorvereinigungen riſſen ſich um die Wieder-<lb/> gabe. Heute, <hi rendition="#g">nach</hi> dem muſikdramatiſchen Reformations-<lb/> ſturm, iſt die Schätzung des Werkes auf das liefſte Niveau<lb/> geſunken: man hat nur Augen für die Mängel und man<lb/> ſpricht bei jeder, ſtets ſeltener ſich wiederholenden Aufführung<lb/> lediglich von „Pictät gegen den Meiſter“. Das geht zu weit.<lb/> Wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß die Anlage<lb/><cb/> durch die unnatürliche Miſchung: verbindende Dichtung<lb/> (geſprochen) — Melodram — Chorgeſang, ſchon in den<lb/> Grundriſſen total verzeichnet iſt, und daß Mendelsſohns<lb/> muſikaliſcher Deklamation die unglaublichſten Schnitzer be-<lb/> gegnen (woran das gräciſirte Deutſch der Donner’ſchen Ueber-<lb/> ſetzung freilich die meiſte Schuld trägt), ſo darf man doch<lb/> nicht überſehen, wie edel und tief der Tonſetzer den gewaltigen<lb/> Gehalt der Tragödie empfunden hat, wie eindringlich er den<lb/> betrachtenden Chor ſprechen läßt und welchen Reichthum an<lb/> glänzenden Detailzügen er im Orcheſter vor uns ausbreitet.<lb/> Der Vortrag des Werkes verlangt tüchtige Kräfte. Nur ein<lb/> ſo vorzüglich gebildeter Chor wie der Lehrergeſangverein iſt<lb/> imſtande, über die Schwächen der Anlage hinweg des Hörers<lb/> Intereſſe emporzuheben und ganz auf die einzelnen Schön-<lb/> heiten zu konzentriren. Der Eindruck war denn auch ſehr<lb/> erfreulich. Die Direktion lag in den Händen des Hrn. Albin<lb/><hi rendition="#g">Sturm;</hi> den verbindenden Text ſprach Hr. Lothar <hi rendition="#g">Schmidt</hi><lb/> mit hohem künſtleriſchen Verſtande und deutlichſter Accentuirung.<lb/> Den genußreichen Abend eröffnete Beethovens Ouverture „Die<lb/> Geſchöpfe des Prometheus“, vom Kaim-Orcheſter unter Sieg-<lb/> mund v. <hi rendition="#g">Hauseggers</hi> Leitung temperamentvoll geſpielt.<lb/> War ſie nothwendig?</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="2"> <dateline>∞ <hi rendition="#b">Wien,</hi> 25. März.</dateline> <p>Der alte Holtei weiß in ſeinen<lb/> „Vierzig Jahren“ Wunder von der Unwiderſtehlichkeit der<lb/> Theaterpaſſion zu melden. Blaublut und kleine Leute zieht<lb/> ſie in ihren Wirbel. Sie ſtiftet die abenteuerlichſten, mehr<lb/> oder (meiſt) weniger legitimen Liebesbündniſſe, verleitet Reiche<lb/> zu koſiſpieligen Bühnengründungen, bringt Theaternarren,<lb/> wie den Grafen Hahn an den Bettelſtab, verklärt Häßliche<lb/> zum Abgott der Weiber u. ſ. w. Die gleiche heilloſe (nur<lb/> durch behutſame Vermögensverwaltung abgekühlte) Theater-<lb/> gluth lodert in einem Wiener Millionär, deſſen Familjen-<lb/> name in der Induſtrie Weltruf hat: <hi rendition="#g">Philipp Haas.</hi> Der<lb/> Mann iſt kürzlich vom Kaiſer baroniſirt worden. Er huldigt<lb/> dem Waidwerk, iſt Großgrundbeſitzer, ſtattlich von Anſehen<lb/> und des Irrglaubens, daß er Theaterſtücke ſchreiben, ſceniren<lb/> und als Hauptdarſteller beleben kann. Vor einigen Jahren<lb/> trat er zu wohlthätigem Zweck (der gar oft die ärgſten Un-<lb/> thaten gegen den guten Geſchmack decken muß) im Hamburger<lb/> Thalia-Theater auf. Seither wiederholte er das Wageſtück<lb/> im Carl-Theater und endlich ſpielte er vor Kaiſer Franz Joſeph<lb/> dieſer Tage im Raimund-Theater in einer ſelbſtverfaßten<lb/> Komödie „<hi rendition="#g">Andreas Gerhard</hi>“. „Muaß dös ſein?“ ſo<lb/> fragt eine komiſche Figur in Anzengrubers „Heimg’funden“.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jComment" n="2"> <dateline><hi rendition="#aq">v. V.</hi><hi rendition="#b">Wien,</hi> 24. März.</dateline> <p><hi rendition="#g">Nikolaus Dumba</hi> †. Nicht<lb/> einen Künſtler im gewöhnlichen Sinne, aber einen ſeltenen<lb/> Kunſtfreund, Kunſtförderer und - beſchützer, einen vornehmſten<lb/> Lebenskünſtler haben wir in Excellenz Dumba verloren, der<lb/> geſtern in Budapeſt einem Schlaganfall erlag. Am 24. Juli<lb/> hätte er das Jubiläumsalter, das 70. Jahr, erreicht, der Tod<lb/> hat ihn nunmehr, jäh und mild, den vielfachen Ehrungen<lb/> entzogen, womit Wien, ſeine Vaterſtadt, ihn bedacht hätte.<lb/> Was dieſer Wiener aus makedoniſchem Blute in künſtleriſcher<lb/> Beziehung für Wien gethau, füllt ein ſchönſtes und beſtes<lb/> Blatt der Kaiſerſtadtannalen. Er förderte nicht allein die<lb/> Kunſt, er kämpfte für ſie und die Künſtler, denen er auch<lb/> einen Theil jener ſozialen Stellung erſtritt, welche ſie heute<lb/> in Wien genießen. Jede Stunde, welche er ſeiner politiſchen<lb/> Thätigkeit, ſeinen geſchäftlichen Sorgen, die ihm als vielfachem<lb/> Millionär nicht erſpart blieben, abtrotzen konnte, war der<lb/> Kunſt, der Muſik und der bildenden Kunſt, gewidmet. Dumba,<lb/> dem begeiſterten Schubert-Verehrer und Schubert-Sänger, ver-<lb/> danken wir das Kundmann’ſche Schubert-Denkmal, das erſte<lb/> einem Künſtler in Wien gewidmete. Unter den Köſtlich-<lb/> keiten, welche das Dumba-Palais am Parkring beſitzt,<lb/> iſt der Schubert-Schatz mit die köſtlichſte. Ohne ihn<lb/> hätte es keine Schubert-Ausſtellung gegeben. Und die bil-<lb/> dende Kunſt! Sie ſchuldet ihm ein Denkmal. Makarts ſo<lb/> fruchtbare venetianiſche Reiſe, die vielfach beſtimmend für die<lb/> Weiterentwicklung des großen Koloriſten geweſen, iſt eine der<lb/> glücklichſten Anregungen Dumba’s geweſen. Die Plafond-<lb/> und Wandgemälde im Arbeitszimmer Dumba’s ſind ein koſt-<lb/> barer Theil des Makart-Werkes. Einen neuen Muſikſaal<lb/> und Speiſefaal ließ ſich der reiche Mäcen in den letzten Jahren<lb/> durch Guſtav Klimt und Franz Matſch maleriſch aus-<lb/> ſchmücken. Im erſteren Prachtraum, deſſen Empireformen<lb/> Klimt’ſche Eutwürfe ſind, befinden ſich des Künſtlers be-<lb/> kaunte Bilder „Die Muſik“ und „Schubert am Klavier“. Den<lb/> herrlichen Muſen-Fries im Speiſeſaal hat Matſch gemalt, die<lb/> lichttragenden Hermen ſind von Zumbuſch, Hellmer, Kund-<lb/> mann und Weyr. Dumba war Mitglied des Herrenhauſes,<lb/> Geheimrath und einer der reichſten Männer Wiens, aber<lb/> auch einer der liebenswürdigſten. Im Verkehr mit ihm<lb/> hatte man niemals das Gefühl ſeiner Millionen. Und das<lb/> war nicht der letzte der vielen Vorzüge, die dieſen Mann ſo<lb/> populär gemacht haben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Montag Allgemeine Zeitung. 26. März 1900. Nr. 83.
nehmungsgeiſtes in Kleinaſien erreicht wurde, weſentlich
auf die ebenſo liebenswürdige wie beſtimmte Energie der
deutſchen Diplomatie zurückzuführen iſt. Im übrigen weiß
man ſpeziell auch in den deutſchfeindlichen Lagern in Eng-
land, daß die Gelegenheit einer finanziellen Betheiligung
an den deutſchen Bahnunternehmungen auch dem eng-
liſchen Kapital gegeben iſt.
Beilänſig ſei bemerkt, daß diejenigen zu weit gehen,
welche von einer Geneigtheit des Sultans ſprechen, der
deutſchen Koloniſation von Kleinaſien Vorſchub zu leiſten.
Wie wenig Kleinaſien für eine deutſche Koloniſation in
Betracht kommen kann, iſt erſt vor kurzem von ſachver-
ſtändiger Seite in der Allg. Ztg. dargelegt worden. Jeden-
falls kann ſich keine befreundete Macht, und ſpeziell auch
Rußland nicht beſchweren, daß die Gewinnung von Stütz-
punkten und Garantien für die Bethätigung des wirth-
ſchaftlichen Unternehmungsgeiſtes in Kleinaſien von deut-
ſcher Seite erſtrebt worden iſt oder erſtrebt werde auf
Koſten des Einfluſſes oder der Rechte Anderer.
Vom Tage.
* Berlin, 26. März. Tel. Prinz Heinrich von
Preußen traf geſtern Vormittag in Begleitung des Hof-
marſchalls v. Seckendorff in Bremerhaven ein und be-
ſuchte das Kaiſerdock, die Modellverſuchsſtation, den Nord-
deutſchen Lloyd und den Dampfer „Kaiſer Wilhelm der
Große“. Der Präſident des Verwaltungsraths des Nord-
deutſchen Lloyd, Geo Plate, daukte in ſeinem Toaſt dem
Prinzen für das hohe Intereſſe, welches er dem Norddeutſchen
Lloyd entgegenbringe. Dem perſönlichen Auftreten des
Prinzen Heinrich in Oſtaſien ſei der gewaltige Auf-
ſchwung des deutſchen Handels dort mitzu-
verdanken. Binnen Jahresfriſt werde der Lloyd dort
40 Küſtendampfer in Betrieb haben. Prinz Heinrich ant-
wortete mit einem Hoch auf den Norddeutſchen Lloyd und
verſicherte dieſen ſeiner dauernden Sympathie. Um 2½ Uhr
trat Prinz Heinrich die Nückreiſe nach Bremen an.
Die Erbgroßherzogin von Oldenburg wurde
geſtern von einem Prinzen und einer Prinzeſſin
glücklich entbunden. Beide Kinder ſind bald nach der Geburt
geſtorben.
Im hieſigen Nathhausſaale tagte geſtern eine vom Komitee
gegen die kunſt- und literaturfeindlichen Be-
ſtrebungen der lex Heinze einberufene Verſammlung.
Es waren nur Herren geladen. Unter Anderen ſprachen Pro-
feſſor Eberlein, Engelhorn, Vorſitzender des Börſenvereins
deutſcher Buchhändler, Direktor Brahm vom Deutſchen
Theater und zum Schluß Hermann Sudermann, der die
Gründung eines Goethe-Bundes empfahl.
Die endgültige Beilegung des Tiſchlerſtriles wurde
geſtern in einer von mehr als 5000 Tiſchlergeſellen beſuchten,
ſehr ſtürmiſch verlaufenen Generalverſammlung beſchloſſen.
Der „Nat. Korr.“ zufolge wird der Hochwaſſer- und
Ueberſchwemmungsſchaden in Preußen pro 1899 auf
einer Fläche von 275,443 Hektar auf 21,384,650 M. geſchätzt.
Parlamentariſches.
* Berlin, 25. März. Aus der für die morgen im
Reichstag ſtattſindende dritte Etatsberathung vor-
liegenden Zuſammenſtellung der Beſchlüſſe zweiter Leſung
ergibt ſich, daß in der letzteren der Etat nur nuweſentliche
Aenderungen erfahren hat. Während der Etat nach der
Regierungsvorlage mit 2,058,333,551 M. balanzirte, balanzirt
er nach den Beſchlüſſen der zweiten Leſung mit 2,059,825,412
Mark; neu hinzugefügt iſt im Etatsgeſetz die Ermächtigung
an den Reichskanzler, zur Beſtreitung einmaliger außer-
ordentlicher Ausgaben der Verwaltungen des Reichsheeres,
der Marine und der Reichseiſenbahn 72,620,029 M. im Wege
des Kredits flüſſig zu machen. Als § 6 ſind dem Etatsgeſetz
die bekannten Grundſätze über die proviſoriſche Regelung des
Poſtſcheckverkehrs hinzugefügt worden mit der Schlußklauſel,
daß das Poſtſcheckweſen ſpäteſtens bis zum 1. April 1905
auf dem Weg der Geſetzgebung geregelt werden ſoll. Rück-
ſtändig ſind aus der zweiten Leſung des Etats ſieben Reſo-
lutionen geblieben; die Abſtimmung darüber iſt infolge der
jedesmaligen Beſchlußunfähigkeit bis zur dritten Berathung
ausgeſetzt worden. Dieſe Reſolutionen betreffen folgende
Materien: die für die Ausrüſtungsgegenſtände von Schiffen
beſtehende Zollfreiheit aufzuheben; den Verkauf der künſt-
lichen Süßſtoffe an die Apotheken zu verweiſen mit
der Maßgabe, daß ſie nur auf ärztliche Anordnung
ausgegeben werden dürfen; die Erhöhung des Stempelſteuer-
ſatzes für Looſe öffentlicher Lotterien von 10 auf 20 Proz.;
die Herabſetzung der Patentgebühren; die Gleichſtellung der
Roßärzte in der Armee mit den entſprechenden Klaſſen der
Veterinärärzte der bayeriſchen Armee; die Forderung der
Maturitätsprüfung für die militärärztliche Laufbahn und die
Feſtſetzung des thierärztlichen Studiums auf neun Semeſter.
Eine Reſolution zum Heeresetat geht dahin, jedem Heeres-
pflichtigen mindeſtens einmal während der Ableiſtung der
aktiven Dienſtzeit einen Heimathsurlaub mit unentgeltlicher
Eiſenbahnbeförderung zu gewähren. Schließlich ſollen durch
einen Nachtragsetat die Gehälter der Bureau-Aſſiſtenten und
Kanzliſten der Reichspoſt- und Telegraphenverwaltung und
der Poſt- und Telegraphenaſſiſtenten und Poſtverwalter in
der Weiſe normirt werden, daß ſie von 1500 auf 3000 M.
ſteigen, und zwar in der erſten Stufe um 300 M. und in
den folgenden um je 200 M., während zur Zeit die 300 M.-
Stufe die letzte iſt.
Oeſterreich-Ungarn.
Adel und Klerns in Böhmen.
F. Wien, 25. März. Der Schlüſſel zur böhmiſchen
Frage liegt, wie zum Verſtändniß der Sache nicht ſcharf
genug hervorgehoben werden kann, in der Hand des hohen
Adels dieſes Landes, insbeſondere der feudalen Gruppe,
welcher durch geſchickt gelegte Fäden thatſächlich die Führung
der tſchechiſchen Abgeordneten zugefallen iſt. In dieſem Kreiſe
nun ſcheint ein gewiſſer Umſchwung eingetreten zu ſein. Der
feudale Großgrund beſitz, der dem Ausgleich der beiden
Volksſtämme längere Zeit große Schwierigkeiten in den Weg
legte, befreundet ſich allgemach mit dem Gedanken
einer Veilegung des Streites; bisher war gerade für
die hervorragendſten Mitglieder dieſer Gruppe der Gedanke
maßgebend, daß der Gegenſatz der Nationalitäten ihre Macht
im Lande verſtärke; doch bricht nunmehr die Einſicht durch,
daß dem hohen Adel die Macht aus den Händen gleiten
müßte, wenn die Gegenſätze ſich noch mehr verſchärfen und
die Radikalen in beiden nationalen Lagern die Führung
an ſich reißen und damit den ſtaatlichen Organismus be-
drohen. So iſt die mildere Stimmung zu erklären, die in
den letzten Wochen in Vöhmen platzgriff. Gerüchte ſind auf-
getaucht des Inhalts, daß der fendale Adel endlich den
Widerſtand gegen ein Kompromiß mit der deut-
ſchen verfaſſungstreuen Gruppe aufgeben wolle
und bereit ſei, von den 70 Laudtagsmandaten, die er inne-
hat, eine Anzahl, etwa 20, der deutſchen Minorität zu über-
laſſen. Hoffentlich eilt hier nicht der Wunſch den Thatſachen
voraus. Das Verhalten des feudalen Adels, insbeſondere
ſeines Führers, des Fürſten Georg Lobkowitz, in dieſer
Frage wird der Prüfſtein dafür ſein, ob auf dieſer Seite
ernſtlich an die Herſtellung des inneren Friedens gedacht wird.
Auch nach einer anderen Richtung zeigt ſich das Unhaltbare
in der ſchroffen Haltung, welche ein Theil des hohen Adels
und des Klerus in Böhmen gegenüber allen Rathſchlägen der
Mäßigung einnahm. Der unverſöhnlichſte unter allen böhmi-
ſchen Biſchöfen iſt Dr. Brynych von Königgrätz, ein Heiß-
ſporu, der ſich auch mit ſeinen kirchlichen Vorgeſehten übel
verträgt. Es fiel ſchon auf, daß er unmittelbar nach der
Inthroniſation des neuen Erzbiſchofs von Prag, Baron
Skrbensky, Prag verließ, an der Feſttafel nicht theilnahm,
daß er ſich ebenſo des Beſuchs in Rom enthielt, zu welchem
dem Brauche nach jeder Biſchof nach ſeiner Einſetzung ver-
pflichtet iſt. Schließlich mußte er von der Kurie ad audiendum
verbum nach Rom berufen werden. Indeſſen folgte er,
wie die „Narodni Liſty“ melden, dieſer Aufforderung nicht,
mit dem Hinweiſe darauf, daß die Aerzte ihm die Reiſe nach
Rom verbieten. Es iſt ganz unwahrſcheinlich, daß die Mah-
nung der Kurie von der öſterreichiſchen Regierung veranlaßt
wurde, da das Miniſterium Koerber die Anzahl der Konflikte
im Lande gewiß nicht vergrößern will. Es zeigt ſich eben,
daß Naturen wie Biſchof Brynych nicht bloß in nationalen,
ſondern auch in kirchlichen Angelegenheiten dazu nicht zu ver-
halten find, die Wege des Friedens und der Verſöhnung zu
gehen. Die tſchechiſchen Blätter nehmen natürlich ſeine Partei,
da er der Tſchechiſirung im Visthum Königgrätz mit allen
Kräften Vorſchub leiſtet. Die Ernennung eines ſolchen Heiß-
ſporns zum Viſchof war nur zu einer Zeit möglich geweſen,
da es als Grundſatz galt, über das deutſche Element in Oeſter-
reich hinwegzuſchreiten.
Der deutſche Kronprinz in Ungarn?
F. Eine intereſſante Meldung kommt aus Ungarn, die
an den Beſuch anknüpft, den der preußiſche Hauptmann
v. Bülow, ein Bruder des Staatsſekretärs, und Major
Greziczky im Auftrage des Deutſchen Kaiſers dem 7. Huſaren-
regiment in Debrezin abſtatteten, deſſen Inhaber Kaiſer
Wilhelm iſt. Wie Debreziner Blätter melden, machten die
deutſchen Gäſte bei einem vom Offizierkorps ihnen zu Ehren
veranſtalteten Banket die Mittheilung, der deutſche Kron-
prinz Friedrich Wilhelm beabſichtige, im Herbſt d. J.
zum Beſuche des Regiments, deſſen Leutnant er iſt, nach
Debrezin zu kommen.
Großbritannien.
Die Dum-Dums im Parlament.
# London, 25. März. Im Parlament fragte Abgeord-
neter Middlemore, „ob Dum-Dum-Kugeln in dieſem
Krieg von den engliſchen Soldaten verwendet wurden“.
Darauf kam es zu folgendem, recht intereſſanten Zwiegeſpräch
zwiſchen Unterſtaatsſekretär Wyndham und dem iriſchen
Abg. Dillon: Unterſtaatsſekretär Wyndham: „Die Kugel,
die in Südafrika für die Gewehre benutzt wird, iſt Marke II,
ein feſtes Geſchoß, Kugeln der Marke V wurden zurück-
beordert und ſind niemals von den Truppen verwendet
worden. Auch Dum-Dum-Kugeln ſind von den Truppen
nicht benutzt worden.“ Abg. Dillon: „Iſt es nicht That-
ſache, daß eine ungeheure Auzahl Kugeln Marke IV,
expanſive Hohlſpitzkugeln, an die Truppen nach Südaſrika
geſchickt wurden?“ Wyndham: „Nein, das kann nicht
Thatſache ſein; ich denke, der Abgeordnete kennt die That-
ſache. Die Kugel Marke IV war das vorſchrifts-
mäßige Geſchoß und die urſprüngliche Garniſon in Süd-
afrika hatte dieſelbe, aber die Kugeln ſind zurückbeordert und
ſind niemals in dieſem Krieg gebraucht worden.“ Ab-
geordneter Dillon: „Ich frage nur, ob thatſächlich viele
Millionen Kugeln der Marke IV in den Händen der Truppen
in Südafrika waren oder nicht.“ Wyndham: „Sie wurden
zurückbeordert, ohne gebraucht zu ſein. Sie wurden in
Magazine gelegt.“ Abg. Dillon: „Aber ſie wurden nicht nach
England zurückgebracht?“ Wyndham: „Das weiß ich nicht.“
Der Abg. Jeffrey’s fragt, ob die Buren in dieſem Kriege
Exploſivkugeln benntzt haben, erhält indeſſen keine Antwort.
Es iſt alſo nach den Erklärungen des Unterſtaatsſekretärs
für Krieg Thatſache, daß die ſüdafrikaniſchen Garniſonen die
berüchtigten Expanſivkugeln, die ſich hinter der unſchuldigen
Bezeichnung Marke IV verbergen, gehabt haben. Es iſt der
Auftrag gegeben, ſie zurückzuſenden, aber der Unterſtaats-
ſekretär weiß nicht, ob das geſchehen iſt, und ſagt ins-
beſondere auch nicht, wann ſie zurückbeordert worden ſind.
Die Buren behaupten, gerade von der berüchtigten Marke IV große
Mengen gefunden zu haben, und da ſie nach letzten Depeſchen
mehrere Kiſten dieſer Geſchoſſe, die ſie in Natal erbentet
haben, an das Kriegsminiſterium nach London als Beweis-
material eingeſchickt haben, ſo läßt ſich doch wohl annehmen,
daß Lord Roberts ſich auch in ſeiner geharniſchten Erklärung
betreffend die Nichtverwendung expanſiver Kugeln getänſcht
hat. Seine eigenen und die ſpäterhin von England ab-
geſandten Truppen mögen feſte Kugeln führen, aber die Zu-
rückbeorderung der expanſiven Kugeln von den Truppen in
Natal, die die erſte Garniſon bildeten, ſcheint zu ſpät erfolgt
oder nicht beachtet worden zu ſein. Das Gravirendſte an
der Sache iſt, daß der Kriegsſekretär „nicht weiß“, was in
ſeinem Reſſort vorgeht.
Die Beziehungen zu Frankreich.
* London, 26. März. Tel. In ſeiner geſtrigen Rede
bei dem Feſtmahl der Stadtverbände beſprach der Handels-
miniſter Ritchie die Behauptung der franzöſiſchen Blätter,
daß England Frankreich nach einer glücklichen Beendigung
des Geliebten. Aber ſie geht ſachte aus der Welt, faſt heim-
lich, wie auf den Zehenſpitzen ſchleicht ſie ſich durch die dunkle
Thür des Todes, das liebe Geſchöpf; ihre letzte Bitte, daß
der ſoeben mit der „Andern“ vermählte Geliebte ſich ihres
Kindes, ſeines Kindes, annehme, daß die Andere das ſelt-
ſame Brautgeſchenk mit gütiger Seele und ſanſten Armen
empfange, wer vermöchte ſie ihr abzuſchlagen? Laßt die äugſt-
lichen, dicken Spießbürger immerhin über den unerhörten Fall
ihren hochweiſen Familienrath halten, zwei wackere junge
Herzen finden ſich doch zufammen; ſowie Gilberte Gewißheit
erlangt hat, daß ſie keinen Grund habe, auf die Todte eifer-
ſüchtig zu ſein, jubelt ſie ihrem kleinen Maler entgegen: „Da
bin ich, da haſt du mich, nimm mich!“ Aber das Kind?
„Ich will nicht kleiner ſein als ſie! Wo iſt das Kind?“ Auf-
regung und Verwirrung löſen ſich ſo mit zarter und an-
muthiger Menſchlichkeit. — „Muſotte“ wurde bisher in
Deutſchland gewöhnlich in der dreiaktigen Bearbeitung ge-
geben, in der die pſychologiſche Feinheit und epiſche Anſchau-
lichkeit auf Koſten der dramatiſchen Technik hervortreten.
Geſtern im Schauſpielhaus wurde leider nur der zweite Akt
geſpielt, der am Sterbebett Muſotte’s, und dadurch die feine
pſychologiſche Studie Maupaſſants zur rührenden Soloſcene
für die Darſtellerin der Titelrolle, während doch der Schwer-
punkt in der ausgezeichneten Milieuſchilderung und vor allem
im Charakter der Gilberte liegt. Regie und Darſtellung
machten gut, was durch die Streichung der zwei Akte ge-
ſündigt war. Frl. Rauch als Muſotte war von rührender
Lieblichkeit. Auf die beiden anderen Einakter einzugehen,
liegt kein Grund vor, da ſie Repertoireſtücke ſind.
x. Der Lehrergeſang-Verein brachte am vergangenen
Samſtag im Kaimſaal die „Antigone“ von Sophokles (in
der Douner’ſchen Uebertragung) mit Mendelsſohns Muſik für
Chor, Doppelchor und Orcheſter zur Aufführung. Mendels-
ſohn ſchrieb die Kompoſition im Jahre 1840 auf Veranlaſſung
des Königs Friedrich Wilhelm IV. Er hatte großen Erfolg
damit. Der bedeutendere Theil der zeitgenöſſiſchen Kritik erſah
in der Arbeit ein Wunder von Stiltreue, und die verſchie-
denen Männerchorvereinigungen riſſen ſich um die Wieder-
gabe. Heute, nach dem muſikdramatiſchen Reformations-
ſturm, iſt die Schätzung des Werkes auf das liefſte Niveau
geſunken: man hat nur Augen für die Mängel und man
ſpricht bei jeder, ſtets ſeltener ſich wiederholenden Aufführung
lediglich von „Pictät gegen den Meiſter“. Das geht zu weit.
Wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß die Anlage
durch die unnatürliche Miſchung: verbindende Dichtung
(geſprochen) — Melodram — Chorgeſang, ſchon in den
Grundriſſen total verzeichnet iſt, und daß Mendelsſohns
muſikaliſcher Deklamation die unglaublichſten Schnitzer be-
gegnen (woran das gräciſirte Deutſch der Donner’ſchen Ueber-
ſetzung freilich die meiſte Schuld trägt), ſo darf man doch
nicht überſehen, wie edel und tief der Tonſetzer den gewaltigen
Gehalt der Tragödie empfunden hat, wie eindringlich er den
betrachtenden Chor ſprechen läßt und welchen Reichthum an
glänzenden Detailzügen er im Orcheſter vor uns ausbreitet.
Der Vortrag des Werkes verlangt tüchtige Kräfte. Nur ein
ſo vorzüglich gebildeter Chor wie der Lehrergeſangverein iſt
imſtande, über die Schwächen der Anlage hinweg des Hörers
Intereſſe emporzuheben und ganz auf die einzelnen Schön-
heiten zu konzentriren. Der Eindruck war denn auch ſehr
erfreulich. Die Direktion lag in den Händen des Hrn. Albin
Sturm; den verbindenden Text ſprach Hr. Lothar Schmidt
mit hohem künſtleriſchen Verſtande und deutlichſter Accentuirung.
Den genußreichen Abend eröffnete Beethovens Ouverture „Die
Geſchöpfe des Prometheus“, vom Kaim-Orcheſter unter Sieg-
mund v. Hauseggers Leitung temperamentvoll geſpielt.
War ſie nothwendig?
∞ Wien, 25. März. Der alte Holtei weiß in ſeinen
„Vierzig Jahren“ Wunder von der Unwiderſtehlichkeit der
Theaterpaſſion zu melden. Blaublut und kleine Leute zieht
ſie in ihren Wirbel. Sie ſtiftet die abenteuerlichſten, mehr
oder (meiſt) weniger legitimen Liebesbündniſſe, verleitet Reiche
zu koſiſpieligen Bühnengründungen, bringt Theaternarren,
wie den Grafen Hahn an den Bettelſtab, verklärt Häßliche
zum Abgott der Weiber u. ſ. w. Die gleiche heilloſe (nur
durch behutſame Vermögensverwaltung abgekühlte) Theater-
gluth lodert in einem Wiener Millionär, deſſen Familjen-
name in der Induſtrie Weltruf hat: Philipp Haas. Der
Mann iſt kürzlich vom Kaiſer baroniſirt worden. Er huldigt
dem Waidwerk, iſt Großgrundbeſitzer, ſtattlich von Anſehen
und des Irrglaubens, daß er Theaterſtücke ſchreiben, ſceniren
und als Hauptdarſteller beleben kann. Vor einigen Jahren
trat er zu wohlthätigem Zweck (der gar oft die ärgſten Un-
thaten gegen den guten Geſchmack decken muß) im Hamburger
Thalia-Theater auf. Seither wiederholte er das Wageſtück
im Carl-Theater und endlich ſpielte er vor Kaiſer Franz Joſeph
dieſer Tage im Raimund-Theater in einer ſelbſtverfaßten
Komödie „Andreas Gerhard“. „Muaß dös ſein?“ ſo
fragt eine komiſche Figur in Anzengrubers „Heimg’funden“.
v. V. Wien, 24. März. Nikolaus Dumba †. Nicht
einen Künſtler im gewöhnlichen Sinne, aber einen ſeltenen
Kunſtfreund, Kunſtförderer und - beſchützer, einen vornehmſten
Lebenskünſtler haben wir in Excellenz Dumba verloren, der
geſtern in Budapeſt einem Schlaganfall erlag. Am 24. Juli
hätte er das Jubiläumsalter, das 70. Jahr, erreicht, der Tod
hat ihn nunmehr, jäh und mild, den vielfachen Ehrungen
entzogen, womit Wien, ſeine Vaterſtadt, ihn bedacht hätte.
Was dieſer Wiener aus makedoniſchem Blute in künſtleriſcher
Beziehung für Wien gethau, füllt ein ſchönſtes und beſtes
Blatt der Kaiſerſtadtannalen. Er förderte nicht allein die
Kunſt, er kämpfte für ſie und die Künſtler, denen er auch
einen Theil jener ſozialen Stellung erſtritt, welche ſie heute
in Wien genießen. Jede Stunde, welche er ſeiner politiſchen
Thätigkeit, ſeinen geſchäftlichen Sorgen, die ihm als vielfachem
Millionär nicht erſpart blieben, abtrotzen konnte, war der
Kunſt, der Muſik und der bildenden Kunſt, gewidmet. Dumba,
dem begeiſterten Schubert-Verehrer und Schubert-Sänger, ver-
danken wir das Kundmann’ſche Schubert-Denkmal, das erſte
einem Künſtler in Wien gewidmete. Unter den Köſtlich-
keiten, welche das Dumba-Palais am Parkring beſitzt,
iſt der Schubert-Schatz mit die köſtlichſte. Ohne ihn
hätte es keine Schubert-Ausſtellung gegeben. Und die bil-
dende Kunſt! Sie ſchuldet ihm ein Denkmal. Makarts ſo
fruchtbare venetianiſche Reiſe, die vielfach beſtimmend für die
Weiterentwicklung des großen Koloriſten geweſen, iſt eine der
glücklichſten Anregungen Dumba’s geweſen. Die Plafond-
und Wandgemälde im Arbeitszimmer Dumba’s ſind ein koſt-
barer Theil des Makart-Werkes. Einen neuen Muſikſaal
und Speiſefaal ließ ſich der reiche Mäcen in den letzten Jahren
durch Guſtav Klimt und Franz Matſch maleriſch aus-
ſchmücken. Im erſteren Prachtraum, deſſen Empireformen
Klimt’ſche Eutwürfe ſind, befinden ſich des Künſtlers be-
kaunte Bilder „Die Muſik“ und „Schubert am Klavier“. Den
herrlichen Muſen-Fries im Speiſeſaal hat Matſch gemalt, die
lichttragenden Hermen ſind von Zumbuſch, Hellmer, Kund-
mann und Weyr. Dumba war Mitglied des Herrenhauſes,
Geheimrath und einer der reichſten Männer Wiens, aber
auch einer der liebenswürdigſten. Im Verkehr mit ihm
hatte man niemals das Gefühl ſeiner Millionen. Und das
war nicht der letzte der vielen Vorzüge, die dieſen Mann ſo
populär gemacht haben.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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