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Allgemeine Zeitung, Nr. 94, 4. April 1849.

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Postreformen in Oesterreich.

England hat bei einer Bevölkerung von|24 (28)
Millionen einen jährlichen Verkehr von 300 Millionen Briefen; Oester-
reich müßte in gleichem Verhältniß für seine 37 Millionen Einwohner
420 Millionen Briefe in Umlauf setzen, es berechnet aber deren nur etwa
25 Millionen, das ist ein Siebenzehntel der Zahl welche es haben könnte!
Bekanntlich ist jene enorme Zahl von Briefen in England, hinter der
selbst Frankreich weit zurücksteht, ein Resultat von Rowland Hills Post-
reform. Durch diese wurde seit dem 10 Januar 1840 das Porto für den
einfachen Brief auf 1 Penny herabgesetzt, indem man sich auf die Berech-
nung stützte daß die Transportkosten für den einfachen Brief von London
nach Edinburg nur den 36sten Theil eines Penny betrügen. Wenn auch
Hills weitere Berechnung: daß schon nach 5 Jahren der frühere Rein-
ertrag des hohen Portosatzes durch die Vermehrung des Briefverkehrs
sich wieder herausgestellt haben werde, durch die Erfahrung bisher nicht
ganz bestätigt wurde, so diente doch die so alle Erwartung übersteigende
Vermehrung der Briefe zur Begründung einer der wichtigsten staats-
wirthschaftlichen Wahrheiten -- die Post soll nicht Finanzspeculation
seyn! Nicht der Reinertrag soll ausschließender Zweck der Postanstalten
seyn, sondern die möglichste Beförderung des Verkehrs durch Wohlfeil-
heit und Schnelligkeit.

In dem Augenblick als das gesammte Postwesen in Oesterreich dem
Handelsministerium unterstellt wurde, überdieß vereinigt mit allen übri-
gen Anstalten des Verkehrs, den Eisenbahnen und Telegraphen,*) war
jenes Princip schon factisch ausgesprochen, und die Erwartung des Publi-
cums ist mit Recht im höchsten Grade den Reformen zugewendet welche
aus diesem neuen Verhältniß sich ergeben werden. Wir sind in der Lage
auf einige Reformen hinzuweisen deren Einführung theils schon begon-
nen, theils angebahnt ist, und deren Wichtigkeit sich schon zunächst aus
den Hindernissen ergeben dürfte welche ihnen entgegenstanden.

Der österreichischen Postverwaltung schwebt jedenfalls auch das Ideal
eines einzigen Portosatzes vor, auf ein Minimum herabgesetzt, und
bereits wurde der bisher bestandene zweitkleinste Satz von 6 Kreuzern um
10 Meilen im Rayon erweitert. Wenn aber in der Herabsetzung des
Porto nur sehr allmählich vorgegangen werden kann, so hat das einen
doppelten Grund. Der Ausfall in den Finanzen ist jederzeit und umso-
mehr in den gegenwärtigen Verhältnissen ein so beachtenswerther Um-
stand daß derselbe auf einen mehrjährigen Zeitraum vertheilt werden
muß, da man zu hoffen berechtigt ist daß in dessen Verlauf durch den
steigenden Verkehr sich dieser Ausfall heben werde. Es ist aber auch nicht
zu übersehen daß bei einer plötzlichen Herabsetzung des Porto auf ein Mi-
nimum die vorhandenen Anstalten in Oesterreich durchaus nicht genügen
würden um die hereinbrechende Ueberfluthung des Postverkehrs bewälti-
gen zu können; im voraus aber lassen sich dieselben nicht vollständig dem
Bedarf entsprechend reguliren, weil die Erfahrung allein die Wege an-
geben kann deren der Verkehr benöthigt ist. Von dem Umschwung den eine
bedeutende Herabsetzung des Porto bewirkt, hat z. B. die Thatsache einen
Beweis geliefert daß in London schon die Uebergangstaxe der Herabsetzung
auf 3 Pence für den Brief in den ersten drei Wochen bereits eine Vermeh-
rung von 165 Procent bewirkte! Ganz abgesehen daher von der Noth-
wendigkeit einem zu großen Ausfall in unsern Finanzen vorzubeugen,
sind schon deßhalb Uebergangsstadien nöthig, um mit den Transportmit-
teln und deren Vermehrung, sowie mit der Manipulation überhaupt
gleichen Schritt halten zu können. Sowohl der Ausfall im Ertrage als
auch das Princip einer möglichst ausgebreiteten und gegliederten Com-
munication erfordert nicht nur Vermehrung des Postenlaufs auf den schon
bestehenden Routen, sondern namentlich auch das Eröffnen neuer und
möglichst vieler neuer Routen. Erst dann wenn durch diese Vermehrung
der Communicationsmittel der Briefverkehr überhaupt auch in bisher un-
beachtet gebliebenen Gegenden möglich gemacht (und man bedenke die
Ausdehnung derselben bei uns), derselbe allseitiger angeregt und hervor-
gerufen seyn wird, dann wird durch die weitere Herabsetzung des Porto
auch eine so bedeutende Vermehrung erzielt werden daß der Ausfall sich
dadurch compensirt, und zugleich wird der vermehrte Verkehr auch hin-
reichend viele Canäle offen finden.

Die nächste Sorgfalt der Postverwaltung war also auf das Netz der
Postverbindungen gerichtet, und vorerst wird in den betriebsamen nord-
öftlichen Gegenden Böhmens eine bedeutende Vermehrung derselben ein-
treten. Dort, zwischen der Pulsnitz und der sächsischen Gränze, wo die
gewerbfleißigen Orte Rumburg, Warnsdorf u. s. w. eine Bevölkerung
von mehr als 10,000 Menschen auf einer Quadratmeile vereinigen, dort
ist allerdings eine Erweiterung der Postverbindungen am dringendsten.

[Spaltenumbruch]

Um den Briesverkehr außer der bereits erwähnten Ausdehnung des
6 Kreuzerporto möglichst anzuregen, sind auch mehrere Erleichterungen
in der Manipulation bereits eingeführt worden, theils werden sie es in
den nächsten Tagen werden. Die Stunde der Aufgabe ist vorlängst
von 41/2 bis 51/2 vorgerückt worden, und wird es noch mehr werden.
Namentlich wird dieselbe für die Eisenbahnrouten bei dem Hauptpostamt
in der Stadt bis 61/2 und auf den Bahnhöfen bis 63/4 Uhr verlängert,
weil bei den Trains eigene bureaux ambulants errichtet werden sobald
der Bau der dazu nöthigen Wägen es gestattet. Der Postbeamte wird
dann während der Fahrt nicht nur empfangen sondern auch chartiren
und taxiren, so zwar daß der Brief bei der Ankunft des Train in der
Station alsogleich den Parteien hinausgegeben werden kann. Es ist be-
greiflich daß zu einer dergestalt raffinirten Manipulation nicht nur die
größte Achtsamkeit des Personals, sondern auch eine Fertigkeit und Schnel-
ligkeit erfordert wird welche nur durch Uebung erlangt werden kann.
Mit plötzlicher Vermehrung des Personals ist es also nicht gethan, es
gehört auch Zeit dazu dasselbe heranzubilden, und schon dieser Umstand
allein bedingt Uebergangsstufen.

Mit der angedeuteten Benützung der Eisenbahnen entfällt von selbst
so mancher bisherige Uebelstand, der den Bahndirectoren Veranlassung
gab über Verzögerung des Bahnbetriebes durch die Postmanipulation zu
klagen. Bis jene bureaux ambulants eingerichtet werden können, ist
aber bereits mit dem 1 April die Trennung des Brieftrausports vom
Frachtentrausport angeordnet worden. Die Briefe werden demnächst mit
den Personenzügen befördert, die Conducteure verlassen nicht mehr den
Wagen, sondern der Postbeamte der Station überbringt ihnen die Briefe
u. s. w., so daß aus der Postmanipulation durchaus kein Aufenthalt ent-
stehen kann und darf. Die Frachtstücke aber welche eine längere Mani-
pulation erfordern, werden künftig an die Frachtentrains gewiesen. Durch
diese Anordnung wird so viel Zeit gewonnen daß ein genaues Influiren
der Eisenbahnzüge möglich wird, was bisher nicht erreicht werden konnte,
da ein Zug oft mehrere Stunden auf einen influencirenden warten mußte.
Andrerseits hat aber die Postverwaltung auch das Recht des Staates auf
die Oberaufficht über alle öffentlichen Anstalten den Eisenbahnen gegen-
über in Anspruch genommen, und energische Maßregeln getroffen um die
pünktliche Einhaltung der Fahrzeit zu realisiren. Das Bahnpersonal
und seine Thätigkeit wird von eigenen Post-Reisecommissären controlirt,
welche nach wiederholter Nachlässigkeit eines Beamten unnachsichtlich
dessen Entfernung zu betreiben haben.

Eines der größten Hindernisse für den Briefverkehr überhaupt war
bisher dessen Verbindung mit dem Personentrausport. Davon wird der-
selbe nicht minder allmählich befreit werden, weil die Postverwaltung auch
das Princip anerkannt hat den Personen - sowie den Frachtverkehr frei-
zugeben. Daß auch dieß nur nach und nach geschehen kann, liegt sowohl
in der Natur der Sache als des Publicums, dem man die Fahrpost nicht
plötzlich entziehen kann, da sich Privat-Reisegelegenheiten nicht mit einem
Schlage herstellen lassen. Für's erste wird die Post der Entstehung von
dergleichen keine Hindernisse mehr in den Weg legen, und das Abstreifen
des Personentransports wird um so leichter vor sich gehen, nur durch die
Rücksicht auf das Bedürfniß des Publicums bestimmt, weil bekanntlich
derselbe nie und nirgend einen mehr als vorübergehenden Reinertrag ge-
liefert hat.

Daß die Dampfschiffe von der Postanstalt in gleicher Art benützt
werden wie die Eisenbahnen, versteht sich von selbst. Die hier gegebenen
Andeutungen werden genügen um dem Publicum darzuthum daß das
österreichische Handelsministerium seine Aufgabe vom Höhenpunkte der
Zeit aus erfaßt, und daß die drei Monate seines Bestehens keine verlo-
renen waren. Anstalten deren Wirkungskreis aber an 12,000 Quadrat-
meilen umfaßt, bedürfen allerdings zu ihren Vorarbeiten ein Zeitmaß,
welches anderwärts vielleicht schon zur Ausführung genügen dürfte. Man
wird aber dem Geleisteten und dem Vorbereiteten die vollste Anerkennung
um so weniger versagen dürfen, wenn man bedenkt daß es sich bei Her-
stellung von Communicationen und Verbesserung schon bestehender, nicht
allein darum handelt Flüsse und Berge zu übersetzen, sondern daß es
auch gilt Berge von veralteten Hindernissen und Vorurtheilen zu über-
winden!



Der viertägige Feldzug Radetzky's gegen Sardinien.

[] "Vorwärts nach Turin lautet die Losung, dort finden wir den Frie-
den um den wir kämpfen. Es lebe der Kaiser, es lebe das Vaterland!"
Also sprach der greise Feldmarschall zu seinem tapfern Heere, als Carl
Albert den Waffenstillstand kündigte. Am 20 März begannen die Opera-
tionen, und am vierten Tag, den 23 Abends, war die feindliche Macht

*) Beilage zur Allg. Zeitung Nr. 37.
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Poſtreformen in Oeſterreich.

England hat bei einer Bevölkerung von|24 (28)
Millionen einen jährlichen Verkehr von 300 Millionen Briefen; Oeſter-
reich müßte in gleichem Verhältniß für ſeine 37 Millionen Einwohner
420 Millionen Briefe in Umlauf ſetzen, es berechnet aber deren nur etwa
25 Millionen, das iſt ein Siebenzehntel der Zahl welche es haben könnte!
Bekanntlich iſt jene enorme Zahl von Briefen in England, hinter der
ſelbſt Frankreich weit zurückſteht, ein Reſultat von Rowland Hills Poſt-
reform. Durch dieſe wurde ſeit dem 10 Januar 1840 das Porto für den
einfachen Brief auf 1 Penny herabgeſetzt, indem man ſich auf die Berech-
nung ſtützte daß die Transportkoſten für den einfachen Brief von London
nach Edinburg nur den 36ſten Theil eines Penny betrügen. Wenn auch
Hills weitere Berechnung: daß ſchon nach 5 Jahren der frühere Rein-
ertrag des hohen Portoſatzes durch die Vermehrung des Briefverkehrs
ſich wieder herausgeſtellt haben werde, durch die Erfahrung bisher nicht
ganz beſtätigt wurde, ſo diente doch die ſo alle Erwartung überſteigende
Vermehrung der Briefe zur Begründung einer der wichtigſten ſtaats-
wirthſchaftlichen Wahrheiten — die Poſt ſoll nicht Finanzſpeculation
ſeyn! Nicht der Reinertrag ſoll ausſchließender Zweck der Poſtanſtalten
ſeyn, ſondern die möglichſte Beförderung des Verkehrs durch Wohlfeil-
heit und Schnelligkeit.

In dem Augenblick als das geſammte Poſtweſen in Oeſterreich dem
Handelsminiſterium unterſtellt wurde, überdieß vereinigt mit allen übri-
gen Anſtalten des Verkehrs, den Eiſenbahnen und Telegraphen,*) war
jenes Princip ſchon factiſch ausgeſprochen, und die Erwartung des Publi-
cums iſt mit Recht im höchſten Grade den Reformen zugewendet welche
aus dieſem neuen Verhältniß ſich ergeben werden. Wir ſind in der Lage
auf einige Reformen hinzuweiſen deren Einführung theils ſchon begon-
nen, theils angebahnt iſt, und deren Wichtigkeit ſich ſchon zunächſt aus
den Hinderniſſen ergeben dürfte welche ihnen entgegenſtanden.

Der öſterreichiſchen Poſtverwaltung ſchwebt jedenfalls auch das Ideal
eines einzigen Portoſatzes vor, auf ein Minimum herabgeſetzt, und
bereits wurde der bisher beſtandene zweitkleinſte Satz von 6 Kreuzern um
10 Meilen im Rayon erweitert. Wenn aber in der Herabſetzung des
Porto nur ſehr allmählich vorgegangen werden kann, ſo hat das einen
doppelten Grund. Der Ausfall in den Finanzen iſt jederzeit und umſo-
mehr in den gegenwärtigen Verhältniſſen ein ſo beachtenswerther Um-
ſtand daß derſelbe auf einen mehrjährigen Zeitraum vertheilt werden
muß, da man zu hoffen berechtigt iſt daß in deſſen Verlauf durch den
ſteigenden Verkehr ſich dieſer Ausfall heben werde. Es iſt aber auch nicht
zu überſehen daß bei einer plötzlichen Herabſetzung des Porto auf ein Mi-
nimum die vorhandenen Anſtalten in Oeſterreich durchaus nicht genügen
würden um die hereinbrechende Ueberfluthung des Poſtverkehrs bewälti-
gen zu können; im voraus aber laſſen ſich dieſelben nicht vollſtändig dem
Bedarf entſprechend reguliren, weil die Erfahrung allein die Wege an-
geben kann deren der Verkehr benöthigt iſt. Von dem Umſchwung den eine
bedeutende Herabſetzung des Porto bewirkt, hat z. B. die Thatſache einen
Beweis geliefert daß in London ſchon die Uebergangstaxe der Herabſetzung
auf 3 Pence für den Brief in den erſten drei Wochen bereits eine Vermeh-
rung von 165 Procent bewirkte! Ganz abgeſehen daher von der Noth-
wendigkeit einem zu großen Ausfall in unſern Finanzen vorzubeugen,
ſind ſchon deßhalb Uebergangsſtadien nöthig, um mit den Transportmit-
teln und deren Vermehrung, ſowie mit der Manipulation überhaupt
gleichen Schritt halten zu können. Sowohl der Ausfall im Ertrage als
auch das Princip einer möglichſt ausgebreiteten und gegliederten Com-
munication erfordert nicht nur Vermehrung des Poſtenlaufs auf den ſchon
beſtehenden Routen, ſondern namentlich auch das Eröffnen neuer und
möglichſt vieler neuer Routen. Erſt dann wenn durch dieſe Vermehrung
der Communicationsmittel der Briefverkehr überhaupt auch in bisher un-
beachtet gebliebenen Gegenden möglich gemacht (und man bedenke die
Ausdehnung derſelben bei uns), derſelbe allſeitiger angeregt und hervor-
gerufen ſeyn wird, dann wird durch die weitere Herabſetzung des Porto
auch eine ſo bedeutende Vermehrung erzielt werden daß der Ausfall ſich
dadurch compenſirt, und zugleich wird der vermehrte Verkehr auch hin-
reichend viele Canäle offen finden.

Die nächſte Sorgfalt der Poſtverwaltung war alſo auf das Netz der
Poſtverbindungen gerichtet, und vorerſt wird in den betriebſamen nord-
öftlichen Gegenden Böhmens eine bedeutende Vermehrung derſelben ein-
treten. Dort, zwiſchen der Pulsnitz und der ſächſiſchen Gränze, wo die
gewerbfleißigen Orte Rumburg, Warnsdorf u. ſ. w. eine Bevölkerung
von mehr als 10,000 Menſchen auf einer Quadratmeile vereinigen, dort
iſt allerdings eine Erweiterung der Poſtverbindungen am dringendſten.

[Spaltenumbruch]

Um den Brieſverkehr außer der bereits erwähnten Ausdehnung des
6 Kreuzerporto möglichſt anzuregen, ſind auch mehrere Erleichterungen
in der Manipulation bereits eingeführt worden, theils werden ſie es in
den nächſten Tagen werden. Die Stunde der Aufgabe iſt vorlängſt
von 4½ bis 5½ vorgerückt worden, und wird es noch mehr werden.
Namentlich wird dieſelbe für die Eiſenbahnrouten bei dem Hauptpoſtamt
in der Stadt bis 6½ und auf den Bahnhöfen bis 6¾ Uhr verlängert,
weil bei den Trains eigene bureaux ambulants errichtet werden ſobald
der Bau der dazu nöthigen Wägen es geſtattet. Der Poſtbeamte wird
dann während der Fahrt nicht nur empfangen ſondern auch chartiren
und taxiren, ſo zwar daß der Brief bei der Ankunft des Train in der
Station alſogleich den Parteien hinausgegeben werden kann. Es iſt be-
greiflich daß zu einer dergeſtalt raffinirten Manipulation nicht nur die
größte Achtſamkeit des Perſonals, ſondern auch eine Fertigkeit und Schnel-
ligkeit erfordert wird welche nur durch Uebung erlangt werden kann.
Mit plötzlicher Vermehrung des Perſonals iſt es alſo nicht gethan, es
gehört auch Zeit dazu dasſelbe heranzubilden, und ſchon dieſer Umſtand
allein bedingt Uebergangsſtufen.

Mit der angedeuteten Benützung der Eiſenbahnen entfällt von ſelbſt
ſo mancher bisherige Uebelſtand, der den Bahndirectoren Veranlaſſung
gab über Verzögerung des Bahnbetriebes durch die Poſtmanipulation zu
klagen. Bis jene bureaux ambulants eingerichtet werden können, iſt
aber bereits mit dem 1 April die Trennung des Brieftrausports vom
Frachtentrausport angeordnet worden. Die Briefe werden demnächſt mit
den Perſonenzügen befördert, die Conducteure verlaſſen nicht mehr den
Wagen, ſondern der Poſtbeamte der Station überbringt ihnen die Briefe
u. ſ. w., ſo daß aus der Poſtmanipulation durchaus kein Aufenthalt ent-
ſtehen kann und darf. Die Frachtſtücke aber welche eine längere Mani-
pulation erfordern, werden künftig an die Frachtentrains gewieſen. Durch
dieſe Anordnung wird ſo viel Zeit gewonnen daß ein genaues Influiren
der Eiſenbahnzüge möglich wird, was bisher nicht erreicht werden konnte,
da ein Zug oft mehrere Stunden auf einen influencirenden warten mußte.
Andrerſeits hat aber die Poſtverwaltung auch das Recht des Staates auf
die Oberaufficht über alle öffentlichen Anſtalten den Eiſenbahnen gegen-
über in Anſpruch genommen, und energiſche Maßregeln getroffen um die
pünktliche Einhaltung der Fahrzeit zu realiſiren. Das Bahnperſonal
und ſeine Thätigkeit wird von eigenen Poſt-Reiſecommiſſären controlirt,
welche nach wiederholter Nachläſſigkeit eines Beamten unnachſichtlich
deſſen Entfernung zu betreiben haben.

Eines der größten Hinderniſſe für den Briefverkehr überhaupt war
bisher deſſen Verbindung mit dem Perſonentrausport. Davon wird der-
ſelbe nicht minder allmählich befreit werden, weil die Poſtverwaltung auch
das Princip anerkannt hat den Perſonen - ſowie den Frachtverkehr frei-
zugeben. Daß auch dieß nur nach und nach geſchehen kann, liegt ſowohl
in der Natur der Sache als des Publicums, dem man die Fahrpoſt nicht
plötzlich entziehen kann, da ſich Privat-Reiſegelegenheiten nicht mit einem
Schlage herſtellen laſſen. Für’s erſte wird die Poſt der Entſtehung von
dergleichen keine Hinderniſſe mehr in den Weg legen, und das Abſtreifen
des Perſonentransports wird um ſo leichter vor ſich gehen, nur durch die
Rückſicht auf das Bedürfniß des Publicums beſtimmt, weil bekanntlich
derſelbe nie und nirgend einen mehr als vorübergehenden Reinertrag ge-
liefert hat.

Daß die Dampfſchiffe von der Poſtanſtalt in gleicher Art benützt
werden wie die Eiſenbahnen, verſteht ſich von ſelbſt. Die hier gegebenen
Andeutungen werden genügen um dem Publicum darzuthum daß das
öſterreichiſche Handelsminiſterium ſeine Aufgabe vom Höhenpunkte der
Zeit aus erfaßt, und daß die drei Monate ſeines Beſtehens keine verlo-
renen waren. Anſtalten deren Wirkungskreis aber an 12,000 Quadrat-
meilen umfaßt, bedürfen allerdings zu ihren Vorarbeiten ein Zeitmaß,
welches anderwärts vielleicht ſchon zur Ausführung genügen dürfte. Man
wird aber dem Geleiſteten und dem Vorbereiteten die vollſte Anerkennung
um ſo weniger verſagen dürfen, wenn man bedenkt daß es ſich bei Her-
ſtellung von Communicationen und Verbeſſerung ſchon beſtehender, nicht
allein darum handelt Flüſſe und Berge zu überſetzen, ſondern daß es
auch gilt Berge von veralteten Hinderniſſen und Vorurtheilen zu über-
winden!



Der viertägige Feldzug Radetzky’s gegen Sardinien.

[⁑] „Vorwärts nach Turin lautet die Loſung, dort finden wir den Frie-
den um den wir kämpfen. Es lebe der Kaiſer, es lebe das Vaterland!“
Alſo ſprach der greiſe Feldmarſchall zu ſeinem tapfern Heere, als Carl
Albert den Waffenſtillſtand kündigte. Am 20 März begannen die Opera-
tionen, und am vierten Tag, den 23 Abends, war die feindliche Macht

*) Beilage zur Allg. Zeitung Nr. 37.
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[1442/0010] Poſtreformen in Oeſterreich. A Wien, im März. England hat bei einer Bevölkerung von|24 (28) Millionen einen jährlichen Verkehr von 300 Millionen Briefen; Oeſter- reich müßte in gleichem Verhältniß für ſeine 37 Millionen Einwohner 420 Millionen Briefe in Umlauf ſetzen, es berechnet aber deren nur etwa 25 Millionen, das iſt ein Siebenzehntel der Zahl welche es haben könnte! Bekanntlich iſt jene enorme Zahl von Briefen in England, hinter der ſelbſt Frankreich weit zurückſteht, ein Reſultat von Rowland Hills Poſt- reform. Durch dieſe wurde ſeit dem 10 Januar 1840 das Porto für den einfachen Brief auf 1 Penny herabgeſetzt, indem man ſich auf die Berech- nung ſtützte daß die Transportkoſten für den einfachen Brief von London nach Edinburg nur den 36ſten Theil eines Penny betrügen. Wenn auch Hills weitere Berechnung: daß ſchon nach 5 Jahren der frühere Rein- ertrag des hohen Portoſatzes durch die Vermehrung des Briefverkehrs ſich wieder herausgeſtellt haben werde, durch die Erfahrung bisher nicht ganz beſtätigt wurde, ſo diente doch die ſo alle Erwartung überſteigende Vermehrung der Briefe zur Begründung einer der wichtigſten ſtaats- wirthſchaftlichen Wahrheiten — die Poſt ſoll nicht Finanzſpeculation ſeyn! Nicht der Reinertrag ſoll ausſchließender Zweck der Poſtanſtalten ſeyn, ſondern die möglichſte Beförderung des Verkehrs durch Wohlfeil- heit und Schnelligkeit. In dem Augenblick als das geſammte Poſtweſen in Oeſterreich dem Handelsminiſterium unterſtellt wurde, überdieß vereinigt mit allen übri- gen Anſtalten des Verkehrs, den Eiſenbahnen und Telegraphen, *) war jenes Princip ſchon factiſch ausgeſprochen, und die Erwartung des Publi- cums iſt mit Recht im höchſten Grade den Reformen zugewendet welche aus dieſem neuen Verhältniß ſich ergeben werden. Wir ſind in der Lage auf einige Reformen hinzuweiſen deren Einführung theils ſchon begon- nen, theils angebahnt iſt, und deren Wichtigkeit ſich ſchon zunächſt aus den Hinderniſſen ergeben dürfte welche ihnen entgegenſtanden. Der öſterreichiſchen Poſtverwaltung ſchwebt jedenfalls auch das Ideal eines einzigen Portoſatzes vor, auf ein Minimum herabgeſetzt, und bereits wurde der bisher beſtandene zweitkleinſte Satz von 6 Kreuzern um 10 Meilen im Rayon erweitert. Wenn aber in der Herabſetzung des Porto nur ſehr allmählich vorgegangen werden kann, ſo hat das einen doppelten Grund. Der Ausfall in den Finanzen iſt jederzeit und umſo- mehr in den gegenwärtigen Verhältniſſen ein ſo beachtenswerther Um- ſtand daß derſelbe auf einen mehrjährigen Zeitraum vertheilt werden muß, da man zu hoffen berechtigt iſt daß in deſſen Verlauf durch den ſteigenden Verkehr ſich dieſer Ausfall heben werde. Es iſt aber auch nicht zu überſehen daß bei einer plötzlichen Herabſetzung des Porto auf ein Mi- nimum die vorhandenen Anſtalten in Oeſterreich durchaus nicht genügen würden um die hereinbrechende Ueberfluthung des Poſtverkehrs bewälti- gen zu können; im voraus aber laſſen ſich dieſelben nicht vollſtändig dem Bedarf entſprechend reguliren, weil die Erfahrung allein die Wege an- geben kann deren der Verkehr benöthigt iſt. Von dem Umſchwung den eine bedeutende Herabſetzung des Porto bewirkt, hat z. B. die Thatſache einen Beweis geliefert daß in London ſchon die Uebergangstaxe der Herabſetzung auf 3 Pence für den Brief in den erſten drei Wochen bereits eine Vermeh- rung von 165 Procent bewirkte! Ganz abgeſehen daher von der Noth- wendigkeit einem zu großen Ausfall in unſern Finanzen vorzubeugen, ſind ſchon deßhalb Uebergangsſtadien nöthig, um mit den Transportmit- teln und deren Vermehrung, ſowie mit der Manipulation überhaupt gleichen Schritt halten zu können. Sowohl der Ausfall im Ertrage als auch das Princip einer möglichſt ausgebreiteten und gegliederten Com- munication erfordert nicht nur Vermehrung des Poſtenlaufs auf den ſchon beſtehenden Routen, ſondern namentlich auch das Eröffnen neuer und möglichſt vieler neuer Routen. Erſt dann wenn durch dieſe Vermehrung der Communicationsmittel der Briefverkehr überhaupt auch in bisher un- beachtet gebliebenen Gegenden möglich gemacht (und man bedenke die Ausdehnung derſelben bei uns), derſelbe allſeitiger angeregt und hervor- gerufen ſeyn wird, dann wird durch die weitere Herabſetzung des Porto auch eine ſo bedeutende Vermehrung erzielt werden daß der Ausfall ſich dadurch compenſirt, und zugleich wird der vermehrte Verkehr auch hin- reichend viele Canäle offen finden. Die nächſte Sorgfalt der Poſtverwaltung war alſo auf das Netz der Poſtverbindungen gerichtet, und vorerſt wird in den betriebſamen nord- öftlichen Gegenden Böhmens eine bedeutende Vermehrung derſelben ein- treten. Dort, zwiſchen der Pulsnitz und der ſächſiſchen Gränze, wo die gewerbfleißigen Orte Rumburg, Warnsdorf u. ſ. w. eine Bevölkerung von mehr als 10,000 Menſchen auf einer Quadratmeile vereinigen, dort iſt allerdings eine Erweiterung der Poſtverbindungen am dringendſten. Um den Brieſverkehr außer der bereits erwähnten Ausdehnung des 6 Kreuzerporto möglichſt anzuregen, ſind auch mehrere Erleichterungen in der Manipulation bereits eingeführt worden, theils werden ſie es in den nächſten Tagen werden. Die Stunde der Aufgabe iſt vorlängſt von 4½ bis 5½ vorgerückt worden, und wird es noch mehr werden. Namentlich wird dieſelbe für die Eiſenbahnrouten bei dem Hauptpoſtamt in der Stadt bis 6½ und auf den Bahnhöfen bis 6¾ Uhr verlängert, weil bei den Trains eigene bureaux ambulants errichtet werden ſobald der Bau der dazu nöthigen Wägen es geſtattet. Der Poſtbeamte wird dann während der Fahrt nicht nur empfangen ſondern auch chartiren und taxiren, ſo zwar daß der Brief bei der Ankunft des Train in der Station alſogleich den Parteien hinausgegeben werden kann. Es iſt be- greiflich daß zu einer dergeſtalt raffinirten Manipulation nicht nur die größte Achtſamkeit des Perſonals, ſondern auch eine Fertigkeit und Schnel- ligkeit erfordert wird welche nur durch Uebung erlangt werden kann. Mit plötzlicher Vermehrung des Perſonals iſt es alſo nicht gethan, es gehört auch Zeit dazu dasſelbe heranzubilden, und ſchon dieſer Umſtand allein bedingt Uebergangsſtufen. Mit der angedeuteten Benützung der Eiſenbahnen entfällt von ſelbſt ſo mancher bisherige Uebelſtand, der den Bahndirectoren Veranlaſſung gab über Verzögerung des Bahnbetriebes durch die Poſtmanipulation zu klagen. Bis jene bureaux ambulants eingerichtet werden können, iſt aber bereits mit dem 1 April die Trennung des Brieftrausports vom Frachtentrausport angeordnet worden. Die Briefe werden demnächſt mit den Perſonenzügen befördert, die Conducteure verlaſſen nicht mehr den Wagen, ſondern der Poſtbeamte der Station überbringt ihnen die Briefe u. ſ. w., ſo daß aus der Poſtmanipulation durchaus kein Aufenthalt ent- ſtehen kann und darf. Die Frachtſtücke aber welche eine längere Mani- pulation erfordern, werden künftig an die Frachtentrains gewieſen. Durch dieſe Anordnung wird ſo viel Zeit gewonnen daß ein genaues Influiren der Eiſenbahnzüge möglich wird, was bisher nicht erreicht werden konnte, da ein Zug oft mehrere Stunden auf einen influencirenden warten mußte. Andrerſeits hat aber die Poſtverwaltung auch das Recht des Staates auf die Oberaufficht über alle öffentlichen Anſtalten den Eiſenbahnen gegen- über in Anſpruch genommen, und energiſche Maßregeln getroffen um die pünktliche Einhaltung der Fahrzeit zu realiſiren. Das Bahnperſonal und ſeine Thätigkeit wird von eigenen Poſt-Reiſecommiſſären controlirt, welche nach wiederholter Nachläſſigkeit eines Beamten unnachſichtlich deſſen Entfernung zu betreiben haben. Eines der größten Hinderniſſe für den Briefverkehr überhaupt war bisher deſſen Verbindung mit dem Perſonentrausport. Davon wird der- ſelbe nicht minder allmählich befreit werden, weil die Poſtverwaltung auch das Princip anerkannt hat den Perſonen - ſowie den Frachtverkehr frei- zugeben. Daß auch dieß nur nach und nach geſchehen kann, liegt ſowohl in der Natur der Sache als des Publicums, dem man die Fahrpoſt nicht plötzlich entziehen kann, da ſich Privat-Reiſegelegenheiten nicht mit einem Schlage herſtellen laſſen. Für’s erſte wird die Poſt der Entſtehung von dergleichen keine Hinderniſſe mehr in den Weg legen, und das Abſtreifen des Perſonentransports wird um ſo leichter vor ſich gehen, nur durch die Rückſicht auf das Bedürfniß des Publicums beſtimmt, weil bekanntlich derſelbe nie und nirgend einen mehr als vorübergehenden Reinertrag ge- liefert hat. Daß die Dampfſchiffe von der Poſtanſtalt in gleicher Art benützt werden wie die Eiſenbahnen, verſteht ſich von ſelbſt. Die hier gegebenen Andeutungen werden genügen um dem Publicum darzuthum daß das öſterreichiſche Handelsminiſterium ſeine Aufgabe vom Höhenpunkte der Zeit aus erfaßt, und daß die drei Monate ſeines Beſtehens keine verlo- renen waren. Anſtalten deren Wirkungskreis aber an 12,000 Quadrat- meilen umfaßt, bedürfen allerdings zu ihren Vorarbeiten ein Zeitmaß, welches anderwärts vielleicht ſchon zur Ausführung genügen dürfte. Man wird aber dem Geleiſteten und dem Vorbereiteten die vollſte Anerkennung um ſo weniger verſagen dürfen, wenn man bedenkt daß es ſich bei Her- ſtellung von Communicationen und Verbeſſerung ſchon beſtehender, nicht allein darum handelt Flüſſe und Berge zu überſetzen, ſondern daß es auch gilt Berge von veralteten Hinderniſſen und Vorurtheilen zu über- winden! Der viertägige Feldzug Radetzky’s gegen Sardinien. Von einem bayeriſchen Oſſicier. ⁑ „Vorwärts nach Turin lautet die Loſung, dort finden wir den Frie- den um den wir kämpfen. Es lebe der Kaiſer, es lebe das Vaterland!“ Alſo ſprach der greiſe Feldmarſchall zu ſeinem tapfern Heere, als Carl Albert den Waffenſtillſtand kündigte. Am 20 März begannen die Opera- tionen, und am vierten Tag, den 23 Abends, war die feindliche Macht *) Beilage zur Allg. Zeitung Nr. 37.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 94, 4. April 1849, S. 1442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine94_1849/10>, abgerufen am 21.11.2024.