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Allgemeine Zeitung, Nr. 86, 26. März 1848.

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[Spaltenumbruch] Rednertalent. Ich bemerkte schon dort daß er, geistig durch die an-
wesenden badischen Deputirten geschlagen, seine Sache verloren gab;
er mußte erklären daß er sich von dem übrigen badischen und deut-
schen Volke nicht zu trennen beabsichtige. Gegen 12 Uhr begann die
eigentliche Volksversammlung, deren Schauplatz die schöne und breite
Hauptstraße vor dem Rathhause sammt mehreren Seitengassen war.
Kopf stand an Kopf, Schulter an Schulter -- im Ganzen gegen 15 000
Personen, darunter kein Zerrissener, kein Zerlumpter, kein Betrunke-
ner, lauter wohlgekleidete Städter und Bauern. Außer einigen Sen-
sen, die mit einem Seitenhaken fast in der Art einer Hellebarde ver-
sehen Fahnenstangen krönten, sah man keine Waffen. Besonders
sielen mir einige kräftige Seebauern auf die Fickler wahrscheinlich als seine
Schutzwache begleitet hatten, kraftvolle, markige, entschlossene Gestal-
ten, die mich an Ritter Jörg Frondsbergs Lanzknechte erinnerten, de-
ren Kern bekanntlich aus der Seegegend angeworben zu werden pflegte.
Ueber den Inhalt der gefaßten Beschlüsse sage ich nichts, Sie werden
denselben bereits aus den hiesigen Zeitungen kennen. Die Deputirten
Itzstein, Hecker, Soiron, Kapp, Gottschalk, der alte Dekan Fecht,
Winter von Heidelberg, zwei dem Grabe nahe Greise, dann v. Struve
und Hof aus Mannheim und andere sprachen zum Theil wiederholt.
Auch der Advocat Würth aus der Seegegend, zuletzt Fickler, traten auf,
letzterer ohne daß vorher sein Name genannt wurde, was bei den
andern stets geschah. Was ich früher nur vom Hörensagen wußte,
kann ich Ihnen nun aus eigener Anschauung versichern: das parla-
mentarische Leben des Großherzogthums Baden hat sehr gute Redner
gezogen, denen andere nicht in der Kammer befindliche, wie der Ad-
vocat Würth*) und besonders auch Struve nacheifern. Ich bemerke nur
noch daß bei Vorlage des ersten Beschlusses "das Volk verlangt
vor allem ein deutsches Parlament
" sich unter der Versamm-
lung ein tiefes elektrisches Gefühl kundgab, das alle Anwesenden,
Städter und Bauern, Studirte und Nichtstudirte durchzuckte. Die
übrigen Beschlüsse sind logische und richtige Folgerungen aus jedem
Obersatze, obgleich die Verschmelzung des stehenden Heeres, und ebenso
die vorgeschlagene höchst umfangreiche Veränderung im Steuerwesen
viele stutzig machte. Alle Redner ohne Ausnahme sprachen dafür daß
man nicht ohne Rücksprache mit andern Volksgenossen handeln dürfe,
daß die Entscheidung aller wichtigen Angelegenheiten einer gemein-
samen deutschen Berathung vorbehalten bleiben müsse, daß die Errich-
tung von gesonderten Republiken ein Unglück, ein Fehler wäre, aber
alle Redner glaubten auch bereits sich entschuldigen zu müssen daß sie
nicht für die Republik ihre Stimme abgeben. Die Nähe Frankreichs
wirkt, viele Bauern und Kleinbürger halten eine Republik für die beste
Regierungsform, weil sie die wohlfeilste sey. Die Volksver-
sammlung schloß gegen drei Uhr, und ohne Störung in guter Ord-
nung entwirrte sich der ungeheure Menschenknäuel. Ich sah keinen
einzigen Betrunkenen während der Dauer der ganzen Versammlung. Ich
schied von Offenburg mit einer Ueberzeugung die ich allen Classen
Deutschlands ans Herz legen möchte: es ist hohe Zeit daß Germa-
niens Fürsten der Eifersucht entsagen, und um das Ganze zu retten
so schnell als möglich die öffentliche Gewalt in die Hände eines
Reichsoberhauptes niederlegen. Ich werde meine Ansicht
hierüber demnächst in einem Artikel der Vierteljahrsschrift ausspre-
chen. Man darf die Dinge nicht mehr verhüllen, sondern muß sie
bei ihrem wahren Namen nennen.

(Ein Schreiben Carnots.) Die
gewaltige Krisis, in welcher fast ganz Europa begriffen ist, geht offen-
bar auf nationales Self-Government hin, mit andern Worten
auf Selbst-Erfassung und Selbst-Verfassung der Völker.
Kein Volk
soll mehr im Innern dem bloßen Belieben eines Dynasten
und seiner Soldateska, keines mehr nach außen einer fremden Nation
oder einem fremden Zwingherrn unterworfen seyn. Die Nationen
haben angefangen einander achten zu lernen, und sehen ein daß ihr
freies Verbündniß jeden Krieg vermeidlich, die bisherigen stehenden
Heere überflüssig und hiermit die rohe Gewaltherrschaft der Fürsten un-
möglich, eine bedeutende Verminderung der Abgaben zulässig machen
würde. Als daher mit Ludwig Philipp das dieser Regeneration Europa's
feindliche Princip des dynastischen Egoismus in Frankreich gestürzt
war und die kritische Heilkrisis in Deutschland begann, schien es mir
vor allem nothwendig daß Deutsche und Franzosen durch offene gegen-
seitige Anerkennung der Unverbrüchlichkeit ihrer Nationalitäten beruhigt
und in die Lage gesetzt würden alle ihre Kräfte auf die innere Wieder-
[Spaltenumbruch] geburt aus dem Elemente der nationalen Freiheit zu concentriren. In
diesem Sinn schrieb ich Ende vorigen Monats an Hrn. Carnot,
Minister des öffentlichen Unterrichts in Frankreich, der, als mit Deutsch-
land innigst befreundet, mir vorzugsweise berufen und geeignet schien
die provisorische Regierung der Republik zu der gewünschten Erklärung
zu veranlassen. Ich glaube nur den Intentionen des edlen Mannes zu
entsprechen wenn ich die Antwort veröffentliche mit welcher er mich be-
ehrt hat, und hoffe daß dieselbe beitragen wird das Band fester zu
knüpfen welches zunächst Deutschland und Frankreich und wohl sehr bald
auch die andern freigewordenen Nationen Europa's zu einer wahrhaft
heiligen Allianz zu constituiren bestimmt seyn dürfte. Das Schreiben
des Hrn. Carnot lautet wie folgt:

Ministere de l'Instruction publique.
Paris le
19 Mars 1848. Monsieur, II y a deja quelque temps que j'ai
recu votre lettre et jusqu'a present le courant des affaires qui nous
entrame ne m'a point permis d'y repondre. Mais les declarations
de la France y ont repondu. Les principes de la nouvelle re-
publique sont ceux de l'ancienne: point d'agression, point de con-
quetes armees, respect aux nationalites.
Vous le savez, la
republique de nos peres n'a attaque que pour se defendre. Ainsi
fera la notre. Ou plutot esperons qu'elle ne sera point obligee
de le faire. Notre peuple tend une main fraternelle aux autres peuples,
et l'Allemagne, si eclairee, si penetree de l'esprit de justice et de liberte,
ne lui refusera point la sienne.
Il appartient aux intelligences philo-
sophiques comme la votre, Monsieur, de donner l'exemple du rap-
prochement et de la confiance. Et moi aussi, qui ai quelque droit
d'agir en cette occasion, puisque l'Allemagne a ete pour ma jeu-
nesse une terre d'hospitalite, je regarderai comme un bonheur et
comme une gloire de contribuer a cimenter une alliance intime entre
deux nations faites pour s'aimer et pour s'estimer.
Votre lettre, Mon-
sieur, me prouve que vous m'avez juge ainsi. Recevez-en mes
remercimens. Si de nouvelles communications dans le meme but
vous semblent utiles, elles seront toujours bienvenues de ma part.
Veuillez agreer etc. Carnot.

Mögen diese Zeilen diejenigen be-
schämen welche noch durch Erregung von Besorgnissen vor französischer
Invasion die Aufmerksamkeit der Patrioten vom inneren Befreiungswerk
abzulenken suchen möchten; aber auch diejenigen welche sich nicht ent-
blöden die Freiheit durch Androhung eines Abfalles vom heiligen deut-
schen Vaterland ertrotzen zu wollen. Innere und äußere Freiheit
und Selbständigkeit der Nationen sind fortan unauflöslich
miteinander verknüpft.

(Ständeberufung. Mi-
nisterwechsel.)
In der am 17 d. M. stattgefundenen Volks-
versammlung hatte sich eine Unzufriedenheit darüber ausgesprochen
daß die Ständeversammlung erst gegen das Ende des künftigen
Monats einberufen worden sey, auch war in einer Beilage zu
dem hier erscheinenden Blatte: Der deutsche Volksfreund,
ein in sehr entschiedenem Tone gehaltener Aufsatz des Dr. jur. Aron-
heim abgedruckt. Am anderen Tage wurde eine Verordnung erlassen
welche den Landtag auf den 31 d. M. einberuft. Die am 16 d. M. ge-
gen den Stadtrath Mack vorgefallenen Thätlichkeiten haben übrigens
mit der gleichzeitigen Volksversammlung durchaus keine ursachliche Ver-
bindung, sie sind während diese stattfand von einer Schaar von Leuten
angezettelt die weder nach ihrer bürgerlichen Stellung noch nach ihrer
Gesinnung der Versammlung angehören; in einer Bekanntmachung vom
17 d. M. erbietet sich der Vorstand der letzteren darüber jedermann die
bündigsten Beweise vorzulegen. Am 17 d. M. hat sich die Bürgergarde
besser zu organisiren gesucht, im Laufe des Tages forderte der Magistrat
auf derselben behufs der Unterdrückung etwa wiederkehrender Unordnun-
gen zahlreich beizutreten, was auch geschah. Gegen Abend trat dieselbe
auf ihren Sammelplätzen zusammen und sandte Pikets zur Besetzung
mehrerer Straßen und Patrouillen aus. Beim Dunkelwerden machte
der Pöbel an mehreren Stellen Miene die Scenen des verflossenen Abends
zu wiederholen, und schaarte sich zu diesem Behuf in mehreren Haufen
zusammen. Die Bürgergarde wurde an mehreren Punkten mit Knüt-
teln und Steinen, sogar mit einzelnen Pistolenschüssen angegriffen, wäh-
rend sie ihrerseits so schonend als möglich verfuhr, und nur von den Ge-
wehrkolben Gebrauch machte. An mehreren Punkten ward sie hart
gedrängt, und mehrere Gardisten wurden durch Steinwürfe zum Theil
schwer verwundet, der Buchhändler Eduard Vieweg mußte in Folge ei-
nes Steinwurfs an die Stirn nach Haufe gebracht werden und war meh-
rere Tage in Besorgniß das Auge zu verlieren, welches jetzt aber außer Ge-

*) Sigmaringisches Ständemitglied.

[Spaltenumbruch] Rednertalent. Ich bemerkte ſchon dort daß er, geiſtig durch die an-
weſenden badiſchen Deputirten geſchlagen, ſeine Sache verloren gab;
er mußte erklären daß er ſich von dem übrigen badiſchen und deut-
ſchen Volke nicht zu trennen beabſichtige. Gegen 12 Uhr begann die
eigentliche Volksverſammlung, deren Schauplatz die ſchöne und breite
Hauptſtraße vor dem Rathhauſe ſammt mehreren Seitengaſſen war.
Kopf ſtand an Kopf, Schulter an Schulter — im Ganzen gegen 15 000
Perſonen, darunter kein Zerriſſener, kein Zerlumpter, kein Betrunke-
ner, lauter wohlgekleidete Städter und Bauern. Außer einigen Sen-
ſen, die mit einem Seitenhaken faſt in der Art einer Hellebarde ver-
ſehen Fahnenſtangen krönten, ſah man keine Waffen. Beſonders
ſielen mir einige kräftige Seebauern auf die Fickler wahrſcheinlich als ſeine
Schutzwache begleitet hatten, kraftvolle, markige, entſchloſſene Geſtal-
ten, die mich an Ritter Jörg Frondsbergs Lanzknechte erinnerten, de-
ren Kern bekanntlich aus der Seegegend angeworben zu werden pflegte.
Ueber den Inhalt der gefaßten Beſchlüſſe ſage ich nichts, Sie werden
denſelben bereits aus den hieſigen Zeitungen kennen. Die Deputirten
Itzſtein, Hecker, Soiron, Kapp, Gottſchalk, der alte Dekan Fecht,
Winter von Heidelberg, zwei dem Grabe nahe Greiſe, dann v. Struve
und Hof aus Mannheim und andere ſprachen zum Theil wiederholt.
Auch der Advocat Würth aus der Seegegend, zuletzt Fickler, traten auf,
letzterer ohne daß vorher ſein Name genannt wurde, was bei den
andern ſtets geſchah. Was ich früher nur vom Hörenſagen wußte,
kann ich Ihnen nun aus eigener Anſchauung verſichern: das parla-
mentariſche Leben des Großherzogthums Baden hat ſehr gute Redner
gezogen, denen andere nicht in der Kammer befindliche, wie der Ad-
vocat Würth*) und beſonders auch Struve nacheifern. Ich bemerke nur
noch daß bei Vorlage des erſten Beſchluſſes „das Volk verlangt
vor allem ein deutſches Parlament
“ ſich unter der Verſamm-
lung ein tiefes elektriſches Gefühl kundgab, das alle Anweſenden,
Städter und Bauern, Studirte und Nichtſtudirte durchzuckte. Die
übrigen Beſchlüſſe ſind logiſche und richtige Folgerungen aus jedem
Oberſatze, obgleich die Verſchmelzung des ſtehenden Heeres, und ebenſo
die vorgeſchlagene höchſt umfangreiche Veränderung im Steuerweſen
viele ſtutzig machte. Alle Redner ohne Ausnahme ſprachen dafür daß
man nicht ohne Rückſprache mit andern Volksgenoſſen handeln dürfe,
daß die Entſcheidung aller wichtigen Angelegenheiten einer gemein-
ſamen deutſchen Berathung vorbehalten bleiben müſſe, daß die Errich-
tung von geſonderten Republiken ein Unglück, ein Fehler wäre, aber
alle Redner glaubten auch bereits ſich entſchuldigen zu müſſen daß ſie
nicht für die Republik ihre Stimme abgeben. Die Nähe Frankreichs
wirkt, viele Bauern und Kleinbürger halten eine Republik für die beſte
Regierungsform, weil ſie die wohlfeilſte ſey. Die Volksver-
ſammlung ſchloß gegen drei Uhr, und ohne Störung in guter Ord-
nung entwirrte ſich der ungeheure Menſchenknäuel. Ich ſah keinen
einzigen Betrunkenen während der Dauer der ganzen Verſammlung. Ich
ſchied von Offenburg mit einer Ueberzeugung die ich allen Claſſen
Deutſchlands ans Herz legen möchte: es iſt hohe Zeit daß Germa-
niens Fürſten der Eiferſucht entſagen, und um das Ganze zu retten
ſo ſchnell als möglich die öffentliche Gewalt in die Hände eines
Reichsoberhauptes niederlegen. Ich werde meine Anſicht
hierüber demnächſt in einem Artikel der Vierteljahrsſchrift ausſpre-
chen. Man darf die Dinge nicht mehr verhüllen, ſondern muß ſie
bei ihrem wahren Namen nennen.

(Ein Schreiben Carnots.) Die
gewaltige Kriſis, in welcher faſt ganz Europa begriffen iſt, geht offen-
bar auf nationales Self-Government hin, mit andern Worten
auf Selbſt-Erfaſſung und Selbſt-Verfaſſung der Völker.
Kein Volk
ſoll mehr im Innern dem bloßen Belieben eines Dynaſten
und ſeiner Soldateska, keines mehr nach außen einer fremden Nation
oder einem fremden Zwingherrn unterworfen ſeyn. Die Nationen
haben angefangen einander achten zu lernen, und ſehen ein daß ihr
freies Verbündniß jeden Krieg vermeidlich, die bisherigen ſtehenden
Heere überflüſſig und hiermit die rohe Gewaltherrſchaft der Fürſten un-
möglich, eine bedeutende Verminderung der Abgaben zuläſſig machen
würde. Als daher mit Ludwig Philipp das dieſer Regeneration Europa’s
feindliche Princip des dynaſtiſchen Egoismus in Frankreich geſtürzt
war und die kritiſche Heilkriſis in Deutſchland begann, ſchien es mir
vor allem nothwendig daß Deutſche und Franzoſen durch offene gegen-
ſeitige Anerkennung der Unverbrüchlichkeit ihrer Nationalitäten beruhigt
und in die Lage geſetzt würden alle ihre Kräfte auf die innere Wieder-
[Spaltenumbruch] geburt aus dem Elemente der nationalen Freiheit zu concentriren. In
dieſem Sinn ſchrieb ich Ende vorigen Monats an Hrn. Carnot,
Miniſter des öffentlichen Unterrichts in Frankreich, der, als mit Deutſch-
land innigſt befreundet, mir vorzugsweiſe berufen und geeignet ſchien
die proviſoriſche Regierung der Republik zu der gewünſchten Erklärung
zu veranlaſſen. Ich glaube nur den Intentionen des edlen Mannes zu
entſprechen wenn ich die Antwort veröffentliche mit welcher er mich be-
ehrt hat, und hoffe daß dieſelbe beitragen wird das Band feſter zu
knüpfen welches zunächſt Deutſchland und Frankreich und wohl ſehr bald
auch die andern freigewordenen Nationen Europa’s zu einer wahrhaft
heiligen Allianz zu conſtituiren beſtimmt ſeyn dürfte. Das Schreiben
des Hrn. Carnot lautet wie folgt:

Ministère de l’Instruction publique.
Paris le
19 Mars 1848. Monsieur, II y a déjà quelque temps que j’ai
reçu votre lettre et jusqu’à présent le courant des affaires qui nous
entrâme ne m’a point permis d’y répondre. Mais les déclarations
de la France y ont répondu. Les principes de la nouvelle ré-
publique sont ceux de l’ancienne: point d’agression, point de con-
quêtes armées, respect aux nationalités.
Vous le savez, la
république de nos pères n’a attaqué que pour se défendre. Ainsi
fera la nôtre. Ou plutôt espérons qu’elle ne sera point obligée
de le faire. Notre peuple tend une main fraternelle aux autres peuples,
et l’Allemagne, si éclairée, si pénétrée de l’esprit de justice et de liberté,
ne lui refusera point la sienne.
Il appartient aux intelligences philo-
sophiques comme la vôtre, Monsieur, de donner l’exemple du rap-
prochement et de la confiance. Et moi aussi, qui ai quelque droit
d’agir en cette occasion, puisque l’Allemagne a été pour ma jeu-
nesse une terre d’hospitalité, je regarderai comme un bonheur et
comme une gloire de contribuer à cimenter une alliance intime entre
deux nations faites pour s’aimer et pour s’estimer.
Votre lettre, Mon-
sieur, me prouve que vous m’avez jugé ainsi. Recevez-en mes
remercimens. Si de nouvelles communications dans le même but
vous semblent utiles, elles seront toujours bienvenues de ma part.
Veuillez agréer etc. Carnot.

Mögen dieſe Zeilen diejenigen be-
ſchämen welche noch durch Erregung von Beſorgniſſen vor franzöſiſcher
Invaſion die Aufmerkſamkeit der Patrioten vom inneren Befreiungswerk
abzulenken ſuchen möchten; aber auch diejenigen welche ſich nicht ent-
blöden die Freiheit durch Androhung eines Abfalles vom heiligen deut-
ſchen Vaterland ertrotzen zu wollen. Innere und äußere Freiheit
und Selbſtändigkeit der Nationen ſind fortan unauflöslich
miteinander verknüpft.

(Ständeberufung. Mi-
niſterwechſel.)
In der am 17 d. M. ſtattgefundenen Volks-
verſammlung hatte ſich eine Unzufriedenheit darüber ausgeſprochen
daß die Ständeverſammlung erſt gegen das Ende des künftigen
Monats einberufen worden ſey, auch war in einer Beilage zu
dem hier erſcheinenden Blatte: Der deutſche Volksfreund,
ein in ſehr entſchiedenem Tone gehaltener Aufſatz des Dr. jur. Aron-
heim abgedruckt. Am anderen Tage wurde eine Verordnung erlaſſen
welche den Landtag auf den 31 d. M. einberuft. Die am 16 d. M. ge-
gen den Stadtrath Mack vorgefallenen Thätlichkeiten haben übrigens
mit der gleichzeitigen Volksverſammlung durchaus keine urſachliche Ver-
bindung, ſie ſind während dieſe ſtattfand von einer Schaar von Leuten
angezettelt die weder nach ihrer bürgerlichen Stellung noch nach ihrer
Geſinnung der Verſammlung angehören; in einer Bekanntmachung vom
17 d. M. erbietet ſich der Vorſtand der letzteren darüber jedermann die
bündigſten Beweiſe vorzulegen. Am 17 d. M. hat ſich die Bürgergarde
beſſer zu organiſiren geſucht, im Laufe des Tages forderte der Magiſtrat
auf derſelben behufs der Unterdrückung etwa wiederkehrender Unordnun-
gen zahlreich beizutreten, was auch geſchah. Gegen Abend trat dieſelbe
auf ihren Sammelplätzen zuſammen und ſandte Pikets zur Beſetzung
mehrerer Straßen und Patrouillen aus. Beim Dunkelwerden machte
der Pöbel an mehreren Stellen Miene die Scenen des verfloſſenen Abends
zu wiederholen, und ſchaarte ſich zu dieſem Behuf in mehreren Haufen
zuſammen. Die Bürgergarde wurde an mehreren Punkten mit Knüt-
teln und Steinen, ſogar mit einzelnen Piſtolenſchüſſen angegriffen, wäh-
rend ſie ihrerſeits ſo ſchonend als möglich verfuhr, und nur von den Ge-
wehrkolben Gebrauch machte. An mehreren Punkten ward ſie hart
gedrängt, und mehrere Gardiſten wurden durch Steinwürfe zum Theil
ſchwer verwundet, der Buchhändler Eduard Vieweg mußte in Folge ei-
nes Steinwurfs an die Stirn nach Haufe gebracht werden und war meh-
rere Tage in Beſorgniß das Auge zu verlieren, welches jetzt aber außer Ge-

*) Sigmaringiſches Ständemitglied.
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[1372/0012] Rednertalent. Ich bemerkte ſchon dort daß er, geiſtig durch die an- weſenden badiſchen Deputirten geſchlagen, ſeine Sache verloren gab; er mußte erklären daß er ſich von dem übrigen badiſchen und deut- ſchen Volke nicht zu trennen beabſichtige. Gegen 12 Uhr begann die eigentliche Volksverſammlung, deren Schauplatz die ſchöne und breite Hauptſtraße vor dem Rathhauſe ſammt mehreren Seitengaſſen war. Kopf ſtand an Kopf, Schulter an Schulter — im Ganzen gegen 15 000 Perſonen, darunter kein Zerriſſener, kein Zerlumpter, kein Betrunke- ner, lauter wohlgekleidete Städter und Bauern. Außer einigen Sen- ſen, die mit einem Seitenhaken faſt in der Art einer Hellebarde ver- ſehen Fahnenſtangen krönten, ſah man keine Waffen. Beſonders ſielen mir einige kräftige Seebauern auf die Fickler wahrſcheinlich als ſeine Schutzwache begleitet hatten, kraftvolle, markige, entſchloſſene Geſtal- ten, die mich an Ritter Jörg Frondsbergs Lanzknechte erinnerten, de- ren Kern bekanntlich aus der Seegegend angeworben zu werden pflegte. Ueber den Inhalt der gefaßten Beſchlüſſe ſage ich nichts, Sie werden denſelben bereits aus den hieſigen Zeitungen kennen. Die Deputirten Itzſtein, Hecker, Soiron, Kapp, Gottſchalk, der alte Dekan Fecht, Winter von Heidelberg, zwei dem Grabe nahe Greiſe, dann v. Struve und Hof aus Mannheim und andere ſprachen zum Theil wiederholt. Auch der Advocat Würth aus der Seegegend, zuletzt Fickler, traten auf, letzterer ohne daß vorher ſein Name genannt wurde, was bei den andern ſtets geſchah. Was ich früher nur vom Hörenſagen wußte, kann ich Ihnen nun aus eigener Anſchauung verſichern: das parla- mentariſche Leben des Großherzogthums Baden hat ſehr gute Redner gezogen, denen andere nicht in der Kammer befindliche, wie der Ad- vocat Würth *) und beſonders auch Struve nacheifern. Ich bemerke nur noch daß bei Vorlage des erſten Beſchluſſes „das Volk verlangt vor allem ein deutſches Parlament“ ſich unter der Verſamm- lung ein tiefes elektriſches Gefühl kundgab, das alle Anweſenden, Städter und Bauern, Studirte und Nichtſtudirte durchzuckte. Die übrigen Beſchlüſſe ſind logiſche und richtige Folgerungen aus jedem Oberſatze, obgleich die Verſchmelzung des ſtehenden Heeres, und ebenſo die vorgeſchlagene höchſt umfangreiche Veränderung im Steuerweſen viele ſtutzig machte. Alle Redner ohne Ausnahme ſprachen dafür daß man nicht ohne Rückſprache mit andern Volksgenoſſen handeln dürfe, daß die Entſcheidung aller wichtigen Angelegenheiten einer gemein- ſamen deutſchen Berathung vorbehalten bleiben müſſe, daß die Errich- tung von geſonderten Republiken ein Unglück, ein Fehler wäre, aber alle Redner glaubten auch bereits ſich entſchuldigen zu müſſen daß ſie nicht für die Republik ihre Stimme abgeben. Die Nähe Frankreichs wirkt, viele Bauern und Kleinbürger halten eine Republik für die beſte Regierungsform, weil ſie die wohlfeilſte ſey. Die Volksver- ſammlung ſchloß gegen drei Uhr, und ohne Störung in guter Ord- nung entwirrte ſich der ungeheure Menſchenknäuel. Ich ſah keinen einzigen Betrunkenen während der Dauer der ganzen Verſammlung. Ich ſchied von Offenburg mit einer Ueberzeugung die ich allen Claſſen Deutſchlands ans Herz legen möchte: es iſt hohe Zeit daß Germa- niens Fürſten der Eiferſucht entſagen, und um das Ganze zu retten ſo ſchnell als möglich die öffentliche Gewalt in die Hände eines Reichsoberhauptes niederlegen. Ich werde meine Anſicht hierüber demnächſt in einem Artikel der Vierteljahrsſchrift ausſpre- chen. Man darf die Dinge nicht mehr verhüllen, ſondern muß ſie bei ihrem wahren Namen nennen. * Heidelberg, 22 März. (Ein Schreiben Carnots.) Die gewaltige Kriſis, in welcher faſt ganz Europa begriffen iſt, geht offen- bar auf nationales Self-Government hin, mit andern Worten auf Selbſt-Erfaſſung und Selbſt-Verfaſſung der Völker. Kein Volk ſoll mehr im Innern dem bloßen Belieben eines Dynaſten und ſeiner Soldateska, keines mehr nach außen einer fremden Nation oder einem fremden Zwingherrn unterworfen ſeyn. Die Nationen haben angefangen einander achten zu lernen, und ſehen ein daß ihr freies Verbündniß jeden Krieg vermeidlich, die bisherigen ſtehenden Heere überflüſſig und hiermit die rohe Gewaltherrſchaft der Fürſten un- möglich, eine bedeutende Verminderung der Abgaben zuläſſig machen würde. Als daher mit Ludwig Philipp das dieſer Regeneration Europa’s feindliche Princip des dynaſtiſchen Egoismus in Frankreich geſtürzt war und die kritiſche Heilkriſis in Deutſchland begann, ſchien es mir vor allem nothwendig daß Deutſche und Franzoſen durch offene gegen- ſeitige Anerkennung der Unverbrüchlichkeit ihrer Nationalitäten beruhigt und in die Lage geſetzt würden alle ihre Kräfte auf die innere Wieder- geburt aus dem Elemente der nationalen Freiheit zu concentriren. In dieſem Sinn ſchrieb ich Ende vorigen Monats an Hrn. Carnot, Miniſter des öffentlichen Unterrichts in Frankreich, der, als mit Deutſch- land innigſt befreundet, mir vorzugsweiſe berufen und geeignet ſchien die proviſoriſche Regierung der Republik zu der gewünſchten Erklärung zu veranlaſſen. Ich glaube nur den Intentionen des edlen Mannes zu entſprechen wenn ich die Antwort veröffentliche mit welcher er mich be- ehrt hat, und hoffe daß dieſelbe beitragen wird das Band feſter zu knüpfen welches zunächſt Deutſchland und Frankreich und wohl ſehr bald auch die andern freigewordenen Nationen Europa’s zu einer wahrhaft heiligen Allianz zu conſtituiren beſtimmt ſeyn dürfte. Das Schreiben des Hrn. Carnot lautet wie folgt: Ministère de l’Instruction publique. Paris le 19 Mars 1848. Monsieur, II y a déjà quelque temps que j’ai reçu votre lettre et jusqu’à présent le courant des affaires qui nous entrâme ne m’a point permis d’y répondre. Mais les déclarations de la France y ont répondu. Les principes de la nouvelle ré- publique sont ceux de l’ancienne: point d’agression, point de con- quêtes armées, respect aux nationalités. Vous le savez, la république de nos pères n’a attaqué que pour se défendre. Ainsi fera la nôtre. Ou plutôt espérons qu’elle ne sera point obligée de le faire. Notre peuple tend une main fraternelle aux autres peuples, et l’Allemagne, si éclairée, si pénétrée de l’esprit de justice et de liberté, ne lui refusera point la sienne. Il appartient aux intelligences philo- sophiques comme la vôtre, Monsieur, de donner l’exemple du rap- prochement et de la confiance. Et moi aussi, qui ai quelque droit d’agir en cette occasion, puisque l’Allemagne a été pour ma jeu- nesse une terre d’hospitalité, je regarderai comme un bonheur et comme une gloire de contribuer à cimenter une alliance intime entre deux nations faites pour s’aimer et pour s’estimer. Votre lettre, Mon- sieur, me prouve que vous m’avez jugé ainsi. Recevez-en mes remercimens. Si de nouvelles communications dans le même but vous semblent utiles, elles seront toujours bienvenues de ma part. Veuillez agréer etc. Carnot. Mögen dieſe Zeilen diejenigen be- ſchämen welche noch durch Erregung von Beſorgniſſen vor franzöſiſcher Invaſion die Aufmerkſamkeit der Patrioten vom inneren Befreiungswerk abzulenken ſuchen möchten; aber auch diejenigen welche ſich nicht ent- blöden die Freiheit durch Androhung eines Abfalles vom heiligen deut- ſchen Vaterland ertrotzen zu wollen. Innere und äußere Freiheit und Selbſtändigkeit der Nationen ſind fortan unauflöslich miteinander verknüpft. C .... é. ஃ Braunſchweig, 20 März. (Ständeberufung. Mi- niſterwechſel.) In der am 17 d. M. ſtattgefundenen Volks- verſammlung hatte ſich eine Unzufriedenheit darüber ausgeſprochen daß die Ständeverſammlung erſt gegen das Ende des künftigen Monats einberufen worden ſey, auch war in einer Beilage zu dem hier erſcheinenden Blatte: Der deutſche Volksfreund, ein in ſehr entſchiedenem Tone gehaltener Aufſatz des Dr. jur. Aron- heim abgedruckt. Am anderen Tage wurde eine Verordnung erlaſſen welche den Landtag auf den 31 d. M. einberuft. Die am 16 d. M. ge- gen den Stadtrath Mack vorgefallenen Thätlichkeiten haben übrigens mit der gleichzeitigen Volksverſammlung durchaus keine urſachliche Ver- bindung, ſie ſind während dieſe ſtattfand von einer Schaar von Leuten angezettelt die weder nach ihrer bürgerlichen Stellung noch nach ihrer Geſinnung der Verſammlung angehören; in einer Bekanntmachung vom 17 d. M. erbietet ſich der Vorſtand der letzteren darüber jedermann die bündigſten Beweiſe vorzulegen. Am 17 d. M. hat ſich die Bürgergarde beſſer zu organiſiren geſucht, im Laufe des Tages forderte der Magiſtrat auf derſelben behufs der Unterdrückung etwa wiederkehrender Unordnun- gen zahlreich beizutreten, was auch geſchah. Gegen Abend trat dieſelbe auf ihren Sammelplätzen zuſammen und ſandte Pikets zur Beſetzung mehrerer Straßen und Patrouillen aus. Beim Dunkelwerden machte der Pöbel an mehreren Stellen Miene die Scenen des verfloſſenen Abends zu wiederholen, und ſchaarte ſich zu dieſem Behuf in mehreren Haufen zuſammen. Die Bürgergarde wurde an mehreren Punkten mit Knüt- teln und Steinen, ſogar mit einzelnen Piſtolenſchüſſen angegriffen, wäh- rend ſie ihrerſeits ſo ſchonend als möglich verfuhr, und nur von den Ge- wehrkolben Gebrauch machte. An mehreren Punkten ward ſie hart gedrängt, und mehrere Gardiſten wurden durch Steinwürfe zum Theil ſchwer verwundet, der Buchhändler Eduard Vieweg mußte in Folge ei- nes Steinwurfs an die Stirn nach Haufe gebracht werden und war meh- rere Tage in Beſorgniß das Auge zu verlieren, welches jetzt aber außer Ge- *) Sigmaringiſches Ständemitglied.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 86, 26. März 1848, S. 1372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine86_1848/12>, abgerufen am 21.11.2024.